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Veritas odium parit

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25.01.2007
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Veritas odium parit

Ich sitze in meinem alten Buick Skyhawk, Baujahr 1982, und fahre in einem mittelmäßig schnellen Tempo auf dem Interstate 35 in Richung Bangor. Es sind drei Stunden vergangen, seit ich in Ludsmouth losgefahren bin und die ersten Strahlen der Sonne kitzeln den noch sternenbedeckten Himmel und kündigen an, daß es bald Tag werden wird. Normalerweise braucht man von Ludsmouth nach Bangor nur etwa eine Stunde zu rechnen, wenn der Interstate 35 nicht überfüllt ist, aber heute bin ich schon seit über drei Stunden unterwegs und es dauert bestimmt noch eine halbe Stunde, bis ich in Bangor ankommen werde und meinen Buick Skyhawk auf dem Parkplatz der University of Main abstellen kann, um endlich in mein Wohnheim zu gehen und etwas Schlaf zu bekommen. Mein Herz hat sich mittlerweile wieder etwas beruhigt und schlägt langsam wieder in einem normalen Rhythmus, der mich nicht fürchten läßt, daß mir jeden Moment der Brustkorb explodieren könnte. Ich halte das Lenkrad fast in der Hand und starre gebannt auf die Straßenführung. Es sind außer mir nur wenige Autos unterwegs und das wird sich bis zur Rush hour auch nicht ändern.
Scharlachrot.

Wenn ich jetzt darüber nachdenke, weiß ich eigentlich gar nicht mehr, warum ich überhaupt heute morgen um kurz nach zwei Uhr aus dem Haus meines Vaters geschlichen und ohne ein Wort zu sagen oder einen Brief zu hinterlassen in mein Auto gestiegen war und wieder zurück nack Bangor fahren wollte. Ich und mein Vater hatten uns nicht gestritten und eigentlich hatte ich geplant, noch einige Tage länger zu bleiben, aber ich wachte heute morgen auf und hatte das dringende Bedürfnis, zurück in mein Wohnheim zu fahren. Es war nicht so, daß ich wirklich fahren wollte, aber ich mußte es einfach tun. Ich hatte in diesem Moment keine Wahl, auch wenn das wahrscheinlich schwer nachzuvollziehen ist. Ich schlich mich einfach davon, nachdem ich kurz geduscht und mir eine khakifarbene Leinenhose, ein dunkelgrünes Hemd und ein paar braune Lederschuhe angezogen hatte. Ich verstaute meine Kleider in der alten Armeetasche, die ich immer für Reisen benutzte, und fuhr direkt von der Hauptstraße ins Ludsmouth auf den Highway, der schließlich in einen Zubringer auf den Interstate 35 mündete. Und eigentlich hätte ich nach einer Stunde in Bangor sein können. Ich hätte nach einer Stunde in Bangor sein müssen.

Kurz nachdem ich Ludsmouth verlassen hatte, hielt ich am rechten Straßenrand an, wo ein Mädchen, etwa in meinem Alter, mit einem Schild in der Hand wartete, auf dem in großen Lettern Bangor stand. Eigentlich nahm ich nie Anhalter mit, aber ich hätte ein schlechtes Gewissen gehabt, dieses Mädchen mitten in der Nacht auf einem Highway stehenzulassen, auf dem wahrscheinlich für die nächsten fünf Stunden kein weiteres Auto fahren würde. Also parkte ich meinen gelben Buick Skyhawk auf dem Standstreifen, kurbelte das Fenster auf der Beifahrerseite hinunter und teilt dem Mädchen mit, daß ich auch gerade auf dem Weg nach Bangor war. Eine Minute später saß sie mit mir im Auto und wir fuhren den Highway entlang.

Jetzt könnte ich mich ohrfeigen, daß es mir nicht komisch vorkam, daß dieses Mädchen in einer Nacht von Mittwoch auf Donnerstag um viertel nach zwei Uhr auf einem Highway stand, gute zwei Meilen vom nächsten Ort, nämlich Ludsmouth, entfernt und ohne einen Koffer oder eine Tasche bei sich zu haben. Sie trug ein schwarzes Top mit dünnen Trägern, darunter offensichtlich keinen BH. Dazu eine Lederhose und schwarze Stiefel, die relativ abgetragen aussahen. Ihre dunkelbraunen Haare und ihr Kleidungsstil ließen sie wie eines von diesen Mädchen wirken, das alles kritisierte. Der Rebellentyp, der in der Schule kaum Freunde hat und sich immer an ungewöhnlichen Orten herumtrieb. Das einzige, was sie bei sich trug, war das Schild auf dem Bangor stand, und das hatte sie, nachde, ich ihr angeboten hatte, einzusteigen, auf der Straße liegen lassen. Ich wunderte mich nicht darüber, das tue ich erst jetzt.

»Wie heißt du?« fragte ich sie und versuchte dabei so freundlich wie möglich zu klingen. Ich hatte noch nie einen Anhalter mitgenommen und wußte daher nicht so recht, wie ich mich zu verhalten hatte. Darum versuchte ich es mit den üblichen Floskeln, die man so einsetzt, wenn man sich gerade kennengelernt hat.
»Du kannst mich Scarlet nennen.«
Es war offensichtlich, daß dies ihr richtiger Name war. Die Formulierung war schon komisch genug. Du kannst mich Scarlet nennen. Ich hatte nicht das Recht zu fragen, warum sie mir ihren wahren Namen nicht nennen wollte, also ließ ich es.
»Angenehm. Ich bin Rhett.«
Sie sah mich an und begann kurz darauf, laut loszulachen. Ich atmete einmal tief aus, da ich die erste Hürde überwunden hatte. Offensichtlich war sie ein angenehmer Begleiter für die Fahrt nach Bangor und niemand, dem man jeden Scherz erst erklären mußte. Ich hasse solche Menschen. Ich nannte ihr dann meinen richtigen Namen und hoffte, daß sie das auch tun würde, doch das blieb aus. Ich mußte mich damit begnügen, sie Scarlet zu nennen. Sie wirkte nicht so introvertiert und abweisend wie ihr Aussagen das suggerierte.
»Was machst du so?« fragte sie.
»Ich studiere an der University of Maine. Wirtschaftswissenschaften im dritten Jahr. Ich komme eigentlich aus Ludsmouth, aber ich wollte immer schon aufs College gehen und darum stand es für mich außer Frage, dort alt zu werden. Es zieht mich eher in die Großstädte.«
»Dann solltest du eher nach New York gehen, als nach Bangor.«
»Vermutlich werde ich das auch tun, nachdem ich mein Studium beendet habe. Aber vorerst muß ich mich mit Bangor begnügen. Und für jemanden, der aus einer Stadt wie Ludsmouth kommt, mit fünftausend Einwohnern, ist Bangor schon eine Verbesserung.»
Scarlet lachte wieder und wurde mir immer sympathischer. Ich war froh, daß es mir möglich war, mich so ungezwungen mit ihr zu unterhalten. Ich kannte dieses Mädchen erst seit wenigen Minuten aber schon hatte ich ihm mehr von meinem Leben erzählt als den meisten meiner Kommilitonen, die ich seit drei Jahren kenne. Ich kann mir nicht erklären, warum ich das tat, aber bei Scarlet war mir einfach danach.
»Und was machst du so?« fragte ich schließlich.
»Eigentlich gar nichts. Ich bin nicht der Typ, der etwas tut. Jetzt fahre ich mir dir nach Bangor und morgen vielleicht schon mit jemand anderem nach New York. Oder ich sitze im Zug nach Mississippi. Mal sehen.«
Sie holte eine zerknitterte Schachtel Marlboro aus ihrer Hosentasche und steckte sich eine an. Sie machte sich nicht die Mühe mich zu fragen, ob es mich störte, daß sie in meinem Auto rauchte. Sie kurbelte das Fenster einige Zentimeter herunter und blies den Rauch geschickt durch den offenen Spalt nach draußen, ohne mich anzusehen.
»Als Mädchen raucht man doch keine Marlboros«, sagte ich.
Scarlet zog an ihrer Zigarette und drehte sie zwischen Zeigefinger und Daumen hin und her. Sie betrachtete den Filter, sofern sie ihn in der Dunkelheit überhaupt richtig sehen konnte, antwortete aber nicht auf meinen Kommentar. Sie war zu sehr damit beschäftigt, ihre Zigarette anzusehen, um mich überhaupt wahrzunehmen.
»Sag mal«, begann ich erneut. »Wenn du nicht aufs College gehst und keinen Job hast, wie kannst du es dir dann leisten, durch die Staaten zu reisen?«
»Ich arbeite heute hier und morgen dort, immer nur so viel, wie ich gerade brauche. Mehr zu arbeiten wäre doch überflüssig.«

Sie blies den Rauch ihrer Zigarette wieder durch den offenen Spalt und warf sie schließlich ganz aus dem Fenster, obwohl sie erst halb aufgeraucht war. Dann kurbelte sie das Fenster wieder hoch. Wir saßen eine Weile da, ohne ein Wort zu wechseln. Ich dachte darüber nach, was mein Vater wohl sagen würde, wenn er wüßte, daß ich mitten in der Nacht eine Anhalterin aufgelesen habe und mit ihr über den verlassenen Highway in Richtung Interstate 35 fahre. Ich versuchte mir vorzustellen, wie sein Gesicht aussähe, wenn ich es ihm sagen würde, doch das gelang mir nicht. Je mehr ich versuchte, den Gedanken zu fixieren, umso weiter entfernte er sich. Ich bekam Kopfschmerzen von dem Versuch, in meinem Bewußtsein herumzuwühlen und beschloß, damit aufzuhören. Es pochte ein wenig an meiner Stirn und ich wünschte mir in dem Moment, ich hätte eine Aspirin dabeigehabt, doch das war nicht der Fall und so mußte ich die Augen zukneifen und damit fertigwerden. Ich sah zu Scarlet herüber, die immer noch seelenruhig ihre Zigarette rauchte und aus dem Fenster sah. Für einige Sekunden verschwomm ihr Gesicht vor meinen Augen, doch dann war es wieder deutlich zu sehen und die Kopfschmerzen verschwunden. Ich wandte mich wieder der Straße zu.

»Hast du schonmal jemanden umgebracht?« fragte sie mich schließlich und ich hustete erschrocken. Fast wäre mir das Lenkrad aus der Hand geruscht. Ich sah sie an, doch sie starrte weiter geradeaus auf den Highway.
»Was ist das denn für eine Frage?«
»Ich weiß nicht. Eine Frage halt. Hast du oder hast du nicht?«
»Nein, habe ich nicht. Du denn?«
»Das kommt darauf an.«
Ich sah sie verwirrt an. Mein Blick wechselte immer wieder zwischen Scarlet, die völlig gelassen auf dem Beifahrerseits meines gelben Buick Skyhawk saß und ihre Schachtel Marlboro in den Händen hielt, und dem Highway.
»Wie kann es denn darauf ankommen?« fragte ich sie. »Entweder du hast jemanden umgebracht, oder du hast es nicht getan.«
»Sagen wir es so«, begann sie. »Ich habe niemanden direkt umgebracht. Nicht so, als hätte ich ihn erschossen oder die Treppe hinuntergestoßen. Aber einige Leute sprechen auch von umbringen, wenn man jemanden psychisch in den Wahnsinn treibt. So sehr, daß er nur noch daran denken kann, sich selber das Leben zu nehmen.«
»Das hast du getan?« fragte ich ungläubig. Das Mädchen, das da neben mir saß, machte nicht den Eindruck, als wäre sie ein Soziopath, der anderen Menschen bewußt Leid zufügen konnte. Sie wirkte anders, ungewöhnlich, interessant in einer gewissen Art und Weise, aber sie wirkte nicht sadistisch oder misanthropisch.
»Ja, schon öfter«, sagte sie und sah noch immer nicht zu mir herüber. »Es ist eine Angewohnheit von mir. Beim erstenmal war es keine Absicht, da wollte ich nicht, daß es soweit kommt. Aber hinterher hat es mir gefallen. Es war, als hätte ich bei einem Spiel gewonnen. Als hätte ich beim Baseball einen Homerun erzielt. Es befriedigte mich.«
»Und dann?«
»Dann habe ich es wieder getan.«

In dem Moment riet mir mein gesunder Menschenverstand, an der nächstmöglichen Stelle anzuhalten und sie aus meinem Auto zu werfen. Ich hätte allein nach Bangor fahren und diese seltsame Anhalterin, die sich selbst Scarlet nannte, aus meinem Gedächtnis streichen können. Doch ich tat es nicht. Ich fuhr weiter den Highway entlang und sah immer wieder zu ihr herüber, wie sie seelenruhig auf dem Beifahrersitz saß, aus dem Fenster sah und sich eine weitere Marlboro ansteckte. Diese Situation war bizarr.
»Ich habe mich mit einem Jungen eingelassen. Ich denke, er war wirklich in mich verliebt. Ich ließ mich von ihm zum Essen einladen und ins Kino und in die Disko. Wir taten das, was Pärchen in unserem Alter eben so tun. Und er wurde immer mehr von mir abhängig; tat das, was ich von ihm verlangte ohne zu fragen. Wenn ich ihn mitten in der Nacht aufweckte und eine Pizza wollte, dann ist er losgerannt, ungewaschen und mit stinkenden Kleidern, und hat mir eine Pizza geholt. Egal woher. Und wenn er einhundert Meilen hätte fahren müssen. Und wenn ich teuren Schmuck wollte, dann hat er irgendwo Geld zusammengekratzt und es für eine häßliche Halskette oder pathetische Ohrringe ausgegeben, die mehr kosteten, als ich je in meinem Leben besessen habe.«
»Und dann?« fragte ich sie und schluckte einmal.
»Als wir auf dem Höhepunkt waren, einem Moment der keine Steigung mehr zuließ, da habe ich ihn fallenlassen. Er schwebte auf Wolken, ich war ein Engel für ihn und er wäre für mich gestorben, ich hätte ihn lediglich darum bitten müssen. Ich hätte nur sagen müssen, er solle auf ein Hochhaus steigen und sich vom Dach stürzen, er hätte es getan. Und an diesem Höhepunkt unserer gemeinsamen Zeit, da habe ich ihm gesagt, daß er uninteressant ist. Daß er ein so dumm wie ein Stück Eselscheiße ist und immer, wenn er den Mund aufmacht, auch nur Scheiße herauskommt. Daß jedes Gespräch, daß wir geführt hatten, mich niemals interessierte und, daß ich mich nur mit ihm abgegeben hatte, weil mir gerade danach war.?Kannst du dir das vorstellen? Wir waren auf dem Höhepunkt. Jedes Wort, was ich sagte, war die wohlklingendste Musik in seinen Ohren. Er wartete nur darauf, daß ich ihm sagte, wie sehr ich ihn liebte, und dann stand ich plötzlich auf, riß mir die Kette vom Hals, für die er sein gesamtes zusammengespartes Geld geopfert hatte, und erklärte ihm, was für ein wertloses Stück Scheiße er doch sei und daß ich ihn, wenn er mir noch einmal unter die Augen käme, totschlagen würde.«
»Was ist passiert?«
»Er rannte davon. Ich habe sein Gesicht nicht gesehen, aber ich bin sicher, daß er geheult hat. Die Schwuchtel heulte bestimmt, wie ein kleines Schulmädchen. Ich habe ihn nie wieder gesehen. Vielleicht hat er sich umgebracht. Sich auf dem Dachboden seiner Eltern an einem Strick aufgehängt oder er ist vom Dach gesprungen oder mit seinem Auto frontal gegen eine Mauer oder in einen Fluß gefahren. Es hätte mich nicht überrascht und es wäre mir egal gewesen. Was kümmert es mich, ob so ein Idiot tot ist oder lebt?«

Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Dieses Mädchen schien ein Problem zu haben. Sie erzählte die Geschichte mit einer erschreckenden Gleichgültigkeit, als erklärte sie mir ein Kochrezept. Sie saß auf dem Beifahrersitz meines gelben Buick Skyhawk, rauchte eine Marlboro und schaute auf den Highway, während sie völlig teilnahmslos davon berichtete, wie sie einen Jungen, der sie mehr liebte als alles andere auf der Welt, in ein emotionales Trauma stieß. Und trotzdem wollte ich mehr davon hören. Auf eine pervertierte Weise interessierte mich ihre Geschichte und ich wollte in die Abgründe ihrer Gedanken tauchen und sehen, was sich darin verbarg. Ich fühlte mich zu diesem Mädchen hingezogen, doch ich konnte und kann nicht erklären, wieso das so war.

»Findest du, daß ich verrückt bin, wenn ich sowas tue?« fragte Scarlet mich schließlich. Sie sah mich zum erstenmal wirklich an. Ihre Augen schienen durch meine hindurch in mein Innerstes zu sehen. Ich wandte meinen Blick von der Straße ab und starrte sie an, für einige Sekunden achtete ich nicht auf den Verkehr und wenn der Highway eine plötzliche Kurve gemacht hätte, wäre der Wagen geradewegs gegen den nächsten Baum geprallt.
»Vielleicht«, antwortete ich und drehte mich wieder nach vorne.
»Die meisten Menschen würden mich für verrückt halten. Sie würden sagen, ich sei ein Miststück, daß es gar nicht verdient, daß sich jemand in mich verliebt. Aber ich habe ja nicht darum gebeten, daß sich jemand in mich verliebt—«?Sie machte eine kurze Pause, bevor sie weiterredete.?»Wenn ich zu jemandem auf der Straße sage, daß er ein Stück Scheiße ist, dann interessiert es diese Person doch gar nicht. Sie sehen mich abfällig an oder grisen selbstgerecht und gehen einfach weiter. Nachdem sie um die nächste Straßenecke gebogen sind, haben sie mein Gesicht vergessen und wenn sie wieder bei der Arbeit oder in ihrem Haus sind, erinnern sie sich gar nicht mehr an mich. Wenn sich jemand in mich verliebt, dann ist es doch seine Schuld und nicht meine.«
»Wahrscheinlich schon«, sagte ich.
»Nicht wahr? Ich kann nichts dafür, ich suche mir die Jungs doch nicht aus, die sich in mich verlieben. Es passiert einfach, ohne daß ich etwas dagegen tun könnte. Und wenn sich jemand in mich verliebt, dann kann ich ihn umbringen, ohne daß es meine Schuld ist. Ich tue nichts verbotenes, denn eigentlich bringen sie sich doch selbst um. Wenn ihnen einfach egal sein könnte, was ich zu ihnen sage, was ich tue, dann hätten sie kein Problem. Aber sie bringen sich um, indem sie dafür sorgen, daß es ihnen nicht egal ist. Und wer so dumm ist, der verdient doch eigentlich nichts besseres.«

Ich sagte nichts.

»Denkst du, du könntest dich in mich verlieben?« fragte sie plötzlich.
»Ich weiß nicht«, antwortete ich. Ich wußte es wirklich nicht. Die Geschichte, die sie mir erzählt hatte, war verwirrend und ich war mir noch immer nicht ganz im Klaren darüber, ob ich hier neben einer Soziopathin saß, die Befriedigung darin fand, die Männer, die sich in sie verliebten, psychisch zu zerstören, oder ob das Mädchen, das sich Scarlet nannte, einfach nur ein surreales Wesen ist, das ich mitten in der Nacht auf dem Highway aufgelesen hatte, als ich wegen einer völlig irrationalen Entscheidung auf dem Weg nach Bangor war. Ich fragte mich, ob ich nicht jeden Moment in meinem alten Kinderzimmer im Haus meines Vaters aufwachen könnte, schweißgebadet, und dann mein völlig beschissen aussehendes Gesicht im Spiegel betrachtete und mich über diesen seltsamen Traum wunderte. Aber mir war klar, daß es kein Traum war. Es war real, oder eher surreal. Und dann versuchte ich, zumindest einen Ansatz von Logik in diese Ereigniskette zu bringen, doch es gelang mir nicht. Und als ich darüber nachdachte paßte eigentlich alles zusammen. Die Nacht war seltsam und normale Personen paßten einfach nicht in das Szenario. Ich fühle mich wie in einem schlechten Film oder einen Schundroman, und ich suchte nach dem roten Faden der Geschichte, der das alles irgendwie sinnvoll zusammensetzen würde, doch ich fand ihn nicht.
»Ich habe das öfters getan. Nach dem erstenmal, wo ich es wirklich nicht absichtlich tat, fand ich das Gefühl, diese Wichser am Boden zerstört weglaufen zu sehen, so interessant, daß ich es wieder erleben wollte. Ich verfeinerte meine Technik um jedesmal ein wenig besser zu werden. Jedesmal schaffte ich es, den Idioten, der sich in mich verliebte, einen Schritt näher an den absoluten Nullpunkt zu bringen. Ich weiß nicht, ob sich einer von denen wirklich umgebracht hat, aber ich komme immer näher an die perfekte Taktik heran, bei der es so enden wird. Da muß es einfach so enden, einen anderen Ausweg gibt es gar nicht.«

Ich spürte ein seltsames Kribbeln in meinem Bauch, als Scarlet mir das erzählte. Ich konnte es nicht zuordnen. Ich wußte nicht, was es zu bedeuten hatte, aber irgendwie hatte meine Sympathie für das Mädchen nicht abgenommen. Auch nicht nach dieser Geschichte, die für jeden normalen Menschen wahrscheinlich abstoßend und widerlich gewesen wäre. Je mehr sie erzählte, umso interessierte wurde ich an ihr und ihren Geschichten. Mein gesunder Menschenverstand schien nicht mehr die Oberhand zu haben.

»Du verstehst das bestimmt nicht«, sagte sie. »Aber wir haben alle so etwas, bei dem wir uns vollkommen fühlen. Etwas, das uns Zufriedenheit verschafft, die über normales Verständnis hinausgeht. Einige Menschen erreichen sowas in ihrem Job, andere beim Sex. Aber einige brauchen auch solche speziellen Methoden dafür. Was ist es bei dir?«
In meinem Kopf drehte sich alles. Ein Teil von mir wollte anhalten, dieses Mädchen loswerden und weiterfahren, oder noch besser umdrehen und zurückfahren. Doch ein anderer Teil wollte bleiben, mir ihr nach Bangor fahren und ihr zuhören, und dieser Teil war eindeutig der stärkere von beiden und ich wußte, daß es nicht mehr lange dauern würde, bis die Zweifel verflogen waren. Und dann war da noch ein dritter Teil, den ich nicht zuordnen konnte. Aber während die anderen beiden Teile in meinem Kopf darum stritten, wer die besseren Argumente hatte und wer die Entscheidungen zu treffen hatte, saß dieser dritte Teil seelenruhig daneben und lachte sich ins Fäustchen. Er war kein Akteur im Streit zwischen den anderen beiden, noch war er ein unbeteiligter Zuschauer. Doch ich spürte, daß er dort war, klar und deutlich. Und ich wußte, daß er schon bald auf die Bühne treten würde. Er war wie ein schleimiges Etwas, irgendwo in mir drinnen, das nur darauf wartete, herauszubrechen. Ich spürte dieses Etwas in mir, aber ich konnte es nicht beschreiben. Es war dort, hielt sich zwar versteckt, aber ich hatte es bemerkt. Und mir war, als wollte es, daß ich es bemerkte.

»Ich—«

»Was ist los?« fragte Scarlet und sah mich an. Ihre Augen wirkten noch immer so sympathisch wie am Anfang. Obwohl sie mir kurz vorher erzählte, daß sie eine ziemlich sadistische Angewohnheit hat, mit ihren Freunden umzugehen, lächelte sie mich an, als würden wir uns schon Jahre kennen. Sie schien die Situation nicht ernstzunehmen. Und plötzlich, wie ich in ihre Augen starrte, begann das Etwas in mir, sich zu lösen. Das mußte der Moment gewesen sein, auf den es gewartet hatte, denn jetzt war der Streit zwischen meinen Gedanken beendet. Ich spürte, wie es aus mir herausströmte, doch ich konnte nichts dagegen tun. Dieser widerliche Schleim war überall und dann erinnerte ich mich an einige Dinge, an die ich mich vorher nicht erinnert hatte. Es war, als wären diese Erinnerungen gerade erst entstanden, doch ich wußte, daß sie alt waren; verdammt alt. Sie mußten unter dem Schleim des Etwas verborgen gewesen sein, und jetzt, wo der Schleim aus mir herausströmte, wurden sie freigelegt.

»Gar nichts, ich habe nur nachgedacht.«
»Und zu welchem Ergebnis bist du gekommen? Was ist deine spezielle Methode?«
»Ich habe mal einen Hund getötet. Einen Welpen.«
Scarlet sah mich überrascht an. Für eine Sekunde verwandelte sich ihr Lächeln in einen Ausdruck der Ratlosigkeit, doch dann zeichnete sich auf ihren sanften Lippen wieder die sympathische Mimik ab, die sie mir von Anfang an entgegenbrachte.
»Und das hat dir gefallen?«
»Ja«, sagte ich. »Es ist lange her. Ich war damals acht Jahre alt und saß allein auf unserer Veranda, um auf einen Freund zu warten, der mich besuchen wollte. Als er kam, hatte er einen kleinen Welpen auf dem Arm. Ich wußte nicht, woher der kam aber mein Freund schlug vor, daß wir mit ihm spielen sollten.«
Scarlet grinste mich an. Ihr Grinsen wirkte fast hämisch. »Und spielen war natürlich metaphorisch gemeint.«
»Ja. Wir gingen in den Keller unseres damaligen Hauses, wo mein Vater eine Werkstatt eingerichtet hatte. Mein Vater liebt Werkzeug, er ist ein leidenschaftlicher Heimwerker und hat alles daheim, was man dafür braucht. Bohrmaschinen, Kettensäge, sogar eine teure Kreissäge mit dazugehörigem Sägetisch. Der Hund jaulte, weil mein Freund ihn ziemlich fest hielt. Er erzählte mit, er sei ihm von der Schule nachgelaufen und wollte nicht mehr von seiner Seite weichen, da habe er ihn einfach mitgebracht.«

Ich atmete einige Male tief ein und aus. Ich wußte nicht, was in diesem Moment mit mir passierte. Die Erinnerungen an den Hund, meinen Freund, die Werkstatt im Keller unseres damaligen Hauses, sie strömten aus mir heraus. Ich konnte nicht aufhören, Scarlet davon zu erzählen, auch wenn ich es gewollt hätte. Aber Scarlet schien auch sehr interessiert an der Geschichte zu sein.

»Der Köter wollte nicht still liegen bleiben, da habe ihm ihm einfach mit dem Hammer auf den Kopf geschlagen. Nach dem ersten Schlag jaulte er auf, nach dem zweiten zuckte er nur noch und nach dem dritten lag er einfach nur da. Mein Freund war enttäuscht, daß es so schnell ging und hatte gehofft, wie hätten noch mehr Werkzeuge ausprobieren können. Aber ich nehme an, du hast keine Ahnung, wie schwierig es ist, einen lebenden Welpen in einen Schraubstock zu spannen, oder?
Nun, wir haben es ausprobiert, aber es hat nicht funktioniert. Also mußten wir ihm vorher mit dem Hammer was über den Schädel ziehen. Aber immerhin hatten wir viel Phantasie, wir waren noch Kinder und da hat man reichlich Phantasie. Wir stellten uns also einfach vor, der Köter wäre noch am Leben und probierten dann weitere Werkzeuge aus.«

»Klingt spannend«, kommentierte Scarlet meine Erzählung. Sie steckte sich noch eine Marlboro an und fragte mich zum erstenmal, ob ich auch eine wollte. Wortlos griff ich nach der Schachtel, nahm mir eine Zigarette und wartete darauf, daß Scarlet mir Feuer gab.
»War es auch. Solange bis wir bei der Kreissäge ankamen. Du kannst dir nicht vorstellen, was für eine Sauerei das war. Wir mußten hinterher den ganzen beschissenen Keller schrubben, bevor mein Vater am Abend nach Hause kam. Und wir mußten eine Million Teile Hund einsammeln, in eine Plastiktüte stopfen und irgendwo entsorgen. Wie unsere Kleider hinterher aussahen, kannst du dir ja wahrscheinlich vorstellen.«
Scarlet kicherte. »Ziemlich versaut, nehme ich an.«
»Allerdings. Wir konnten sie wegschmeißen, das Blut hätte man sowieso nicht mehr rausbekommen. Also haben wir sie zusammen mit dem Hundebrei in eine Tüte gestopft, uns in meinem Zimmer etwas anderes angezogen (mein Freund hatte idealerweise die selbe Größe wie ich) und bei irgendwem in den Mülleimer gestopft. Ich weiß nicht mehr, wo. Aber gemerkt hat es wohl niemand.«

Als ich die Geschichte beendet hatte, spürte ich, wie das schleimige Etwas sich nicht mehr weiterbewegte. Es hatte angehalten, doch es war immer noch da. Aber für den Moment hatte es aufgehört, aus mir herauszufließen. Es kauerte wieder still in mir und beobachtete die anderen Gedanken. Doch der Konflikt, ob ich Scarlet weiter mitnehmen sollte, war längst ausgetragen: ich hatte kein Bedürfnis mehr, anzuhalten oder umzukehren. Dieses Gefühl war verflogen, als sich das Etwas begann, zu bewegen. In dem Moment, als ich es in mir entdeckte, war die Niederlage des Gedankens daran, anzuhalten oder umzukehren, schon beschlossene Sache gewesen.

»Da ist noch mehr«, sagte sie.
»Was meinst du?«
»Meine Geschichte, sie geht noch weiter. Den interessantesten Teil hatte ich bisher ausgespart, um mich zu vergewissern, daß du sie nicht falschverstehen würdest.«
Ich sah sie etwas verwundert an. Ich wußte nicht, was sie damit meinte, daß ich ihre Geschichte hätte falschverstehen können. Ob sie damit meinte, daß ich sie für eine Verrückte hielt oder aus dem Auto warf, war mit in dem Moment nicht klar. Ich warf die Zigarette, die sie mir gegeben hatte, aus dem Seitenfenster und kurbelte es wieder hoch.
»Weißt du, als ich sagte, daß ich genoß, diese Idioten, die ihr Herz an mich verloren, psychisch fertigzumachen, dann war das nicht die ganze Wahrheit. Ich genoß es, ja. Aber es reichte mir nach einer Weile nicht mehr. Ich wollte mehr, ich wollte wissen, wie es ist, einen Menschen wirklich zu zerstören.«
»Du meinst …«
»Ja. Ich hatte mir vorgenommen, das nächste Mal einen Schritt weiterzugehen und ihn so am Boden zu zerschmettern, so vollkommen zu vernichten, daß er sich selber dazu entschloß, seinem Leben ein Ende zu setzen.«
»Hat es funktioniert?« fragte sich sie interessiert.
Scarlet nickte stumm. »Sogar besser, als ich mir das vorgestellt hatte. Ich hielt es für eine schwierige Aufgabe, für einen echten Ausdauertest, doch es gestaltete sich einfacher als ich dachte. Es kam nur auf die Person an, nicht auf meine Methoden. Die selben Dinge, die ich zu allen sagte, reichten bei einer emotionalen Person aus, um das Ziel zu erreichen. Ich mußte mich nicht anstrengen, zumindest nicht mehr, als ich das eh schon tat.«

Ich lächelte aus der Frontscheibe und konzentrierte mich auf den Straßenverlauf. Ich war konzentrierter als je zuvor, obwohl mich die Neugier plagte. Ich wollte wissen, was Scarlet getan hat, wollte es in allen Einzelheiten von ihr erzählt bekommen. Ich hatte keine Wahl, ich mußte es einfach hören. Doch ich drang sie nicht dazu, es mir zu verraten. Ich wartete geduldig darauf, daß es von selbst tat.

»Ich kann mich nicht mehr an seinen Namen erinnern, aber der tut auch nichts zur Sache. Ich verfuhr genau so, wie ich es bei den ganzen anderen Vollidioten tat, die sich an mich heranmachten. Ich hielt ihn einige Monate aus, bevor ich ihm, kurz vor unserem emotionalen Höhepunkt, dem Punkt, an dem es kein Zurück mehr gab, egal in welche Richtung wir uns von dortan bewegten, sagte, was für ein wertloses Stück Scheiße er doch sei. Wie mich seine Existenz ankotze und wie sehr ich es genießen würde, seine häßliche mißgebildete Scheißvisage nie wieder sehen zu müssen.
Es dauerte nur eine Woche, bevor mich die Nachricht von seinem Tod erreichte. Er hatte sich auf dem Dachboden des Hauses seiner Eltern erhängt, ohne jemandem zu erzählen, wieso. Es gab keinen Abschiedsbrief, es gab keine Entschuldigungen. Sein toter Kadaver hing an einem dicken Strick von der Decke und niemand wußte, wieso. Außer mir natürlich. Die Polizei untersuchte gar nichts, es war Selbstmord. Und niemand hat je wieder etwas von ihm gehört. Er wurde einfach so von der Stille des Todes verschlungen.«

Plötzlich bewegte sich wieder etwas in meinem Kopf. Das schleimige Etwas begann wieder zu fließen und diesmal floß es ungehindert. Es legte alles frei, floß in Strömen aus mir heraus. Das Gefühl des Schleimes, der an mir klebte, ekelte mich nicht mehr an, ich genoß es. Ich suhlte mich darin, der Schleim erregte mich förmlich und eine Welle von Erinnerungen überflutete mich. Aus dem kleinen See wurde ein Ozean und ich schwamm darin und war kurz davor zu ertrinken.

»Ich habe dem Schwein die Kehle durchgeschnitten. Ich habe ein Küchenmesser genommen und es in seine beschissene Schlagader gerammt, bis es nicht mehr weiterging und dann floß das Blut. Es floß ich Stömen und ich stand nur da und grinste.«

Scarlet sah mich an. Sie wußte nicht, wovon ich sprach.

»Er hat keinen Hund mitgebracht. Ich hatte ihm gesagt, er solle noch einen mitbringen. Oder eine Katze. Es war mir scheißegal. Ich wollte irgendwas haben, daß ich auseinandernehmen konnte. Doch der Wichser war zu dumm dafür. Also habe ich ihn auseinandergenommen. Zuerst habe ich mit dem Küchenmesser dafür gesorgt, daß er sich ruhig verhällt, dann bin ich mit dem Hammer auf Nummer sicher gegangen.«

Scarlet zündete sich eine Zigarette an.

»Ein paar gezielte Schläge mitten in die Fresse und sein Gesicht war ein verformter Klumpen Brei. Und dann Säge, Bohrer und was noch so rumlag. Mir war es doch auf einmal egal, ob ich einen Hund hatte oder nicht. Es war eh viel lustiger als ich das Arschloch zerlegt habe, daß ich einmal für meinen Freund gehalten habe.«

Für einen kurzen Moment verschwomm mir alles vor den Augen, doch im nächsten Augenblick sah ich wieder klar. Scarlet rüttelte auf einmal wie wild an der Autotür, doch ich fuhr ohne sie zu beachten weiter. Ich merkte, daß ich nicht mehr auf dem Interstate war. Ich war nicht mehr auf dem Weg nach Bangor; doch ich wußte nicht, wieso.

»Halt sofort an! Laß mich hier aus!«

»Mein Vater hat nicht schlecht geguckt, als er die Überreste gefunden hat. Hat ein riesiges Theater gemacht, die Leiche zu entsorgen und so schnell wie möglich aus dem Haus auszuziehen. Aber davon habe ich gar nichts mehr mitbekommen, ich wußte nichts mehr davon.«

Die Worte flossen aus meinem Mund, sie rutschten auf dem Schleim aus, welches das Etwas absonderte. Ich hatte keine Erklärung für das, was ich sagte. Aber ich wußte, daß es wahr war. Ich wußte auch, daß diese Erinnerungen, die auf einmal in meinem Kopf auftauchten, eigentlich niemals hätten freigelegt werden dürfen und begriff dann, daß dieses Etwas mich vor ihnen beschützt hatte. Scarlet schlug und tritt nach mir, doch ich hatte keine Ahnung, wieso. Sie schien sich auf einmal vor mir zu fürchten, dabei hatte sie mir kurz zuvor noch erzählt, wie sehr sie es genoß, einen Menschen in den Tod zu treiben.

»Er hatte Recht mit dem, was er gesagt hatte. Der Mann in dem scharlachroten Raum hatte vollkommen Recht. Es war ein tolles Gefühl, diesen Wichser umzubringen und mit der Kreissäge in kleine Happen zu zerstückeln. Du solltest das mal ausprobieren. Das ist viel erfüllender, als jemanden dazu zu bringen, sich selber aufzuhängen.«

Sie versuchte, mir ins Lenkrad zu greifen und den Wagen von der Straße abzubringen, doch sie hatte nicht genug Kraft dafür. Ich nahm ihren Kopf und schlug ihn so fest ich konnte gegen das Amaturenbrett. Scarlet wurde bewußtlos und bewegte sich nicht mehr.
»So ein Pech. Jetzt kriegst Du ja von dem ganzen Spaß nichts mehr mit. Wie bei meinem Freund damals, nachdem ich das Messer wieder aus seinem Hals gezogen hatte, war er auf einmal ganz protestfrei mit allem einverstanden, was ich tat.«
Ich parkte den Wagen am Straßenrand, in der Nähe eines kleinen Waldstückes. Ich wußte nicht, wo ich war und ich wußte nicht, wie ich da hingekommen war denn ich war mir sicher, ich wäre den Interstate 35 in Richtung Bangor gefahren, doch anscheinend muß ich irgendwo abgeboben sein. Ich konnte mir nicht erklären, wieso Scarlet von einem Moment auf den anderen so verrückt wurde und wieso sich diese Erinnerungen in meinem Kopf so plötzlich freigelegt hatten und in dem Moment war mir, als hätte ich keine Kontrolle über meine Gefühle und meinen Körper. Ich war ein Zuschauer und saß auf der Tribüne, während jemand anders die Fäden zog. Ich dachte an alles, was in meiner Vergangenheit geschehen war und konnte nicht mehr zwischen dem Unterscheiden, was kürzlich erst durch das Verschwinden des Etwas wieder sichtbar wurde und dem, was schon immer da war. Ich sah Gesichter in meinem Kopf. Augen, die mich anstarrten und Hände, die versuchten mich zu berühren. Ich sah das Gesicht des kleinen Welpen. Ich sah das Gesicht meines Freundes, als ich ihm das Messer in den Hals gestoßen hatte. Ich sah die Gesichter von anderen Personen, die ich nicht zuordnen konnte und dann sah ich das Gesicht von Scarlet, wie sie vor mir auf dem Boden lag und nacht Luft rang, als ich meine Hände um ihre Kehle schloß und zudrückte, während ich mit meinem Knie auf ihren Bauch preßte. Und ich sah die tausend Gesichter des Mannes in dem scharlachroten Raum, wie sie mir zugrinsten. Er lachte, er schrie und er tanzte. Scarlet schnappte nach Luft, sie versuchte ihre Arme zu heben um meinen Griff zu lösen. Der Mann verwandelte sich in andere Gestalten. Er war ein Hund. Scarlet griff meine Hände und wollte sie mit der letzten Kraft, die ihr noch blieb, von meinem Hals wegziehen. Der Mann verwandelte sich in meinen Freund. Ein Messer ragte aus seinem Hals. Scarlet röchelte. Der Mann zog an dem Messer, das Blut lief an seinem Körper hinunter. Scarlets Griff löste sich. Der Mann lachte laut und dann war Scarlet tot. Sie lag vor mir und bewegte sich nicht mehr. Ich ließ ihren Hals los und stand auf. Der Mann klatsche in die Hände, sein Gesicht machte einen zufriedenen Eindruck.
Und dann war ich wieder auf dem Weg nach Bangor.

Und jetzt sitze ich hier und spüre, wie sich das schleimige Etwas wieder in meinen Körper zurückzieht. Die Erinnerungen verblassen, sie werden surrealer und scheinen entfernter. Ich weiß, daß ich in einigen Stunden, vielleicht schon in einigen Minuten, nicht mehr wissen werde, was passiert ist. Ich werde mich nicht mehr daran erinnern, wieso ich—
für den Weg so lange gebraucht habe und ich werde mich nicht mehr an—
das namenlose Mädchen erinnern können, daß ich heute Nacht—
mitgenommen habe.

Ich werde vergessen, daß ich als kleiner Junge einen Hund—
oder die Gedanken an meinen—
mein Herz schlägt unruhig und ich atme schwer.
Der Schleim fließt rückwärts und das Gefühl ist beunruhigend. Ich versuche, das Bild im Kopf zu behalten, doch ich weiß, daß mir das nicht gelingen wird. Ich konzentriere mich auf den Abend. Ich versuche mich die Anhalterin—
Ich spüre, wie mir der Schweiß von der Stirn tropft. Und irgendwo tief hinten in meinem Kopf sehe ich einen Mann in einem scharlachroten Raum, der—
mich zufrieden anlächelt. Sein Gesicht kommt mir bekannt vor, doch—
Und plötzlich ist er—
Ich schaue aus der Frontscheibe meines gelben Buick Skyhawk und sehe ein Straßenschild, daß mir verrät, daß ich nur noch fünf Meilen von Bangor entfernt bin.

Ich sehe auf meine Uhr und frage mich, wieso ich über drei Stunden für den Weg von Ludsmouth nach Bangor brauche. Habe ich unterwegs eine Pause gemacht? Ich hasse es, wenn mir sowas passiert.

Ich verwerfe den Gedanken und biege in die Ausfahrt nach Bangor ab.

In ein paar Minuten werde ich wieder daheim sein und als erstes werde ich morgen früh meinen Vater anrufen und mich für meinen plötzlichen Aufbruch entschuldigen.

 

So, meine erste Geschichte hier im Forum. Ich weiß, daß sie wahrscheinlich keine typische Horrorgeschichte mit Monstern und Zombies ist, aber ich stelle sie dennoch mal hier ein. Sollte sie gar nicht passen, kann ein Moderator sie ja vielleicht verschieben.

Leider sind beim Kopieren aus meinem Textprogramm einige kursiv hervorgegangenen Betonungen verlorengegangen, aber ich denke, daß es sich auch noch ganz gut lesen läßt.

Ich freue mich auf Kritik und Kommentare. Aber verreißt mich bitte nicht vollständig. ;)

Felix

 

Hey Phoelix,
meine Kritik spiegelt nur meine Meinung wieder, erhebt keinen Anspruch auf Absolutheit, blablabla:

Ich sitze in meinem alten Buick Skyhawk, Baujahr 1982, und fahre in einem mittelmäßig schnellen Tempo auf dem Interstate 35 in Richung Bangor.
Okay. Nehmen wir uns den ersten Satz mal vor. Buick Skyhawk, Baujahr 1982 – ich weiß nicht, wie der aussieht. Ich weiß, dass es ein Auto ist, aber ich hab keine Ahnung, wie das Auto nun aussieht. Schon mal doof, gleich im ersten Satz mit einer Wissenslücke konfrontiert zu werden.
Dann das nächste Problem: Richtung Bangor. Irgendwie schrillen da bei mir die Alarmglocken los: Das ist Stephen King-Territorium. Also Neu-England, usw. Dann frag ich mich als nächstes –nicht böse gemeint- warum sollte ich eine Kopie lesen, wenn ich das Orginal haben kann? Warum geh ich nicht zu amazon.de und bestell mir eine Kurzgeschichtensammlung von King?
Und drittens: Bei „Richtung“ fehlt das „t“.
Und viertens: Der Satz leistet gar nix. Der teilt dem Leser nur mit: Achtung, Stephen-King-Epigone.

Es sind drei Stunden vergangen, seit ich in Ludsmouth losgefahren bin und die ersten Strahlen der Sonne kitzeln den noch sternenbedeckten Himmel und kündigen an, daß es bald Tag werden wird.
Auch hier: Warum sollte mich das interessieren? Ludsmouth, drei Stunden – Informationsgehalt null. Wer ist der Protagonist? Was ist sein Konflikt? Wo ist das Problem?

Normalerweise braucht man von Ludsmouth nach Bangor nur etwa eine Stunde zu rechnen, wenn der Interstate 35 nicht überfüllt ist, aber heute bin ich schon seit über drei Stunden unterwegs und es dauert bestimmt noch eine halbe Stunde, bis ich in Bangor ankommen werde und meinen Buick Skyhawk auf dem Parkplatz der University of Main abstellen kann, um endlich in mein Wohnheim zu gehen und etwas Schlaf zu bekommen.
Relevante Information: Er ist Student. Immer noch kein Konflikt, immer noch nichts Interessantes.

Mein Herz hat sich mittlerweile wieder etwas beruhigt und schlägt langsam wieder in einem normalen Rhythmus, der mich nicht fürchten läßt, daß mir jeden Moment der Brustkorb explodieren könnte.
Schon besser, aber hier schlägt der Stil-Teufel zu. Mittlerweile und wieder sind doppelt gemoppelt. Da braucht es nur eins von. Das zweite „wieder“ braucht es auch nicht. Bei verneinten Formulierungen (Nicht fürchten lässt) gibt es immer ein Problem mit der Verständlichkeit.

auch wenn das wahrscheinlich schwer nachzuvollziehen ist.
Für wen?

Ich schlich mich einfach davon, nachdem ich kurz geduscht und mir eine khakifarbene Leinenhose, ein dunkelgrünes Hemd und ein paar braune Lederschuhe angezogen hatte.
Unnötige Informationen. Ich weiß jetzt, über den Protagonisten dass er bei seinem Vater wohnt, dass er studiert, dass er ein altes Auto fährt und was er anhat. Du hast mir aber noch keinen Grund geliefert, mich für die Figur zu interessieren. Wo ist der Konflikt? Wo ist die Spannung?

Also parkte ich meinen gelben Buick Skyhawk auf dem Standstreifen
Dieser Detailwahn stört mich, vor allem wenn er Details zu abgeschlossenen Bildern nachreicht. Ich hatte mir den Buick nach dem ersten Satz blau vorgestellt – okay, eigentlich hatte ich mir nen blauen Opel vorgestellt, weil ich ja nicht weiß, wie nen Buick vorgestellt.

kurbelte das Fenster auf der Beifahrerseite hinunter und teilt dem Mädchen mit, daß ich auch gerade auf dem Weg nach Bangor war.
Teilte dem Mädchen mit, dass ich auch gerade auf dem Weg nach Bangor sei.

Jetzt könnte ich mich ohrfeigen, daß es mir nicht komisch vorkam, daß dieses Mädchen
Dass-lastiger Satz deutet meistens daraufhin, dass man den Satz anders bauen sollte.

und das hatte sie, nachde, ich ihr angeboten hatte, einzusteigen, auf der Straße liegen lassen.
Und das hatte sie, nachdem ich ihr angeboten hatte einzusteigen, auf der Strasse liegen lassen.

»Vermutlich werde ich das auch tun, nachdem ich mein Studium beendet habe. Aber vorerst muß ich mich mit Bangor begnügen. Und für jemanden, der aus einer Stadt wie Ludsmouth kommt, mit fünftausend Einwohnern, ist Bangor schon eine Verbesserung.
Okay, also bei dem Satz vorher, als du eingeschmuggelt hast, was er genau studiert, hab ich noch weggeschaut. Aber hier wird ja eindeutig der Leser angesprochen. So spricht doch keiner. Und weder das Mädchen noch mich als Leser interessiert es doch, ob Ludsmouth fünftausend oder viertausend Einwohner hat. Dialoge schreiben sich ganz anders als Erzähltext. Solche Konstruktionen wie „nachdem ich mein Studium beendet habe“ „muß ich mit begnügen“ sind untypisch für wörtliche Rede. Vor allem für die wörtliche Rede eines einundzwanzigjährigen.

Ich war froh, daß es mir möglich war, mich so ungezwungen mit ihr zu unterhalten.
Hier auch wieder: Was leistet dieser Satz? Er teilt mir etwas mit, dass ich schon weiß. Und warum weiß ich es: Weil du es mir schon gesagt hast. Nämlich hier:
Offensichtlich war sie ein angenehmer Begleiter für die Fahrt nach Bangor und niemand, dem man jeden Scherz erst erklären mußte.

Sie machte sich nicht die Mühe mich zu fragen, ob es mich störte, daß sie in meinem Auto rauchte.
Was sollte sie ihn denn sonst fragen? Sie fragte mich nicht um Erlaubnis. Alles bisschen schlanker, dynamischer, peppiger. Nicht so angestaubt. Das sind zwanzigjährige. Das ist eine Horror-Story. Das ist eine Kurzgeschichte.

»Als Mädchen raucht man doch keine Marlboros«, sagte ich.
Ha! Endlich sagt’s mal einer. Mit diesem Satz sollte deine Geschichte anfangen.

Ich dachte darüber nach, was mein Vater wohl sagen würde, wenn er wüßte, daß ich mitten in der Nacht eine Anhalterin aufgelesen habe und mit ihr über den verlassenen Highway in Richtung Interstate 35 fahre.
Okay, wir könnten wieder das „Was leistet der Satz“-Spielchen spielen, aber ums kurz zu machen: Der Satz ödet mich an.

Ich bekam Kopfschmerzen von dem Versuch, in meinem Bewußtsein herumzuwühlen und beschloß, damit aufzuhören.
Jetzt ernsthaft, ich will dir ja nichts böses, aber das verärgert mich richtig an dem Text. Diese Halbsätze, die man eigentlich weglassen könnte. Hier ist es nicht ganz so deutlich, aber irgendwie ist es doch klar, dass er damit aufhört. Das sind diese ganzen Konstruktionen, wo ein unwichtiger, sehr kurzer Hauptsatz steht (hier: Beschloß) und an ihm dann der inhaltstragende Nebensatz hängt (damit aufzuhören). Das ist wirklich träge und zäh. Man könnte den Text um ein gutes Drittel zusammenstreichen und er würde dadurch wirklich viel gewinnen und inhaltlich nichts, aber auch gar nichts verlieren. Man müsste nur mal den Satzballast über Bord werfen.

Es pochte ein wenig an meiner Stirn und ich wünschte mir in dem Moment, ich hätte eine Aspirin dabeigehabt, doch das war nicht der Fall und so mußte ich die Augen zukneifen und damit fertigwerden.
Hier auch wieder: Ich wünschte(!) mir, ich hätte(!) ein Aspirin gehabt = das heißt: er hat kein Aspirin dabei. Das kann gar nichts anderes heißen. Aber lässt du den Leser selbst diesen Schluß ziehen? Nein, denn sofort kommt: doch das war nicht der Fall.
Total überflüssig.


»Und dann?«
»Dann habe ich es wieder getan.«
Ach komm, du lässt die Figur doch nur „Und dann?“ fragen, damit die andere Figur so schön antworten kann.

Wenn ich ihn mitten in der Nacht aufweckte und eine Pizza wollte, dann ist er losgerannt, ungewaschen und mit stinkenden Kleidern, und hat mir eine Pizza geholt. Egal woher. Und wenn er einhundert Meilen hätte fahren müssen. Und wenn ich teuren Schmuck wollte, dann hat er irgendwo Geld zusammengekratzt und es für eine häßliche Halskette oder pathetische Ohrringe ausgegeben, die mehr kosteten, als ich je in meinem Leben besessen habe.«
Kleinigkeiten: Losgerannt erzeugt ein anderes Bild, als das spätere „fahren“. Auch wenn es logisch stimmt (rennt aus der Wohnung ins Auto). Zweitens: Kleider – eher Klamotten, oder? Drittens: „pathetische“ ist ein Anglizismus. Du meinst das englische „pathetic“ (oder so ähnlich), das deutsche „pathetisch“ bedeutet aber nicht erbärmlich, sondern so was wie übertrieben getragen oder festlich, halt tränendrüsenmäßig.

Als wir auf dem Höhepunkt waren, einem Moment der keine Steigung mehr zuließ,
Aha, ich hab mich schon immer gefragt, was Höhepunkt wohl heißen könnte. Nun lese ich: Es ist ein Moment, der keine Steigung mehr zulässt: Irgendwie einleuchtend.

Daß er ein so dumm wie ein Stück Eselscheiße ist
„ein“ raus

Daß jedes Gespräch, daß wir geführt hatten, mich niemals interessierte und, daß ich mich nur mit ihm abgegeben hatte, weil mir gerade danach war.?
Konstruktion stimmt grammatikalisch nicht. Tempuswechsel (interessierte, abgegeben hatte) usw.

Dieses Mädchen schien ein Problem zu haben.
Sag bloß! Du wirst mir jetzt doch nicht noch mal mit den Worten des Protagonisten die Worte der Protagonistin wiedergeben, oder?

während sie völlig teilnahmslos davon berichtete, wie sie einen Jungen, der sie mehr liebte als alles andere auf der Welt, in ein emotionales Trauma stieß.
Ich wusste es.

, ob ich hier neben einer Soziopathin saß, die Befriedigung darin fand, die Männer, die sich in sie verliebten, psychisch zu zerstören,
Sogar zwei mal.

Ich fühle mich wie in einem schlechten Film oder einen Schundroman
Schund würde ich nicht sagen, „zäh“ trifft es eher. Aber interessante Grundidee, von daher.

Und plötzlich, wie ich in ihre Augen starrte, begann das Etwas in mir, sich zu lösen. Das mußte der Moment gewesen sein, auf den es gewartet hatte, denn jetzt war der Streit zwischen meinen Gedanken beendet. Ich spürte, wie es aus mir herausströmte, doch ich konnte nichts dagegen tun. Dieser widerliche Schleim war überall und dann erinnerte ich mich an einige Dinge, an die ich mich vorher nicht erinnert hatte. Es war, als wären diese Erinnerungen gerade erst entstanden, doch ich wußte, daß sie alt waren; verdammt alt. Sie mußten unter dem Schleim des Etwas verborgen gewesen sein, und jetzt, wo der Schleim aus mir herausströmte, wurden sie freigelegt.
Dafür muss ich dich loben. Das ist alles gut gemacht.

»Der Köter wollte nicht still liegen bleiben, da habe ihm ihm einfach mit dem Hammer auf den Kopf geschlagen. Nach dem ersten Schlag jaulte er auf, nach dem zweiten zuckte er nur noch und nach dem dritten lag er einfach nur da. Mein Freund war enttäuscht, daß es so schnell ging und hatte gehofft, wie hätten noch mehr Werkzeuge ausprobieren können. Aber ich nehme an, du hast keine Ahnung, wie schwierig es ist, einen lebenden Welpen in einen Schraubstock zu spannen, oder?
Okay, das ist wirklich eklig. Aber erstaunlicherweise gut gemacht. Jetzt glaube ich fast, dass die Geschichte richtig gut sein könnte, wenn du die Struktur komplett umkrempeln würdest.

»War es auch. Solange bis wir bei der Kreissäge ankamen. Du kannst dir nicht vorstellen, was für eine Sauerei das war. Wir mußten hinterher den ganzen beschissenen Keller schrubben, bevor mein Vater am Abend nach Hause kam. Und wir mußten eine Million Teile Hund einsammeln, in eine Plastiktüte stopfen und irgendwo entsorgen. Wie unsere Kleider hinterher aussahen, kannst du dir ja wahrscheinlich vorstellen.«
Das ist diese alte Nummer. Nach einem einschläfernden Text wirken solche Shocker doppelt und dreifach stark. Ist nur die Frage, ob dieser Shockeffekt es erlaubt, den Leser zu langweilen und totzuquasseln.

»Er hat keinen Hund mitgebracht. Ich hatte ihm gesagt, er solle noch einen mitbringen. Oder eine Katze. Es war mir scheißegal. Ich wollte irgendwas haben, daß ich auseinandernehmen konnte. Doch der Wichser war zu dumm dafür. Also habe ich ihn auseinandergenommen. Zuerst habe ich mit dem Küchenmesser dafür gesorgt, daß er sich ruhig verhällt, dann bin ich mit dem Hammer auf Nummer sicher gegangen.«
Wie bist du denn drauf?

Okay, die Geschichte hat ein Problem. Den Hallo-Wach?-Effekt, den du hervorrufst, bezahlst du mit der Geschwätzigkeit und der Langeweile der ersten Hälfte. Du solltest wirklich bis zu der Wende der Geschichte den ganzen Text gehörig auskämmen. Man kann auch das Bild eines „sympathischen, normalen“ Menschen erwecken und den Leser in Sicherheit wiegen, ohne ihn anzuöden. Das heißt konkret: Überflüssige Absätze raus, der ganze erste Absatz, der zweite, usw. All das Alltägliche. Wichtig ist nur: Er fährt auf einer Straße, er nimmt eine Anhalterin an, und los geht’s. All die Details sind unwichtig.
Dann könnte das wirklich eine starke Geschichte werden. Die Grundidee –okay, sie ist sehr abgenutzt-, aber trotzdem: die Grundidee und diese Variation ist wirklich lohnenswert, es leidet nur an der zähen Form.

Gruß
Quinn

 

Hallo Felix.

Da die Geschichte in den beiden letzten Kritiken ja schon völlig auseinander genommen wurde, fasse ich mich kurz:

Ich habe deine Geschichte in einem Rutsch durchlesen können, aber durch die umständlichen Beschreibungen am Anfang und die unnötigen Hintergrundinformationen bin ich etwas ins Stocken geraten.
An der Stelle, wo er die Anhalterin mitnimmt, wird das Ganze erst interessant und der Text lässt sich ab dort viel flüssiger lesen.
Die Grundidee gefällt mir, obwohl schon oft dagewesen - aber du baust eine unerwartete Pointe ein: das macht die Geschchte wieder interessant.
Durch eine Überarbeitung und evtl. Kürzung an den langatmigen Stellen könnte die Geschichte richtig gut werden:)

viele grüße von der m

 

Hallo!

Naja, der Stephen King Einfluss ist nicht zu überlesen, nicht nur, weil die Geschichte in dessen Heimat spielt (auch z.B. "scharlachrot").

Auch ich fasse mich nach den vorrangegangenen Kritiken kurz. Der Anfang ist regelrecht langweilig, wirkt teilweise zu konstruiert. Ab der Mitte wird es besser und das Ende ist durchaus lesenswert. Thema natürlich nicht neu, besagter King hat es selbst mehr als einmal aufgegriffen.

Und die zahlreichen Tipp-, Grammatik- und Zeichensetzungsfehler sollten behoben werden. Die ein oder andere Stelle wird dadurch fast unlesbar.

Beste Grüße

Nothlia

 

Hallo Leute,

zunächst mal vielen Dank für die z.T. sehr ausführlichen Kritiken und das Hinweisen auf diverse Schreibfehler. Ich werde die auf jeden Fall ausbessern. Leider sieht man ja selber nie soviel wie andere.

>Ach ja, dein Titel sagt mir überhaupt nichts.
Das ist Latein und heißt soviel wie "Wahrheit erzeugt Zorn".

>All die Details sind unwichtig.
Das sehe ich persönlich anders. Ich mag es, wenn bei Geschichten (auch Kurzgeschichten) eine gewisse Detailliebe zum Tragen kommt. Ich möchte wissen, wie die Figuren aussehen, welche Kleider sie tragen und welche Farbe die Tapeten in ihren Häusern haben. Und dementsprechend schreibe ich wahrscheinlich auch bei meinen eigenen Machwerken einige Punkte auf, die anderen wohlmöglich überflüssig vorkommen. Mir selber ist das jetzt nie so aufgefallen.
Daß die ganze Detalliertheit zum Ende abnimmt war so gedacht, daß der Gedankenstrom des Protagonisten (bzw. Ich-Erzählers) durch die Verwirrung etc. abreißt, Details nicht mehr wahrnimmt. Folgerichtig wird es unstrukturierter, die Sätze kürzer und es beschränkt sich auf das Wesentliche.

>Wie bist du denn drauf?
Hältst Du die Passage für zu grafisch? Ich war mir an einigen Stellen selber unsicher, ob ich das bzgl. Gewaltdarstellung so schreiben sollte, wie ich es schließlich geschrieben habe.
Eventuell kürze ich da noch einmal nach, damit mir nachher keine Gewaltverherrlichung o.ä. vorwirft.

>Naja, der Stephen King Einfluss ist nicht zu überlesen, nicht nur, weil die Geschichte in dessen Heimat spielt (auch z.B. "scharlachrot").
Ich gestehe. ;)
Daß King einen Hobbyautor im Horrorbereich zumindest ein wenig beeinflußt, dürfte kaum überraschend sein. Ich denke jedoch, King hat einige wirksame Stilmittel geschaffen, die (zumindest für mich) zu Horroraspekten geworden sind. Und der Schauplatz Maine gehört dazu. Wenn ich in einer Geschichte lese, daß sie in Maine spielt, dann ist für mich die Brücke zum Horror/Grusel/Paranormalen direkt vorhanden und es wäre wohl sehr schwierig, mich davon wieder abzubringen. Von daher hab ich den Schauplatz gewählt, um dem Leser das direkt zu vermitteln.
Abkupfern wollte ich eigentlich nicht, aber das läßt sich wohl gewissermaßen nicht vermeiden.

Danke nochmal fürs Lesen und für die Kommentare.

Felix

 

Phoelix schrieb:
>All die Details sind unwichtig.
Das sehe ich persönlich anders. Ich mag es, wenn bei Geschichten (auch Kurzgeschichten) eine gewisse Detailliebe zum Tragen kommt. Ich möchte wissen, wie die Figuren aussehen, welche Kleider sie tragen und welche Farbe die Tapeten in ihren Häusern haben. Und dementsprechend schreibe ich wahrscheinlich auch bei meinen eigenen Machwerken einige Punkte auf, die anderen wohlmöglich überflüssig vorkommen. Mir selber ist das jetzt nie so aufgefallen.
Daß die ganze Detalliertheit zum Ende abnimmt war so gedacht, daß der Gedankenstrom des Protagonisten (bzw. Ich-Erzählers) durch die Verwirrung etc. abreißt, Details nicht mehr wahrnimmt. Folgerichtig wird es unstrukturierter, die Sätze kürzer und es beschränkt sich auf das Wesentliche.
Hey Phoelix, ich versuch's noch mal, ich hab, glaube ich, nicht das rüberbringen können, was ich gewollt habe.
Am Anfang einer Geschichte musst du mich erstmal ködern, ich muss anfangen mich für die Figur zu interessieren, ich muss in die Geschichte reinkommen. Wenn du das geschafft hast, dann sind auch Details okay. Aber erst Details und danach das Interesse wecken, das funktioniert nicht. Dann wirkt so etwas eben "langweilig".

Gruß
Quinn

 

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