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Viereinhalb Jahre Küken

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28.12.2020
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Viereinhalb Jahre Küken

D. Wir sehen uns das erste Mal außerhalb, in der Öffentlichkeit. Aus der Ferne erkenne ich in ihren blonden Haaren schon ein rotes Tuch, das sich in dem Blau ihrer Augen kontrastiert. Auch jetzt noch strahlt sie Zufriedenheit und Glücklichkeit aus, zieht die positiven Dinge des Lebens an, es gibt keinen Witz, über den sie nicht lachen würde, bei dem nicht das Blitzen in ihren eisblauen Augen und die kleinen Grübchen auf ihren Backen auftauchen würden.

Nach fast viereinhalb Jahren hat sie endlich zugestimmt, sich mit mir in der Öffentlichkeit alleine blicken zu lassen, nach Schulzeiten, in denen irgendwie alles zu kompliziert, zu komisch, zu befremdlich war.

Ich liebe sie, vor allem den Blick in ihre eisblauen Augen, in denen ich eine wundervolle Welt sehe, die ich gerne entdecken mag, ich will sie kennenlernen, alles an ihr, alles um sie, alles in ihr.

Und deshalb wird mir das wehtun, was ich jetzt gleich tun werde, aber es wird Dinge verbessern: sie anschreien, mit all dem aus den letzten viereinhalb Jahren, all meinen Gedanken, all meinen Gefühlen, all dem, was ich mir ausgemalt habe, all den ungelesenen Briefen, es werden viele Vorwürfe und sie entscheidet allein.

M. In meinem Kopf habe ich mir schon hunderte, wenn nicht sogar tausende von Malen ausgemalt, wie ich sie wiedertreffe. Aber bis zum Ende habe ich dann nie gedacht: was passiert, wenn ich sie wirklich wiedersehe. Es gab Tage, an denen ich besser ausgesehen habe: ungeschminkt, die Haarwäsche ist erst morgen wieder dran und der Oversize-Pulli musste natürlich heute Morgen auch noch aus dem Schrank gegriffen werden.

„Komm, wir fahren da lang, vielleicht treffen wir ja jemanden.“ Wir sind extra mit dem Fahrrad in den neuen Öko-Laden in der Stadt gefahren. Wir zwei fahren vorbei und gerade als rechts die Bude auftaucht, taucht sie links auf. Sie steht da, perfekt wie immer und unterhält sich. Und das ist der Moment, in dem bei mir alles vorbei ist, alles egal ist. Das Einzige, das zählt, ist, dass ich hier wegkomme. Mein Gehirn scheint auszusetzen, ich kann nichts mehr steuern. Wenn es den Urinstinkt der Flucht noch gibt, bei mir greift er in diesem Moment voll und ganz durch.

F. Johanne und ich, wir wohnen zusammen, in einer WG nach dem Abi in Frankreich. Die WG, das ist der Grund, warum wir zusammen wohnen. Aber kann sich aus dem einen Grund nicht auch noch ein zweiter entwickeln? Dieses Gefühl, das da ist, das ich sonst nur bei ihr hatte, was soll das sonst sein? Ein bisschen ähneln sie sich: beide blond, beide blaue Augen, beide nett, beide sympathisch, beide lachen viel. Aber dann sind sie doch unterschiedlich: Johanne ist super spontan, mir manchmal fast zu spontan, sie hält sich lieber an Pläne. Johanne ist verpeilt, sie hat immer einen Durchblick, oder wirkt zumindest so. Johanne hört nach zwei Mal Wimperntuschen schon auf und meint, sie sehe jetzt nuttig aus, sie liebt das Makeup und hat lange zu viel Rouge benutzt, und sie liebt getuschte Wimpern. Und Johanne ist einfach nicht sie und wird auch nie an sie rankommen. Und trotz all dem habe ich dieses komische, scheinbar unbändige Verlangen tief in mir drin, Johanne zu küssen, auch nur ein einziges Mal.

D. Technomusik läuft, der Bass dröhnt in meinen Ohren. Trotz allem fühle ich mich wohl, kann loslassen, mich selber spüren, frei sein. Er ist dort drüben, mit seinen Freunden, unsere Blicke treffen sich, ich tanze mich durch die sich im Takt bewegende Menge, um näher an ihn heran zu kommen. Er sieht mich, schenkt mir ein Lächeln, geht weg, um Getränke zu holen, für andere. Ich tanze einfach weiter, ich selbst, wimmle Männer ab, von denen ich nichts möchte, merke, wie ich mich verändert habe, weiß, was ich möchte und das auch zeige, klarstelle, das erste Mal. Ich sehe ihn wieder, tanze mich wieder durch, in seine Nähe. Blickkontakt kommt wieder auf, in mir selber ein Gefühl von Lebendigkeit. Irgendwann dann habe ich es geschafft, ihn mit meinem Blick zu mir geholt, er tanzt mich an, scheint mich zu umwerben. Mit der Zeit habe ich herausbekommen, was ich tun muss, damit sie mich küssen: ihnen tief in die Augen schauen und gleich danach sehnsüchtig auf die Lippen. Und auch hier findet sie Anklang, meine Taktik, die Folge sind lange, innige, sehnsüchtige Küsse, an die ich mich noch Monate später zurückerinnern werde. Solche, bei denen sich die Zungen langsam ineinander verknoten, sanft, leidenschaftlich, die Lippen werden mit den Zähnen fixiert. Unsere Körper passen sich einander an, meine Hände verschränken sich in seinem Nacken, seine Hände halten meine Taille, wandern weiter runter, aber es ist das erste Mal wirklich okay. Unsere Körper schmiegen sich immer enger aneinander, auch unsere Hüften bewegen sich gleich, ich spüre, wie er mich will und ich will nichts mehr als das.

Es ist das erste Mal, dass ich ihr gegenüber kein schlechtes Gewissen habe, keine Schuldgefühle, keine Rache-Gedanken, sondern ich habe es für mich getan.

D. Seitdem ich in Frankreich bin, habe ich meinen Bruder nicht mehr gesehen. Heute, in Paris, treffen wir uns wieder. Nicht nur ihn, sondern auch sie werde ich wiedersehen, das erste Mal, seitdem sie mir ihre Hand gegeben hat. Es gibt Momente, in denen meine Emotionen mich so überrollen, dass sie ich sind, statt mir selber, und in diesem Moment ist es die Nervosität. Und nicht nur wegen meines Bruders.

Die Begegnung zwischen ihr und mir verläuft komisch. Da sind die ganzen Schüler, die mich alle anstarren und sie umarmt mich, so nah waren wir uns in drei Jahren noch nie.

Unsere Dreier-Gruppe geht weg, über die Brücke, wir streben aber das gleiche Ziel wie die anderen an, und dann kommt man auch über unterschiedliche Wege sehr schwer aneinander vorbei. Deshalb sehe ich sie also wieder. Johanne ist auch dabei in unserer Dreier-Gruppe, und sie versteht langsam, aber sicher, warum ich sie so gerne mag.

A. Je mehr Zeit vergeht, desto sicherer werde ich, dass das keine gute Idee war. Jedes einzelne Mal war keine gute Idee, aber dieses Mal besonders. Sie hat etwas in der Hand, etwas von mir, sie kann es verbrennen, aufheben, es Menschen zeigen, es veröffentlichen, sie alleine kann entscheiden, was sie damit macht. Und das macht mir Angst.

M. Im Raum sitzen ausschließlich wartende Menschen, ich auch. Und ich bin nervös wie noch nie zuvor in meinen 18 Jahren Leben. Irgendwann holt sie mich ab, wir gehen in einen anderen Raum, ich stelle meine Tasche ab, wir gehen in einen nächsten Raum. Die Anspannung in mir drin sinkt aber mit keiner Sekunde, sondern steigt noch mehr, in einen fast unaushaltbaren Bereich.

Sie fällt in dem Moment von mir ab, als ich aus dem Raum gehe, ersetzt durch Erleichterung. Egal, was jetzt dabei rausgekommen ist, es ist vorbei und das alleine bedeutet mir super viel.

Wieder zurück im Warteraum steigen meine Selbstzweifel. Dort waren super viele Menschen, mein Französisch ist nicht super gut – auch, wenn sie das immer behauptet – und es war das erste Mal, dass ich so eine Situation hinter mich bringen musste. Die erste Situation, in der es um so viel ging, weil jetzt ein neuer Lebensabschnitt beginnt.

Nach einer halben Ewigkeit werde ich aufgerufen, mir wird gesagt, ich solle jetzt nicht laut losschreien. Aber alles, was ich möchte ist, den Tränen, die langsam in meinen Augen aufsteigen, freien Lauf zu lassen, einfach, weil ich die Situation doch ganz gut überstanden habe, ein kleines bisschen stolz bin ich schon. Und deshalb nehme ich die Berührung mit ihr auch nur wie im Traum wahr, als sie mir ihre Hand gibt. Die Hand, die ich so weich vermutet habe und die plötzlich ganz rau von innen ist.

A. Es ist meine letzte Schulwoche, da tut jeder das, was er will, oder das, was alle tun, und eher nicht das, was die Lehrer vorschlagen. Ich will Alkohol trinken, sollte aber meine Hausaufgaben vorbereiten. Ebendiese habe ich am Vorabend im Bett gemacht mit dem Hintergedanken: ach, ein paar Mini-Stichpunkte reichen, das wirst du improvisiert bekommen. Dann kam der Alkohol, der meiner Improvisierung einen großen schwarzen Strich durch die Rechnung zog. So saß ich also in meiner letzten Unterrichtsstunde und musste meinen Vortrag halten, über den sie nur schmunzeln konnte.

M. Langsam ziehe ich mich aus, für ihn habe ich heute extra die schöne Unterwäsche angezogen. Und auch das Abendessen war gut vorbereitet, ich habe extra die schönen Servietten genommen und für die Romantik auch Kerzen auf den Tisch gestellt. Aber wie so häufig ist er nicht gekommen und wie so häufig habe ich alleine gegessen, die Reste in eine Tupper-Box gelegt und weiß, dass er diese Box am nächsten Tag aus dem Kühlschrank nehmen, auf der Arbeit davon essen und keinen Ton darüber verlieren wird.

Statt dem romantischen Date liegen meine Dessous und ich also im Bett, die Dessous, die ich eigens für ihn gekauft habe. Und ich fange an nachzudenken, darüber, wie wenig er da ist, darüber, wie spät er nach Hause kommt, darüber, wie schlecht ich mich oft fühle, wartend, darüber, wie mein Herz dann doch aufflammt, wenn er durch die Tür kommt., darüber, wie wir oft gemeinsam lachen, über unsere Urlaube; wie er immer von der Arbeit erzählt; wie ich von den ganzen Kindern erzähle; wie er darüber lacht und dann doch lieber über das kurze Kleid der neuen Kollegin redet; wie viel Spaß mir die Arbeit macht; wie ich auf der Arbeit noch besser werden kann, noch mehr erreichen kann; ob ich manchmal doch zu streng bin; ob ich genug Vorbild bin; dass ich auch zu nett sein kann; wie sie sich mir vor einiger Zeit anvertraut hat.

D. Einfachste Dinge fallen mir schwer: ihr in die Augen zu schauen, mich in ihre Richtung zu drehen, nicht zu grinsen, nicht zu hibbelig zu sein, mich selbst im Griff zu haben.

Alkohol ist in Frankreich ab 18, trotzdem und vielleicht auch gerade deshalb gehen wir in den Supermarkt und kaufen uns eine Flasche Wein. Aber keinen Korkenzieher, so weit reichen unsere aufgeregten, pubertierenden Gehirne nicht. Nach einer halben Stunde harter Arbeit mit einer Zahnbürste ist der Korken dann doch in der Flasche versenkt und der Ort des Geschehens sieht aus wie ein Schlachtfeld, ein dunkelrotes Schlachtfeld. Und zwei Gläser Wein später halte ich es für eine gute Idee, ihr zu sagen, dass ich ihr nicht in die Augen schauen kann, dass ich mich nicht in ihre Richtung drehen kann, dass ich nur noch grinse und hibbelig bin, dass ich mit mir selbst nicht umgehen kann, mit ihr nicht umgehen kann. Nachdem die Überwindung doch mehr gekostet hat als ich anfangs dachte, klopfe ich an ihr Zimmer und frage, ob wir doch nochmal reden können. Sie dachte, nach dem ersten Mal reden sei alles besser geworden. Ich konnte mich mehr entfalten, ja, das ist damals besser geworden. Aber aus irgendwelchen Gründen habe ich mich damals in die falsche Richtung entfaltet und habe Angst, diesen Fehler immer und immer wieder zu begehen. Aber im Prinzip kann sie daran nichts ändern. Während ich so dastehe, frage ich mich immer mehr, was ich hier eigentlich will. Reden, ihre Aufmerksamkeit. Aber sie erkennt das, was ich tief in mir ahne: das ist nicht gut und macht keine Situation besser. Deshalb geht sie am nächsten Tag auch genauso mit mir um wie immer – sie kümmert sich nicht um mich.

M. Sie hat viele weiße Shirts - von FILA – bei dem ich lange dachte, es heißt fils - einfach nur weiß, adidas, mit einer Paris-Skyline, eins von Stranger Things ist auch dabei – die sie oft mit einem Blazer und einer Jeans kombiniert. Und heute war da ein neues T-Shirt: weiß mit einer Regenbogen-Schrift. Sie weiß von mir, Dinge über mich, weiß, dass sie mich heute sehen würde und zieht dieses weißes Shirt mit der Regenbogen-Schrift an. Isrt das eine Art von ich-unterstütze-Dich oder eher eine Art von ich-schaue-mal-wie-du-reagierst? Auch heute habe ich die Antwort noch nicht gefunden.

J. Wenn ich nach Hause komme schweift mein erster Blick über die parkenden Autos, am liebsten würde ich eine Runde um den Block gehen, um sicher zu gehen, dass sie nicht da ist. Aber dann würden meine ständigen Paranoia jemandem auffallen, also gehe ich keine Runde um den Block. Dafür stelle ich drinnen sicher, dass sie nicht in der Küche sitzt und sich mit meiner Mutter unterhält.

Wenn ich in der Shopping Mall bin, schaue ich aufmerksam, ob blonde Menschen an mir vorbeilaufen, ob sie unter ihnen sein könnte. Wenn ich mit meinen Eltern im Urlaub in Italien bin, checke ich die Nummernschilder der Autos, die das Modell des ihren haben. In Venedig mit einer Bekannten vermute ich sie hinter jeder Ecke, in jedem Museum und jedem Restaurant. In Metzt denke ich, sie würde über die Einkaufsstraße laufen, weil sie weiß, dass ich in der Nähe von Metz bin. Im Altenheim denke ich, ich würde ihr irgendwann von all dem erzählen, was ich hier tue und müsse es deshalb so tun, wie es ihr gefallen würde.

In dem Moment, in dem ich meine Gedanken ausspreche, merke ich, wie irrational sie sind, jeder weiß das, jeder hätte Angst vor diesen Situationen und jeder fände sie schrecklich. Aber jeder weiß, wie irrational sie sind, ich auch, nur mein Bauch nicht.

A. Im Raum sind nur noch die neun übriggebliebenen, uns werden Rollenkarten gegeben, aber nicht einfach wahllos verteilt, nein, mit System. Eine Freundin bekommt einen Sozialarbeiter, jemand anderes einen Künstler, und ich bekomme ihren Namen mit einem Alter, das stimmen kann. Ich bin so perplex, dass ich fast kein Wort rausbringe, obwohl ich sonst etwas zu allem beitrage. Perplex und wütend, warum geht in meinem Kopf umher und auch viereinhalb Jahre später habe ich die Antwort noch nicht gefunden.

J. Können wir mal reden? Schon mit Tränen in den Augen stehe ich vor ihr, sie schließt die Türe und fragt, was los sei. Ich versuche, es ihr zu erklären, meine Gefühle, die ich selbst nicht so ganz verstehen kann, nicht begreifen kann. Mit einem kleinen Witz lacht sie ein bisschen darüber, versucht, die Situation nicht ganz komisch werden zu lassen, zeigt mir auch, dass sie mich verstehen kann und trotzdem selber erstmal keinen Weg kennt, damit umzugehen.

Als wir später nochmal darüber reden, fühle ich mich wie ein kleines Küken, das ich selber durch Selbstbewusstsein und Stärke nach außen hin beschütze. Wir reden über das Thema als solches, sie zeigt mir, was ich machen kann, auch mit meinen Gefühlen, wie ich sie verstehen und begreifen kann. Sie kümmert sich, macht sich Sorgen und allein das ist schon mehr als manch andere tun. Und das erste Mal verstehe ich, warum die Engländer „to fall in love“ sagen: man kann immer noch ein kleines Stückchen tiefer fallen, auch, wenn man dachte, dass das nicht geht.


F. Nach fünf Monaten bin ich plötzlich wieder da, in meinem früheren Leben, fast alles in diesem Leben ist gleich, nur ich nicht. Und als sie plötzlich noch weiß, wer ich bin, oder zumindest meinen Namen, falle ich, und ich verstehe zunächst nicht, wohin. Und ich frage mich viel, wohin ich da eigentlich gefallen bin, von wo aus und wo’s hingeht und was das in meinem Bauch ist. Ich darf das nicht, sie ist 14 Jahre älter als ich, sie ist sie und sie darf das nicht. Also darf ich auch nicht fallen, ich muss da wieder rauskommen, hochklettern, nicht nach unten schauen, dem nicht nachgehen.

A. Wir sehen uns das erste Mal vor dem Unterricht. In ihren blonden Haaren erkenne ich aus der Ferne schon ein rotes Tuch, das sich in dem Blau ihrer Augen kontrastiert. Sie strahlt Zufriedenheit und Glücklichkeit aus, zieht die positiven Dinge des Lebens an, es gibt keinen Witz, über den sie nicht lachen würde, bei dem nicht das Blitzen in ihren eisblauen Augen und die kleinen Grübchen auf ihren Backen auftauchen würde.

Als sie angekommen ist, warten bereits alle Schüler vor dem Raum, und sie schließt die Türe auf.

 

Moin, moin @jul.e

herzlich willkommen bei den Wortkriegern, wirklich schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast.
Vielleicht ist es einfach noch zu früh, aber mir fiel es wirklich schwer, Deine Geschichte zu lesen. Ich möchte Dir aber eine ganz subjektiven Leseeindruck da lassen. Generell sehe ich da richtig Potential bei Dir, viele schöne Sätze, eine Grundidee und Lust am Schreiben - tolle Voraussetzungen.
Ich hangle mich mal an Zitaten durch die Geschichte. Hinsichtlich Rechtschreibung und Grammatik bin ich leider eine Null, da kann ich nichts zu sagen. Ab und an erscheint mir der Satzbau seltsam.

Viereinhalb Jahre Küken
Mich hat der Titel gelockt - was mag sich dahinter verbergen? Da ich die zweite Hälfte nur noch überflogen habe, bin ich mir seiner noch nicht sicher.

D. Wir sehen uns das erste Mal außerhalb, in der Öffentlichkeit.
Das D. und die folgenden Anfangsbuchstaben sind denke ich mein Hauptproblem. Du wirst jetzt den Kopf schütteln, denn immerhin lässt Du mich hier in die intimsten Gedanken und Gefühle Deiner Prots schauen, zeigst mir eine verfahrene und für die Beteiligten sehr schwierige Situation und ich mag keine Buchstaben? Als Leserin möchte ich in die Welt einer Geschichte eintauchen, dabei sein, es mit fühlen. Aber was soll ich mir unter D. oder M. vorstellen? Ja, Du versuchst Geschlecht und Rolle zu verheimlichen, aber so bin ich zu weit weg, für die doch sehr wichtige Nähe. Ich kann nicht mitfühlen.

Auch jetzt noch strahlt sie Zufriedenheit und Glücklichkeit aus, zieht die positiven Dinge des Lebens an, es gibt keinen Witz, über den sie nicht lachen würde, bei dem nicht das Blitzen in ihren eisblauen Augen und die kleinen Grübchen auf ihren Backen auftauchen würden.
Da ist gerade im Einstieg unheimlich viel Behauptung. Während Du nachher tolle Charackterisierung über Detail, über Zeigen von Besonderheiten machst, muss ich das hier als Leserin so akzeptieren.

vor allem den Blick in ihre eisblauen Augen,
Dreimal blau, zweimal eisblau, ist zuviel des Guten. In meinem Empfinden wird der Schwerpunkt zusehr auf Äußeres Merkmale gelegt, das ist mir als Auslöser zu oberflächlich. Aber okay, in Hinblick aufs Alter der Prots.

Und deshalb wird mir das wehtun, was ich jetzt gleich tun werde, aber es wird Dinge verbessern: sie anschreien, mit all dem aus den letzten viereinhalb Jahren, all meinen Gedanken, all meinen Gefühlen, all dem, was ich mir ausgemalt habe, all den ungelesenen Briefen, es werden viele Vorwürfe und sie entscheidet allein.
Ja, Du schaffst hier "Spannung" oder eher Neugierde, wie das alles zusammenhängt, aber ich kann die Belastung der Situation nur erahnen.

Es gab Tage, an denen ich besser ausgesehen habe: ungeschminkt, die Haarwäsche ist erst morgen wieder dran und der Oversize-Pulli musste natürlich heute Morgen auch noch aus dem Schrank gegriffen werden.
Schöne Charakterisierung, auch wenn ich hier lese, dass sie wie beschrieben besser aussieht als heute.

Wir zwei fahren vorbei und gerade als rechts die Bude auftaucht, taucht sie links auf.
Das ist unfreiwillig komisch. Ich denke, das Wort auftauchen ist hier nicht sinnvoll, schon gar nicht als Dopplung. Versuche es anders zu beschreiben, denke mal in Richtung Film. Was würde die Kamera einfangen? Un din welcher Reihenfolge ...

Sie steht da, perfekt wie immer und unterhält sich. Und das ist der Moment, in dem bei mir alles vorbei ist, alles egal ist. Das Einzige, das zählt, ist, dass ich hier wegkomme. Mein Gehirn scheint auszusetzen, ich kann nichts mehr steuern. Wenn es den Urinstinkt der Flucht noch gibt, bei mir greift er in diesem Moment voll und ganz durch.
Hier denke ich tatsächlich, es ist zu früh für stressige Liebesgeschichten. Ich kann dem/der Protagonisten nicht folgen. Warum? Klar, kann ich es mr irgendwo denken, aber warum muss ichmir das zusammenpuzzeln? Andersrum, ich finde es super, wie szenisch Du schon schreibst, ich versuche also später nochmal einen zweiten Lesedurchgang.

O ist super spontan, mir manchmal fast zu spontan, sie hält sich lieber an Pläne. O ist verpeilt, sie hat immer einen Durchblick, oder wirkt zumindest so. O hört nach zwei Mal Wimperntuschen schon auf und meint, sie sehe jetzt nuttig aus, sie liebt das Makeup und hat lange zu viel Rouge benutzt, und sie liebt getuschte Wimpern. Und O ist einfach nicht sie und wird auch nie an sie rankommen. Und trotz all dem habe ich dieses komische, scheinbar unbändige Verlangen tief in mir drin, O zu küssen, auch nur ein einziges Mal.
Hier bin ich dicht dran, da sind shcöne Stellen, wundebare Beobachtungen. Wenn nur die doofen Anfangsbuchstaben nicht wären. Für mich, ganz subjektivm fühlt sich da slieblos an. Du magst Deine Prots nicht genügend, um Ihnen mehr Individualität zu geben. Ich überlege die ganze Zeit, ob man auch ohne Namen klarkäme? Theoretisch über Sprache, Körpermerkmale oder ähnliches. Aber extrem schwierig, also ich traue es mit nicht zu.

Ab hier habe ich nur noch gescrollt und quergelesen ...

Mich würde sehr interessieren was Deine Prämisse, Dein Grund, dies so zu schreiben war. Ich will jetzt hier nicht zuviel Spoilern, viele von uns neigen dazu, erst die Komentare zu lesen ...
Was möchtest Du erzählen - denn ich fühle ja durchaus etwas beim Lesen, aber ob es in die Richtunggeht, die Du erziehlen wolltest ...

Liebe/r Jul.e, ich bin gespannt, was von Dir noch kommt
Beste Wünsche
witch

PS es bringt super viel, andere Geschichten zu lesen und zu kommentieren - und lockt andere Autoren zu Deiner Geschichte

 

Hi @greenwitch ,
vielen lieben Dank für Deinen Kommentar :)

Mich hat der Titel gelockt - was mag sich dahinter verbergen? Da ich die zweite Hälfte nur noch überflogen habe, bin ich mir seiner noch nicht sicher.
Schön, dass Dir der Titel gefällt. Er sollte sich eigentlich in der zweiten Hälfte klären, dort beschreibt die Protagonistin, dass sie sich ein Mal wie ein Küken fühlt.

Das D. und die folgenden Anfangsbuchstaben sind denke ich mein Hauptproblem. Du wirst jetzt den Kopf schütteln, denn immerhin lässt Du mich hier in die intimsten Gedanken und Gefühle Deiner Prots schauen, zeigst mir eine verfahrene und für die Beteiligten sehr schwierige Situation und ich mag keine Buchstaben? Als Leserin möchte ich in die Welt einer Geschichte eintauchen, dabei sein, es mit fühlen. Aber was soll ich mir unter D. oder M. vorstellen? Ja, Du versuchst Geschlecht und Rolle zu verheimlichen, aber so bin ich zu weit weg, für die doch sehr wichtige Nähe. Ich kann nicht mitfühlen.
Über die Buchstaben habe ich vorher auch sehr viel nachgedacht, wie ich sie schlussendlich schreiben soll. Sie stellen Monate dar, da sich die Situationen in verschiedenen Monaten abspielen. Die Kurzgeschichte ist quasi von hinten nach vorne aufgebaut, das wollte ich irgendwie verdeutlichen, aber gleichzeitig auch nicht zu viel vorwegnehmen. Aber ich werde dann auf jeden Fall nochmal drüber nachdenken, was ich stattdessen schreiben kann.

Da ist gerade im Einstieg unheimlich viel Behauptung. Während Du nachher tolle Charackterisierung über Detail, über Zeigen von Besonderheiten machst, muss ich das hier als Leserin so akzeptieren.
Dreimal blau, zweimal eisblau, ist zuviel des Guten. In meinem Empfinden wird der Schwerpunkt zusehr auf Äußeres Merkmale gelegt, das ist mir als Auslöser zu oberflächlich.
Werde ich beides nochmal überarbeiten, danke für die Anmerkung :)

Ja, Du schaffst hier "Spannung" oder eher Neugierde, wie das alles zusammenhängt, aber ich kann die Belastung der Situation nur erahnen.
Da die Kurzgeschichte ja rückwärts aufgebaut ist, soll der Leser hier die Situation nur erahnen und sie sich dann am Ende erschließen können. Vielleicht sollte ich aber nochmal über den Gesamtaufbau nachdenken...

Das ist unfreiwillig komisch. Ich denke, das Wort auftauchen ist hier nicht sinnvoll, schon gar nicht als Dopplung. Versuche es anders zu beschreiben, denke mal in Richtung Film. Was würde die Kamera einfangen? Un din welcher Reihenfolge ...
Danke, das ist ein guter Tipp :)

Wenn nur die doofen Anfangsbuchstaben nicht wären.
Das O werde ich jetzt gleich direkt in einen Namen ändern, ich wollte der Person hier nicht allzu viel Raum geben, aber ohne Namen ist es zu kompliziert.

Mich würde sehr interessieren was Deine Prämisse, Dein Grund, dies so zu schreiben war.
Schwer zu sagen, warum ich das im Endeffekt so geschrieben habe.. ich glaube, ich wollte dadurch Spannung aufbauen und die Pointe dadurch erzielen, dass erst am Ende klar wird, wer "sie" ist.
Die Kurzgeschichte hat im Endeffekt auch keine Intention, sondern soll einfach nur die Geschichte der Protagonistin erzählen.

Vielen Dank auf jeden Fall für Dein Feedback, ich werde mich gleich morgen an die Punkte setzen, die Du gesagt hast.

Liebe Grüße und einen guten Rutsch :)

 

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