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Unreif
Unreif
Im Prinzip bin ich zufrieden. Ganz ehrlich. Es gibt keinerlei Gründe, mich über irgendwas zu beklagen. Kaum. Gut, hier und da treten schon manche Unannehmlichkeiten auf. Nichts schlimmes. Kaum. Aber beklagen kann ich mich eigentlich nicht. Kaum.
Manche Menschen müssen schließlich auf der Straße schlafen. Haben sie sich auch nicht ausgesucht. Naja, ist gerade nicht mein Problem. Kaum.
Hin und wieder gebe ich, wenn ich durch die Innenstadt trotte, einem Obdachlosen ein paar Centstücke, in der Hoffnung er investiert es nicht in Bier oder Drogen. Naja. Mit 7 Cent wird es auch problematisch, Gras, das nicht in den Teppichboden einer gewöhnungsbedürftigen Wohnung mit der Innendekoration von seit 8 Wochen gestapelten Tellern eingestampft ist, zu besorgen. Daher tue ich genau das richtige, denke ich. Gebe ich einem Obdachlosen also wenig Geld, kann er seinen Körper auch nicht mit Halluzinogenen betäuben. Betrachtet man es genauer, könnte man also sagen, ich würde Obdachlose vor ihrem Verderben beschützen.
Nein, auch wenn Sie jetzt denken, ich wäre ein Held, muss ich sie leider enttäuschen. Ich bin es nicht. Kaum.
Momentan werde ich einfach nur älter. Vor einem Monat wurde ich endlich 18. Der Hammer! Die Feier war der Hammer. Glaube ich. Wurde mir zumindest so erzählt. Ich hatte am Mittwoch Geburtstag, sprich mitten in der Woche und musste aus diesem Grund am Wochenende nachfeiern. Am Mittwoch zu arbeiten war wirklich toll. Ich hätte mir am Dienstag wirklich ungern die Kante gegeben und gefeiert mit meinen Freunden, die noch alle in den Schulferien waren. Ehrlich. Früh aufstehen find ich auch total klasse. Wirklich. Diese sanften Harmonien, die die schönen Klänge meines Weckers morgens um 06.00 Uhr erzeugen, sind ein Schmaus für meine Ohren. Manchmal wünsche ich mir, dass mein Wecker zu einem Menschen wird und ich mit ihm alleine in einer Schlachterei stehe um ihm meine wahre Zuneigung zu zeigen…
Heiliger Ziegenschiss! Ich weiche komplett von meinem Alter ab. 18 !
Endlich Alkohol und Zigaretten kaufen können, endlich Filme, die zum Beispiel auf Titel wie „Magdalena melkt Mamas Melonen“ hören, in der Videothek ausleihen und endlich die uneingeschränkte Freiheit der Volljährigkeit genießen. Dachte ich.
Bis auf die eben genannten Vorzüge bringt die Zahl 18 nur einen riesengroßen Haufen voller Scheiße mit. Strafmündig? - Scheiße.
Erwachsen und damit vernünftig? – Scheiße. Vertragsfähig? – Ob ich vertragsfähig bin?- Ähh, ja klar, schon. Denke ja, bloß manchmal… Naja, also vertragsfähig…Vertragsmündig, ja… fähig? Ich hoffe, ja, also… Kaum.
Egal, wer oder was mir einen Vertrag anbietet, und sei es nur ein Vertrag für Hornhautsalbe, ist diese Person höflich, unterschreibe ich alles.
Mittlerweile habe ich drei verschiedene Riesterrenten, zwei Unfallschutzversicherungen für mein Fahrrad, obwohl dieses momentan eher Spinnen, die es sich in unserem Schuppen gemütlich gemacht haben auf sich sitzen lässt, sechs Handys samt Verträgen und ein Jamba-Abonnement, welches mir erlaubt nur für 9,95 € pro Monat die Videos der gequälten Anime-Babes mit den gigantischen Augen und den Sandkorn großen Nasen auf eines meiner Handys zu laden.
Man hat es schon schwer als Erwachsener. Manchmal, wenn ich in Gedanken vertieft an unserer Kellertreppe sitze und in der seichten Abendsonne eine Zigarette rauche, denke ich an die Zeit zurück, in der ich mit meinen beiden Sandkastenfreunden Robin und Michi auf dem Sportplatz jede freie Minute verbrachte und mich beim Fußballspielen verausgabte. Wenn ich dann die Kellertreppe hoch stapfe, merke ich eindeutig, dass meine Kondition über die Jahre etwas geschwunden ist.
Heutzutage ist alles anders. Die Zeit vergeht wie im Fluge und ich könnte kotzen.