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Traditionen wahren
Für einmal verhielt sich Julius sehr passiv und versteckte sich hinter dem Busch, welcher sich im Garten seines Hauses befand. "Aha, hab ich's mir doch gedacht", dachte er sich. Er beobachte nämlich seine Frau Juta durch die Fensterscheiben des Wohnzimmers. Was er da sah, bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen.
Am nächsten Tag las Julius gemütlich die Tageszeitung. Plötzlich klopfte es an der Tür. Er ärgerte sich über die frühe Störung, trotzdem erhob er sich und lief zur Eingangstür.
Warum schlagen Sie so verrückt auf die Tür?", fragte Julius noch bevor er die Türe öffnete. "Ich muss zu Juta", antwortete dieser.
Dieser war ein junger, sehr gepflegt gekleideter Mann mit einem Blumenstrauss. Julius beäugte ihn misstrauisch. Was er nicht wusste, war, dass der junge Mann unter dem Blumenstrauss einen geladenen Revolver versteckte und damit auf Julius zielte.
"Wer sind Sie, sie Dreckschwein?", kläffte Julius karg. "Mein Name ist Ingo, Ingo Schwartenschwalber", stellte sich der Sunnyboy vor. "Ich habe eine Verabredung mit Juta. Aber keine Angst, Herr Polker, es ist rein geschäftlich, die Blumen sind nur ein kleines Präsent für ihre Gattin. Ist sie zuhause?"
"Nein, tut mir leid, niemand zuhause", schnauzte Herr Polker zurück.
"Niemand zuhause? Sie sind ja da!"
"Sie Witzbold, meine Frau ist nicht zu Hause."
"Ach wirklich? Na dann machen wir halt ein Business-Meeting!"
Ingo Schwartenschwalber löste eine Kugel in seinem geladenen Revolver und erschoss Herr Polker mit einem gezielten Kopfschuss. Herr Poker sackte sofort über der Türschwelle zusammen. Umgehend zog Ingo die Leiche ins Haus. "So ich bin drin! Jetzt muss ich nur noch wissen, wo ich suchen muss", dachte sich Schwartenschwalber.
"Frau Poker?!", rief er sicherheitshalber. Er wollte sichergehen, dass auch wirklich niemand zuhause war. "Ja?", rief eine Frauenstimme aus dem Toilettenzimmer.
Ingo errötete, da Frau Polker scheinbar noch zu Hause war. "Hallo? Wer ist da?", rief Frau Polker mit einer etwas zögerlichen Tonlage nochmals. Ingo räusberte ganz leise und antwortete: "Ich, der Milchmann!"
"Oh, du bists... Was für eine Überraschung, sonst kommst du doch immer später?", rief Juta. "Ich komme gleich, mein Tiger..." "Oh Gott.. Was meint sie damit?", dachte Ingo verstört. Plötzlich schritt jemand die Treppe herunter. Und wenige Sekunden später stand Juta vor Ingo, nackt. "Oh Gott.. Sie.. Sie sind gar nicht der Milchmann!", rief Juta verwirrt.
"Ähm nein, also ich meine doch, ich bin der Neue!", antwortete Ingo.
"Achso, bist du dann auch so wild wie der Letzte?"
"Ähm, was meinen Sie?"
"Wild nach Muttermilch?"
Ingo wurde es zuviel und er löste erneut einen Schuss mit seinem Revolver. Die Kugel flog direkt auf Juta zu, doch diese hechtete in Zeitlupe zur Seite. Die Kugel traf die Wand und Juta rollte sich geschickt seitwärts. "Mist! Sie konnte der Kugel ausweichen.", dachte Ingo.
"Was wollen sie?" Wer sind sind?", fragte Juta noch am Boden liegend. Ingo legte den Revolver auf einen Tisch im Eingangsbereich des Hauses. Er stöhnte etwas und begab sich in die Nähe von Juta: "Es ist so, vor langer Zeit lebten meine Urgrosseltern in diesem Haus... Sie sind leider verstorben, und in meiner Familie ist es eine alte Tradition, dass wir die Häuser in denen unsere Vorahnen gelebt hatten, von fremden Bewohnern freihalten. Sie und ihr Mann wohnen nun schon seit siebzehn Jahren in diesem Haus, ich weiss, ich komme etwas spät, aber ich war während langer Zeit als Kinderarzt in Ostafrika tätig. Mir liegt sehr viel am Wohlergehen dieser fernen Kultur, und so praktizierte ich zu einem absoluten Tieflohn als Arzt um... wie auch immer. Jetzt bin ich zurück gekehrt und habe erst gestern den Brief in meinem Briefkasten gefunden, in dem mein Onkel mich über den Tod unserer Grosseltern informiert und mich gleichzeitig gebeten hatte, das Haus vor neuen Einwohnern zu schützen. In dem Briefumschlag lag eben auch noch dieser Revolver, und für mich war klar, was mein Onkel mir damit sagen wollte. Entschuldigen sie also, ich wollte nicht dass alles so kommt!"
"Ach so ist das, machen Sie sich kein schlechtes Gewissen wegen mir, es ist ja alles noch gut gegangen! Und jetzt, was passiert jetzt?", gab Juta zur Antwort.
„Ich muss die Familientradition wahren, ergo Sie müssen verschwinden!“, sagte Ingo. „Hmm, verschwinden ist ein gutes Stichwort!“, antwortete Juta während sie sich aufrichtete und die Hände vom Bodenstaub befreite, „Wenn sie meinen Mann erschiessen, können Sie das Haus haben. Ich bin nämlich mit dem Milchmann liiert und möchte den Rest meines Lebens mit diesem verbringen. Einverstanden, Herr… wie heissen sie nochmals?“ – „Schwartenschwalber, Ingo Schwartenschwalber.“ – „Freut mich, Juta Polker-Schmeisser.“
Durch die beidseitige Willensäusserung kam ein Deal zustande. Ingo lachte sich noch etwas ins Fäustchen, da er seine Verpflichtung bereits erledigt hatte. Juta eröffnete ein Molkereigeschäft und Ingo ein Kinderspital für Ostdeutsche im Haus seiner Urgrosseltern. Die Tradition war gewahrt.