Was ist neu

Theoretische Begegnung

Mitglied
Beitritt
15.12.2006
Beiträge
180
Zuletzt bearbeitet:

Theoretische Begegnung

Er steht am Tresen und denkt nichts.
Sie sagt: „Hi.“
Er sagt: „Hi.“

„Was machst du hier?“, fragt sie.
„Ich denke“, sagt er.
„Ach so.“ Sie versteht.
Er denkt: „Wirbt sie um mich?“
„Ich mach 'ne Marktstudie“, sagt sie.
„Bin ich 'ne verdammte Zielgruppe?“, denkt er.
„Was bist du?“, fragt sie.

Er sagt: „Ich bin ein System.“
Sie versteht nicht.
Er sagt: „Du bist ein System.“
Sie versteht immer noch nicht.
„Wir sind alle ein System“, sagt er.
„Theoretisch“, sagt sie.
„Ja“, sagt er.

„Sind du und ich ein System?“, fragt sie.
„Auf dem Beziehungsohr bin ich taub“, sagt er.
„Bist du immer so?“, fragt sie.
„Was geht’ s dich an?“, denkt er.
„Auf dem Ohr bin ich auch taub“, sagt er.
„Gefalle ich ihm nicht?“, denkt sie.
"Sie will, dass ich nett bin", denkt er.
„Auf dem Ohr ...“, sagt er.
„Wie viele Ohren hast du?“, fragt sie.
„Manchmal vier“, sagt er.
„Ach so“, sagt sie.

„Interessante Positionierung“, sagt sie.
„Marketingscheiße“, sagt er.
Psychologisierst du mich?“, fragt sie.
„Nein, mich“, sagt er.
„Nichts sagend“, denkt sie.
„Man kann nicht nicht kommunizieren“, denkt er.
Sie versteht und geht.

 

Hi melisane,

man kann sich gut vorstellen, dass die Begegnung so nicht stattgefunden hat. ;)
Nein, ich kann mir diesen Dialog gut vorstellen, gerade, weil die beiden so haarscharf aneinander vorbeireden, irgendwie treffen, aber doch mehr spekulieren als hören.
Jeder trägt sein Anliegen in die Begegnung und weicht nur scheinbar davon ab.
Hat mir gut gefallen.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo sim,

wie schön, dass du mich verstanden hast. :D

Diese Geschichte ist inspiriert durch die Nicht-Begegnung eines Kommunikationswissenschaftlers und einer Werbetante. Sie schafften es, nicht zu kommunizieren.

Danke fürs Lesen und Gefallen.
Liebe grüße
melisane

 

Hallo melisane,

„Man kann nicht nicht kommunizieren“, denkt er.
Sie versteht und geht.
bringt es schön auf die Spitze, auf die beide zusteuern mit ihren unterschiedlichen Erwartungen an die Erwartung des anderen und die Kommunikation.

Gefällt mir in seiner Reduktion gut, filigran und sympathisch theoretisch :)

Kleinkram :

Sie sagt: „Hi“.
Er sagt: „Hi.“
Entweder beide Punkte in der wörtlichen Rede oder beide draussen.
„Bist Du immer so?“, fragt sie.
du
"Psychologisierst du mich?“, fragt sie.
„Nein, mich“, sagt er.
Nichtssagend“, denkt sie.

Grüße,
C. Seltsem

 

Hallo C. Seltsem,

Gefällt mir in seiner Reduktion gut, filigran und sympathisch theoretisch :)
Die Tatsache, dass man mich gerade dann oft nicht versteht, wenn ich versuche, mich klar auszudrücken, es beim Gegenteil aber funktioniert, sollte mir zu denken geben. :D

Danke Dir fürs Lesen und die netten Worte und "nichts sagend" habe ich extra nachgeschlagen. ;) Sollte ich mein Wörterbuch missverstanden haben?

Liebe Grüße
melisane

 

Hallo, melisane,

in die Kategorie „Seltsam“ hätt’ ich wohl nie reingeschaut, wenn ich nicht verschoben worden wäre.

Mich erinnert Dein Text an Lennon’s „Nobody told me“, worin lange vor der Zeit von mobile phones und eMails die einfache, aber wahrhaftige Zeile entstand „Everybody’s talking and no one says a word“ und dem Refrain „Nobody told me there’d be days like these“.

Seltsam find ich nur, dass der Text unter dieser Kategorie läuft. Gepräche dieser Art sind doch grauer (oder grausigster) Alltag unter den modernen Kommunikationsmitteln.

Der Duden lässt, so weit ich weiß, nichtssagend auch in getrennter Schreibung zu. Der ist überhaupt toleranter als mancher glaubt.

Gruß

Friedrichard

 

Hallo Friedrichard,

Mich erinnert Dein Text an Lennon’s „Nobody told me“, worin lange vor der Zeit von mobile phones und eMails die einfache, aber wahrhaftige Zeile entstand „Everybody’s talking and no one says a word“ und dem Refrain „Nobody told me there’d be days like these“.
Ja, es liegt nicht an den modernen Kommunikationsmitteln, dass wir uns nur noch missverstehen. Ich denke eher, wir haben unseren sechsten Sinn der Ratio geopfert. - Ich lese gerade ein höchst spannendes Buch von einem Neurologen. Wusstest du, dass es Menschen gibt, die aus welchen Gründen auch immer, die Fähigkeit verlieren, Worte in ihrer Bedeutung zu erfassen? Als Ausgleich verfeinern sie ihre Wahrnehmung derartig, dass sie die wahre Bedeutung eines Gesprächs nur mit Hilfe ihrer Sinne erfassen. Diese Menschen kannst du nicht mehr belügen. Die lachen sich über jeden Politiker kaputt! :D

Seltsam find ich nur, dass der Text unter dieser Kategorie läuft. Gepräche dieser Art sind doch grauer (oder grausigster) Alltag unter den modernen Kommunikationsmitteln.
Du hast recht, unter Alltag wäre er auch sehr passend gestanden. Aber da der Text nicht gerade übliche Geschichtenform aufweist, hatte ich mich für Seltsam entschieden.

Danke fürs Lesen und liebe Grüße
melisane

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo & guten Abend,

melisane,

ich find Dein Quickie ("billiger Kurzfilm") nicht mehr. Wo ist es/er hin? Wenn man/frau hier diesem Text etwas abgewinnen kann, dann gilt das auch fürs Qickie. Doch wo ist das hin? Darum findestu, was ich dort unterbringen wollte, nun hier. Versuch, beide Texte zu einem zu machen, vielleicht so:

Er stand am Tresen vom HADES und dachte nicht(s).

Jetzt stehen zwei am Tresen und denken an das Eine.

Sie sagt: „Hi!“
Er sagt: „Hallo, schöne Frau!“

„Was machst du hier?“, fragt sie.
„Ich denke“, lügt er.
Sie sagt: „Ach so“, und glaubt zu verstehn.

Er tippt: „35?“
„Netter Versuch“, denkt sie, fragt aber:„Was willst du trinken?“
Gleichzeitig denkt sie: „Buy one, get one free?“
Gleichzeitig denkt er: „Wirbt sie um mich?“

„Ich mach ’ne Marktstudie“, sagt sie.
Er denkt: „Bin ich ’ne verdammte Zielgrupper?“
Sie fragt: „Was bist du?“
Er sagt: „Ich schraub’ gern Autos“, und weiß schon, dass er Scheiße labert.
Hat sie sich fast gedacht.

„Scharfe Karosserie“, sagt sie.
„Schön prall,“ oder „… drall“?. Er weiß selber nicht, was er denkt.
„Lust auf Verkehr?“, stottert er.
Sie tut, als verstände sie nicht.
„Poppen?“, fragt er nach.
„Was denkt denn der von mir?“, denkt sie und sagt: „Hast du’s immer so eilig?“

Sie denkt: „Scheiße, - nicht rasiert!“
„Schade um die Zeit“, denkt er, sagt aber: „Du bist ’ne Nette.“
„Theoretisch“, sagt sie und fügt hinzu: „Nette Mädchen ficken nicht!“
„Ja?“
„Klar!“
„Du verstehst?“, fragt er und für uns alle unverständlich: „Auf dem Beziehungsohr bin ich taub.“

Sie versteht nicht.
Er erläutert, was das blödeste ist, was er in der Situation machen kann: „Noch nicht reif…“ –
„Bist du immer so?“, fragt sie, während er weiter spricht „… für ’ne Beziehung.“
Sie denkt: „Gefalle ich ihm nicht?“
Er denkt: „Sie will, dass ich nett bin.“

Plötzlich tauch ein Dritter auf.
„Verdammte Weiber,“ sagt der andere.
Sie gähnt und sagt: „Fick dich.“
Er sagt: „Auf dem Ohr…“

Fast hätt’ er gesagt: „Was geht’s dich an?“, als es ihm auffällt, so sagt er aber: „Warte!“
Sie fragt: „Was denn?“
„Die Rothaarige,“ sagt er.

Und bringt eine vierte Person im HADES ins Spiel.
Sie sagt: „Ach so!“ Und spitzt die Situation zu: „Interessante Positionierung.“

Er sagt: „Marketingscheiße!“
„Deine Freundin?“, fragt er noch.

Sie versteht, kann es aber nicht glauben und geht...

oder so ähnlich. Zu allem läuft John Lennon oder , weil's neu aufgelegt ist:
Congratulations von den Traveling Wilburys.

Gut Nacht!

Friedrichard

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom