Was ist neu

Verfluchter Morgen

Mitglied
Beitritt
28.02.2005
Beiträge
30
Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Verfluchter Morgen

Gegen drei Uhr waren alle von der Party verschwunden und es blieben nur noch wir beide. Wir saßen inmitten von Getränkeüberresten am Boden auf ausgebreiteten Decken und Kissen. Gedämpftes Licht und leise Jazzmusik machten die Szenerie perfekt. Im Nachhinein dachte ich, was hätte ich schon anderes tun sollen?
Aber das ist nur eine dumme Ausrede. Ich habe schon immer versucht meine Fehler mit den Umständen zu rechtfertigen. Krampfhaft suche ich nach Entschuldigungen und Erklärungen, doch letztlich bleibt nichts als dieses schale Gefühl der Erkenntnis, dass es gar nichts zu erklären gibt. Es hilft auch diesmal nicht, Alkohol oder Jazzmusik verantwortlich zu machen. Ich wusste ja, dass er in mich verliebt ist.
Er fragte mich, ob er noch aufräumen helfen solle. Ich schüttelte nur müde den Kopf. Es ist doch schon so spät. Er ist wie immer etwas unsicher, weiß nicht, ob er gehen oder bleiben soll. Wahrscheinlich geht er im Kopf gerade den nächsten Satz durch, den er sagen möchte.
Wir liegen einfach nur da. Aneinander gekuschelt wie so oft. Für mich ist das bedeutungslos, aber ich weiß, dass ihn diese Nähe immer sehr aufregt. Ich spüre sein Herz wie verrückt schlagen. Seine Hände fangen an mich zu streicheln und ziehen sich dann wieder zurück, aus Angst vor meiner Reaktion
Er zieht seine Hände immer zurück. Niemals würde er mehr wagen als zurückzunehmen ist. Aber ich muss vorsichtig sein, denn ich weiß, dass er jeden Finger, den ich bei ihm berühre, als Geschenk betrachtet, so dass ich Stück für Stück in seinen Besitz übergehe. Und jedes bisschen Haut, dass er mehr bekommt, macht ihn glücklich.
Ich schaue ihn aus trunkenen Augen an und lächle, weil er so hübsche schwarze Löckchen hat, die wirr ins Gesicht fallen. Fragend blickt er zurück und ich sage nur „Hübsch“. Ich grinse noch weiter, diesmal einladend, etwas kokett.
Dieses Lächeln ist schon zuviel. Jetzt glaubt er es zu besitzen, obwohl ich es ihm doch gar nicht geben kann. Für eine Nacht, stolpert es durch meinen Kopf, für eine Nacht könnte er es haben. Und ich drücke es in seine Halskuhle und schmiege mich noch etwas enger an ihn.
Als ich den Kopf hebe, um wieder zu Atem zu kommen, ist mein Gesicht seinem so nah, dass ich die Haut riechen kann, die leichte Alkoholfahne. Ich spüre unruhiges Atmen, Lippen, die darauf warten geküsst oder vergessen zu werden, sind nur wenige Zentimeter von meinen entfernt.
Wenn ich ihn jetzt küsse, dann werde ich auch mit ihm schlafen. Und nichts wird sein wie es einmal war. Ich entscheide mich und zeichne in Gedanken noch einmal die beiden Wege, die vor mir liegen. Der rechte führt in das Universum, indem ich ihm eine freundschaftliche Umarmung gebe und etwas sage wie ‚Vielleicht sollten wir doch noch aufräumen.‘ Der linke Pfad steigt steil hinauf, der Kuss brennt ja nicht nur auf seinen Lippen. Doch mir ist klar, dass kein Berg höher als seine Gipfelspitze ist. Der Höhepunkt wird schnell erreicht sein, danach geht es abwärts.
„Bitte...“ , durchbricht seine flüsternde Stimme meine Gedanken „Ich will jetzt nicht reden.“, sage ich, und stolpere auf den linken Pfad. Er hätte mich zwingen müssen zu reden. Er hätte meinen Mund aufhalten sollen, und mir sagen müssen, dass er keinen Egoismus küsst. Wenn er doch nur nicht zu verliebt gewesen wäre das zu sehen.
Ich drücke meine Lippen auf seine. Er öffnet sie zärtlich und fährt mit der Zunge in meinen Mund. Es ist ein schöner Kuss. Auch alles weitere wird sehr schön.
Unsere Hände berühren nackte Haut, Körper werden nass geküsst, und vier Augen erblinden in nächtlicher Aphrodisie.
Ich küsse noch lange weiter, nur um nicht aufzuhören, bis wir beide schließlich doch noch ganz erschöpft einschlafen. „Ich will nicht schlafen“, sage ich noch. Er versichert mir, dass er ja bei mir ist. Und wir noch so viel Zeit haben. Das ist es ja, denke ich, und meine Augen werden ganz nass in der Dunkelheit, denn morgen Früh bist du immer noch da, und ich muss dich fortschicken.

 

Das schrieb masas unter ihren Text:


Ich weiß, dass der Titel auf deutsch gesagt für`n Arsch ist, aber mir fällt irgendwie nichts passendes ein. Ich hoffe auf konstruktive Kritik.

Hallo masas,

willkommen in dieser Rubrik. Autorenkommentare zu einer Geschichte bitte in einen Extrabeitrag schreiben.

Sie gefällt mir gut, deine Geschichte. Es ist zwar eine Standardsituation, die du beschreibst: den Sex mit einem treuen Verehrer, der aus Langeweile, Berauschtheit, Kummer oder aus welchen Gründen auch immer stattfindet, aber den anderen nicht wirklich meint, sondern ihn instrumentalisiert. Dein Text zeichnet sich durch die Intensität und Nachfühlbarkeit der Gedanken und Emotionen aus, die der Protagonistin durch den Kopf gehen. Und du formulierst schön, gekonnt und mit sicherem Gespür.
Weiter so, ich würde mich freuen, mehr von dir hier zu lesen.

Chica

 

Hallo Masas,

auch mir hat deine Geschichte sehr gut gefallen.

Chica hat schon recht - richtig neu ist deine Idee nicht, aber du setzt sie so gut um, dass man deine Geschichte trotzdem sehr gerne liest. Die Gefühle/Gedanken, die du schilderst, wirken sehr echt.
Die Sexszene hätte für meinen Geschmack etwas länger sein können. Wenigstens mit ein paar Sätzen könntest du noch andeuten, was passiert. Da ich aber selbst keine Sexszenen schreiben kann, kann ich da wohl nicht groß rummeckern. :)

Weiter so!

LG
Bella

 

Hallo masas,

auch von mir gibt es eigentlich nur Lob.
Eine schöne Geschichte, mit wirklich tollen Formulierungen, dank denen man leicht in die Geschichte eintauchen kann und auch die Atmosphäre toll beschreiben.

Doch mir ist klar, dass kein Berg höher als seine Gipfelspitze ist. Der Höhepunkt wird schnell erreicht sein, danach geht es abwärts.

Ein toller Vergleich...

Rechtschriebfehler sind mir sonst keine aufgefallen.


Würde mich freuen, mehr von dir zu lesen

cu_christoph

 

hello masas,
eine gelungene, sehr runde Geschichte, Hut ab! Sie hängt ein wenig, denn einerseits interessiert der Lover nicht wirklich, andererseits wird sich - daran gemessen - um ihn zu viele Gedanken gemacht.

Viele Grüße vom gox

 

hallo masas,

mir gefällt deine Geschichte :).
Die Überschrift finde ich überhaupt nicht für'n Arsch. Für mich ist die sehr passend gewählt.

Lieber Gruß
ber

 

danke für die positiven Kommentare!!
Aber ein Lob hat mir gefehlt:
Keine Kommafehler (jedenfalls hat`s keiner bemerkt...)! Mann, das hat mich echt Zeit, Überwindung und Konzentration gekostet!
Die Überschrift gefällt mir trotzdem nicht. Verfluchter Morgen...Das klingt schon ein bisschen abgenutzt. Ungefähr wie ein Groschenroman mit dem Titel 'Gefährliche Leidenschaft' oder ähnliches.
Eine orginelle, neue Idee in meinen Geschichten zu entwickeln ist selten meine Absicht. Denn jede gute Idee ist im Prinzip langweilig, wenn die Umsetzung nicht gelingt. Ich arbeite also erstmal an der Umsetzung, sonst wird das mit der Orginalität auch nichts.
Um den Lover geht es hier eigentlich gar nicht, jedenfalls nicht im Sinne von Mitleid. Es ist die Situation an sich, die Entscheidung. Wer da letztendlich im Bett liegt ist unwichtig.
Zum Thema Sexszene: Darum geht`s auch nicht. Sag ich jetzt mal...
Nun, ich werde mich mal dran versuchen. In der Hoffnung die Balance zwischen Softporno und Pupertätsgeschichten zu schaffen. Den einzigen Autor den ich kenne, der wirklich gute Erotik schreibt, ist der Japaner Haruki Murakami. Aber mit dem will ich mich bestimmt nicht messen.

in Liebe
masas

 

Hallo masas,

eine schöne Geschichte, auch wenn sie nicht wirklich viel neues zu bieten hat. Du fängst die Stimmung passend ein und erzählst nicht zu viel. Viel mehr hab ich auch gar nicht zu sagen, weil mir keine Besonderheiten aufgefallen sein. Das kann negativ, aber auch positiv sein und in deinem Fall ist es eine Mischung aus beidem.
Gern gelesen.

Einen lieben Gruß...
morti

 

Hallo masas!

Auch mir hat deine kleine Geschichte sehr gut gefallen. Interessant hätte ich noch gefunden, wenn die Gedanken des Verehrers auch zu lesen gewesen wären.

So nach dem Motto: Er wusste, dass es für sie nicht mehr sein würde als Sex, aber dennoch... usw...

Aber auch so ist diese Geschichte rund. :thumbsup:

Gruß
Blue

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom