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Verfehlt. Beruhige dich

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05.04.2006
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Verfehlt. Beruhige dich

Ein lang gezogenes schlechtes Gewissen, als du dir die ersehnte Zigarette zwischen dem sauberen Geschirr anzündest. Herzklopfen. Da ist jemand, der dir ähnlich ist. Jetzt nur nicht nervös werden, nicht zittern. Abaschen. Die dreckigen Tassen links, die sauberen rechts. Nicht zurück rennen und ihn anflehen, er möge dir seine Freunde vorstellen. Ruhig bleiben. Keine Asche ins Becken fallen lassen. Das mit dem Rauchen bekommst du auch schon noch hin. Beruhig dich, lass ihn ziehen. Immerhin willst du keinen Mann aufreißen – du hast einen. Aber jetzt mit dem Geschirrtuch los rennen, würde falsch verstanden werden.
Das Türschlagen. Er ist weg. Das Wasser auslassen, die Zigarette wieder aufnehmen. Die kurze Enttäuschung darüber, das er nicht selbst auf die Idee gekommen ist, zurück zu kommen. Er ist kein Verzweifelter. Das Seufzen. Es sei dir gegönnt. Und jetzt, Frau, beruhige dich. Die Welt dreht sich weiter. Das tut sie immer. Eine mögliche Chance vertan, okay, aber es wird wieder eine kommen.
Genauso, wie du nach dem Abkassieren wieder neues Wasser einlassen und erneut Abwaschen wirst. Genauso, wie du auch morgen wieder aufstehst. Jeden Tag, auch ohne Menschen, die dir ähnlich sind. Du wirst sie schon finden, irgendwann. Vielleicht beim Abwaschen. Vielleicht beim Rauchen.
Und letzteres kriegst du auch noch unter Kontrolle.

17. Februar 2009, Demex

 

Hallo Demex,

dein Text hat Ähnlichkeit mit einem Tagebucheintrag. (nicht zuletzt wegen der verqueren Du-Perspektive) Und das macht ihn in meinen Augen leider nicht sehr spannend.
Das Oberflächige hast du ganz gut beschrieben, das Konzentrieren auf die einfachen Bewegungen beim Abwaschen, wohl, um sich irgendwo festhalten zu können. Dafür ist Routine oftmals gut.
Aber das, was die Dramatik wirklich ausmacht, nämlich das Innenleben, sparst du hier leider aus. Daher konnte ich mich nicht für die Prota erwärmen und dadurch keine Verbindung aufbauen, wodurch der Text bei mir scheitert.

Mehr wäre hier in meinen Augen also auf jeden Fall besser gewesen.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Demex!
Man darf ja ein paar Gedanken auf Blätter kritzeln, man sollte sie, wenn man sie für eine Kurzgeschichte wert hält, auch weiter ausarbeiten. Die Idee ist da, die Personen sind da, das Ding ist, das Baby ist im fünften Monat schon rausgepresst worden, es wird nicht überleben. Mach was!

JoBlack

 

Hallo Demex,

ich mag es, wie Du schreibst.
Nur drei Dinge hab ich zu bemängeln.
1. Das mit dem Rauchen kommt einmal zu oft vor - und dann ausgerechnet noch im Schlusssatz, der mir persönlich immer sehr wichtig ist.
2. Dass die Hauptperson einen Mann hat und trotzdem "verweifelt" auf der Suche ist, macht sie mir sehr unsympatisch. Das ist schade.
3. Sie wünschte sich er wäre verzweifelt? Das ist ein eigenartiger Wunsch. Wäre es nicht viel schöner aus anderen Gründen heraus begehrt zu werden?

Klar, Punkt zwei und drei sind sehr subjektiv von mir und haben natürlich nichts mit einem guten oder schlechten Text zu tun. Trotzdem wollte ich es angemerkt haben ...

Liebe Grüße

elisabeth

 

Hej Demex,

ich hoffe, es liegt nicht nur dran, dass ich mich gerade von nervigem Papierkram ablenke, dass mir der kurze Text eigentlich ganz gut gefallen hat. :)
Für eine Geschichte zu wenig, aber als eine Art Stimmungsbild find ich's nett.

Arbeitet sie in einer Kneipe (abwaschen, abkassieren)? Mir fällt dazu nix anderes ein. Wenn ja, wo sind die anderen Menschen?

Abaschen.
Abwaschen

Das mit dem Rauchen bekommst du auch schon noch hin.
In einem so kurzen Text sind weniger Füllworte mehr. Das "schon" kann weg.

Beruhig dich,
In der Überschrift schreibst Du: Beruhige dich. Entweder oder (ich finde die Anrede in der Überschrift sowieso ungünstig, "Verfehlt" würde reichen).

Aber jetzt mit dem Geschirrtuch los rennen
los zu rennen

Das Wasser auslassen
Bin jetzt spitzfindig, aber auslassen kann man Speck, Wasser lässt man eher abfließen.

Abwaschen
klein

Viele Grüße
Ane

 

Hi.

Ich hatte ein anderes Problem mit diesem kurzen Text. Das Innenleben, finde ich, ergibt sich schon aus der Handlungen der Figur - Verzweiflung, Unsicherheit, Verletztsein. Mir ist aber nicht so klar geworden, was da eigentlich passiert ist - ok, sie wird verlassen, aber mehr erfährt man nicht. (Nur dass sie einen Mann schon hat, was mich als Leser auch ratlos hinterlässt.)

Also wo ist das Spezifische der Situation? Bzw. wo ist die eigentliche Geschichte? Ich könnte das alles klarer vertragen.

Gruß
Kasimir

 

Die Hauptperson sucht keinen Mann. Sie, wie sie erwähnt, hat ja einen. Da ist nur einer, der ihr änlich ist - das es ein Mann ist, macht die Sache natürlich schwieriger, aber nicht unsympathischer - finde ich.

An Ane: Danke für die ausführlichen Anmerkungen.
Beim Abaschen muss ich dir jedoch wiedersprechen. Es ist wirklich das Abaschen der Zigarette gemeint.
Und beim letztem Abwaschen bin ich mir eher unsicher. Klein? Groß? Ich gehe von dem Abwaschen aus - Substantivierung. Aber ich kann mich natürlich täuschen.

Ansonsten - lieben Dank für die ausführlichen Kritiken. Ich bin bisher in anderen, eher unspezifischen Foren gewesen. War nur vor einigen Jahren mal auf kg.de und hab die Seite anscheinend wieder verdrängt. Es tut gut, mehr von Lesenden zu hören als "Oh, toll" oder "Oh, nicht so toll".

Danke :).

 

Ganz sicher wird dieses Abwaschen klein geschrieben (im Gegensatz zum Abaschen, von dem ich wiederum nicht weiß, ob es umgangsprachlich ist), wahrscheinlich bringt dich das Abkassieren raus, wenn Du es weglässt wird es deutlicher:

Genauso, wie du ... neues Wasser einlassen und erneut Abwaschen wirst.
Einlassen schreibst Du ja auch nicht groß, obwohl Du von "dem Einlassen" ausgehen könntest. :)

Viel Spaß beim Schreiben!

 

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