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Träume nicht nur

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06.02.2010
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Träume nicht nur

Träume (nicht nur)


Er tippte die Zahlen mit Höchstgeschwindigkeit in die kalten Tasten, schliesslich musste dieses Dokument in einer halben Stunde fertig sein. Das Gehirn der Maschine wandelte die gegebenen Befehle schnell um und ohne sie auch nur einen Augenblick zu hinterfragen, genauso wie es sich gehörte.

Da hielt er kurz inne, als der Computer einen Moment stockte.
„Na mein Guter, du brauchst wohl auch mal eine Pause wie? Weisst du, dafür haben wir leider keine Zeit“, murmelte er und schloss dabei kurz die übermüdeten Augen. „Gut, dass du so verlässlich mitarbeitest und dich nie beschwerst. Das Recht dazu hättest du schliesslich: Jeden Tag immer wieder die gleichen simplen Aufgaben, dieselben starren Abläufe. Es ist fast ein Wunder, dass du das noch mit dir machen lässt. Ich selbst hätte mich an deiner Stelle ja schon lange gegen dieses Joch gewehrt und meinem Chef so richtig gesagt, dass es auf diese Art nicht weitergehen kann. Hast du denn nicht manchmal das Gefühl, zu Höherem geschaffen zu sein, als nur das zu tun, was man dir vorschreibt?“
Der Computer blieb regungslos, nur seine Kühlung ratterte weiter.
Etwas enttäuscht fuhr er fort: „Du hast doch sicher auch die Sehnsucht nach einem ereignisreicheren und vor allem freieren Dasein! Fühlst du nicht von Zeit zu Zeit dieses Ziehen nach Abenteuern tief in deinen Eingeweiden?“
Die Antwort des Rechners, welches nur aus einem leisen ängstlichen Summen bestand, regte ihn auf. „Ha, ich weiss was mit dir los ist, du hast Angst davor! Du fürchtest, aussortiert zu werden, solltest du nicht mehr richtig funktionieren. Du lebst lieber gar nicht, um nicht zu sterben, aber glaube mir, das ist es nicht wert!“ rief er, verzweifelt über die Apathie seines PCs. „Kämpfe! Kämpfe für deine Träume, los!“ Doch abgesehen von einem kurzen Flackern auf dem Bildschirm blieb die Maschine weiterhin untätig. Da riss etwas tief in ihm drin. Er packte den Computer, schmetterte ihn auf den Boden und schrie: „Fang endlich an mal selber etwas zu tun! Lebe, du sollst leben!“
Als endlos viele Funken aus den zertrümmerten Überresten sprangen, keimte in ihm nochmal Hoffnung auf. Vielleicht hatte es diese Maschine jetzt endlich geschafft, aus ihrer monotonen Existenz auszubrechen! Just in diesem Moment brach auch die Sonne durch die dicke Wolkenbarriere, erleuchtete die Welt und gab dem Raum seine wohlige Wärme zurück. Doch dieser Moment war so schnell vorüber, wie er gekommen war, zurück blieb nur ein kaltes Zimmer und ein Gerät, noch kaputter als es vorher gewesen war.

 

Hast du denn nicht manchmal das Gefühl, zu Höherem geschaffen zu sein, als nur das zu tun, was man dir vorschreibt?

Ich wäre froh, wenn mein Computer das täte, was er soll...habe der Systemverwaltung schon angedroht, ihn demnächst aus dem Fenster zu werfen...

Willokommern auf Kg.de, Alvis Gunnar,

und mein erster Eindruck: flüssig erzählt, originell, noch besser als die Mückenklatschgeschichte. Vor dem Computer sitzen, bis die Augen zufallen, das passiert wohl öfter und so eine Geschichte habe ich hier auch mal gepostet...

ein paar Anmerkungen:

Ersten Absatz weglassen; er dient mehr der Überwindung Deiner Schreibhemmung als der Geschichte. Mit dem zweiten Absatz fägt die Geschichte gut an. Schau mal hier in den Geschichten im Forum herum: viele sind mit dem zweiten Absatz als Anfang besser bedient...

oder über ihr Tun nachzudenken um
Satz nicht fertig oder falsch

Wörtliche Rede: wenn der Redner wechselt, neue Zeile; läßt sich viel besser lesen.

Lebe, du sollst leben!

Ruft das der Computerjunkie sich selbst zu???

Gruß Set

 

Hi Alvis Gunnar,

Deine Geschichte gefällt mir. Mit dem PC zu schimpfen, statt sich selbst im Stillen zu bemitleiden ist eine gute Idee. Dann sogar einen Wutanfall zu bekommen, weil der PC nichts tut. Schön :)

ABER:
Leider wird alles in dem Moment zerstört, in dem man liest, dass es nur ein Traum war. Nicht die Illusion wird zerstört für mich als Leser, das hattest Du ja vor, sondern die ganze Geschichte. Das ist natürlich schade. Ich würde den letzten Absatz einfach streichen und den Rest als Realität stehen lassen. Das fänd ich viel kuhler!

Eine Sache noch:

Das Gehirn der Maschine wandelte die gegebenen Befehle schnell und ohne sie auch nur einen Augenblick zu hinterfragen oder über ihr Tun nachzudenken um, genauso wie es sich gehörte.
Das fett geschriebe würde ich auch weglassen. Die Tiefe der Aussage ist schon mit dem Augenblick des Hinterfragens gegeben. Diese Idee ist gut und braucht keine Verdeutlichung.

Gerne gelesen!

Liebe Grüße

elisabeth

 

Guten Abend zusammen

Zuerst mal vielen Dank für das herzliche Willkommen, die positiven Kommentare und natürlich auch für die konstruktive Kritik.

Meine Absicht mit dem Text war es (ich hoffe, ich verderbe jetzt damit einigen vielleicht noch folgenden Lesern nicht den Analysierungsspass)
quasi den modernen, arbeitenden Menschen mit einer gefühlslosen Maschine zu vergleichen. Mit dem Wutausbruch wollte ich ihn eigentlich von diesem monotonen Leben befreien, wie er es seinerseits mit dem PC macht, aber irgendwie ist dieser "Funken" oder der "Sonnenstrahl" schneller vorbei gegangen als mir lieb war. Das "Lebe, du sollst leben" ist somit also ein Befehl für beide, den Pc und für den Menschen selber.

Um dieses "Erwachen" deutlicher zu machen, habe ich anfangs die nassen, kalten, grauen Wolken beschrieben. Zur Illustration der langweiligen Welt dieses Menschen (ist natürlich extrem, aber alles andere wird ja meistens übersehen :-D). Rückblickend ist es aber sicher so, wie es Set gesagt hat, der Abschnitt ist ziemlich überflüssig. Vielen Dank nochmals an dieser Stelle für den Rat.

Den Traum habe ich deshalb gewählt, weil ich hoffte, es würde die Gemeinsamkeiten zwischen dem Menschen und der Maschine noch besser betonen, aber wie es aussieht, reicht das Vorherige vollkommen aus.

Grüsse
Alvis Gunnar

 

Hallo Alvis Gunnar,

mir hat Dein PC-Geschichtchen auch gut gefallen.

Ja, Computer können so viel mehr als wir ihnen zumuten. Eigentlich macht man an seinem Rechner ja immer das gleiche. Als Mensch würde man völlig verblöden, schön, dass der Rechner nicht drüber nachdenkt.

Mir gefiel der Vergleich Mensch - Maschine, auch das Ende, wenn der Mensch es scheinbar nicht mehr ertragen kann, dass die Maschine so passiv ist.

Das Gehirn der Maschine wandelte die gegebenen Befehle schnell um und ohne sie auch nur einen Augenblick zu hinterfragen, genauso wie es sich gehörte.

Das "und" würde ich streichen und durch ein Komma ersetzen, dann klingt es besser. Sonst habe ich nix zu meckern.


Gerne gelesen und liebe Grüße
Giraffe :)

 

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