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Traue nur dir selbst
"Heute ist Frühlingsanfang, es ist Zeit aufzustehen, ein Tag mit vielen Sonnenstrahlen steht vor der Tür."
Es dauerte ein Zeitlang, bis ich bemerkte, dass der viereckige Kasten, mögen ihn manche auch Radio nennen, der auf meinem Nachttisch stand so unverschämt freundlich zu mir sprach. Es kann doch nicht schon halb sieben sein, ging es mir durch den Kopf noch halb verschlafen. So grausam diese Vorstellung auch war, sie war leider Realität. Ich gehörte nun mal zu arbeitenden Fraktion und musste mich wohl oder übel aus dem Bett quälen. Einmal gereckt und gestreckt, stand ich neben meinem Bett, steckte meine noch warmen Füße in die kalten Hausschuhe und schlurfte ins Bad. Wie unverschämt hell es doch schon ist heute morgen, dachte ich mir. Einfach Grausam diese Pflicht des Aufstehens und Arbeitens. Die Zeit verging so schnell, bald würde es schon wieder Sommer sein und die Abende immer länger werden. Zu lange kreisten meine Gedanken noch um meine Müdigkeit und den sehnlichsten Wunsch nach Urlaub, dass ich erst nach dem Klingeln an meiner Haustüre bemerkte, dass ich schon wieder viel zu spät dran war.
"Bist du schon wieder nicht aus dem Bett gekommen, oder hast du zum hundertsten Mal deine Schlüssel verlegt?" Sie war meine Freundin und das schon seit fast 15 Jahren. Mit ihr bin ich durch dick und dünn gegangen. Von der ersten großen Liebe bis zum ersten Mal, wirklich alles wussten wir voneinander. Aber das, dass konnte ich ihr nicht sagen, es ging einfach nicht.
"Das erstere sei der Fall, antwortet ich kurz, als sich das Auto langsam in Bewegung setzte."
Mit meinen Gedanken noch versunken in die letzte Nacht, versuchte ich mich auch auf eine Erzählung von Tanja zu konzentrieren, in der es mal wieder nur um Männer ging. Ja das war so ihre Art, sie konnte, selbst verheiratet, einfach nicht verstehen, warum ich keinen Mann fand. Und immer wann sich die Gelegenheit bot, versuchte sie mich zu verkuppeln.
Erst neulich, da sollte es ein Architekt sein. Nein, nicht das ich etwas gegen diese Bauherren hatte, aber was soll ich mit einem Mann, der mir den ganzen Abend versucht klar zu machen, dass die Sichtweise eines jeden anders ist und für ihn nun mal Apfelbäume schon immer gelb waren. Wir wären zu unterschiedlich, wollte ich ihr damals schonend beibringen, da sie sich soviel Mühe machte, die letztendlich nichts genützt hatte. Irgendwie musste ich immer ein Ausrede finden um ihr zu erklären, warum aus ihren Verkuppelungsversuchen nichts wurde.
Meine Gedanken schweiften ab und wieder kam der gestrige Abend so real in mein Gedächtnis. Mir wurde warm ums Herz und ein lächeln legte sich auf mein Gesicht.
"Hallo, hörst du mir überhaupt zu?" Ja natürlich hörte ich zu, schnell versuchte ich mich wieder auf Tanja zu konzentrieren, die ja schließlich alles versuchte, damit ich nicht alleine irgendwann in Rente gehen musste.
"Lissy, was ist eigentlich los mit dir heute morgen?"
Es war so vieles los, aber ich konnte es ihr einfach nicht sagen, es ging nicht, hätte sie es doch am wenigsten verstanden, würde mich verurteilen.
"Du, nicht´s ist los, erwiderte ich kurz, ich bin einfach nur ein wenig müde." "Wahrscheinlich war wieder einmal Vollmond."
"Vollmond?" "Du bist wirklich seltsam heute morgen, entgegnete Tanja."
"Haben wir uns doch erst am Wochenende darüber unterhalten, dass uns beiden dieser Vollmond am Freitag eine schlaflose Nacht beschert hatte, dann kann doch am darauf folgenden Mittwoch nicht schon wieder Vollmond sein!"
"Oh schau mal, ist das nicht schön?" "Ich liebe es wenn die Blumen ihre Köpfe aus der Erde heraus strecken und die ersten Sonnenstrahlen uns das Gefühl von Wärme geben."
"Lenk nicht ab, sagte Tanja mit ihrer eher etwas tiefen, männlich klingenden Stimme!" "Du verschweigst mir doch was, kam es neugierig wirkend herüber?"
"Hast du noch nie schlecht geschlafen, erwiderte ich bereits etwa genervt? "
"Doch, aber deswegen musst du doch nicht gleich so pampig werden, setzte sie noch einen Drauf." "Es war ja nur eine Frage!"
Nur eine Frage, dacht ich, nur eine Frage, wenn du wüsstest, würdest du nicht eben mal so eine Frage stellen.
"Entschuldigung, sagte ich leise." "Können wir bitte einfach in die Arbeit fahren und diese Auseinandersetzung vergessen?"
"Wie du meinst, sagte sie mit einem Unterton, denn sie nur dann hatte, wenn ihr irgendetwas nicht in den Kram passte."
Ich ignorierte es einfach und bemerkte wie meine Gedanken schon wieder begonnen sich in die tiefen meines Gehirns abzusetzen. Gefühle stiegen abermals in mir hoch, Gefühle des Glücks und des schlechten Gewissens zugleich, wobei die ersten überwogen, was ich mir zu meiner eigenen Schande gestehen musste und was mich selbst erstaunte. Seine Berührungen, seine romantisch – stürmischen Begegnungen in der Intensität so stark, dass es mir langsam bewusst wurde, dass ich anfing Gefühle für diesen Mann zu entwickeln.
"Was hälst du davon, wenn wir heute gemeinsam zu Mittagessen?"
"Was, wie kam es sichtlich sagte ich erschrocken über den aprupten Abbruch meiner Gedanken." "Essen, futtern, oder wie du es auch immer nennen möchtest, kam es nun sichtlich genervt."
Nein, oh Gott, das ging nicht, nicht heute, schoss es mir durch den Kopf.
"Tut mir leid, heute kann ich nicht, sagte ich schließlich, ich habe schon etwas vor."
Mit wem, kam es einerseits verwundert, aber auch neugierig herüber?"
Typisch, sie dachte mal wieder, dass es sich hier um einen Mann handeln würde und wollte dann alle Details. Ja gut es war ja auch ein Mann, aber das konnte ich ihr nicht erzählen.
So log ich, sagte dass es kein Mann sei, sondern meine Großmutter Ina, die ein paar Dinge bräuchte, die sie mir gestern Abend am Telefon aufgetragen hatte.
"Na toll, das ist schon das dritte Mal diese Woche, dass du mich versetzt."
"Es tut mir leid, brach es aus mir heraus." "Morgen, morgen, habe ich ganz bestimmt Zeit!"
"Das glaube ich erst, wenn es soweit ist, erwiderte Tanja." "Grüße deine Großmutter von mir, war das letzte was ich von ihr hörte, bevor ich sie ins Büro gehen sah."
Es war fatal, ich log sie an, meine beste Freundin, ich habe ihr schon zum dritten Mal diese Woche einen Bären aufgebunden. Aber was sollte ich ihr denn sagen, die Wahrheit? Das ging doch nicht, das konnte ich einfach nicht. Aber es war die Wahrheit, die bittere Wahrheit, dass ich heute Mittag den besten Sex meines Lebens haben würde und zwar mit ihrem Mann.