Voltaire&Co. an der Pommesbude
Voltaire&Co. an der Pommesbude
Peter Paul Rubens (Maler/Belgien)
François-Marie Arouet/ Voltaire (Philosoph/Frankreich)
Wolfgang Amadeus Mozart (Komponist/Österreich)
Sir Norman Foster (Architekt/Großbritannien)
Alle sprechen Deutsch mit ihrem typischen Akzent.
Rubens: Ich möchte ein Gericht, welches meinen künstlerischen Fähigkeiten ebenbürtig ist.
Pommesbudenbesitzer: Pommes Schranke oder was?
Rubens: Grr... Dann nehme ich eine Currywurst bitte.
Foster: Ohne Pommes? Wer A sagt, muss auch B sagen.
Voltaire: Nein. Wer A sagt, muss nischt B sagen! Er kann auch erkennen, dass A falsch war.
Mozart: Zwei Variable sind mir schon zu viel.
Foster: Nun hör’ mal zu! Du bist Belgier – gut, flämischer aber...
Rubens: Was hat du gegen Flandern?
Foster: Äh... nichts! Du bist Belgier und ihr habt die Pommes erfunden! Selbstverständlich wünscht er auch Pommes. Für mich bitte eine Riesencurry mit einem Beck’s – und Pommes versteht sich oder haben Sie auch Fish n’ Chips, mein Herr?
Voltaire: Ah, oui... C’est manifique. Je voudrais avoir la même chose.
Rubens: Du denkst wohl nur schwarz-weiß-gestreift! Ich mag doch gar keine Pommes!
Pommesbudenbesitzer: Was hat der Franzmann gerade gesagt?
Voltaire: Isch möchte das selbe, Monsieur.
Mozart: Haben Sie auch Muttis Mozartkugeln? Ah ja, schade, dass sie schon tot ist. Sie war so ein toller Mensch...
Rubens: Tja, irgendwann muss jeder mal gehen.
Foster: Nun hört mal zu! Ihr seid alle schon tot!
Voltaire: Ihr Amerikaner seid immer so direkt... Man kann es auch anders ausdrücken: Der Tod ist ein Riese, vor dem auch der Kaiser die Waffen strecken muss...
Foster: Das ist ja schön, aber ich bin Brite.
Voltaire: Isch dachte, ihr Amis ’ättet eusch von der britischen Krone losgesagt... La Jour Libérale...
Foster: Oh, my God! Ich bin Brite und geboren in Manchester! Außerdem, heißt das Independence Day, Monsieur Voltaire.
Voltaire: ’Abt ihr gehört, Jungs? Jetzt übernehmen die Amerikaner schon die britischen Städtenamen!
Foster: Ich sage dazu nichts mehr.
Mozart: Oh... Jetzt ist er eingeschnappt...
Rubens: Schnauze, Wolfgang. Dürfte ich das Gespräch vielleicht auf meine begnadeten Werke lenken?
Voltaire: Isch ’abe mir drei deiner sogenannten Künstwerke angeschaut, „Der Liebesgarten“, „Das Ürteil von Pari’“ und „Das Pälzchen“. Alle waren nischt gerade, wie soll isch sagen, formidable. Sehr... nun... nackt.
Foster: Sie waren scheiße.
Rubens: Pah.
Mozart: Ich fand sie eigentlich ganz gut.
Voltaire: Ich bin nischt deiner Meinung, aber isch werde misch engagieren, dass du sie vertreten kannst.
Mozart: Jetzt kommt der Aufklärer durch.
Voltaire: Isch ’abe zumindest etwas erreischt.
Foster: Was denn? Der Zweite Weltkrieg entstand durch Rassendiskriminierung und Intoleranz. Im Irak war jahrzehntelang ein tyrannischer Herrscher an der Macht – es gibt noch mehr von dieser Sorte – gut, Aberglauben hat sich verflüchtigt. Aber sonst?
Voltaire: Die Wurst ist wirklisch gut... mh...mh...!
Foster: Lenk doch nicht vom Thema ab – ach, das hat doch keinen Sinn.
Rubens: Lasst uns doch mal über was anderes reden, so geht das doch nicht weiter. Wollen wir nicht vernünftig sein?
Voltaire: In einer irrsinnigen Welt vernünftig sein zu wollen, ischt schon wieder ein Irrsinn für sisch.
Foster: Ich habe soviel Ahnung von Philosophie wie der Herr Rubens von Kunst – nämlich gar keine. Aber ich verstehe viel von Architektur. Der renovierte Reichstag in Berlin und die Commerzbankzentrale in Frankfurt ist von mir konstruiert worden.
Rubens: Also, jetzt hör’ aber mal auf, ja? Hat denn keiner von euch etwas interessanteres zu bieten als der architektonisch völlig versagende Herr Foster?
Mozart: Doch, Constanze hat mich sitzen lassen.
Rubens: Nein! So was ärgerliches. Was ist denn passiert?
Mozart: Wir waren zweihunderteinundzwanzig Jahre verheiratet. Und jetzt das!
Foster: Was ist? Etwa ein jüngerer?
Mozart: Du hast es erfasst!
Voltaire: Weißt du, was eine Frau ischt? Isch kann es dir sagen! Sie ist ein menschliches Wesen, das sich anzieht, schwatzt und sich wieder auszieht. Das ischt eine Frau! Isch möschte ja nischt wissen, was der Jean-Jacques alles mit meiner Marquise von Chatelet gemacht hat. Das war auch so ein Mr. Lover kann isch eusch sagen. Seine fünf Kinder sind nämlisch nischt alle von seiner Putze! Und dann haben die die Kinder ins Waisenhaus gesteckt! Das steht alles in der „Gala“. Aber wer hat sie dir ausgespannt, Wolfgang?
Mozart: Die ist mit dem Ludwig abgehauen! Ja, mit dem Maulwurf!
Voltaire: Das ist ja wirklisch mega-dreist! In Spanien sagt man, Männer regierten die Welt und Frauen die Männer. Wir Franzosen...
Foster: Ich weiß, ihr seid die beste Nation Europas...
Voltaire: La France marche à la tête de la civilisation, genau so ist es. Aber das wollte isch jetzt gar nischt sagen... äh... Ah! Wir Franzosen sagen es etwas anders: Frauen erreischen alles, weil sie jene beherrschen, die alles beherrschen.
Foster: Ja, das ist wirklich gut. Es gibt einen Spruch, der ist ganz ähnlich: Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse Mädchen kommen überall hin.
Rubens: Das trifft den Nagel auf den Kopf. Mozi, das wird schon wieder. Was hast du eigentlich in deinem ach so kurzen Leben gemacht, Wolfgang?
Mozart: Och, ich glaube, dass ich die größte Zeit meines Lebens auf Reisen verbracht habe. Meine ersten waren mit der Nannerl, wir sind nach Wien und München gefahren...
Foster: Warum machst du Constanze nicht mit dieser Nannerl eifersüchtig? Vielleicht kommt sie ja wieder?
Mozart: Ich glaube, ich brauche da kein Kommentar abzugeben, Mister Foster... Sie ist meine Schwester, du Kopp!
Foster: Och, Inzucht ist doch mittlerweile Gang und Gebe...
Mozart: Vielleicht bei euch in Amerika.
Foster: Ich bin Brite...
Mozart: Wir wollten dort die vielen Konzerte sehen. Einige Jahre später sind ich und mein Vater nach Italien gereist. In Mailand schrieb ich meine Auftragsopern und wurde vom Papst zum... ach was weiß ich zum was geadelt. In Salzburg hatte ich knapp fünf Jahre eine Anstellung als Konzertmeister beim Erzbischof. Doch ich hatte mich dann entschieden, mir andere Städte anzuschauen und habe gehofft, eine höfischen Job da zu bekommen.
Rubens: Ja und?
Mozart: Ja, wenn ich den Job bekommen hätte, stände ich jetzt nicht mit euch hier an dieser dreckigen Pommesbude.
Pommesbudenbesitzer: Unhygienisch aber nicht dreckig, bitte.
Mozart: Ich musste also wieder zurück zum Erzi. Doch wir hatten uns ganz tierisch gezofft, das war glaube ich nach der Oper „Idomeneo“, ja genau. Na ja. Habe dann erst mal so weitergemacht. Constanze hat mich geheiratet und habe noch großen Erfolg gehabt bei meinen Wienern – aber nicht mehr lange – irgendwann konnten sie mich nicht mehr ausstehen. Ich wohnte noch einige Zeit in Prag, habe noch ein paar Opern geschrieben und bin danach finanziell am Ende gewesen.
Foster: Ja, ja, deine Opern... Zum Reichtum haben sie dich nicht wirklich gebracht.
Rubens: Ich habe das Gefühl, dass hier keiner die Arbeit des anderen würdigt.
Foster: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.
Rubens: Dass du dich gerade angesprochen fühlst...Deine Bemerkungen sind nicht gerade die feine englische Art.
Foster: Ich konnte mich nie mit den „Mit-dem-Millimetermaß-Gras-Messern“ und „Fünf-Uhr-Tee-Trinkern“ identifizieren.
Rubens: Aber Sir wolltest du werden oder wie? Ist das nicht ein Wiederspruch, Sir Norman?
Foster: Sieh dir Mike Jagger an! Das weißt du deine Antwort.
Voltaire: Du warst in Italien Amadeus? Schön da. Der Wein, die Pasta, die Frauen...
Foster: AC Mailand, Ferrari... Bella Italia...
Voltaire: Da fällt mir doch ein Sprüchchen ein…
Mozart: Nein... Bitte...
Voltaire: Prächtiger als wir in unserm Norden, wohnt der Bettler an der Engelspforten, denn er sieht das ewig einz’ge Rom! Ihn umgibt der Schönheit Glanzgewimmel, und ein zweiter ’Immel in den ’Immel steigt Sankt Peters wunderbarer Dom. Von Schiller.
Mozart: Von dir François haben wir noch wenig gehört. Was hast du denn so gemacht, außer dieser Aufklärungsgedingse oder wie das auch immer heißen mag.
Voltaire: Die Literatür und das Wissen stand für mich im Vordergrund. Isch ’abe mit Charles und Jean-Jacques an der „Encyclopédie ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers“ mitgeschrieben. Wisst ihr...
Rubens: Wer ist Charles und wer ist Jean-Jacques? Du hast den zweiten Kerl schon mal erwähnt.
Voltaire: Ach so, ja. Charles de Secondat Montesquieu und Jean-Jacques Rousseau. Wo war isch... ah, ja. Wisst ihr wie lange isch an dem Walzer gearbeitet ’abe? Neunundzwanzisch Jahre!
Mozart: Das sind sechs Jahre weniger als ich gelebt habe... Das nur mal so am Rande...
Voltaire: Und sonst ’abe isch noch Bücher geschrieben.
Foster: Worum ging es?
Voltaire: Romantik, ’istorische und philosophische Fragestellungen. Isch...
Mozart: Die Liebe, die Romantik... Das die Verbindung aller Völker. Alle Menschen, ob schwarz oder weiß, ob dünn oder dick, ob arm oder reich, die Liebe, sie baut Brücken, die leider viel zu oft einstürzen.
Foster: Wegen dem Verkehr?
Mozart: Du Idiot! Weißt genau was ich meine… Ach so, jetzt habe ich verstanden... Verkehr...ha ha...
Voltaire: Die Liebe, die Philosophie. Der Sport, die ’Offnung. Was verbindet nicht alles. Die Liebe, sie trägt die Seele. Der Trübsal süße Milch, Philosophie. Sport, die Wissenschaft der Unstudierten, ’Offnung, der Anker der Welt.
Rubens: Elendiger Besserwisser.
Foster: Wisst ihr eigentlich, weshalb gerade uns Gottes Wille hierher gebracht hat?
Voltaire: Weshalb denn?
Foster: Jeder von uns hat seine Erfolge im Ausland gefeiert oder zumindest dort gearbeitet! Wir vier haben dazu beigetragen, dass sich heute Europa ‚Vereinigtes Europa’ nennen darf. Amadeus, du warst in sehr oft Italien und wurdest dort geadelt. Zusätzlich hast du große Opern in Prag geschrieben. François-Marie, du hattest einen langen Aufenthalt in England, deine Philosophischen Briefe hast du dort verfasst. Peter, du wurdest acht Jahre in Italien geprägt und schließlich ich, der die Commerzbankzentrale in Frankfurt am Main und den Reichstag in Berlin schuf.
Rubens: Du hast Recht! Das ist mir noch gar nicht aufgefallen!
Voltaire: Denn es ischt der Einfall, und nischt der Schweiß, der Nationen nach vorne bringt.
Pommesbudenbesitzer: So, wer zahlt jetzt was?
Foster: Teilen Sie durch vier, das geht schon.
Rubens: Und wir können dein Bier zahlen, ne mein Guter. So haben wir nicht gewettet.
Mozart: Ach komm. Es war mir eine Ehre, mit solch wichtigen Personen zusammen eine... Currywurst... gegessen zu haben.
Foster: The show must go on.
Rubens: Hör mir bloß auf mit Freddy Mercury.