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Träume nicht nur
Er tippte die Zahlen mit Höchstgeschwindigkeit in die kalten Tasten, schliesslich musste dieses Dokument in einer halben Stunde fertig sein. Das Gehirn der Maschine wandelte die gegebenen Befehle schnell um und ohne sie auch nur einen Augenblick zu hinterfragen, genauso wie es sich gehörte.
Da hielt er kurz inne, als der Computer einen Moment stockte.
„Na mein Guter, du brauchst wohl auch mal eine Pause wie? Weisst du, dafür haben wir leider keine Zeit“, murmelte er und schloss dabei kurz die übermüdeten Augen. „Gut, dass du so verlässlich mitarbeitest und dich nie beschwerst. Das Recht dazu hättest du schliesslich: Jeden Tag immer wieder die gleichen simplen Aufgaben, dieselben starren Abläufe. Es ist fast ein Wunder, dass du das noch mit dir machen lässt. Ich selbst hätte mich an deiner Stelle ja schon lange gegen dieses Joch gewehrt und meinem Chef so richtig gesagt, dass es auf diese Art nicht weitergehen kann. Hast du denn nicht manchmal das Gefühl, zu Höherem geschaffen zu sein, als nur das zu tun, was man dir vorschreibt?“
Der Computer blieb regungslos, nur seine Kühlung ratterte weiter.
Etwas enttäuscht fuhr er fort: „Du hast doch sicher auch die Sehnsucht nach einem ereignisreicheren und vor allem freieren Dasein! Fühlst du nicht von Zeit zu Zeit dieses Ziehen nach Abenteuern tief in deinen Eingeweiden?“
Die Antwort des Rechners, welches nur aus einem leisen ängstlichen Summen bestand, regte ihn auf. „Ha, ich weiss was mit dir los ist, du hast Angst davor! Du fürchtest, aussortiert zu werden, solltest du nicht mehr richtig funktionieren. Du lebst lieber gar nicht, um nicht zu sterben, aber glaube mir, das ist es nicht wert!“ rief er, verzweifelt über die Apathie seines PCs. „Kämpfe! Kämpfe für deine Träume, los!“ Doch abgesehen von einem kurzen Flackern auf dem Bildschirm blieb die Maschine weiterhin untätig. Da riss etwas tief in ihm drin. Er packte den Computer, schmetterte ihn auf den Boden und schrie: „Fang endlich an mal selber etwas zu tun! Lebe, du sollst leben!“
Als endlos viele Funken aus den zertrümmerten Überresten sprangen, keimte in ihm nochmal Hoffnung auf. Vielleicht hatte es diese Maschine jetzt endlich geschafft, aus ihrer monotonen Existenz auszubrechen! Just in diesem Moment brach auch die Sonne durch die dicke Wolkenbarriere, erleuchtete die Welt und gab dem Raum seine wohlige Wärme zurück. Doch dieser Moment war so schnell vorüber, wie er gekommen war, zurück blieb nur ein kaltes Zimmer und ein Gerät, noch kaputter als es vorher gewesen war.