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Vom Haben der Liebe

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24.09.2000
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Vom Haben der Liebe

Eigentlich fing ja alles damit an, dass wir das erste mal miteinander schliefen. Ich war 18 und sie war 17 Jahre alt und wir waren bereits acht Monate zusammen gewesen, acht wunderbare Monate voll Liebe, Respekt und Vertrauen. Doch unser erstes Mal sollte alles verändern...

Sie war noch Jungfrau und hatte bisher erst einen Freund gehabt, der sie nach Strich und Faden betrogen hatte und es dauerte lange, bis ich sie soweit hatte mir zu vertrauen, aber nach acht Monaten Beziehung wusste man, wie man das Vertrauen eines Menschen gewinnen konnte. Und so tat ich es, und wie sich am 19.5.1987 herausstellen sollte, machte ich es gut.
Es war nichts besonderes was in dieser Nacht geschah. Im Vergleich zu meinen bisherigen Erfahrungen wäre es einfach nur ein Mal von vielen gewesen. Doch ich veränderte sie. Ich machte sie zu Freiwild.

Das ist einfach zu erklären. Sie war Jungfrau und als Jungfrau ist man was besonderes, jedenfalls war das in den 1980ern so. Man hob sich das erste Mal für jemanden besonderen auf und versuchte mit diesem Besonderen die Nacht seines Lebens zu verbringen. Ich war für sie jemand besonderes und darum war ich der Richtige für ihr Erstes Mal. Doch was in der Welt sollte sie nun daran hindern nicht auch mit anderen Männern ins Bett zu gehen? Das erste Mal ist was Besonderes, aber es war vorbei. Jetzt kommen die vielen vielen Male danach, und das ist bei Gott nichts besonderes mehr. Also warum dann um alles in der Welt ich?

Diese Gedanken schwirrten durch meinen Verstand und ich konnte in der Nacht als wir das erste mal miteinander geschlafen hatten, nicht einschlafen. Ich hatte schlimme Vorstellungen von Männer, die sie begehren könnten. Männer die nichts anderes von ihr wollten, als mit ihr ins Bett zu gehen. Männer die sie einfach nur betrachten, wie eines der anderen Mädchen: Wie ein gewöhnliches Mädchen. Glauben die etwa, ich würde mir ein gewöhnliches Mädchen nehmen? Ein Mädchen, das viele Männer nehmen können, wann sie wollen. Ein Mädchen, das sich Männer teilen. Glauben die etwa, ich würde mein Mädchen teilen? Sie gehört mir, ganz allein, und wir werden glücklich miteinander leben, ohne je einen anderen Mann zwischen uns kommen zu lassen!!!

Dieses Gefühl etwas zu verlieren wurde auch nicht besser, als sie den Job als Kellnerin in der Pizzeria "Ragazzi" annahm. Sie arbeitete damals nicht oft dort, nur an den Wochenenden, aber das war genug. Für sie war es genug, für mich war das viel zu oft.
Unser Leben hatten wir bis dahin stets zusammen gelebt. Sie ging in die Schule und am Nachmittag trafen wir uns, bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir "Bis morgen!" sagen mussten, und so weiter. Wir verbrachten jede einzelne Sekunde miteinander, so regelten wir unser Leben und ihre Arbeit in der Pizzeria war wie ein Regelbruch!

Ich sagte ihr das damals, schlug ihr vor, nicht arbeiten zu gehen, sie habe sowieso genug Geld, und den Rest, den sie benötigte könne sie von mir haben. Doch sie lehnte ab. Ich fragte sie, ob ihr die Pizzeria lieber sei als ich, und sie sagte, dass sie lernen müsse, selbstständig zu werden, sich wie eine Erwachsene zu benehmen. Sie hielt mir weiters vor, dass ich oft ohne ihr ausgehe, mich mit Freunden treffe und sie doch nur arbeiten geht. Das stimmte, ich ging ohne sie fort. Manchmal sogar drei- viermal in der Woche. Aber bedeutet das denn, dass ich ihr untertänig sein und sie überallhin mitnehmen müsse? Was bildete sie sich denn ein?! Ich brauch doch meine Freiheit. Wenn sie doch so viel mit mir zusammen sein wollte, dann solle sie doch ihren Job kündigen. In Zukunft würde ich am liebsten...

Doch an diesem Tag ließ ich es so aussehen, als habe sie gewonnen und sagte nichts mehr. Ich sagte auch später nichts, als sie mir von dem Koch erzählte, der bald sein eigenes Restaurant haben werde, obwohl er noch keine 19 Jahre alt sei. Außerdem sei er recht fesch und so unglaublich witzig. Ich hörte mir das ganze Gerede an und sagte kein Wort. Ich ließ mich an jenen Tag begraben. Und sie schaufelte weiterhin Erde auf mich. Und in meinem Grab wusste ich plötzlich, dass sie mit ihm schlief, dass sie mich betrog. Dass ich nicht mehr der Einzige für sie bin und dass ein anderer mir meine Eroberung wegnahm.

Dann geschah es eines Donnerstags, dass sie wutentbrannt nach Hause kam und mich anschrie! Sie sagte etwas von Liebe und Treue und wie sehr mir das fehle.
"Was ist denn los?", fragte ich mürrisch. War es denn nicht sie, die mir ständig von dem Koch erzählte, mit dem sie sogar schlief.
Und sie sagte, sie habe gerade von dem Verhältnis zwischen mir und ihrer besten Freundin erfahren.
"Na und?" sagte ich, "Ich vergelte doch nur Gleiches mit Gleichem!" Sie stockte kurz und ihr Redeschwall war gebrochen. Wahrscheinlich war sie überrascht das ich von ihrem Verhältnis wusste. Sie fragte mich, wovon ich rede.
"Von dir und diesem verdammten Bäcker! Wie oft hat er dich gevögelt? Jedesmal, oder nur jedes zweite Mal wenn ihr euch gesehen habt?”
Sie begann zu weinen und sagte, sie habe nie mit ihm geschlafen, er habe eine Freundin und sie waren verlobt miteinander. Sie schluchzte dann noch, dass sie sehr enttäuscht von mir wäre, dass ich ihr nicht treu gewesen bin, was ich doch versprochen hatte, bla bla bla und lief nach Hause.
Ich lehnte mich zurück und lächelte. Nun sah sie einmal, wie man sich fühlt, wenn man dauernd betrogen wird. Ich fühlte mich wie ein Richter, der gerecht gerichtet hatte.

Der Streit dauerte nicht lange, sie dementierte zwar ihr Verhältnis weiterhin, aber wahrscheinlich nur zum Selbstschutz. Sie konnte sich die Schande wohl nicht eingestehen. Sie war sehr traurig in den folgenden Wochen. Und schließlich verzieh ich ihr. Um sie zu behalten musste ich das tun. Ich sagte schließlich ich glaube ihr und das alles wäre nur ein furchtbares Missverständnis. Ich sagte auch, meine Affäre täte mir leid und ich werde sowas nie wieder machen.
Ich log ihr also all diese Dinge vor um meine Güte zu demonstrieren. Das war ein geschickter Zug von mir, denn ich wurde zu einer Art Vaterfigur, und Herrgott! egal was im Leben passiert, man hat nur einen Vater. Sie kündigte auch ihren Job in der Pizzeria. Sie sagte, sie müsse zu viel für die Matura lernen. Natürlich wusste ich, dass sie das nur wegen mir tat. Und somit war alles wieder gut.

Dann kam eine schreckliche Zeit, die Zeit in der ich einrücken musste um Vater Staat Hilfe und Beistand zu leisten . Nunja, eigentlich war sie nicht so schrecklich, wie ich anfangs dachte. Zum einem gefiel mir der Wehrdienst sehr gut und andererseits hatte ich eine fabelhafte Idee, wie ich es schaffen konnte, dass sie mir weiters gehörte und sie weiterhin mein Juwel blieb.
Sie war allerdings anfangs sehr besorgt wegen dieser Idee, wie die Zukunft wohl weitergehen solle und ob diese auch gesichert wäre. Doch wir beschlossen schließlich das Kind zu behalten und so war sie die Hälfte meiner Wehrzeit schwanger. Und Mädchen die schwanger sind, sind vergeben und niemand will sie haben! Außerdem war sie nicht mehr so attraktiv. Sie wurde regelrecht fett, was sie Gott sei Dank nach der Schwangerschaft wieder wegtrainierte, dank eines 1250 Schilling im Monat teuren Aerobic-Kurses. Jedenfalls: das Kind wurde geboren, als ich mein 5. Monat leistete. Ich war gerade dabei mein Gewehr (StG77, verdammt starkes Stück) zu säubern, als der Anruf kam, dass ich Vater eines Kindes sei. Es war ein schönes Gewehr und ich liebte es sehr. Es machte mir Spaß es zu säubern und auch riesigen Spaß es zu gebrauchen. Überhaupt war meine Zeit als Gefreiter großartig. Es gibt beim Militär eine klare Ordnung, jemand befielt und ein anderer führt dies aus. Befehl, Ausführung. Befehlshabender, Befehlsausführender. Auf A folgt B.
Es wäre wahrscheinlich das einzige was heute noch klar und in Ordnung wäre, wäre es nicht vor ein paar Jahren abgeschafft worden. Es ist wirklich schade darum.
Es war eine wunderschöne Zeit. Eine Zeit der Sicherheit. Das sagten auch alle meine Kameraden und die damalige Dame, dass sie nie gehört hatten, dass schwangere Frauen fremd gehen.
Nach acht Monaten wurde ich wieder zum Zivilist. Sie und ich tauschten Ringe und nun wusste auch Vater Staat, dass sie mir gehörte. Es war perfekt. Alles war so vollkommen. Ich erhielt einen gesicherten Job und sie musste nicht arbeiten gehen. Alles was sie tun musste war, sich um die Wohnung und das Kind zu kümmern, und hin und wieder einkaufen zu gehen. Und das war auch gut so. Sie gehörte mir.

Alles war gut, bis zu dem Zeitpunkt, als das Kind langsam anfing selbstständig zu werden. Ihr blieb mehr Zeit für sich und mit ein paar Müttern der Hauptschulkindern schloss sie sogar Freundschaft. Das gefiel mir nicht. Ganz und gar nicht. Es lief doch so lange gut, sagte ich mir. Wieso hört dies auf?
Plötzlich fielen mir all die Kleinigkeiten auf, die mir noch nie aufgefallen waren. Sie veränderte sich auch. Sie ging früher zu Bett, wenn ich noch ein Fußballmatch sehen wollte, sie ging mit dem Kind öfters alleine Gewand kaufen, während ich nicht hinaus wollte und es zu erwarten wäre, dass sie bei mir bliebe, es änderte sich sogar ihre Art zu sprechen und wollte dass ich das selbe tu: Sie sagte ich solle doch sagen "Ich liebe dich”, anstatt "Du gehörst nur mir allein!”. Was zum Teufel störte sie daran???
Doch ich sagte nichts zu ihr. Ich regte mich nicht bei ihr auf.
"Wieso all diese Veränderungen?”, fragte ich eines Tages die Dame. Sie schwafelte irgentetwas von Selbstständigkeits--Blabla, oder diesen...Eminzupa.. Emanzipu... Frauenscheiß eben! Was fragte ich sie auch ich Idiot?! Sie meinte schließlich, ich solle ihr doch einen Hund kaufen. Und das tat ich auch. Jetzt musste sie sich auch noch um den Hund kümmern. Es blieb ihr wenig Zeit für anderes.
Und das war auch gut so. Wieder gehörte sie mir...

Das dachte ich jedenfalls, doch nun ist der Hund tot, das Kind ist schon außer Haus und sie bildet sich ein, arbeiten gehen zu müssen.
"Das musst du nicht! Ich verdiene genug für uns beide und das Kind ist auch nicht mehr im Haus, das bedeutet es bleibt mehr als zuvor!”, sagte ich zu ihr. Sie erzählte mir etwas von Entfaltungsmöglichkeiten und ihrer persönlichen Freiheit.
"Was willst du noch? Möchtest du noch einen Hund? Eine Katze? Vielleicht noch ein Kind?”, fragte ich sie, doch sie antwortete, dass das nichts mit "haben” zu tun hätte, es hat etwas mit "sein” zu tun. Sie möchte etwas erreichen.
"Ist denn das was du hast, einen Mann, ein Haus, ein Kind, ist all das denn nicht genug?”, fragte ich und sie sagte nichts. Sie meinte nur noch, dass ich das nicht verstehe. Aber damit war das Thema abgeschlossen.

Das dachte ich zumindest, doch mir fiel auf, dass sie des öfteren nicht zu Hause war, wenn ich sie mittags anrief und als ich sie darauf ansprach, fing sie an zu schreien. Ich spioniere ihr nach, meinte sie. Sie suche eine Arbeit und sie hat auch eine in Aussicht und ich könne sie nicht daran hindern, sagte sie. Warum ich nur ein Problem damit hätte, fragte sie mich.
Warum ich ein Problem damit habe?! Weil du doch nur neue Leute kennen lernen willst. Interessante Leute, interessante Männer. Männer die nur mit dir schlafen wollen, dich mir wegnehmen wollen. Das willst du doch. Weil ich dir nicht mehr gut genug bin. Ich, der alles für dich getan hat!!!
Doch all das sage ich nicht. Stattdessen: "Tu was du nicht lassen kannst.”
Und das tat sie. Sie begann wieder in der Pizzeria "Ragazzi”, die aber nun "Bellaria” hieß, zu arbeiten. Auch der ach-so-gute Koch arbeitete nicht mehr dort. Er war schon lange nach Frankreich gezogen, erzählte mir der Besitzer des Restaurants. Ein großer, breitschultriger Mann und ich konnte die Gier nach jeder Frau in seinem Blick sehen. Ich wusste es und ich begann ihn dafür zu hassen.
"Gut, aber sagen sie ihm nicht, dass ich nach ihm gefragt habe. Ich will meinen alten Freund überraschen!”, sagte ich und ging.
Es gefiel mir nicht, dass sie bei einen solchen Mann arbeitete, aber ich hoffte es wäre nur eine Phase die sie durchmache!

Aber so ist es nicht. Vorgestern begann sie mit einem Lehrgang zur Oberkellnerin. Dieser findet in Salzburg Stadt statt. Sehr weit weg von mir. Doch ich konnte es ihr nicht verbieten. Sie begann wieder einmal zu weinen, als ich meine Meinung äußerte und so musste ich sie gehen lassen. Und der Besitzer des Restaurants, das Gierige Arschloch ist mit ihr gefahren. Ich weiß auch was sie dort machen. Mein Gott, ich weiß es ganz genau...
Ich erzählte alles der Dame. Sie sagte, sie könnte sie verstehen, Frauen brauchen oft Möglichkeiten sich selbst zu finden. Besonders in ihrem Alter, vor den Wechseljahren. Auch sie dachte oft daran, die Branche zu wechseln.
"Und warum hast du das nicht getan?”, fragte ich sie. Weil sie zu sehr an den Kunden hinge, sagte sie, doch plötzlich verstand ich alles. Das stimmte natürlich nicht. Die traurige Wahrheit war, dass sie nicht an den Kunden hing sondern angewiesen war. Angewiesen auf mich! Sie liebte mich! Die Arme...
Sie sagte, ích müsse ihr (meiner Frau) gestatten sich zu entfalten und sie glaube nicht an einen Treuebruch ihrerseits. Aber es gäbe keine Möglichkeit sie zu besitzen und ich solle aufhören es zu versuchen. Man kann einen Menschen nicht besitzen, wir alle sind frei, Gott sei Dank. Keine Möglichkeit dies zu tun. Demokratie, Bla Bla! Bla Bla..
Ich starrte eine Zeit lang an die Decke und während eines Wortfalles von BlaBla, hörte ich eine gewisse Wahrheit heraus. Eine Erkenntnis; und dann sagte ich: "Doch, eine Möglichkeit gibt es!” Ich zog mich an und ging. Diesmal gab es ein Extra-Trinkgeld für sie und so verließ ich die Dame.

Heute um zwanzig Uhr sollte sie zurückkommen und ich habe alles hergerichtet. Ich kaufte mir beim "Waffenspringer" ein Gewehr. Ich fand ein ähnliches, als das, das ich beim Heer vor fünfundzwanzig Jahren hatte. Ein Klassiker. Ich wurde richtig nostalgisch beim Reinigen der Waffe und ich bekam beinahe den selben Glanz hin, wie damals vor vielen Jahren, als die Zukunft gesichert schien. Und diesmal schien sie wieder gesichert.
Ich setzte mich ins Wohnzimmer und wartete auf ihre Ankunft. Ich versteckte die Waffe nicht. Ich wollte es gleich erledigen, ohne Begrüßung und dem üblichen Bla Bla.

Doch sie kam nicht. Es wurde schließlich 21:30 und sie war noch immer nicht da. Der Spielfilm mit dem ich mir die Zeit vertrieben hatte war zu Ende und ich schaltete den Fernseher aus.
Ein seltsames Gefühl der Leere breitete sich im Raum aus. Das Licht meiner Lampe schien hell. Es beschien meine Couch auf der ich lag, meine Stühle, meinen Esstisch, meinen Vorhang, mein Fenster. Doch das Licht schien alles was da war aufzusaugen und zu fressen.
Es war 21:47 Uhr als schließlich das Telefon läutete. Plötzlich wusste ich wie durch Eingebung, dass es sie sein würde. Sie würde sagen, dass sie erst morgen kommen werde, da der Kurs länger dauert. Doch das stimmte natürlich nicht. Sie wollte nur noch eine Nacht mit dem Gier-Arschloch verbringen.

"Hallo!”, sagte ich bestimmt in die Hörmuschel des Telefons, bereit jede Lüge zu verkraften. Morgen ist ja auch noch ein Tag!
Es meldete sich ein Mann, der sich als Polizist ausgab. Er sagte, es täte ihm leid, er wünschte er könne mir bessere Nachrichten mitteilen, doch es wäre sein Job als Polizist. Meine Frau sei heute Nacht aufgrund eines Autounfalls ums Leben gekommen. Der Lenker des Fahrzeuges war alkoholisiert und fuhr das Auto gegen die Leitplanken und schließlich gegen einen Baum. Beileid wünschte er mir dann noch.
Ich war nicht fähig etwas zu sagen. Ich legte den Hörer auf und begann zu weinen. Ich weiß nicht wie lange ich geweint habe und wieviel ich mir gedacht habe. Ich habe sie verloren, mein Gott, ich habe sie wirklich verloren!

Ich weiß auch nicht mehr wie ich in den Keller gekommen bin oder wie ich es geschafft habe, so viel Cognac zu trinken, aber nun sitze ich hier. Es gibt hier keine Uhr und es ist mir auch egal wie spät es ist...
Wisst ihr eigentlich, dass der Klang der eigenen Stimme nach einer Zeit gar nicht mehr so seltsam klingt?
Ich sitze auf einem Sack voll Sand, das Gewehr neben mir und wie ihr seht bin ich der König des Kellers. Mein Reich das Haus, mein Besitz die Möbel, mein Schatz...
Der Sandsack ist auf der Seite aufgerissen und etwas Sand rieselt daraus auf den Steinboden.
Armer Sand, komm doch zu mir! In der Hand des Königs musst du nicht frieren. Du bist schön Sand. Du bist nichts besonderes, aber in dieser Nichtbesonderheit bist du schön. Es macht mich sehr froh dich zu halten!
Aber warum bleibst du denn nicht bei mir? Der ganze Sand rieselt durch meine Finger und ich kann ihn nicht halten. Ich kann dich nicht halten, oder? Lieber Sand, bleib doch bei mir...
Gewehr, welch schöne Zeit haben wir miteinander verbracht! Früher schon und jetzt wieder. Du bist das einzige was ich in diesen Zeiten noch liebe. Ich liebe dich so sehr! Was sagst du zu den Geschehnissen? Der Sand möchte einfach nicht bleiben. Behandelt man so einen König, den König des Kellers? Ist das nicht seltsam... Versprich mir eines, wenn der Sand gegangen ist, dann bleibe wenigstens du bei mir. Der alten Zeiten willen. Zeiten, die noch in Ordnung waren.

Einverstanden? Du schwörst es sogar? Ich liebe dich!

Sie mal!

Das letzte Sandkorn ist bereits durch die Finger gerutscht...

 
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Brauche dringend Kritik für diese Geschichte!

Schreibt mir all eure Meinungen!

Euer treuer Schreiber, Peter

 

Gute Geschichte.
Als Erstes habe ich mich kurz gefragt, warum du die Geschichte unter Gesellschaft abgelegt hast.
Aber das ist eigentlich ja nicht wichtig.
Ich finde es sehr spannend, wie die Psychose dieses Mannes langsam aufgebaut wird - so geheim, das ich mich erst nach dem Lesen gefragt habe, seit wann er sie nicht mehr liebt, sondern einfach nur als Kern seiner paranoiden Welt betrachtet (am Anfang hat er sie doch geliebt, oder?).
Gut ist auch die Idee, das sie stirbt, bevor sie zurückkommt - das gibt eine schöne, unerwartete Wendung, die zum Ende führt (hier schreibst du auf einmal auch viel bildlicher: Sand, König des Kellers, usw.).
Nur den Sand versteh ich nicht ganz. Wofür steht der? - das man nichts festhalten kann? Oder ist das nur so was wie ein Countdown, bis er sich erschießt? Erschießt er sich auf jeden Fall?
Insgesamt hat die Geschichte beim Lesen immer mehr Spaß gemacht.

 

Ekliges, chauvinistisches Machoschwein.
Dieser Gedanke ließ mich beim Lesen deiner Geschichte nicht mehr los. Du siehst also, es ist was rübergekommen, deine Geschichte hat mich beschäftigt.
Der Schluß ist gut geschrieben, daß stimmt, ich fand ihn aber trotzdem unbefriedigend. Frau stirbt praktischerweise, Mann dreht durch, Konflikt löst sich in Luft auf. Mich hätte eine wirkliche Lösung interessiert.


Gruß......Ingrid

 
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Geliebte Leserinnen und Leser!

Danke für eure Beiträge, nun sind es ja schon mal 2...

Es freut mich sehr, dass ich euch beiden etwas bewegen konnte, denn das sehe ich als Aufgabe meines Tuns. Es freud mich auch, dass ich zwei sehr gegensätzliche Absorbationen meiner Geschichte zu Augen bekomme.

baddax schreibt über die Psyche des Mannes und seine schlißlich eskalierende Psychose. Die Frage, ob er sie jemals geliebt hatte kann ich dir nicht beantworten. Sein Seitensprunbg in frühen Jahren und der ständige Besuch bei der "Dame" lassen anderes vermuten, aber ich denke im Grunde seines Herzen hatte er sie mal geliebt. Auf jedenfall hat er ihre Beziehung geliebt wie einen Schatz den es galt zu behüten. Vielleicht leidet er ja unter einen stark ausgeprägten Odipus-Komplex. Vielleicht braucht er sie, damit sie das Podest hält auf dem er steht (stand!), das ohne sie umgefallen wäre. Vielleicht hatte er sie nur als Besitz gesehen, worauf der Titel schließen würde. Etwas davon wird wahrscheinlich stimmen.
Der Sand steht für viele Beziehungen in unserer Gesellschaft! Wenn du eine Hand voll Sand nimmst, sie zu einer Faust formst und diese ganz fest zudrückst wirst du feststellen, dass der meiste Sand an den Seiten herausläuft. Das gleiche geschah dem Erzähler der Geschichte. Danke für deine Deutung!

itchi hat die Geschichte widerum emotional getroffen. Eklikes, chauvinistisches Machoschwein hast du dir gedacht und das ist gut so. Traurig wäre es gewesen, wenn du den Erzähler beigewohnt hättest. Emotionale Reaktionen sind die schönsten, daher freu ich mich besonders darüber.
Das Ende ist zwar überraschend, laut baddax, aber den Ausdruck sie sterbe "praktischerweise" möchte ich nicht hören. Jeder Tod in jeder Geschichte geschieht praktischerweise, da jeder Tod etwas bestimmtes bewirkt (Gefühle, oder essenziell für den Verlauf der Handlung). Doch "Praktischerweise"... für das ist der Tod zu groß!
Lösung kann ich dir keine bieten. Zum einen möchte ich zum Dneken anregen und nicht die Weltprobleme lösen, und zum anderen kann ich dir keine Lösung bieten. Was hätte der Erzähler machen sollen? Er hätte weiterhin in seiner ekligen, chauvinistischen Machowelt leben können ohne je irgentjemanden (außer der Dame) etwas davon zu erzählen. Er hätte durch ein einschneidendes Erlebnis zu der Erkenntnis kommen können, dass seine ganze Auffassung, sein ganzes Denken Zeit seines Lebens moralisch nicht korrekt gewesen ist. Doch all dies befriedigt michnicht wirklich.
Doch vielleicht bin ich zu kurzsichtig. Hast du eine bessere Lösung gefunden?

Ich bedanke mich bei euren Kritiken und hoffe, es kommen noch mehr.
Vielen Dank, euer treuer Schreiber, Peter

 

Dein Talent, eine Geschichte gut zu erzählen, hast du hier wieder einmal nachdrücklich bewiesen.
Die Gedankengänge des Protagonisten waren klar und nachvollziehbar (außer natürlich der geplante Mord!), was teilweise erschreckend ist, denn wieso hegt man einem geliebten Menschen gegenüber plötzlich nur noch Misstrauen? Stecken all diese verdammten negativen Emotionen so tief in uns drinnen, dass wir sie nicht mehr abschütteln können?

Besonders gelungen fand ich, dass du nie klargestellt hast, dass sie ihn tatsächlich betrügt, da seine "Selbstgerechtigkeit" dadurch einen schalen Beigeschmack bekam. Das kennen wir ja aus Filmen: Mann betrügt Frau, Frau betrügt Mann, somit sind beide quitt. So einfach hast du es dir nicht gemacht.

Den Schluss, und da muss ich Ingrid beipflichten, kann man als ziemlich unpassend empfinden, denn dass sie Stunden, bevor es zum Konflikt kommt, stirbt, nimmt dem Text die Chance, einen sehr interessanten Konfliktstoff zu verarbeiten.
Es hätte mich doch interessiert, ob er sie erschossen hätte oder ob sie sich "versöhnt" hätten.

Na ja, meine Meinung eben! Alles in allem ein gelungener Text, mit einigen Stärken und einem unglücklichen Ende.

 
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Danke Rainer!

Ich möchte jetzt meine Geschichte nicht verteidigen. Wie sollte ich dies tun, denn ist ja meine Geschichte und für mich stimmt sie. Und außerdem: Geschmäcker sind verschieden! darum kann ich meine Geschichte schlecht verteidigen, das möchte ich auch gar nicht.

Aber ich kann euch meine Gedanbkengänge näher bringen, was ich jetzt, ganz kurz, tun werde.
In dieser Geschichte geht es nicht um Konflikte. Die ganze Geschichte hindurch gibt es keinen einzigen wirklichen Konflikt. Der Protagonist erzählt seine "Realität" und damit pasta! Er Erzählt zwar von einigen Meinungsverschiedenheiten, aber für ihn waren das anscheinend keine wirklichen Konflikte, denn für ihn war ja alles "klar" und "logisch". Er dachte sowieso alles zu wissen und lenkte seine Frau nach seinen Geschmack. So dachte er.
Ein Konflikt, eine wortgewandte Meinungsverschiedenheit, ein Wortgefecht, dann wahlweise ein Mord oder eine Versöhnung hätte der Geschichte das genommen, was ich ihr versucht habe zu geben: Und zwar ein Einblick in die Psyche eines motorischen Eifersütigen. Die Frau darf einfach nicht zu Wort kommen, nie und nimmer.
Ein Konflikt wurde ja näher beschrieben, und zwar die Situatione, wie die Frau den Mann auf sein Verhältnis angesprochen hat. So ähnlich wäre die Schlusssituation auch ausgegangen, wäre sie nicht tragischerweise verunglückt! (Vielleicht ein bischen seicht, das wiß ich, aber überaus praktisch. UPS!!!).
Der Protagonist sucht den Konflikt nicht und er hätte seine Frau nie darauf angesprochen. Der geplante Mord hätte ihn wahrscheinlich selber überrascht, wäre er bei Verstand gewesen, doch so: logische Konsequenz. Es gehört nicht in sein Schicksal, den Konflikt zu suchen, geschweige denn ihn dann auch zu finden. Er hat das nie gelernt.

Diese Prosa ist der Ideenträger zu einem Roman, den ich bereits Schreibe und hoffentlich fertig schreiben werde. In einem Roman bleibt viel Platz um den Konflikt, der nie da war, trotzdem existieren zu lassen.

Fazit: Kein Konflikt am Schluss, das ist keine Konfliktgeschichte! Schluß! Aus!

Ansonsten, danke für die Kritik, macht weiter so, wüsch euch etwas,
Euer treuer Schreiber, Peter

 

Ich hab mich gezwungen, die anderen Kritiken noch nicht zu lesen, damit du eine unbeinflusste Kritik von mir erhältst.

Diese Geschichte geht direkt unter die Haut. Sie ist die vierte Geschichte, die ich von dir lese und bei weitem die Beste!!!!
(Habe Vorfreude auf das, was noch kommt. :) )

Sie stellt für mich eine gelungene, gut dargestellte Mischung aus Realität und Reflektion dar, denn deine Hauptperson (ich hasse die Vokabel Protagonist)wechselt in seiner Darstellung zwischen dem, was er empfindet und dem was er darüber denkt.
Ein wenig steht er daher über seinen eigenen Dingen, so als habe er den genügenden Abstand zu verstehen, in welche heillose Gedankenwelt er sich da verstrickt hat.
Was mir an dieser Geschichte so gut gefällt und weshalb sie so unter die Haut geht, ist, dass man deiner Hauptperson seine übertriebenen aus seiner Unsicherheit heraus geborenen Ängste abnehmen kann.

Manchmal glaube ich, wenn es nicht zufällig radikal aberzogen wurde, verfügt jeder Mann über genau diese dunkle Seite in seinem Charakter. Ich erlebe Männer genau so, wie du diesen Menschen beschrieben hast und ebenso ergeht es mir mit deiner Schilderung der Frau, die sich im Laufe der Zeit verselbständigt, es schafft ihr eigenes Leben zu führen.

Dieses lebenslange Mißverständnis zwischen beiden hast du ebenfalls eindringlich dargestellt. Dieses Leben zwischen Mann und Frau auf so völlig verschiedenen Ebenen. Sie leben zusammen, dabei sind ihre Motive derartig unterschiedlich, dass sie eigentlich fluchtartig voneinander Abstand nehmen müßten, wenn sie diese Andersartigkeit des anderen
erkennen könnten.

Auch deinen Schluß finde ich absolut gelungen. Du steigst aus der unweigerlich an dich herantretenden Situation, diese irgendwie auflösen oder beenden zu müssen, elegant mit dem Unfall aus.
Kein elendes Erkennen der eigenen Unfähigkeiten, kein Mord. Ich hatte wirklich Angst, du läßt es zu, dass dein Held seine Frau erschießt, weil dann dieses Ende der Geschichte dem Helden eine wahnhafte Note verliehen hätte, die aus meiner Sicht gar nicht gepaßt hätte. So bleibt er auf erschreckende männliche Weise ein ganz normaler Macho oder ich sage besser ein Mann, der seine Unsicherheit versucht, in den "Griff" zu bekommen, indem er seine Frau wie Menschenbesitz behandelt.

 
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Danke, geschätzte lakita, dass du dein Versprechen eingelöst und auch andere meiner Geschichten gelesen hast. Das freut mich sehr, vor allem darum, da du gleich meine Lieblingsgeschichte erwischt hast.

Und besonders freut mich natürlich, dass sie dir gefallen hat!

Nun, jetzt hast du mich wirklich beeindruckt. Ich werde mir bei Zeiten (heute?) auch deine Geschichten durchlesen. Zwei sind es, wenn ich richtig gezählt habe...

Nun, abermalige liebe Grüße aus Wien, bis gleich,
dein Peter

[Beitrag editiert von: Peter Hrubi am 06.03.2002 um 09:12]

 

Ich finde deine Geschichte hervorragend!

Ich werde mich noch differenzierter dazu äußern.

Gruß,

Batch

 

wirklich gut gelungen und an der umsetzung gibt es gar nichts zu meckern (ausser den üblichen wenigen tippfehlern ;) ).

allerdings finde auch ich, dass die frau nicht so 'billig' sterben hätte sollen. da ich aber den schluss mit den sandsack am besten finde, will ich auch nicht, dass sie nachhause kommt und versöhnung oder mord folgt. sterben muss sie auf alle fälle. :D

was hältst du von der idee, dass sie sich an diesem abend selbst umgebracht hat? die aussage, dass sie sich entgültig von ihm losgesagt hat, würde verdeutlicht und der schluss logischer.

aber nur mal so ein vorschlag, die geschichte gefällt mir so oder so sehr gut!

grüße,
franzl

 
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Meine Absicht war zu zeigen, dass der ganze Unsinn mit Haben nur im Kopf des Protagonisten passiert. Niemand sonst hatte je die Vorstellung, Er besitze Sie, Sie besitze Ihn, oder jemand anderer besitzt jemanden. Niemand hat dieses quere Bild im Kopf, außer der Protagonist.
Wer vielleicht Erich Fromm kennt und seine Werke liest, erkennt vielleicht ein bisschen seine Gedankenwelt wieder.
Der Protagonist sagt, dass er sie besitze. Das ist das einzige Haben.
Seine Frau lebt das Sein, sie Ist, kommt sich aber durch die Einstellung ihres Mannes eingeschränkt vor ihr Sein auch verwirklichen zu können. Darum versucht sie, ihn zu ändern, aber es gelingt ihr nicht und sie versucht, trotzu seines Habens zu Sein.
Sie könnte nie Selbstmord begehen, denn dann würde sie das Sein zerstören, was apokalyptisch wäre, anstatt ihre Probleme zu lösen.
Für den Mann, der hat, ist Mord allerdings eine Lösung. Ein gute, ureigene Lösung sogar. Schöne Blumen pflückt man, man tötet sie um sie besitzen zu können. Schmetterlinge hängen an einer Pinwand und werden besessen. Man bereichert sich nicht an ihrem Anblick, wächst dadurch, dass sie Sind, man tötet sie, man will sie besitzen und niemand anderer soll das sonst!
Dies nur zur Erklärung, warum die Figuren so handeln, wie sie handeln.
Das die Frau durch einen Unfall stirbt zeigt mehrere Dinge. Einerseits, dass man nicht besitzen kann. Vielleicht hätte er sie erschossen und dann sich selbst. Er hätte sie der Welt weggenommen, aber er hätte sie nicht besessen. Und nun hat das Schicksal entschieden was geschieht.
Was mich weiterführen lässt. Man kann nicht entscheiden, dass man jemanden besitzt und es stellt allgemein Besitz in Frage. Es gibt zumindest noch eine Kraft, die entscheidet. Und jeder Besitz scheint im Gegensatz zu dieser klein.
Wäre der Mann bei einem Autounfall gestorben und die Frau hätte überlebt, so hätte sie als Seiende versucht, durch dieses Geschehen zu wachsen, daraus zu lernen und aus der Zeit zu profitieren, die sie gemeinsam hatten. Sie könnte noch immer sein.
Der Mann hat sich selbst durch seinen Besitz definiert und da seine Frau, sein Besitz, gestorben ist, kann er nicht mehr besitzen, er kann nicht mehr Haben und somit hat sein Leben keinen Sinn mehr.

<Verdammt, jetzt hab ich alles selbst Interpretiert. Wird nimmer vorkommen. Geh jetzt heia machen. Bye, Peter

 

lol.....wir sehen die dinge gleich peter. nur hab ich mir gedacht, sie könne nur dann 'sein' wenn sie sich umbringt. die pointe im sinne vom 'club der toten dichter'

dann hätte mir die geschichte noch besser gefallen, weil sie mehr philosophisches gehabt hätte. ich nehme mal an, du hast den club der toten dichter gesehen und weißt, was ich sagen will. wenn nicht, sag ich dir es gerne ausführlicher ;)

grüße,
franzl

 

Na ich weiß nicht, die Kurzgeschichte ist klasse. Aber ein Roman schreit doch im Grunde nach Nebenhandlungen, allgemein nach ausgeprägten Handlungen, aber das würde den Stoff glaube ich ziemlich verfälschen, oder zumindest etwas von seiner Qualität nehmen. Und ohne diese Nebenhandlungen weiß ich nicht, ob ein Roman daraus zu machen wäre.
Mach ruhig was du willst, aber überleg dir wirklich, wie du es umsetzt. Und noch ein Tipp zum Charakter. Wenn du beschreiben willst, wie er fremdgeht, so würde ich es keinesfalls ausführlich machen. Der Typ muß es erst mal als nichtig empfinden und sich selber eine ihm plausible Erklärung zusamenstellen, wieso er das darf und wieso die Frau nicht. Ob sie nun logisch ist oder nicht, denke ich, daß solche Typen nicht einfach nur sagen, ich bin der King, sondern noch nach Gründen suchen. Aber das gilt nur für sich, die Gründe würde die Frau wohl kaum zu hören bekommen.
Viel Erfolg bei deinem Projekt.

[Beitrag editiert von: zorenmaya am 07.03.2002 um 15:19]

 

Achja! Der Roman, den müsste ich glaube ich noch irgendwo gespeichert haben. Angefangen und nie vollendet.

Tja, zum einem bin ich draufgekommen, dass ich keinen Roman schreiben kann. Habe (noch) nicht die Ausdauer dafür.
Andereseits ist das Endprodukt "Vom Haben der Liebe" gar nicht wie die Kurzgeschichte wird. Da wird begonnen bei der Kindheit des Protagonbisten, endet bei dem Kurzgeschichten-Schluss. Als Epilog beschreibe ich noch Szenen, die in der Geschichte vorkommen, aus der Sicht anderer Personen (seiner Frau, etc.). Wurde gar nicht mal so schlecht, aber diese Idee aus meinem Kopf auf den Monitor zu bringen ist eine andere Geschichte. Da fehlt es mir an Kondition.

Somit belasse ich es bis dahin bei der Kurzgeschichte.

 

Weiß ganz genau was du meinst. Da vielleicht noch ein Tipp, wenn du es schaffst, so auf 30-90 buchseiten zu kommen, dann mach doch einfach ein Episodenroman daraus, wo jede Geschichte irgendwie miteinander zu tun hat. so hast du sagen wir mal 4 verschiedene Geschichten und dennoch einen Roman.

 

Hallo Peter,

mal sehen wieso ich deine Geschichte so gut finde.


Zum Inhalt:

Der Protagonist schildert seine jahrelange Beziehung zu seiner Freundin, die im Verlauf der Geschichte zu seiner Frau wird. Diese Beziehung ist zum einen durch die paranoiden Vorstellungen des lyrischen Ichs und zum anderen durch die Bestrebungen seiner Frau sich selbst zu verwirklichen, gekenntzeichnet. Der Protagonist ist besessen von der Idee seine Frau zu besitzen. Dies geht soweit, dass er sich dazu entschließt, sie zu töten, damit sie ihm nicht mehr weggenommen werden kann. Sein Plan scheitert, weil seine Frau zuvor bei einem Autounfall ums Leben kommt. Die Geschichte endet damit, dass der Protagonist wie im Wahn mit seinem Gewehr spricht und Sand betrachtet, der langsam durch seine Finger rinnt.


Interpretation:

Was ist Liebe? Für den Protagonisten der vorliegenden Erzählung ist „Liebe“ und „Besitz“ ein und dasselbe („Sie sagte ich solle doch sagen "Ich liebe dich”, anstatt "Du gehörst nur mir allein!”. Was zum Teufel störte sie daran???“). Es wird an einem extremen Beispiel gezeigt, wie positive menschliche Empfindungen korrumpiert und pervertiert werden. Der Wunsch jemanden ‚besitzen‘ zu wollen, ist wohl kein seltenes Phänomen. Während ein gesunder, reflektierender Mensch mit solchen Empfindungen umzugehen weiß, baut der Protagonist eine paranoide Scheinrealität auf, die immer mehr sein Verhalten diktiert. Die Fehlinterpretation des lyrischen Ichs besteht darin, dass er sämltliche Handlungen seiner Lebensgefährtin mit Sexualität in Zusammenhang bringt. Jeden Schritt, den sie aus seinem Machtbereich zu tun gedenkt, wird von ihm als Versuch gedeutet ihn zu ersetzen. Basis hierfür ist eine mangelnde Kommunikationsfähigkeit („Ich hörte mir das ganze Gerede an und sagte kein Wort.“, „Doch all das sage ich nicht. Stattdessen: ‚Tu was du nicht lassen kannst.‘“), eine ausgeprägte Fixierung auf das eigene Ego, ein vollkommen anachronistisches Frauenbild, emotionale Abgestumpftheit und schlichte Furcht. Der Protagonist ordnet Menschen generell nur Funktionen zu. So ist seine Frau sein „Schatz“, sein „Kind“ nur Mittel zum Zweck, um die Kontrolle über sie aufrecht erhalten zu können. Besonders deutlich wird das dadurch, dass er an keiner Stelle, die Namen der beiden erwähnt. Das Mißverhältnis zu seinem Nachwuchs (es wird zu keinem Zeitpunkt erwähnt ob es sich um ein Mädchen oder einen Jungen handelt) zeigt sich bereits bei dessen Zeugung. So heisst es dazu: „[...] andererseits hatte ich eine fabelhafte Idee, wie ich es schaffen konnte, dass sie mir weiters gehörte und sie weiterhin mein Juwel blieb.“ und später bei der Geburt: „Ich war gerade dabei mein Gewehr (StG77, verdammt starkes Stück) zu säubern, als der Anruf kam, dass ich Vater eines Kindes sei. Es war ein schönes Gewehr und ich liebte es sehr. Es machte mir Spaß es zu säubern und auch riesigen Spaß es zu gebrauchen.“.
Es besteht ein grundsätzlicher Unterschied zwischen den beiden Hauptfiguren. Während sich das lyrische Ich durch seinen Besitz und damit durch Machtausübung und Kontrolle definiert, sucht seine Frau nach der eigenen Identität, die nicht von Besitz abhängt, sondern von gemachten Erfahrungen („‘Was willst du noch? Möchtest du noch einen Hund? Eine Katze? Vielleicht noch ein Kind?‘, fragte ich sie, doch sie antwortete, dass das nichts mit ‚haben‘ zu tun hätte, es hat etwas mit ‚sein‘ zu tun.“). Interessant ist die Beziehung des lyrischen Ichs zu einer Prostituierten. Zum einen, weil es das Weltbild des Protagonisten eindrucksvoll zeigt, zum anderen, weil „die Dame“ dem lyrischen Ich die Perspektive seiner Frau nahezubringen versucht („Aber es gäbe keine Möglichkeit sie zu besitzen und ich solle aufhören es zu versuchen. Man kann einen Menschen nicht besitzen, wir alle sind frei, Gott sei Dank. Keine Möglichkeit dies zu tun. Demokratie, Bla Bla! Bla Bla...“). Allerdings bleiben ihre Bemühungen erfolgslos, weil keine Reflektion über die angesprochenen Punkte stattfindet. Die intimste Beziehung führt der Protagonist mit seinem Gewehr. Er identifiziert sich damit. Seine Waffe steht symbolisch für die Macht über Leben und Tod. Als er die Kontrolle über seine Frau verloren glaubt, beschliesst er sie zu töten. Innerhalb des menschenverachtenden Wertesystems der Hauptfigur eine nachvollziehbare Entscheidung: Ressourcen werden vernichtet, bevor sie potentiellen Konkurrenten zufallen könnten. Doch was geschieht? Sie stirbt zuvor bei einem Autounfall. Der Protagonist muss sich einer Ohnmachtssituation stellen, das Schicksal hat ihm die Entscheidung abgenommen, die Illusion von Menschenbesitz zerspringt. Angesichts der Überforderung flieht die Haupfigur in Wahnvorstellungen und erhebt sein Gewehr zu seiner Geliebten. Er greift etwas Sand und bildet eine Faust, dadurch rieseln die Sandkörner zu Boden, bis er schliesslich keine einziges Sandkorn mehr in der Hand hält. Eine schöne Allegorie. Kontrolle ist nur eine Illusion, je härter der Zugriff wird, umso größer der Drang sich ihm zu entziehen. Letzte Grenze ist das Schicksal, er führt jede Vorstellung von Kontrolle ad absurdum, so dass am Ende nur das eigene Ich bleibt. Ein Selbstmord der Hauptfigur erscheint wahrscheinlich, weil ihm der Sinn zur Existenz entzogen wird. Die Erkenntnis über die Unmöglichkeit von Kontrolle bleibt dem Leser vorbehalten. Der Protagonist hingegen wird wahnsinnig, es gibt keine Katharsis, keine Läuterung, keine Umkehr.

„Vom Haben der Liebe“ zeigt auf eindrucksvolle Weise eine gesellschaftliche Tendenz auf, die eigene Identität anhand von exogenen Werten festzumachen. Begünstigt durch den Zerfall des Ostblocks, der einen weltweiten ideologischen Rechtsruck bewirkte und durch die Interessen der Industrie, die sich ihrerseits saturierten traditionellen Märkten gegenüber sieht, lässt sich die Komerzialisierung des – natürlich nur scheinbaren – Individualismus nicht leugnen. Das ökonomische Denken bekommt immer größeren Einfluß auf den Umgang miteinander. Betriebswirtschaftliche Denkweisen, werden in immer stärkeren Maße auf Beziehungen angewandt (siehe zu diesem Thema Kapitalistische Intimität). Extrapoliert man diese Entwicklung, so findet sich am Ende eine inhumane, furchtsame, vor Psychosen strotzende Gesellschaft, der die Sandkörner durch die Finger rinnen, eine Gesellschaft, die das Wesentliche übersieht.

„Vom Haben der Liebe“ hält der Gesellschaft und auch dem Einzelnen als Individuum den Spiegel vor und zwingt durch die Überzeichnung bestimmter Verhaltensweisen die eigenen zu überprüfen.

Sehr gelungen, wie ich finde.

Gruß,

Batch


P.S. : Ich hätte noch einige Stellen deiner Geschichte zu kommentieren, was ich vielleicht noch nachholen werde, aber für heute reichts mir erstmal :) .

[Beitrag editiert von: Batch Bota am 07.03.2002 um 23:26]

 

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