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Vollmondnacht
Der einzige Weg zur nächst größeren Stadt verläuft durch Mühlsdorf, einem kleinen Dorf auf dem Lande. Neben der Hauptstraße gibt es in Mühlerhausen nur 3 Nebenstraßen (mal abgesehen von ein paar Chausseen), die sich dann wiederum in kleinen Gässchen verzweigen. Es ist ein sehr kleines Dorf mit netten und nicht so netten Bewohnern, wie sie jedes kleine Dorf auf dem Land hervorbringt. Bei Tag herrscht in Mühlsdorf reger verkehr, ab und zu sieht man ein verliebtes Paar auf dem Bürgersteig entlang träumen und alte Frauen mit ihren Körben zum nächsten Lädchen watscheln.
*
Bei Nacht allerdings wirkt das Dorf wie ausgestorben. Das Licht der wenigen Laternen dort wird fast vollkommen von der Dunkelheit unterdrückt, die kleinen Gässchen vermitteln einen unheimlichen und bedrohlichen Eindruck. Nur manchmal erhellt das Licht der Scheinwerfer vorbeifahrender Autos das Dunkel für einige wenige Sekunden, in denen sich diabolische Schattenfiguren über die Stadt erheben.
*
Es war eine klare Vollmondnacht, als die zwei Gestalten mitten auf der Straße Hand in Hand im Dunkel entlang trotteten. Ihre Namen waren Anna Stahl und Ben Lenzen. Die Sechzehnjährige Anna hatte langes, blondes Haar, dass leicht mit dem Wind wehte. Bens schwarzes Haar verschmolz mit der dunklen Nacht. Er trug einen weißen Pulli auf dem rote Spritzer, die noch nicht ganz eingetrocknet zu sein schienen, zu sehen waren. Er war 2 Jahre älter als Anna. Keiner der Beide sagten ein Wort. Ihre Gesichter waren leichenblass.
‚Bens Vorschlag’, dachte Anna. ‚Es war Bens Vorschlag gewesen. Nicht so feige sein und einfach mitkommen. Bis auf Nick. Alle gingen wir rein. Aber Nick blieb draußen. Nicht geheuer, hatte Nick gesagt. Oh Nick, warum haben wir nicht auf dich gehört? Wir hätten auf dich hören sollen, Nick. Wir hätten auf dich hören sollen.’
*
‚Kommt schon Leute, dass ist ne ganz blöde Idee.’ Nick sah sich Hilfe suchend um. ‚Bist ja nur zu feige, Nickiboy. Hast Angst vor den Geistern die darin spuken sollen.’ Ben sah ihn grinsend an. ‚Ich glaube nicht an Geister, und das weißt du genau.’ Nick erwiderte Bens Blick wütend. ‚Aber was ist wenn da irgendwelche pädophile Penner drinnen leben die nur auf frisches Fleisch wie unsres warten?!’ Die anderen mussten lachen. Nick war schon von Anfang an gegen Bens Vorschlag gewesen. ‚Geh doch Heim und verkriech dich ihn dein Zimmer und les eines deiner blöden Bücher wenn du zu feige bist. Vielleicht liest dir deine Mutter ja eine Gutenachtgeschichte vor bevor du ins Bett musst. Ben stellte sich herausfordernd grinsend vor Nick auf. ‚Halts Maul oder…’, fing Nick an, doch Anna schnitt ihm das Wort ab. ‚Das reicht jetzt, Jungs. Lass Nick doch wenn er nicht will, Ben. Soll er halt draußen warten bis wir wieder zurück sind.’ Ben sah die hübsche Anna empört an, dann fasste er sich und lächelt. ‚Okay. Dann wartest du halt draußen Nick und wir vier gehen kurz rein und gucken uns einwenig um und kommen dann wieder so schnell wie möglich raus noch bevor irgendwelche pädophile Penner sich an uns oder dich vergreifen können. Ja, allerliebster Nick?’ Man hörte die Verachtung deutlich aus Bens aufgesetzter Stimme heraus. Mit ‚wir vier’ waren Anna, Kai, Johannes (16 und 17 Jahre alt) und er gemeint. Nick schaute ihn grimmig an. Er erwiderte nichts.
*
Die fünf Freunde standen etwas abseits des Dorfes vor einem alten, verlassenen Bauernhof. Die Dörfler mieden dieses Herrenlose Grundstück, obwohl nur die Wenigsten glaubten, dass es dort spukt. Allerdings brennt ab und zu Licht in einem der Zimmer und einige Bewohner (meist die Trunkenbolde des Dorfes) behaupten sogar, in der Nacht seltsame Schreie aus dem Haus gehört zu haben. An diesem frühen Abend jedenfalls war es fast schon beängstigend ruhig um den alten Bauernhof.
*
‚Also gut, Leute, lasst uns gehen.’ Ben schaute die drei auffordernd an. Die Sonne verschwand gerade hinter dem Horizont, als die vier ihre kleine Mutprobe angehen wollten. ‚Ben, ich weiß nicht. Vielleicht…’, fing Kai an. ‚Was, machst du jetzt auch noch en Rückzieher, Kai?’ Ben schaute ihn wütend an. Kai überlegte kurz, dann sagte er so leise, dass es einem Flüstern nahe kam: ‚Nein, nein ist, ist schon gut.’ Sie gingen Richtung Türe. Kai blieb noch einen Moment zurück. ‚Was ist Kai, kommst du jetzt?’ fragte Anna ihn. Kai überlegte es sich erst noch kurz, dann lief er den anderen hinterher. Nick schaute ihnen nach bis sie das Haus betreten hatten, dann ging er ein paar Schritte bis zu einer Scheune gegenüber dem Haus und lehnte sich dort gegen die hölzerne Außenwand.
*
Die Tür fiel knatternd auf. Die vier Freunde betraten den Flur des Hauses. Vor Ihnen lag eine nach Oben führende Treppe. ‚Anna, du und Johannes seht euch hier unten um, Kai und ich uns Oben, okay?’ Alle nickten einstimmend.
Ben und Kai gingen langsam die morsche Treppe hinauf. Oben angekommen standen sie vor drei geschlossenen Türen, eine ungefähr zwei Meter vor ihnen, die anderen jeweils rechts und links der Treppe. ‚Nehmen wir diese.’ Ben zeigte auf die Türe ganz rechts. Kai nickte nur. Sie betraten das Zimmer hinter der Türe. Es war ein kleiner Raum, an der Wand standen Schränke, voll gepackt mit Werkzeug und Gartenutensilien. Der Rest des Raumes war leer, bis auf einen Hammer und einer halb vollen Packung Nägel, die mitten im Raum auf dem hölzernen Boden lagen. Die zwei Jungen näherten sich dieser Stelle. ‚Das ist ja seltsam’, sagte Ben, ‚Guck mal der Boden neben dem Hammer, der sieht aus wie ne Falltür.’ Tatsächlich hob sich dieses Bodenbrett etwas von den anderen ab, so als ob man ihn schon des Öfteren herausgehoben hatte. Außerdem war das Brett übersäht mit Nagelköpfen, die irgendjemand mal dort, wohl zum Spaß, hinein geschlagen haben musste. ‚Komm, wir versuchen das Brett rauszubekommen um zu erfahren was drunter ist’, schlug Ben vor. ‚Mach doch was du willst, ich jedenfalls will hier nur so schnell wie möglich wieder raus.’ Kai sah zur Tür hinüber. ‚Dann warte im Flur auf mich, ich komm sofort’, sagte Ben enttäuscht und hing noch ein ‚Langweiler’ an.
*
Anna und Johannes standen in der Küche. An den Wänden standen einige Schränke und ein altes Waschbecken. Schimmel hatte sich hier breit gemacht. Über dem Becken war auf Brusthöhe ein kleines Fenster angebracht, das direkt auf die Scheune zeigte. Rechts von den beiden war eine kastanienbraune, geschlossene Tür. Johannes trat neugierig zu einem der Schränke hinüber. Er war gerade dabei ihn zu öffnen, als Anna meinte: ‚Komm, wir sehn uns mal im Zimmer dort um!’ Sie zeigte auf die kastanienbraune Tür. Johannes ließ die Schranktür wieder los und trat einen Schritt Richtung Tür. Plötzlich spaltete die Spitze einer herabfallenden Axt mit einem dumpfen Knall den Boden an der Stelle, wo er vor ein paar Sekunden noch gestanden hatte. ‚Scheiße!' Johannes taumelte erschrocken zurück und lies sich auf seinen Hosenboden fallen. Sein Gesicht hatte eine Farbe angenommen, als müsse er sich jeden Moment übergeben. ‚Vermutlich lag die oben auf dem Schrank und ist abgerutscht, als du an der Schranktür gezogen hast’, meinte Anna nur. Doch auch aus dem Gesicht der immercoolen Anna war die Farbe merklich gewichen. ‚Wenn du’s sagst.’ Johannes sah zweifelnd hoch zum Kopf des Schrankes und dann wieder zurück zur Axt.
*
Sie betraten das Nebenzimmer. Hier war die Decke noch tiefer als im Rest des Hauses, sodass die Haare des viel zu großen Johannes diese streiften. Links der Tür strahlte der gerade aufgegangene Vollmond durch ein großes Fenster. Alle Möbel in dem Raum waren, wohl von irgendwelchen Herumtreibern, zu Kleinholz zerhauen worden. Ein vermoderter Vorhang verdeckte am Ende des Zimmers einen weiteren Raum. Schimmel wuchs die Wände entlang. ‚Sie dir das mal an!’ Johannes ging ein paar Schritte in den Raum hinein. Direkt vor ihm ragten lauter lange Nagelspitzen aus einem Teil der Decke. ‚Was für Typen hier wohl gelebt haben müssen!?’
In diesem Moment gab es ein lautes Getrampel über ihnen.
*
Ben versuchte es anzuziehen. Doch das Bodenbrett bewegte sich kein Stück. ‚Na gut, dann halt auf die harte Tour.’ Er stand auf und sprang so fest er konnte auf das Brett drauf. Nichts. Er versuchte es Nochmals. Wieder gab das Brett nicht nach. ‚Dann halt nicht’ Ben stapfte enttäuscht aus dem Zimmer. Kai war nicht mehr da. ‚Mhh, die feige Sau ist wohl schon runter.’ Er stapfte die knarrende Treppe hinunter ohne die offene Tür gegenüber der Treppe und dem, was aus ihr herausragte, zu bemerken.
Als er auf eine Stufe in der Mitte der morschen Treppe trat, zerbrach diese unter ihm.
*
Johannes schob den feuchten Vorhang beiseite. Vor ihm lag ein kleiner, leerer Raum, der wohl mal als Ablageschrank gedient hatte. Die Decke ging Stufenartig nach innen. Johannes vermutete, dass die Treppe auf der anderen Seite sein muss. Der Putz rieselte von der Decke. Ein Wunderte, dass sie nicht schon längst eingekracht war. Da sah er etwas Glänzendes in der Ecke liegen. Er bückte sich danach und hob das Messer auf. Noch während er sich wieder aufbeugte, beäugelte er es. ‚Ist das etwa Blut an der Spitze?’ Während er diesen Gedanken zu Ende dachte, krachte genau über ihm etwas durch die Decke.
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Bens Bein schoss genau über Johannes Kopf aus der Decke. Hätte Johannes nicht schnell genug reagiert, hätte Bens Bein ihm den Kopf geradewegs in die Klinge des Messers getreten. Das Bein baumelte zappelnd aus der eingestürzten Stelle an der Decke. ‚Hilfe, ich steck hier fest’, rief er. Seine Stimme hörte sich ungewohnt ängstlich an. ‚Wir kommen, bleib ganz ruhig’, rief Anna zurück. Sie und Johannes liefen aus dem Zimmer raus in die Küche. Johannes, dem die grade wieder zurück gewonnene Farbe seines Gesichtes durch die Begegnung mit dem Messer wieder entschwunden war, nahm durch die Hektik nicht wahr, dass die Axt von vorhin nicht mehr an ihrem Platz steckte.
*
Nick wollte sich etwas niedersetzen und ließ sich an der Scheune hinabsinken. Beinnahe wäre er nicht mehr hoch gekommen, als er spürte, wie etwas spitzes sich in sein Gesäß Bohrte. Gerade noch so konnte er sich wieder aufraffen. Er sah die verbogene Mistgabel, die ihn grade beinah ein paar nette löchert zugefügt hätte, nicht wirklich erfreut an. Er glitt mit der Hand über die Spitzen. Irgendjemand hatte die Gabel extrem angeschärft, wie an der frischen, kleinen Schnittwunde an seiner Hand unschwer zu erkennen war. ‚Puh, das Ding hätte beinah meinen Arsch durchbohrt.’ Er sah gen Himmel. Die Dunkelheit hatte sich ohne Vorwarnung über ihn erhoben. Dies und die zwar leisen, aber trotzdem hörbaren Geräusche aus dem inneren des Hauses machten ihn nervös. ‚Vielleicht sollte ich mal hineingehen und nach den anderen sehen.’ Noch während er diesen Gedanken laut aussprach, zerbrach genau gegenüber von ihm ein Fenster im Haus. Eine Axt wurde herausgeschleudert und kam auf Nick zugeschossen. Noch ehe er merkte was um ihn Geschah traf die Axt ihm am Kopf. Der hölzerne Griff fügte Nick an der Schläfe eine starke Platzwunde zu. Blut schoss aus dieser heraus. Vom Schlag benommen torkelte er etwas hin und her, dann fiel er bewusstlos nach hinten um.
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Anna konnte sich und Johannes noch gerade so wegziehen, bevor die tödlich Scharfe Axt sie getroffen hätte. ‚Was war das denn?’ Johannes sah erschrocken zu dem zertrümmerten Fenster hin. ‚Verdammt, was zum…!’ Er wurde von einem widerlich klingenden Kichern unterbrochen. Dann knallte eine Tür zu. Anna sah aus der Küche in den Flur. Gegen über von ihnen war eine offene Tür, am Ende dieses Raumes eine weitere, nun verschlossene Türe. Das Kichern jedoch schallte, wenn auch durch die Tür gedämpft, weiter und lies den beiden das Blut gefrieren. ‚Scheiße, was war das denn für einer?’ Johannes sah mit kreidebleichem Gesicht zu der zugefallenen Tür hinüber. Anna drehte sich zu Johannes um und sagte mit ruhiger Stimme: ‚Los, wir sehen nach Ben und Kai und dann hauen wir hier schleunigst ab.’ Johannes blickte sie verwirrt an, dann nickte er leicht. Die zwei liefen aus der Küche in Richtung Treppe. Dort fanden sie Ben in einer Haltung vor, die unter anderen Umständen wahrscheinlich komisch gewesen wäre. ‚Los, macht schon’, forderte Ben sie an, ‚ich komm hier nicht mehr raus!’ Johannes machte sich die Treppe rauf und versuchte sofort Bens Bein aus dem Loch zu bekommen. Anna blieb auf der Stelle stehen. ‚Wo ist Kai?’ ‚Ich dachte er wäre wieder bei euch.’ Ben sah Anna verwirrt an. Anna stolperte ohne ein weiteres Wort an Ben vorbei nach oben. Sie blieb wie angewurzelt stehen. Aus der offenen Tür gegenüber der Treppe lugte eine schlaffe Hand heraus. ‚Nein!’ Ihre Stimme zitterte. ‚Nein, Kai!’ Wasser bildete sich in ihren Augen. Sie ging langsam weiter bis zur Tür und schaute mit angehaltenem Atem hinein.
*
Anna hatte schon oft, meist in schlechten Horrorfilmen, eine verstümmelte Leiche gesehen und sich darüber meist kaputtgelacht (und sich nicht geekelt, wie die Mehrzahl der Mädchen in ihrem alter es getan hätte). Aber nun war ihr wirklich nicht zu lachen zumute, besonders da die Leiche eben noch mit ihr durch die Eingangstür spaziert war. Sie schaute noch einen Moment schluchzend auf den toten Kai, dann rann sie los. ‚Ben, Johannes, wir müssen hier raus!’ Die zwei Jungen standen am unteren Ende der Treppe. Ben stützte sich an Johannes an, einige rote Streifen liefen unten an seinem rechten Hosenbein entlang. ‚Was ist denn los? Wo ist Kai? ‚Keine Fragen, einfach nur aus diesem Haus raus. Annas steht’s gebräuntes Gesicht war weiß wie Kreide; tränen liefen darauf hinunter. Ohne ein Wort zu sagen liefen die drei zur Haustüre. Sie war verschlossen. ‚Was zum Teufel wird hier gespielt?’ Ben sah verängstigt die anderen an. ‚Leute, wenn das ein Scherz sein soll ist das kein besonderes guter.’ Plötzlich ertönte wieder dieses verrückte Kichern hinter der zugefallenen Tür. Schwere Schritte hallten von dort durch das Haus.
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‚Schnell, mir nach’ Anna führte sie durch die Küche in das Nebenzimmer, ihre Blicke immer auf die Tür gerichtet, hinter der das bizarre Kichern weiter anhielt. Ben schnappte sich die abgetrennte Lehne von etwas, was in alten Zeiten wohl mal als Sessel gedient hatte, und schlug mit ganzer Kraft auf das Fenster links der Türe ein. Scherben klirrten zu Boden. ‚Los Leute, durch das Fenster. Du zuerst Anna.’ Eine Tür wurde im Flur hinter ihnen aufgetreten. ‚Beil dich Anna, los’ Anna kletterte durch das Fenster nach draußen und viel ein paar Zentimeter, bis ihre Füße den Boden berührten. ‚Jetzt du Johannes!’ Johannes drehte sich noch ein letztes Mal zu der Küche um. In diesem Moment schlug die mutmaßlich ‚Falltür’ dicht neben Johannes nach unten auf. Die langen Nägel bohrten sich oberhalb der Brust in ihn hinein. An seinem nun nur noch von den Nägeln aufrecht gehaltenen, leblosen Körper lief das Blut in strömen hinunter. ‚Oh Gott’, flüsterte Ben verzweifelt. Da kam eine Gestalt langsam in der Dunkelheit der Küche zum Vorschein. Das perverse Kichern der Gestalt lies Ben wortwörtlich erstarren. Hinkend trat die Gestalt ins vom grade aufgegangenen, Mond belichtete Zimmer hinein. Ben konnte einen Schrei grade so unterdrücken, als er das schreckliche Gesicht der verkrüppelten Kreatur erblickte. ‚Von wegen pädophile Penner’, schoss ihm amüsanter Weise in diesem Moment durch den Kopf.
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Das linkes Auge der Kreatur quoll förmlich aus dem Gesicht heraus, das andere schien an den Augenliedern zugewachsen zu sein. Die Nase war nach innen gedrückt und verlieh dem Gesicht Ähnlichkeit mit einem Totenkopf. Lippen hatte das Wesen nicht, stattdessen war die Haut um den zu einem schrecklichen Grinsen verzogenen Mund widerlich eingerissen, sodass ein großer Teil des Zahlfleisches offen lag. Die Kreatur kicherte ihr abartiges Kichern, wären sie mit missgestalteten, von der Kniehöhe aus nackten Beinen und einem stark gekrümmten Rücken langsam auf den erstarrten Ben zuging.
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‚Ben, Johannes, wo bleibt ihr?’ Annas Stimmt weckte Ben aus seiner Erstarrung. So schnell er konnte warf er sich in Richtung Fenster. Die Kreatur schnappte nach Bens verletztem Bein, aber Ben war schneller. Er stürzte sich längs aus dem Fenster und landete dicht neben Anna.
‚Was ist mit Johannes?’ Annas Gesicht hatte nicht an Farbe gewonnen. Ben schüttelte den Kopf. ‚Nein!’ Eine Träne ran Annas Gesicht hinunter. Da hörten sie wie etwas den Flur im Haus entlang trampelte. Den Schritten folgte ein unmenschliches Kichern. ‚Los, wir holen Nick und dann weg hier!’ Ben sah sich nach Nick um. Er erspähte ihn neben einer Scheune. ‚Da liegt er, vor der Scheune.’ Die Beiden liefen zu Nick hinüber.
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‚Nein, das ist doch wohl alles nur ein Alptraum!’ Anna konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Ben nahm sie ihn den Arm und streichelte ihr sanft übers Haar. Er sah zu Nick hinunter. Neben Nick lag eine Axt, an Nicks linker Schläfe konnten die zwei eine starke Platzwunde erkennen. Aus seinem blutüberströmten Gesicht ragten vier spitze, dünne Stangen. Die Mistgabel war ihm doch noch zum Verhängnis geworden.
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Anna und Ben schlenderten die vom Vollmondlicht erhellte Hauptstraße entlang. Sie gingen Hand in Hand, Ben hinkte etwas. Ihre Gesichter waren leichenblass, ihre Augen weit Aufgerissen. Keiner von beiden bemerkte, dass man sie verfolgte. Auch das leise Kichern ihres Verfolgers nahmen sie nicht wahr….