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Unten am Pool
„Vielleicht ist das hier einfach nichts für mich“, sagt er und betrachtet seine Hände. „Es gibt andere gute Jobs. Bessere.“
Ich widerspreche ihm nicht und lasse meinen Blick über den makellosen, azurblauen Boden des Swimmingpools gleiten.
Es ist schade, denke ich, dass sich in der beleuchteten Wasseroberfläche die Sterne nicht spiegeln. Dass wir den Kopf heben müssen, um sie zu sehen.
In der Ferne machen die ersten Flugzeuge ihre Run-ups auf dem Rollfeld.
Das dumpfe Dröhnen der Motoren gehört ebenso hierher, wie das Zirpen der Grillen und das Rauschen des Windes, an diesen Ort, irgendwo in der Wüste, am Ende der Welt.
„Was hat dein Vater gesagt?“, frage ich.
Jan zuckt die Schultern. „Nichts.“
Und nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: „Nicht viel zumindest. Dass er es nicht verstehen kann. Immerhin hätte er ja früher das gleiche gemacht.“
Jans Vater, der Flottenchef.
Ich sah sein Foto auf dem Weg zu den Simulatoren, an der rechten Wand, neben dem Kaffeeautomaten. Ein großer, hagerer Mann mit perfekt frisiertem Haar, an das Fahrwerk eines Airbus gelehnt, die Kapitänsmütze locker unter den Arm geklemmt, den Daumen der rechten Hand erhoben. Eine Geste irgendwo zwischen Enthusiasmus und Lässigkeit.
So wollen wir alle mal aussehen.
Teilweise stellen wir die Bilder nach, neben unseren Archers, unseren Bonanzas. Die Schulflugzeuge sind noch zu klein, um sich gegen die Reifen zu lehnen. Wir müssten kriechen, um ans Fahrwerk heranzukommen.
Aber wir lehnen uns gegen alles andere. Gegen die Flügel, die Cockpitscheiben, die Flugzeugnase.
Wir grinsen und wir heben die Daumen und klemmen uns Instrumentenanflugkarten und Headsets unter die Arme, aus Mangel an Kapitänsmützen.
Dann schicken wir die Fotos nach Hause, wo unsere Eltern sie rahmen lassen und an Wohnzimmerwände hängen, um Besucher darauf aufmerksam machen zu können.
‚Das ist unser Sohn. Er ist gerade in Arizona. Er wird Pilot.’
Ich habe das Gefühl, dass jetzt ein paar tröstende Worte angebracht wären.
Aber mein Kopf ist leer, also schweige ich, und beobachte meine Füße, die ins Wasser hängen und ganz bleich aussehen, im trüben Licht der Poolbeleuchtung.
In der Luft liegt der stechende Geruch von Flugzeugbenzin. Alles hier riecht danach. Nach blaugefärbtem 100LL.
Als könnte man die ganze Welt mit einem einzigen Funken in ein Höllenchaos verwandeln.