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Was ist nur mit mir los? Ich hatte meine Gefühle immer unter Kontrolle. Ich wusste immer, was ich zu tun hatte und habe das auch getan. Ich konnte mich genau einschätzen und genau nach meinen Fähigkeiten handeln. Bis ich ihn kennen lernte.
Es begann alles ganz harmlos. Das erste Mal traf ich ihn am Theater. Ich absolvierte dort ein Praktikum, er arbeitete als Schauspieler. Ich sah mir eine seiner Vorstellungen an, er war der Hauptdarsteller. Es war wundervoll. Er hat gesungen und wunderbar geschauspielert. Nach der Aufführung wollte ich ihn um ein Autogramm bitten, damals kannte ich ihn noch nicht gut. Es war mein erster Tag dort. Ich stand vor der Tür zu dem Raum, in dem er sich befand. Ich hörte das Klavier. Als jemand aus dem Zimmer kam, wagte ich einen Blick hinein. Er saß tatsächlich am Klavier, außerdem sang er. Das hatte ich von draußen nicht hören können. Ich stand nur da und glotzte, bis die Tür mit einem Knall zufiel. Das Klavier verstummte. Ich merkte, wie ich rot anlief. Ich wusste, was als nächstes passieren würde. Aber um sich zu verdrücken war es zu spät. Wie erwartet öffnete sich die Tür.
"Hallo, bist du nicht die neue Praktikantin?", fragte er, als er mich sah. Seine Stimme klang locker und fröhlich wie immer. Manchmal frage ich mich, ob das aufgesetzt ist.
"Äh ..." Ich stand da wie vom Donner gerührt. Zum ersten Mal stand er in seiner vollen Schönheit direkt vor mir. Ich versuchte, mich am Riemen zu reißen. Doch ich bekam einfach keinen Ton heraus.
"Was ist? Willst du reinkommen? Du hast doch eigentlich schon Feierabend, oder?" Wie macht er das nur?, fragte ich mich in Gedanken. Immer locker, immer frech, immer nett. Zu jedem.
"Feierabend? Äh, ja, ich ... wollte dich nur um ein Autogramm bitten." Ich hatte es geschafft.
"Oh, ach so. Klar ... Wo soll ich unterschreiben?" Er schien ganz leicht überrascht. Ich gab ihm einen Zettel und einen Stift.
"Danke", hauchte ich.
"Mit Widmung?", fragte er.
"Nein, geht schon so."
Heute spiele ich manchmal an seiner Seite - kleinere Rollen, versteht sich. Aber zufrieden bin ich nicht. Einerseits möchte ich soviel mehr mit ihm teilen als nur den Arbeitsplatz. Doch andererseits kann ich ihn nicht mal ansprechen. Es ist wie ein Fluch. Ein Teufelskreis, aus dem man nicht mehr herauskommt.