Lieber George!
Es ist menschlich, dass Juror A eine andere Meinung hat als Juror B. Das wissen auch alle, die an diesem Wettbewerb teilnehmen. Und dennoch beugen sie sich dem Urteil, ohne hinterher nachzukarren. Dies nennt man Fair Play. Auch dieser Begriff kommt aus dem Englischen. Das, was hier im Moment abläuft, hat mit Fair Play leider nicht das Geringste zu tun.
Ja, natürlich ist es menschlich, daß Juror A eine andere Meinung hat als Juror B. Genauso menschlich ist es aber auch, daß man sich aufregt, wenn man meint, daß etwas nicht so ganz paßt.
Ich finde es gelinde gesagt schäbig, was hier im Moment von einigen Wettbewerbsteilnehmern veranstaltet wird.
Du meinst jetzt nicht wirklich, es sei schäbig, seine Meinung zu sagen, oder? Ich mein, ich kenn Dich doch als jemanden, der auch ganz gern seine Meinung sagt, warum ist das hier anders?
Natürlich will jeder gewinnen, wenn er an einem Wettbewerb teilnimmt, es kann aber nicht jeder gewinnen.
Es ist nicht so, daß ich meinen würde, meine Geschichte hätte gewinnen müssen, ich möchte auch sim seinen Sieg überhaupt nicht absprechen – darum ging es mir nicht. Aber um eine faire Beurteilung (ich meine den von der Jury verfaßten Text, nicht die Reihung!), und da geht es mir auch nicht nur um meine Geschichte. Auch bei anderen (von mir gelesenen) Geschichten habe ich mich beim Lesen der Bewertung etwas gewundert.
Im Nachhinein hinzugehen und der Jury vorzuwerfen, sie hätte sich nicht an die von ihr aufgestellten Kriterien gehalten, ist schlechter Stil. Vor allen Dingen, da einige Jurymitglieder überhaupt nicht dabei waren, als die Kriterien formuliert wurden.
Entschuldigung, aber vorher kannte ich die Bewertungen nicht, auch weiß ich nicht, was welches Jurymitglied weiß, ich konnte mich also nur im Nachhinein aufregen. Ich wollte damit aber kein Jurymitglied persönlich treffen.
Was jedoch dem Fass den Boden ausschlägt ist die Behauptung, die Jury hätte eine Geschichte nicht richtig gelesen. Mal davon abgesehen, dass dies eine Pauschalverurteilung ist, frage ich mich, wie man eine Geschichte "richtig" lesen kann. Beziehungsweise "nicht richtig".
Es tut mir leid, daß ich Dich damit offenbar so getroffen habe. Da meine Geschichte aber nunmal nicht die Geschichte eines Misanthropen ist, der von seinen Freunden »geheilt« wird, und das auch von anderen Kritikern nicht so gelesen wurde, fiel mir nur die Bezeichnung »nicht richtig gelesen« ein. Weitaus weniger hätte es mir ausgemacht, wenn da stehen würde, daß Ihr
keine Intention erkennen konntet, als etwas hineinzuinterpretieren, wovon nichts in der Geschichte steht.
Enttäuscht bin ich dadurch aber vor allem auch persönlich, weil die von Euch genannte Intention ja nicht einmal zu mir und meiner Einstellung paßt, und ich habe irgendwie das Gefühl, daß alles, was ich bisher geschrieben habe, umsonst war, wenn irgendjemand, der meine bisherigen Geschichten ein bisschen kennt, mir so eine Intention überhaupt zutraut.
meine persönliche Nr. 1 hat es noch nicht mal unter die Top Ten geschafft.
Du bist das zweite Jurymitglied, von dem ich das höre…
Ist das eine ausgemachte Fragen-Abblock-Taktik?
Liebe Grüße,
Susi