Was ist neu

Verparkt

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14.04.2007
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Verparkt

von Enni Schmal

„Bist du neu hier?“, fragte mich einer der Bewohner im Treppenhaus. Ich schaute irritiert auf die zahlreichen Briefkästen ohne meinen zu finden und nickte dem Städter entgegen. Er sah nach Student aus, Fachrichtung Meeresbiologie. Schüchtern nickte ich.
„Einen guten Start. Wenn du Hilfe brauchst klopfe bei Tobias Pesch.“
Dankend schüttelte ich seine Hand und suchte weiter nach meinem Postfach.

Minuten später hatte ich es entdeckt und forstete gespannt den Inhalt durch. Darin war die erste Rechnung von meinem Internetprovider, das Einwohnermeldeamt, welches noch nach einem fehlenden Nachweis über meine Existenz nachfragte und das Verkehrsamt der Stadt Nürnberg, die mehrere Strafzettel gleichzeitig von mir beglichen haben wollten. Freunde werden diese Strafzettelverteiler und ich als leidenschaftlicher Sammler wohl nicht mehr werden. Gerade sieben Tage in der Großstadt und schon über 100 € verparkt. Irgendwie war ich das vom Land deutlich entspannter gewohnt. Parkplatzsuche ist wie Krieg. Hört sich komisch an, ist aber so.
Vielleicht sollte ich mir einen Anwohnerausweis besorgen, aber dafür müsste ich auf ein Amt und einen Antrag ausfüllen. Ich hasse Ämter. Schuld daran sind vor allem diese völlig übermotivierten Serviceliebhaber, die unkündbar vor sich her vegetieren und das Wort „Kunde“ noch nie im Zusammenhang mit ihrer täglichen Arbeit gehört haben. Nein, dachte ich, dass tue ich mir zumindest noch nicht an und lief zurück in meine 1-Zimmerwohnung.
Vor knapp vier Wochen unterschrieb ich einen neuen Arbeitsvertrag, der mich nach Nürnberg führte. Danach ging alles sehr schnell. Meine erste Wohnungsbesichtigung wurde auch gleich zum Mietvertrag. Besonders lange habe ich nicht darüber nachgedacht und so wagte ich voller Vorfreude den großen Sprung vom kleinen Ort auf dem Lande in die Großstadt. Dort wohne ich nun mitten in der Innenstadt und versuche mich mit den neuen Gegebenheiten zu arrangieren.

Es hat relativ lang gedauert bis ich mich an das Stadtleben gewöhnt hatte. Die vielen Menschen um dich herum, die Anonymität in der Masse, die zahlreichen Möglichkeiten zum Klamotten kaufen und fortgehen sowie die aggressive Fahrweise beim Auto fahren. Ja man kann getrost bei letzerem behaupten, die fahren hier alle wie die Sau. 50 km/h fährt niemand. Rechts überholen und dann wieder links Zentimeter vor einem Zusammenprall einscheren um doch noch die dunkelgelbe Ampel hinter sich zu lassen gehören zur Tagesordnung. Allgemein ticken Städter ganz anders als Leute vom Land, nicht nur im Verkehr.

Bequemlichkeiten stellen sich schnell ein wenn man alles direkt vor der Haustür hat. Deswegen faszinierte mich der Mc Go in der Innenstadt von Anfang an. Es war traumhaft. Man bestellte und konnte mit seinem Burger lässig weiterlaufen. Meine Bleibe lag mitten in der City. Trotzdem war es zu Beginn seltsam ungewohnt. Man stand auf, bewegte seinen Kadaver vor die Haustür und stand mitten in der Herrenabteilung einer wohlbekannten schwedischen Klamottenkette.
Auch zum Ballern war es traumhaft. Fragen wer Abends fährt oder wie man wieder heimkommt gehörten der Vergangenheit an, denn die beste Cocktailbar der Stadt, war keine Minute zu Fuß entfernt. Dort bist du oft versumpft, dachte ich während ich wieder mal auf dem Weg dorthin war. Nach vier Jumbo Cocktails blickte ich den Barkeeper mit schiefen Augen an und bestellte so gut es möglich war meinen fünften. „Und dieses Mal bitte keine Kinderportion.“, lallte ich ihm über den Tresen. Mein Gott war der fünfte Long Island Ice Tea gut. Als er leer war spürte ich schlagartig die zerstörerische Macht des Cocktails. Erbarmen kannte er nicht mehr mit mir. Obwohl ich nicht mehr wusste, wo oben und unten war, begab ich mich optimistisch auf den Heimweg…wie naiv!?
Beinahe eine Stunde war ich unterwegs und ich kann von Glück sagen, dass der 500 Meter lange Heimweg fast ausschließlich gerade aus verlief. Trotzdem danke ich allen und jeden dafür, dass ich es wie auch immer, geschafft habe.
Noch betrunken von der gestrigen Zechtour schlüpfe ich in meinen Designeranzug und ziehe die Krawatte hoch. „Wieso habe ich heute keinen Urlaub?“, frage ich mich geschafft.
< Wer saufen kann, der kann auch arbeiten > echot mir die Stimme meines Vaters durch meinen von Kopfschmerzen geplagten Kopf. Auf dem Weg zum Auto stellte sich die nächste Horrorfrage. „Wo zum Teufel habe ich gestern mein Auto abgestellt?“ Krampfhaft überlege ich, aber ich kann mich nicht daran erinnern. Angestrengt lasse ich die letzten zwölf Stunden Revue passieren, aber die Prozedur des Parkens vom Vortag ist wie ausgelöscht. Auch das noch, dachte ich genervt und begann meinen Wagen zu suchen.
Sie glauben gar nicht wie bescheuert man sich vorkommt, wenn man sein eigenes Auto sucht. Zumal ich im Stress war, denn ich kam wieder mal zu spät auf Arbeit. Nach zehn Minuten planlosem Herumirren begann ich Passanten anzusprechen. Diese sahen mich meist überrascht an und suchten nach einer versteckten Kamera. „Herr Gott ich bin nicht vom Fernsehen. Haben Sie denn keinen blauen Golf mit einem drei Buchstaben Kennzeichen gesehen?“
Wieder eine Absage. Es war zum Heulen.
An sich unfassbar. Ein Auto mit drei Buchstaben fällt in der Großstadt sofort auf. Ich liebte mein Kennzeichen mit den berühmten drei Buchstaben. Im Grunde erwartet doch auch niemand von dir, dass du richtig Auto fahren kannst. Rückwärts auf der Autobahn fahren oder Einbahnstraßen von beiden Seiten benutzen, da hubt niemand sauer, wenn er dein Kennzeichen mit den drei Buchstaben gesehen hat. Kurz bevor ich meinen Anruf zur Krankenmeldung starten wollte, fand ich meinen Wagen. „Da bist du ja“, tönte ich verschwitzt und stieg erleichtert ein. Zu meiner Bank waren es nicht mal zwei Minuten. Trotzdem musste ich am Hauptbahnhof und dem Polizeigebäude vorbei. Das würde zu diesem gelungenen Morgen noch fehlen. Ein netter Plausch mit einem Stadtpolizisten. Davon hatte ich bereits das eine oder andere hinter mir. Ach diese Polizisten…
…manchmal frage ich mich, was die auf ihren Schulungen lernen. Etwa wie provoziere ich den kleinen, unschuldigen Bürger am besten, um ihn klar zu machen, dass er sich das nächste Mal gefälligst anzuschnallen hat oder wie bringe ich ihn durch meine arrogante Auftretensweise dazu, mir noch einen Strafzettel wegen Beamtenbeleidigung zu entlocken. Die Polizei, mein Freund, ich helfe dir.
Jedoch hatte ich heute Glück. Ohne Straßenkontrolle kam ich in der Tiefgarage meiner Bank an. Wirklich gut fühlte ich mich nicht. Der Vorabend machte mir schwer zu schaffen.
„Alles in Ordnung mit Ihnen Herr Bommel?“, fragte mich meine Kollegin Frau Schrittmann. Krampfhaft versuchte ich
mich in guter Form zu präsentieren. Ich scheiterte. Kläglich. Das schlimme war nur, dass ich es selber merkte und rot wurde. Mit meiner Stimme hörte ich mich an wie Clint Eastwood zu besten Zeiten.

Quälend langsam verstrichen die Sekunden. Minütlich wurde mir schlechter und ich sehnte die nächsten Stunden herbei, doch es war noch nicht mal Zeit für die Frühstückspaue. Es machte keinen Sinn. Entschlossen stand ich auf und meldete mich bei meinem Filialeiter krank und begab mich auf den Heimweg. Mein Gaumen fühlte sich seltsam an. Nein bloß das nicht, dachte ich als ich die Straße zur Tiefgarage zu Fuß nahm. Plötzlich würgte mein ganzer Körper unterhalb der Brust und presste eine Fontäne von Flüssigkeit nach oben, die unaufhaltsam aus meinem Mund spritzte.

Ein Typ im Anzug, der sich auf offener Straße übergab, war auch in der Großstadt eine Attraktion. Die Frau die mir entgegen kam, konnte sich nicht entscheiden, ob sie schockiert oder amüsiert sein sollte. Weiter würgend schleppte ich mich weiter und erreichte kurze Zeit später den Eingang des Parkhauses. Das liebe ich an meiner Stadt. Anonymität. In meinem Kaff wäre meine Aktion zum Ereignis des Jahres gewählt worden und hier hatte es niemand mitbekommen. Zumindest niemand, der mich kannte.

Das Leben in der Stadt ist vielseitig und abwechslungsreich. Allein die etlichen Angebote, die einem Tag ein Tag aus ins Haus flattern. In den Läden der Stadt konnte man sein Geld ohne größere Probleme los werden. Die zahlreichen Versuchungen lagen an jeder Ecke. Schon die Anzahl an hübschen Frauen die man sah, die rote Meile im Zentrum, die Cafés und Restaurants, Bars, Clubs und Discotheken, die unzähligen Spielhallen gaben Anlass zum Geld liegen lassen. Tja oder bei meinem Lieblingshobby, dem Falschparken, war die Kohle schneller weg, als ich sie überhaupt verdienen konnte. „Schon wieder ein Knöllchen?“, schrie ich entnervt in den Abendhimmel. „Jetzt reicht es. Morgen gehe ich in dieses Tiefbauamt und hole mir einen Anwohnerparkausweis!“
Als mir dieser Satz über die Lippen rollte, hatte ich immerhin fast 900 € für die Stadt gespendet um neue Parkplätze zu finanzieren, die wohl nie entstehen würden. Warum auch? Die Stadtkasse freute sich über die Einnahmen. Des einen Freud ist des anderen Leid.
Am nächsten Morgen lief ich durch die Innenstadt. Ich war bewaffnet mit meinem Ausweis und ausreichend Geld in der Tasche um mir endlich einen Anwohnerausweis zu besorgen. Die Situation würde dadurch nicht wesentlich besser werden, denn Angebot und Nachfrage lagen weit auseinander, aber erträglicher als ohne grünen Ausweis in der Frontscheibe in meinem Wagen würde es allemal sein.
Ämter aller Art mied ich so gut es ging. Nur in äußersten Notfällen besuchte ich sie und verschwand wieder schneller als ich gekommen war. Allein die Prozedur war für mich ein Graus. Endlos verschachtelte Gänge, ein Automat für die Warteschlange, der einen wirklich zum warten brachte, volle Wartesäle, unmotivierte Mitarbeiter und von Service an diesen Gebäuden hatte sicherlich noch nie jemand etwas gehört.
Erwartungsvoll drückte ich auf den Automaten und hoffte auf eine gute Nummer. 105. Na großartig?! Die Warteanzeige stand auf 78 und es waren nur zwei Schalter besetzt. Am liebsten wäre ich wieder gegangen und hätte die Wartemarke als Unikat bei Ebay verkauft. Aber ich blieb.
Stunden später sprang die Anzeige auf meine 105. Mies gelaunt vom warten marschierte ich ins Zimmer. Ein noch schlechter gelaunter Beamter blickte mich eine halbe Sekunde an und würgte sich ein „Hallo“ heraus. „Was kann ich für Sie tun?“, fragte er mich gequält.
„Ich brauche einen Anwohnerausweis.“
Reaktionslos starrte Herr Köhler an mir vorbei. Wie ein Halbtoter saß er in seinem Stuhl und holte langsam einen grünen Antrag aus einer Schublade. „Ausfüllen!“, forderte er emotionslos. Es waren so viele Felder, dass ich Ewigkeiten benötigte um diesen verdammten Ausweis zu beantragen. Erleichtert gab ich ihn zurück. In der Zwischenzeit hatte sich Herr Köhler mit seinem Zimmerkollegen über seine Kaffeegewohnheiten unterhalten, zum Einschlafen.
„Haben Sie sich das mit dem Ausweis auch gut überlegt? Immerhin kostet er 30 € im Jahr.“
„Das ist mir egal. Mein Vater ist reich.“, antwortete ich trotzig und fragte mich ob der Typ noch ganz dicht war.
Minuten später verließ ich zufrieden das Amt. Ich hatte es geschafft und wollte jetzt nur noch eines. Feiern.

Enspannt schlenderte ich zurück zu meiner Wohnung und fühlte mich riesig. Es war vollbracht. Plötzlich dachte ich an die süße Maus, die ich vor ein paar Tagen wieder in meinem Haus gesehen hatte. Sie gefiel mir unheimlich gut. Irgendwie faszinierte mich ihre Ausstrahlung. Ich glaube ich lade sie auf einen Drink ein falls ich sie jetzt treffe, überlegte ich. Wäre doch ein guter Start in mein neues Leben, dachte ich und lief glücklich durch meine Stadt.

 

Hallo enniway,
also ich weiß echt nicht recht, nach zweimal durchlesen bin ich der Sache zwar irgendwie auf die Spur gekommen, jedoch nicht ein einziger witziger Funke hat sich bei mir entflammt.

Du bist also in eine Stadt gezogen, hast dort versucht einen grünen Ausweis für das Anwohnerparken zu bekommen, den Du zum Schluss auch erhalten hast. Dann warst Du zufrieden und dachtest an einen Drink mit der jungen Dame, die Du vllt im Treppenhaus wiedersehen würdest.
Hmm ... keine Ahnung.

KaLima

 

Hallo enniway und ein herzliches Willkommen!

Nimms mir nicht übel, aber deine Geschichte ist nicht wirklich lustig. Eher eine alltägliche Geschichte, und zwar eine eher weniger spannende.
Du willst dich hier ein wenig über den hilflosen Jungen vom Land in der Großstadt und die Bürokratie lustig machen, beides ist viel zu harmlos und langatmig geschrieben.

Gerade sieben Tage in der Großstadt und schon über 100 € verparkt.
Am Ende waren es 900 €. :) Ein schlechter Übertreibungswitz.

Ich hasse Ämter. Schuld daran sind vor allem diese völlig übermotivierten Serviceliebhaber, die unkündbar vor sich her vegetieren und das Wort „Kunde“ noch nie im Zusammenhang mit ihrer täglichen Arbeit gehört haben.
Sich über das Beamtenmikado allgemein herzuziehen, macht noch keinen Witz. Eine konkrete Situation bringt da viel mehr. Später hast du zwar eine drin, aber ... ;)

50 km/h fährt niemand. Rechts überholen und dann wieder links Zentimeter vor einem Zusammenprall einscheren um doch noch die dunkelgelbe Ampel hinter sich zu lassen gehören zur Tagesordnung. Allgemein ticken Städter ganz anders als Leute vom Land, nicht nur im Verkehr.
Das würde ich eher anders sehen. Die Leutz vom Lande sind eher großzügiger, was die Auslegung der StVO angeht. :)

Naja, und der ganze Rest? Kotzende Leute und Aktionen á la versteckte Kamera usw. waren noch nie mein Humor.

Lass dich nicht unterkriegen.

Beste Grüße

Nothlia

 

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