Teddyliebe oder die perfekte Soldatin
Wir saßen einander gegenüber und sagten kein Wort. Es gab nichts schöneres, als einfach mit einem Menschen schweigen zu können. Nicht das Schweigen, bei dem man krampfhaft sein Gedächtnis nach einem Thema durchforstet, das vielleicht, unter Umständen, eine interessante Unterhaltung ergeben könnte. Es geht um das Schweigen, bei dem man sich wohl fühlt, Eindrücke auf sich wirken lassen kann und in Erinnerungen schwelgt. Er war so ein Mensch.
Ich sah ihn nur an. Seine Grübchen. Seine grünen Augen, die mir gleich bei unserer ersten Begegnung aufgefallen waren. Damals, als er gerade erst mit Sophia zusammengekommen war. Als ich ihm erklärte, es wäre unvorteilhaft, seiner Freundin innerhalb von 2 Tagen 5 schnulzige, völlig übertriebene Liebesgedichte per E-Mail zu schicken. Als er so geknickt ausgesehen hatte. Als sich mein Blick in den grasgrünen Augen verfing und als ich mich verliebte.
Sophia. Die hatte wieder Luxusprobleme. Beschwerte sich, ihr Freund sei zu romantisch, würde nur auf sie achten, klammere. Ich selbst hätte alles getan, um solche Probleme mit ihm zu haben, um irgendwas mit ihm zu haben. Aber das gestand ich mir nicht ein, sie war, sie ist meine beste Freundin.
Ich hatte auch schon Freunde gehabt. Aber mit ihm wäre es anders gewesen. Die früheren Beziehungen basierten darauf, das ich zu lieb war, irgendwann nein zu sagen. Ich wollte niemand verletzten, weil ich die Jungs mochte. Aber eben nur mochte. So, wie ich meinen Teddy mag, den ich seit meiner Taufe in meinem Bett schlafen lasse. Mehr war da nicht. Als mir Bücher unterkamen, die von Flugzeugen im Bauch erzählten, glaubte ich ihnen nicht. Für mich waren die hochgerühmten Schmetterlinge eine Art Märchen, wie „Frau Holle“.
Wohl deshalb konnte ich dieses nagende Gefühl in der Magengegend nicht deuten, das mich immer dann überfiel, wenn ich seine Nummer auf dem Display erkannte. Er rief oft an, wenn auch nicht, um mit mir zu reden, sondern, um sich Ratschläge zu holen.
„Es ist Schluss.“
Er riss mich aus meinen Gedanken. Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, was er gesagt hatte.
„Nein, nicht wirklich, oder? Seit wann? Warum sagst du es erst jetzt?“
War ich daran Schuld? Nein, das konnte nicht sein, es war nicht meine Schuld. Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, ihm den falschen Tipp zu geben, okay, aber hatte es nie wirklich getan! Oder doch? Hatte ich unterbewusst alles kaputtmachen wollen und einfach, statt ihm zu raten, ihr nur eine rote Rose zu schenken, die Vermutung geäußert, es sei am besten, ihr ein T-Shirt zu basteln, auf dem stand, „Mark liebt mich“?
Nein, ich hatte mich unter Kontrolle. Niemals war ich anzüglich geworden, nie hatte ich einen falschen Rat gegeben, oder ihn auch nur berührt. Ich war, ich bin, loyal. Wahrscheinlich wäre ich der perfekte Soldat gewesen. Nie hätte ich eine Entscheidung von anderen in frage gestellt, nie einen Befehl verweigert.
Er erzählte mir irgendetwas von ihrem letzten Treffen, bei dem sie nicht mehr mit ihm geredet hatte und sich anderen Jungs widmete.
Ich hörte nicht zu. Ich wog ab, was mir mehr bedeutete, das Gefühl, das man nur dann spüren kann und will, wenn man richtig verliebt ist, oder das, was ich immer habe, wenn ich mit Sophia zusammen bin: Vertrautheit, Sicherheit, Geborgenheit.
„Sie war einfach nicht die Richtige für dich“
Vielleicht war es ihm nicht klar, aber jetzt wo er der Ex meiner besten Freundin war, hieß es für mich: Er oder Sie.
Beides ging einfach nicht.
Ich stand auf und verließ das Cafe.