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Ute, Löwe, Single, Spaß
Sehr umgänglich nannte man mich auf der Arbeit. Gut gebaut, witzig, aber irgendwie hat es mit den Männern nie so richtig geklappt. Ich wollte niemanden mit meinem Geweine langweilen, es hatte aber auch den Anschein ich sei die Einzige, die meine Einsamkeit bemerkte. Um meinen einzig schwachen Punkt zu verbergen, machte ich oft Witze über erfundene Liebschaften, prahlte mit der Ausdauer meines Geliebten und wanderte mit hoch erhobener Nase über den Flur der Redaktion.
Mein Chef war ein netter Kerl, sah aber beschissen aus. Ich hielt es für eine Tragödie, dass er der Einzige war der mit billigsten Tricks versuchte mich an seine freie Seite zu locken. An einem Nachmittag willigte ich ein und ging mit ihm etwas essen. Meine Kollegen sollten denken ich sei so wirklich das allerletzte Miststück.
Die Taktik hieß so ein paar Neider einzufangen, die im Begriff waren mir den rechten Weg der Liebe zu weisen.
Es biss auch wirklich früher einer an, als ich dachte. Meine erste Verabredung seit der achten Klasse, in der ich liebevoll Blechfresse genannt wurde.
Mein Chef saß an Tisch 35, studierte eindringlich die Speisekarte und wischte sich alle Sekunde lang mit einem karierten Taschentuch den Schweiß von der Stirn, als mir auf dem Weg zur Toilette ein nervöses Wrack auffiel, welches immer wieder, „ist das dein Freund dort?“, in meine Richtung raunte.
Es blieb mir zunächst verborgen, dass dieser hier zu mir sprach, also erschrak ich, als ich es bemerkte.
„Huch!“
Ein durchaus gut aussehender Mann, Mitte dreißig, sportlich aber Kettenraucher, für den Anfang nicht schlecht. Manfredo lud mich ein, mit auf eine kleine Party zu kommen.
“Au Klasse!“, dachte ich
„Noch mehr Männer“
Ich schickte meinem Chef eine SMS
„hab noch Frikadelle in Bratpfanne vergessen, tut mir voll leid ...nächstes mal dann, Kuss* Ute :-)liebgrüß“
Da ging ich nun mit Manfredo, der sich für einen Latino hielt, aus dessen Kopfhaut jedoch rötlich blondes Haar spross.
Die Party stellte sich als Sit-in einer Sprachschule heraus. Es gab außer Manfredo nur einen Mann, mir war irgendwie mulmig. Ich trank etwas Wein aus einem Tetrapack und setzte mich zu den anderen Frauen in den Kreis. Davon gab es eine Menge hier. Sie alle schienen danach zu schreien von einem behaarten Mann liebkost zu werden. Man merkte dies an ihrer, für Linguisten verhältnismäßigen Wortkargheit. Manfredo und Olli quatschten nun schon eine Viertelstunde, es war, als ob man nur sie hörte. Mir wurde immer schlechter bei dem Anblick dieser ins Leere glotzenden Frauen. Für einen Moment war Stille, ich zog an einer Selbstgedrehten meiner Nachbarin.
„Ich rauch doch gar nicht“.
Manfredo erzählte angetan von einer Internetseite, auf der man für jede sexuelle Orientierung etwas finden könnte, es entfachte eine konzentrierte Unterhaltung der beiden Männer.
Mir wäre lieber gewesen es hätte jemand spanisch gesprochen.
Ich musste raus aus diesem Raum. Es war eine Erleichterung, dass sich in der Küche niemand aufhielt; vielleicht sollte ich etwas essen. Alle Schüsseln waren leer,
“Na supi!“
Ich setzte mich hin, hörte die fernen Stimmen und ein Knistern, ein Zischen
... und guckte nach rechts und erschauderte beim Anblick zweier schwarz gebratener Frikadellen in einer Teflonpfanne.
Mir kam der Wein hoch, ich kotzte ein wenig auf den Tisch.
Wie viel Uhr war es? Mein Handy aus der Tasche holend stellte ich mich auf. Es war kurz vor zwölf, eine Kurzmitteilung.
Die SMS war von meinem Chef.
„will auch Frikadelle, ich hasse Dich Du Schlampe!“
Ich verließ sofort die Wohnung und rannte durch die unangenehm heiße Sommernacht. Wohin es mich trug, wurde mir nur unterbewusst klar, ich liebte dieses riechende Ekel. Meine Einsicht sollte sich als zu spät erweisen.
Mein Chef liebte bereits Frikadelle, sie sind nun schon mehr als zwei Jahre ein Paar.
Liebgrüß Ute :-)