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Träumerin und Zicke

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04.01.2004
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Träumerin und Zicke

zweite Verion:

"Weißt du noch wie elegant Blessy durch die Manege schreiten konnte?" Regina ließ ihre Stickerei sinken und ließ ihren Blick durch den weiträumigen Garten schweifen.
Josefina sah in die gleiche Richtung, doch da war weit und breit kein Pferd zu sehen. Die Vögel zwitscherten fröhlich, ansonsten waren keine Tiergeräusche zu hören. Sie schaute ihre Schwester besorgt an. Wieso fing sie plötzlich mit dieser uralten Geschichte an?
"Ich weiß noch genau, wie er mich immer beißen wollte!"
"Weil du Angst vor ihm hattest!" Reginas Lachen klang immer noch glockenrein, nur die zu einem Dutt hochgesteckten weißen Haare ließen ihr Alter erahnen. Sie soll ja schon von Geburt an ein Sonnenscheinkind gewesen sein.
"Weil ich laut rumgemault habe, wenn ich den Stall ausmisten musste!" Josefina kniff die Augenbrauen zusammen. Obwohl sie die Jüngere war, hatten die Jahre viel tiefere Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen.
"Ich musste ja den ganzen Tag trainieren." Es klang weder vorwurfsvoll noch stolz, es war einfach eine Tatsache.
"Oh ja, das ist dir ja sooo schwer gefallen!"
Jetzt wandte Regina sich direkt an ihre Schwester. "Ohne meine Nummer wäre der Zirkus schon viel früher bankrott gewesen!" Sie richtete sich kerzengerade auf.
Zum ersten Mal erschien der Anflug eines Lächelns auf Josefinas Gesicht. "Mir hat es hinterher in der Drei-Zimmer-Wohnung vom Sozialamt schon besser gefallen als in dem schimmeligen Wohnwagen! Kein Pferdegestank mehr! Endlich konnte ich regelmäßig zur Schule gehen und mir später ein bisschen Wohlstand erarbeiten. Etwas, worauf du ja noch nie Wert gelegt hast!" Bei den letzten Worten beugte sie sich weit zu ihrer Schwester hinüber.
"Jeder sollte das tun, was er am besten kann", sagte Regina mit sanfter Stimme und nahm wieder ihre Stickarbeit auf.
"Jeder sollte das tun, wozu er in der Lage ist! Nicht mehr und nicht weniger!" Josefina schlug mit der rechten Faust leicht auf die Lehne ihres Gartenstuhls. "Du hättest auch eine Ausbildung machen, unabhängig werden können und vorher -"
"Vater hat mich darum gebeten", erwiderte Regina schlicht. "Er hat mich geliebt, da konnte ich doch nicht -"
"HA! Liebe!" Josefinas Lachen klang rau wie ein Reibeisen. "Hast du nie gemerkt, dass er dich genauso gelobt und ermutigt, ja dressiert hat, wie unsere Pferde, Löwen und all die anderen Viecher?"
Die Sticknadel stach in den Stoff, wurde durchgezogen und von der anderen Seite wieder durchgestoßen. Lautlos, im gleichmäßigen Auf und Ab.
"Du hast Dein ganzes Leben lang geglaubt, mit Deinem Engelsgesicht immer alle um den Finger wickeln zu können! Dabei hast du bloß nicht gemerkt, wie du selber benutzt worden bist!" Josefina stand auf, stützte sich auf ihren Stock und fuchtelte mit dem rechten Zeigefinger vor Reginas Gesicht herum. Es tat gut, dies endlich einmal auszusprechen. "Du meinst also wirklich, du hättest dich für die Familie aufgeopfert? Du hast doch immer nur das getan, was dir Spaß macht!"
Ganz kurz fiel ein Schleier über Reginas Augen, dann glänzten sie wieder. "Weißt du noch, wie wir alle meinen ersten Salto rückwärts gefeiert haben?" Ihre Stimme vibrierte vor Begeisterung. "Nicht der Applaus war die Krönung jeder Vorstellung -"
Josefina blieb abrupt stehen. "Weißt du auch noch, wie du gestürzt bist?"
Ein Strahlen umgab Reginas Gesicht. "- Zusammengehörigkeitsgefühl. Diese Auftritte hätte ich nie alleine geschafft. Vater hat immer betont, der Beifall würde jedem von uns gelten. Stallausmisten ist genauso wichtig." Die sanften Worte vibrierten durch den Garten, bedeckten alles mit einem zärtlicher Schleier.
Josefinas Stock stocherte im Boden herum. Ein paar Spatzen schimpften irgendwo am Ende des Gartens. Ein leichter Wind wirbelte die Blätter auf.
Regina legte ihre Stickerei ab, zog die Schultern hoch. "Es wird kühl."
Ihre Schwester schaute zu ihr hinunter, wie hatte diese zarte Person bloß ihr Leben gemeistert?
Josefine seufzte. "Soll ich dir eine Jacke holen?"
"Nein, bitte bring mich auf mein Zimmer!", flüsterte Regina.
Josefina nickte und schob den Rollstuhl in das große Haus, auf das sie so stolz war. "Ich werde dann auch gleich noch einmal nach Vater schauen."

 

Immer wieder meine Abneigung gegen Geschichten mit einer Pointe... Muß eine Krankheit sein, eine allergische Reaktion, ich sollte einmal zum Arzt gehen, deshalb.

Nein, hat mir eigentlich gut gefallen. Wobei ich mir denke, daß die Geschichte besser wäre, würdest Du dem Leser schon zu Beginn mitteilen, daß Regina im Rollstuhl sitzt. So kann man auf die Idee kommen, Du hättest die Geschichte nur um der Pointe willen erzählt; und das schafft (bei mir zumindest) so ein gräßliches Gefühl von Enttäuschung.

Die beiden Schwestern, die mehr Zeit miteinander verbracht haben, als gut für sie sein könnte, gefallen mir. Hier sehe ich eine Menge Potential, das Du nur teilweise ausschöpfst: ihre Gespräche, ihre Streits sind ja vermutlich etwas sehr Alltägliches, wiederholen sich unendlich. Ich denke, hier könntest Du noch ergänzen. Das von Dir Dargestellte gefällt mir nämlich ziemlich gut.

Noch die obligaten Detailanmerkungen:

  • nickte kurz der Reiterin - Ich dachte zuerst (sorry), die Schwester würde reiten. Vielleicht setzt Du stattdessen "einer Vorüberreitenden". Das "der" läßt mich nach einem Bezug suchen, nach etwas, das schon genannt wurde.
  • stütze sich auf ihren Stock - "stützte"
  • als ein hübsches Gesicht - Wäre verständlicher, wenn Du "ein" durch Kursivdruck hervorheben würdest. Gerade, da es sich um einen halben Streit handelt, könnte das auch an anderen Stellen hilfreich sein.
  • Ihre Stimme vibriere - "vibrierte"

 

Hallo Claus,
vielen Dank fürs Lesen und das Lob! Ja, ehrlich gesagt nervt es mich auch, wenn zu oft eine KG auftaucht, in der die Pointe darin besteht, dass ein Prot krank ist oder ähnliches. Aber das soll für mich hier nicht der Schwerpunkt sein, sondern ein zusätzlicher Kick. Deshalb soll das auch erst zum Schluss aufgedeckt werden.
Hm, ich sollte noch mehr ergänzen, ich weiß im Moment nicht so recht, was. Für meine Begriffe ist die KG erfreulich kurz. Mal überlegen.
Danke auch für die Hinweise auf die Fehler, ich habe jetzt ein paar Wörter kursiv hervor gehoben, auch nicht das "ein", denn das hübsche Gesicht hat einen Bezug zur Pointe!
lieben Gruß
tamara

 

Hallo tamara,

mir hat die Geschichte recht gut gefallen. Das Gesprächsthema, das die beiden Schwestern führen, bezieht sich wie meistens im Alter auf die Vergangenheit. Was geschehen war damals und was hätte anders werden können. Die Dialoge sind mE nach gut formuliert, passen zum Alter der beiden Frauen.

Aber sei mir nicht böse, aber ich sehe da keine Pointe in der Geschichte. Vielleicht habe ich auch Tomaten auf den Augen, denn die esse ich in letzter Zeit ziemlich viel, wohl zu viel?

Zum Schluss noch paar wenige Fehler:

fragte Regina und schaute mit glänzenden Augen zu dem Schimmel hinüber, der auf dem Weg hinterm Gartenzauns entlang trabte.

Gartenzaun

"Ohne meiner Nummer wäre der Zirkus schon viel früher bankrott gewesen!"

meine

Lautlos, im gleichmäßigen Auf- und Ab.

Auf und Ab

Reginas Lachen klang immer noch glockenrein, ihr Gesicht wirkte immer noch ein wenig zerbrechlich wie Porzellan.

Wiederholung; vielleicht: auch heute noch

Viele Grüße
bambu

 

Hi Tamara,

zehn Minuten bevor ich mich an den Comp. setzte, habe ich darüber nachgedacht, mal wieder Tagebuch zu führen, damit ich in einigen Jahren, an Dinge erinnert werde, die ich vielleicht sonst vergessen hätte.

Da finde ich deine KG. :) Sie zeigt mir, dass man in einem gewissen alter, kein Tagebuch mehr braucht. Erinnerungen kommen hoch, ganz von alleine.
Geht mir heute ja manchmal schon so. :schiel:

Der kurze Rückblick deiner Prots hat mir gefallen. Er weckt den Gedanken an eigene Erinnerungen.
Was ich nicht ganz nachvollziehen konnte:

"Weißt Du auch noch, wie Du gestürzt bist?"
Ein Strahlen umgab Reginas Gesicht, ihr Blick war ins Unendliche gerichtet. "Das hätte ich nie alleine geschafft. Vater hat immer gesagt, dass wir es nur alle gemeinsam schaffen können.
Was hätte sie nie alleine geschafft? Den Sturz? Wieso strahlt Regina bei dieser Erinnerung?
Oder hat sie die Frage der Schwester überhört und war in Gedanken noch bei ihrem Salto?
Wenn ja, wäre es aber trotzdem interessant, zu erfahren, was es mit dem Sturz auf sich hatte.
Du schreibst die Anrede "du" in deiner Kg groß. Ist nicht üblich. Ich denke daran hat sich auch nichts geändert, oder :hmm:

Das -Bösartigkeiten- in deinem Titel, stört mich ein wenig. Bösartig ist für mich etwas anderes.

Das du den Rollstuhl erst am ende erwähnst, stockt zuvor ein wenig den Lesefluß. Ich dachte zwischendurch: Ja wat denn nu, sitzen die beiden oder laufen sie?

Eine nette kleine Geschichte für zwischendurch, die mit ihren Erinnerungen an die Zukunft denken lässt. ;)

ganz liebeb Gruß, coleratio

 

Hi Tamara,

so richtig mein Fall ist die Geschichte nicht. Ich komme mir immer fies vor, wenn ich über eine Geschichte, die schon positive Stimmen hat, etwas Negatives sage oder denke. Daher wollte ich zunächst gar nicht schreiben. :)

Die Charaktere kamen mir nicht so richtig nahe. Deine Geschichte ist ja auch sehr kurz, aber ich konnte am Ende immer noch nicht die Namen Regina und Josefina auseinander halten. Das passiert mir meistens dann, wenn die Charaktere es nicht geschafft haben, mich zu berühren.
Vielleicht lag es daran, dass für mich Reginas Faszination am Zirkusleben nicht richtig rüber gekommen ist. Für mich bleibt offen, ob sie nur der alten Zeiten willen trauert (als sie noch nicht krank war, als sie noch laufen konnte) oder ob die damalige Zeit für sie tatsächlich so wunderbar war. Vermutlich wolltest du ja darauf hinaus, dass der Sturz der Grund für ihre Behinderung ist?

Insgesamt wirkte das Gespräch auf mich so, als würden die beiden fast jeden Tag darüber reden. Das ist natürlich nur so ein Gefühl...

Die Dialoge als solche fand ich sehr gut und authentisch.

LG
Bella

 

Hallo bambu,
vielen Dank fürs Lesen und Kritisieren! Na gut, ich verrate ausnahmsweise die Pointe, weil du es bist! ;) Regina sitzt im Rollstuhl und das bedeutet, dass sie damals – Nein! Mehr verrate ich doch nicht, die Leser dürfen hier mitdenken.
Vielen Dank auch fürs Fehlerfinden, den Halbsatz mit der Wiederholung habe ich ganz raus genommen.
viele liebe Grüße
tamara

Hallo Coleratio,
auch dir herzlichen Dank! Ich schreibe trotzdem Tagebuch. In der KG ging es mir auch nicht so sehr um Erinnerungen, sondern wie unterschiedlich die Schwestern mit dem Leben umgehen, die eine hängt in ihren Träumereien, die andere schimpft rum. Bösartigkeiten ist übertrieben, aber ich wollte genau darauf hinweisen, dass Josefine eben nicht bösartig ist, schließlich wohnt ihre behinderte Schwester bei ihr. Deshalb erwähne ich den Rollstuhl erst am Schluss, vorher soll Josefine gemein wirken. Das scheine nicht so ganz rübergebracht zu haben, na ja, war wohl allzu sanft angedeutet.
Die von dir bemängelte Stelle habe ich deutlicher gemacht. Und ja, es sollte eine kleine, nette KG werden, das ist mir gelungen!
Danke und viele liebe Grüße
tamara

Hallo bambu noch einmal,
jetzt habe ich mich bei Coleratio verplappert und es doch verraten! Dann darst du es auch lesen! ;)
tschüß
tamara

 

Hallo bella,
oh, ich habe offline gearbeitet und deine Kritik jetzt erst gesehen. Und ich bin sehr froh, eine ehrliche Kritik zu bekommen. Wahrscheinlich sollte ich bei längeren Geschichten bleiben! Meine ich jetzt ernst, wenn ich mich bemühe, sehr kurz zu schreiben, bin ich oft selber nicht zufrieden.
Aber ist es wichtig, ob Regina "nur der alten Zeiten willen trauert (als sie noch nicht krank war, als sie noch laufen konnte) oder ob die damalige Zeit für sie tatsächlich so wunderbar war"? Sie verschläft ihr Leben mit ihren Träumen, darum ging es mir.
Auch die anderen scheinen zu glauben, dass die beiden jeden Tag darüber reden, merkwürdig, habe ich gar nicht so geplant. Tja, die KG ist wohl wirklich einfach zu kurz.
vielen Dank und liebe Grüße
tamara

 

Ja klar, :idee:
sie sitzt im Rollstuhl, weil sie abgestürzt ist.
Das kommt davon wenn ich mit müdem Kopf KGs lese. :Pfeif:

 

@Coleratio: Ach, ich hatte schon gedacht, ich schreibe völlig unverständlich! Na ja, Kritisieren ist auch anstrengend!
Danke noch einmal
tamara

 

Hallo Tamara,

mir sind deine langen Geschichten lieber. Ich versuche zur Zeit auch mich kürzer zu fassen, aber irgendwie bekomme ich da selbst nicht so den Draht zu meinen Charakteren. Eine gute Übung ist es allemal, den manchmal wird man wirklich zu ausschweifend. Ich fand diese Geschichte nicht schlecht, aber es ist halt eine, die ich sehr schnell wieder vergessen werde. Mir scheint, du bist selbst nich so wirklich zufrieden damit.

LG
Bella

 

hallo tamara,

leider ist das eine deiner schwächeren geschichten und das mag zwei ursachen haben. erstens kommt nicht diese "weichheit" auf, die bei deinen anderen kgs immer so positiv herausgestochen hat. diese kg hier wirkt nicht wirklich rund und da kommen wir zum zweiten punkt. sie wirkt ein wenig zusammenhangslos. ich hatte den eindruck, dass du selbst nicht genau wusstest, was du eigentlich erzählen willst. du solltest einen schwerpunkt setzen. so schreibst du über alte, traurige erinnerungen, die beziehung der schwestern, die beziehung zu dem vater, die beziehung innerhalb der neuen familie, das unglück...für einen so kurzen text ist das ein wenig zuviel.
auch wenn es nicht so klingt, hat mir die kg doch irgendwo gefallen. immer noch ;) lese ich einen text über dem dein name steht sehr gern.

einen ganz lieben gruß...
morti

 

@Bella und morti: Ja, es ist nicht meine stärkste KG, aber nachdem ich drei Monate nichts geschrieben und kritisiert habe, habe ich plötzlich erkannt, dass ich mich selber blockiere, wenn ich mit zu großem Anspruch schreibe. Deshalb ruhig mal eine nette, kleine Kg für zwischendurch. Hach, und es freut mich riesig, dass ihr mich immer noch lest und doch einigermaßen gut findet, wie schön! :kuss: Aber in Zukunft werde ich euch nicht mehr mit so banalen Geschichten quälen. Na gut, ich weiß, das ist übertrieben!

morti: Stimmt, da habe ich zuviel in eine zu kurze KG gepackt. Hm, für mich war der Zusammenhalt zwischen den Mensch ein einziges Thema, das sich nur in verschiedenen Beziehungen zeigt. Na ja, aber es war zuviel.
Meine Geschichten sind sonst so schön "weich"? Was meinst du damit? Ist das das Gleiche, wie dass eine KG "rund" wirkt? Na, ich merke, wir kommen von der KG weg.
herzlichen Dank jedenfalls
tamara

 

...mit weichheit meinte ich sowas wie rund, aber mehr in bezug auf die schönheit des schreibstils ;)...
ja, ja...manchmal drück ich mich etwas komisch aus...:)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi tamara,

ich könnte mir diesen Text gut als Teil in einer viel längeren Geschichte über eine bröckelnde Zirkusdynastie vorstellen, in der zwei Lebenswegen gegenübergestellt werden.
Das hast du natürlich auch in dieser kurzen Episode getan, aber trotzdem erfährt man außer den unter einem falschen Pelz aus Liebe versteckten gegenseitigen Vorwürfen nichts über die Lebenswege der Protagonisten. Was zum Beispiel verbittert Josefina so sehr, wenn sie doch das Leben gelebt hat, dass sie wollte. Warum kann sie der Schwester nicht ihr Leben lassen? Sie sieht es stellvertretend als gescheitert an und ist ihr Gram.
Dass Regina ihrerseits verbittert sein könnte, hat die Schwester doch mit der Familientradition gebrochen, ist bürgerlich geworden, das wäre plausibel. Bei Regina scheint aber keine Bitterkeit zu sein, trotz des Unfalls, trotz des Rollstuhls, der bestimmt auch ein paar der Wege nicht schaffen konnte, die Josefina für ihre Schwester zu sehen meint.
Die Vorwürfe, die Josefina macht, müssen wir als Leser so hinnehmen. Der Weg Reginas wird nicht aus ihrer Sicht gegengezeichnet. Da sind letztlich für mich auch die Hinweise auf Mann und Adoptivsohn überflüssig, weil sie keine weiteren Einsichten vermitteln. Sie bestätigen nur, dass Josefina ihrer Schwester vorwirft, sich über sich selbst zu belügen. Aber woher nimmt sie diesen Vorwurf?
Du merkst, es ist Stoff für eine Dynastie.
So bleibt für mich als Leser das Gefühl, die Schwestern tun sich beide Unrecht, verstehen sich nicht, nur weil sie so grundverschieden sind.
Zum Schluss überlegte ich, ob der Rollstuhl Josefinas Zorn begründet. Es fehlt mir aber ein Hinweis, dass sie immer für die Pflege ihrer Schwester verantwortlich ist und sich so an das ihr verhasste leben gebunden fühlt. Lediglich der Gruß an die Nachbarin könnte davon künden, dass die beiden alten Damen jetzt zusammen leben.

Mir erscheint der Text leider unvollständig.

Jetzt wandte Regina sich direkt an ihre Schwester.
Gut sie hat vorher zum Schimmel geschaut, aber sie hat die ganze Zeit mit niemandem geredet außer mit ihrer Schwester.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo tamara!

Josefinas Beziehung zu ihrer Schwester Regina ist von Hassliebe geprägt. Eifersucht, Neid und unterschwellige Aggressivität sind im Spiel.
Josefina beneidete ihre Schwester, weil sie auf dem Rücken ihres (oder ihrer?) Blessy im Rampenlicht schwebte, Triumphe feierte, Applaus des Publikums und Anerkennung durch den Vater errang und Hauptstütze des Familienbetriebs war, während sie, Josefina, nur eine Dienerrolle fern von Rampenlicht inne hatte, Stallknecht war.
Aus diesem Neid und dieser Eifersucht floss unterschwellige Aggressivität auf Regina, die sich auch auf deren Pferd Blessy übertrug, denn zwischen dem Tier und ihr lag Spannung in der Luft: Blessy wollte sie beißen, denn Tiere können Aggressivität, die ihnen entgegengebracht wird, instinktiv spüren.

Die Pointe mit dem Rollstuhl am Schluss finde ich gelungen - zeigt sie doch, dass Josefina über ihre wahrscheinlich schon sehr frühe Geschwistereifersucht nicht hinausgekommen ist. Dass Regina gelähmt ist und das Zirkusreiten, das ihr so viel Bewunderung und Anerkennung eingebracht hat, für sie vorbei ist, konnte sie wohl kaum milder stimmen. Aber solche Gefühle aus der Kindheit wird man wohl sein Leben lang nicht los.

Grüße gerthans

 

@Sim und gerthans: Ich wollte gerade anfangen, Sim zu erklären, wie ich die beiden Frauen sehe, da hat gerthans genau das getan! Danke, gerthans! Aber Sim, du hast auch Recht, wenn wenn du sagst, dass es eher Stoff für einen Roman ist. Ich habe viel zu viel nur angedeutet und weiß jetzt nicht, wie ich das deutlicher machen kann, ohne die KG auf Romanlänge auszudehnen. ;) Außerdem: Muss es immer eine Erklärung für jedes Verhalten geben? Manche Menschen sind von Anfang an mit sich und der Welt zufrieden, andere eben nicht. Der Punkt, auf den ich hinweisen wollte war, dass Josefine ihrer Schwester vorwirft, sie würde von Liebe schwärmen, Josefine meckert rum, aber sie kümmert sich um ihre Schwester, gibt die Liebe, die sie vor sich selber nicht zugeben will oder kann. Aber auch das ist wohl zu undeutlich rübergekommen, tut mir Leid!
viele liebe Grüße
tamara

 

Also gut, da ihr mir einfach keine mittelmäßige KG durchgehen lasst (seufz - ach, ihr seid toll! :kuss: ), habe ich mich hingesetzt, aufgeschrieben, was ich ausdrücken will und umgeschrieben. Das Pferd mit der Reiterin, der Mann und der Sohn sind rausgeflogen, dafür sind andere Details drin und ich erzähle jetzt aus Sicht der Zicke, dadurch kommen ihre Gedanken ein wenig rein. Und den Titel habe ich geändert. Ich hoffe, es ist jetzt deutlicher!
vielen Dank an alle kritischen Kritiker!
und liebe Grüße
tamara

 

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