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Vermissen
Zwischen unzähligen sowie verkrüppelten Zigaretten ist deine letzte hier bei mir fast schon vergessen. Indem wir sie im Aschenbecher ausglühen ließen, hatten wir diesen zu einem Massengrab gemacht, aus dem der Rauch emporgestiegen war, der nun zum Essen dick in meinem Zimmer schwebt.
Deinen Kaffee, schwarz wie du ihn mochtest, hast du nicht ausgetrunken. Kalt und regungslos, wie erschrocken liegt er in der Tasse.
Dein Geruch lässt mich bereuen, in dem Raum, der noch erhitzt von unseren Gemütern ist; unsere Schreie hallen noch in mir und ich spüre die Stellen an meinem Körper erglühen, die du zuletzt berührt hast.
Deine Zahnbürste schmiegt sich noch an meine, dein Eigentum, dein Leben ist noch hier, langsam schon und verstummt.
Deine Backpfeife schmerzt noch, fast so wie die Worte.
Ein Telefon in deiner Tasche schreckt mich auf. Er wird es sein. Er wird dir sagen wollen, wie sehr er sich schon auf dich freut. Für mich ist der Gedanke an dich der Gedanke an ihn, ist der Gedanke an euch.
Meine Erinnerung an dich schwankt trügerisch. Jetzt, da die Zeit die Wahrheit angeschwemmt hat, erkenne ich deine Falschheit, hinterblicke deine Fassade und erinnere mich daran, dass ich es ahnte, aber nicht wahrhaben wollte.
Jetzt sehe ich die Hinweise klar, kann mir einen Reim auf dein Desinteresse, deine Launen und deine Trostlosigkeit machen und verstehe sein Lachen, das er schon damals besaß, als wir ihn kennen lernten.
Es waren einzelne Blicke, einige Momente, die seitdem anders waren, die ich jetzt verstehe.
Dein Lächeln von einst ziert den schweigenden Himmel hinter dem Fenster, ohne dich erlischt die Zukunft leise und heimlich, und starb doch mit einem Stich.
Deine Augen zeigen mir Verzweiflung, dein Mund weiß jetzt keine Ausreden mehr; er wird mich nicht mehr belügen; er hat einen letzten Schrei verschluckt.
Dein Blut trieft noch frisch die Stufen hinunter und schon vermisse ich dich.