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Unglück
Als er an diesem Morgen aus dem Fenster schaute überkam ihn ein eigenartiges Gefühl das er nicht richtig deuten konnte. Wie jeden Morgen ist er aufgestanden, in die Küche geschlurft, nur um dann mit einem frisch gekochten Kaffee ans Fenster zu treten. Doch diesmal konnte er sein morgendliches Ritual nicht genießen. Nachdem er einige Minuten rastlos in seinem Zimmer auf und ab gegangen war, immer einen Blick nach draußen gerichtet beschloss er sich nicht von seinem Gefühl aus dem Konzept bringen zu lassen. Er erinnerte sich an das letzte mal, als er gedacht hatte das an diesem tag irgendetwas besonderes geschehen würde. Damals vor einigen Jahren als er voller Erwartungen zur Arbeit gegangen war, hatte ihn ein Unglück nach dem anderen gejagt. Als erstes stand er vor seiner offenen Garage nur um festzustellen das sein heißgeliebter Mustang verschwunden ist, nur um dann beim Schwarzfahren erwischt zu werden und auf Grund eines dummen verheerenden Fehlers seinerseits gekündigt zu werden. Adrian dachte mit einem schmunzeln an diesem Tag zurück. Alles war schief gelaufen. Auto und Job weg, die beiden Dinge die ihm zu diesem Zeitpunkt am wichtigsten waren.
Jetzt weiß ich es besser dachte er sich innerlich und schaute wieder aus dem Fenster es gab nichts was ihn beunruhigen sollte. Wenn er seinem Gefühl nicht Einhalt gebietet, würde es nur wieder Unglück hinauf beschwören. Wie gebannt starrte er auf die nächste Ecke, einige Meter von seinem Wohnhaus entfernt. Es passierte nichts und so riss er sich los und machte sich fertig um aus dem Haus zu gehen. Er freute sich auf den Tag, schnappte sich kurze Zeit später seine Kamera und überlegte welche Motive er sich für den heutigen Tag vornehmen sollte. Vor einigen Jahren wäre er sofort, wahrscheinlich ohne vorher geschlafen zu haben, zu irgendeinem Set an dem ihn schon dutzende wunderschöne Frauen erwarten, gefahren. Vor seinem Unglückstag was er einer der renommiertesten Modefotografen der Stadt gewesen, die Modelabels hatten sich um seine genialen Bilder gerissen. Er gehörte zu den wenigen aufstrebenden Talenten in der Branche und er hatte dieses Leben geliebt. Immer im Mittelpunkt und genau der Typ der gerne auf den wilden VIP Partys gesehen war. Nicht zu verachten war da auch der finanzielle Aspekt, er konnte sich damals schon in jungen Alter sehr schöne, teure und beeindruckende Dinge leisten. Und seinen Mustang hätte er sich damals wohl längst durch ein anderes schnittiges Auto ersetzt. Seine moderne Eigentumswohnung und die Fotoausrüstung waren wohl das einzige das ihm aus der Zeit noch geblieben war als er sich zu weit aus dem Fenster lehnte und anstatt den Anweisungen seines Auftraggebers folge zu leisten sich für seine künstlerische Seite entschieden hatte. Er hatte einige Zeit gebraucht um sich zu berappeln und wieder auf die Beine zu kommen, er hatte Nächte damit zugebracht sich den Kopf darüber zu zerbrechen wie dumm er denn hatte sein können, alles für eine Frau hinzuschmeißen die er eigentlich gar nicht kannte. Bis heute frage er sich manchmal wer dieses Mädchen war, dass ihn dazu gebracht verrückt zu spielen und alles zu riskieren. Leider hatte es für ihn keine Möglichkeit gegeben herauszufinden wer dieses Mädchen mit den großen brauen Augen war. Er war am Set nicht mehr erwünscht und nachdem ihn sein Chef im hohen Bogen rauswerfen ließ, gab es auch keine Möglichkeit sie noch einmal wiederzusehen. Er hatte sich oft in seinem Träumen ausgemalt wie er ihr den Hals umdrehen würde und sie für alles an dem Tag verantwortlich machen würde. Hätte er doch bloß die Möglichkeit ihr zu sagen das sie, nur sie alleine für dieses Desaster in seinem Leben verantwortlich war. Sie war es die ihn dazu ermutigt seine künstlerische Seite herauszukehren und nicht den Anweisungen zu folgen, Ja sie war es die ihn überhaupt auf die Idee gebracht hatte etwas so aussichtsloses zu riskieren und folglich war auch sie es die schuld daran hatte das er die damalige Kampagne in den Sand gesetzt hatte. Er kann sich noch genau an das Gefühl erinnern, als er in der Modebranche plötzlich unten durch war und er keinen Fuß mehr fassen konnte. Nur zu gerne würde er ihr einfach alles was ihm am Herzen liegt entgegenschleudern, nur um dann darauf zu warten wie sich ihre dunklen braunen Augen mit dem schlechten Gewissen herumplagen.
Adrian schallt sich innerlich dass er diesen Tag endlich vergessen musste, passiert ist passiert und rückgängig machen ließ es sich eh nicht mehr. Adrian war glücklich mit seinem Leben, vielleicht sogar mehr als vorher, er musste nur noch lernen zur Ruhe zu kommen. Er hielt seine Kamera ans Gesicht und suchte nach geeigneten Motiven. Die Herbstsonne schaffe es immer wieder den eigentlich trostlosen Stadtpark in ein imposantes Farbenspiel aus den verschiedensten Rot-, Braun-, Gelb- und Grüntönen zu zaubern. Er genoss das Gefühl auf einer Bank zu sitzen um auf den perfekten Moment zu warten. Er wartete und wartete, irgendwann im Laufe des Tages wusste er, würde der Moment kommen, an dem die Natur mit seiner Kamera ein Abkommen schließt und er das perfekte Foto bekommt. Er blickte erneut durch die Linse und da war es wieder, das eigenartige Gefühl. Adirain war so geschockt das er vergaß den Auslöser zu drücken. Aber in dem Moment in dem er diese Augen erblickte wusste er das er all die Jahre falsch gelegen hatte. Er konnte und wollte nicht anders, ihm wurde auf einmal bewusst das sein Gefühl ihm damals, sowie an diesem Herbsttag Glück und entgegen seiner Überzeugung nicht Ünglück beschert. Als er wieder zu sich kam und seine Kamera herunter nahm, blickte er erwartungsvoll nach vorne, doch er sah nur die Blätter wie sie sich sanft vom Wind zur Erde tragen ließen.