Was ist neu

Telefonterror

Mitglied
Beitritt
16.12.2004
Beiträge
136
Zuletzt bearbeitet:

Telefonterror

Telefonterror

Ein dünner Strahl traf auf den Kalk. Es plätscherte unrhythmisch in der Schüssel. Unter größten Anstrengungen zwängte er den beißenden Urin durch die schmale Röhre. Der Harnstein schnitt sich immer tiefer ins Fleisch. Stoßweise zischte die gelbe Flüssigkeit heraus und spritzte etwas unkontrolliert. Er stöhnte auf vor Schmerzen. Seit ein paar Monaten musste er sich schon damit rumärgern. Die Ärzte waren allesamt Quacksalber und Großredner. In Wirklichkeit wollten sie doch nur sein Geld. Doch das bekamen sie nicht, auch wenn er bald sehr reich werden würde. Albert Hampton erwartete eine Menge Geld in naher Zukunft. Genaugenommen schon am nächsten Morgen. Bis dahin musste er aber noch Ruhe bewahren und seine Gedanken ordnen. Volle Konzentration forderten die Verhandlungen. Aber mit allen Vorteilen auf seiner Seite wog er sich in absoluter Sicherheit, und hatte keine Zweifel daran, dass er leer ausgehen könnte. Das war nicht möglich!

Das Telefon läutete. Mal wieder zu einem der unpassensten Zeitpunkte aller Zeiten. Hastig zog er seine Hose hoch wobei ein paar unschöne Tropfen sich selbständig machten und ihren Platz im Bad frei wählten. Hosenstall konnte offen bleiben, er würde die Wohnung in den nächsten Stunden sowieso nicht verlassen. Gelbbezahnt grinsend nahm er den Hörer ab.
„Ja?“
„Al? Al, ich stehe jetzt vor dem Haus!“ Die Stimme gehörte zu einem um die Dreißig Jahre alten Polizisten. Er wurde auf Albert angesetzt oder hat es aus freien Stücken getan, wie auch immer. Das konnte Al auch egal sein. Einzig und allein wichtig war, dass dieser Kerl seine einzige Verbindung zur Polizei und dem Geld war.
„Wie steht’s mit meinem Geld, Jack? Kann ich es mir bereits abholen?“
„Der Chief weiß bescheid, nur dürfte es etwas dauern, bis man eine so große Summe zusammen hat!“
„Ihr vergesst denk’ ich, dass ich hier bestimme und nicht ihr! Alles muss nach meinen Wünschen verlaufen!“ Al hätte jetzt eigentlich auch laut werden können. Ab und zu muss man diesen Bullen mal zeigen wer der Herr ist! Aber vielleicht ist dieser Jack ja vernünftig.
„Ja natürlich! Dessen sind wir uns bewusst! Ich werde dem Chief zu Eile raten!“
„Guter Junge!“
„Ich gehe jetzt rein!“ Al warf einen Blick auf seine besondere Uhr.

05:49
05:48
05:47

„Nun gut! Dann lass uns mal loslegen!“
„Okay!“ Mit einer Hand zog er einen Stuhl heran und setzte sich. Auf dem überfülltem Tisch vor ihm sucht er eine Zigarette, fand eine, zündete sie sich mit einem Streichholz an und lehnte sich zurück. Zuversichtlich sah er in die Zukunft und auf die „Uhr“.

05:22


Schwerfällig stieg der graue Qualm in der stickigen Luft aufwärts, erklomm die Asbestüberzogene Decke und fühlte sich da oben so richtig wohl.
Ebenso wie Albert auf seinem Stuhl und dem Hörer am Ohr.
„Okay, ich bin jetzt drin und... Mein Gott, ich höre Stimmen!“ Al lachte.
„Die haben dich im Augenblick weniger zu interessieren!“
„Sagen Sie mir, wo die Stimmen herkommen, damit ich die Menschen befreien kann!“ Der Polizist hörte sich sehr bestimmend an.
„Halten Sie sich gefälligst an meine Anweisungen und beachten Sie diese Stimmen nicht!“
„Aber damit würden wir uns dieses Suchtheater ersparen!“ Al sog an seiner Kippe und verzog die Augen zu Strichen.
„Vertrauen Sie mir, die Sprengladung reicht aus um die ganze Wohngegend dem Erdboden gleichzumachen.“
Stille rauschte durch die Leitung. Der Junge dachte nach.
„Also gut! Wo befindet er sich?“
„Im ersten Stock, im Schlafzimmer.“
„Gut!“ Al konnte undeutlich die Schritte des Polizisten hören. Er schmunzelte und trommelte mit den Fingern auf den Tisch. Kurze Zeit darauf wurde er ungeduldig. Es dauerte zu lange.
„Sparen Sie es sich nach den Leuten zu suchen. Da kommen Sie sowieso nicht ran!“
Es schnaufte in der Hörmuschel. Alberts’ Grinsen wurde breiter.
„Okay... ich stehe nun im Schlafzimmer!“
„Sehr schön!“ Er drückte seine Zigarette im verkohlten Aschebecher aus und suchte mit den Augen schon nach einer Neuen. „Ich melde mich wieder, wenn Sie mir neues über mein Geld sagen können. Bis dann!“
„Was? Halt warten S...“ Albert hatte aufgelegt.

03:56
03:55


Vorsichtig stand er von dem Stuhl auf. Er streckte die Arme aus und fuhr mit den Händen unter zerknüllten Zeitungen, leeren FastFoodschachteln und fettigen Chiptüten, welche auf dem Tisch verstreut waren und suchte beinah schon verzweifelt nach Zigaretten. Seine Finger zitterten. Nun wütend warf er alles herunter und in die Luft. Das Telefon gab ein hohles Pling von sich als es auf den Fußboden prallte.
Stöhnend legte er sich mit dem Oberkörper auf die Tischplatte. Seine Arme ruderten wild umher und krallten sich letztendlich ins Holz. Er hob den Kopf und ließ in fallen -Bamm-. Noch mal. Und noch mal. Krümel tanzten unter diesen Erschütterungen und fielen auf den mit dunklen Stellen durchzogenem Teppich. Verkrampftes Geheul drang aus Alberts Kehle. Er reckte den Hals und gluckste. Dann atmete er tief ein.
Entschlossen richtete er sich auf. Zielstrebig ging er zu einer Kommode, öffnete die unterste Schublade, enthüllte den doppelten Boden und entnahm ihm eine längliche Schachtel. Hastig öffnete er sie und holte eine dicke, braune Zigarre heraus. Die Schachtel fiel zu Boden. Er hielt sich die Kubanische Exportware unter die blutige Nase. Röchelnd nahm Albert ihren Duft auf.
Gelenke knackten widerstrebend als er aufstand und sich einem abgewetztem Sessel näherte. Der einzige in der ganzen Wohnung und er verdiente noch nicht einmal das Prädikat eines Fernsehsessels, da es keinen Fernseher im eigentlichen Sinne mehr gab. Ein noch immer knisternder Klumpen aus Plastik, Glas und Drähten verendete allmählich am Boden. Albert ließ sich auf die mit hauchdünnem Stoff überzogenen Sprungfedern fallen und wippte leicht vor und zurück. Aus seiner Hosentasche zog er ein Streichholz. Früher hatte es ihn immer wieder gewundert, wie diese Dinger da rein kamen. Heute empfand er es als selbstverständlich. Ein raues Kinn bot genug Reibung um den roten Kopf in Flammen zu hüllen.
Albert paffte genüsslich. Ihm ging es hervorragend. Das Telefon klingelte. Es ging ihm noch besser. Keuchend beugte er sich herunter, nahm den Hörer in die Hand und hielt ihn sich ans Ohr. Die Uhr tickte.

01:02
01:01


„Ja bitte?“
„Ich bin’s! Ich habe noch einmal mit dem Chief gesprochen!“
„Jaah!“
„Er meint, man hätte das Geld zusammen, und es sollte in eben diesem Moment am vereinbartem Ort eintreffen.“
„Na das ist doch wunderbar!“ Er hätte aufstehen und aus dem Fenster auf die Straße sehen können, um zu wissen, ob dieser junge Mann die Wahrheit sagte. Aber wozu? Natürlich sagte er die Wahrheit. Man hat viel zu viel Angst vor Albert. Niemand würde es wagen, sich gegen ihn aufzubäumen.
„Ich warne Euch! Keine Tricks! Sonst gehen die Menschen drauf!“
„Das ist kein Trick! Wir sind uns dem ernst der Situation wohl bewusst und wollen nur, dass es möglichst schnell endet.“
„Das ist die richtige Einstellung. Also gut! Sie befinden sich im Schlafzimmer?“
„Ja!“

00:45
00:44

Albert blies eine dick, schwere Rußwolke aus, die träge durch den Raum wandelte.
„Sehen Sie den Wandschrank?“
„Ist nicht zu übersehen!“
„Sparen Sie sich die Worte!“ Er runzelte die Stirn wobei ihm ein dicker Schweißtropfen auf die Nase platschte.
„Schieben Sie den Schrank beiseite!“
Stille.
„Okay!“ Zufrieden presste Albert sich gegen die Lehne des Sessels. Er rauchte in Gedanken an seine üppige Zukunft schwelgend.
„Alles klar... Ich kann die Bombe nun sehen...“
„War anstrengend, oder? Habe selbst mehrere Minuten gebraucht!“
„Nun, die Zeit haben wir leider nicht!“
„Kluger Junge!“
„Was soll ich jetzt tun?“
„Ganz einfach, du nimmst...“ Erschrockenen riss Albert die Augen auf. Ein stechender Schmerz durchfuhr seinen linken Arm. Die Zigarre entglitt seinen Fingern. Jemand schien ihm die Brust abzuschnüren. Panisch nach Luft japsend ging er auf die Knie. Den Telefonhörer schmiss er davon. Mit der rechten Hand kniff er sich in die Brust. Das Engegefühl nahm zu, schnitt ihm den Sauerstoff ab. Lautlos klappte er den Mund auf und zu. Dann fiel er vornüber und zuckte.
Das alles geschah während eine schwarze Wolke langsam zur Decke aufstieg, ein Polizist um die Dreißig verwirrt aus dem Hörer schrie und eine vermeintliche Uhr weiter tickte...

00:02
00:01
00:00
...
.

 

Hallo Scharker.
Leider kann ich nicht sagen, dass mir die Geschichte gefallen hat. Überholtes Thema (mach ich auch nicht anders) und nicht allzugute Beschreibung des Protagonisten. Und das Ticken der Uhr ist mir etwas zu sehr von der Geschichte abgegrenzt. Ich fände es besser, wenn sie besser eingebaut wäre. Z.B. "Er sah auf die Uhr. Noch eine Minute"

Außerdem hätte ich gerne mehr über die Geiseln erfahren, oder wie sie genommen wurden. Und wie genau die übergabe des Geldes ausgesehen hätte, kann ich leider auch nicht entehmen. Vielleicht habe ich es auch einfach nur überlesen.

Der Schluss ist meines Erachtens gut gelungen. Obwohl du den Leser ziemlich im Dunklen lässt, wer den Mann erstochen hat (man erfährt nicht einmal, ob er erstochen wurde). Oder ist es eine der Geiseln gewesen?
Sitzt Albert in dem selben Haus? Auf jeden Fall kommt es überraschend und Überraschungen sind immer gut.

Dennoch konnte mich deine Geschichte nicht "fesseln"
Aber ist ja nur meine persönliche Meinung

cu
gara

 

Hallo Scharker!

Abgesehen davon, daß ich mich der Kritik von gara nur anschließen kann, frag ich mich, was das alles mit "Telefonterror" zu tun hat - wegen dem Titel hab ich die Geschichte nämlich angeklickt und bin jetzt ziemlich enttäuscht. Nur, weil dabei telefoniert wird, ist es noch lange kein Telefonterror.

Manchmal scheinst Du nicht ganz bei der Sache gewesen zu sein, so wie hier:

wog er sich in absoluter Sicherheit, und hatte keine Zweifel daran, dass er leer ausgehen könnte
Er war sich demnach also sicher, daß er leer ausgehen könnte.
„Ich melde mich wieder, wenn Sie mir neues über mein Geld sagen können. Bis dann!“
Woher will er denn das wissen?

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom