Was ist neu

Von der Sehnsucht

Seniors
Beitritt
04.01.2004
Beiträge
928
Zuletzt bearbeitet:

Von der Sehnsucht

Die weißen Kristalle schweben hoch, wirbeln umher, lösen sich in der Schwärze meines Kaffees auf.

Ich bin nur ein Tropfen dieses weiten Ozeans.

Meine Gedanken kleben an seinen wie das süße Baklava zwischen meinen Zähnen. Seine Wörter tanzen in meinem Kopf zu der Bauchtanzmusik aus der Stereoanlage. Das langgezogene Dieee eines Streichinstruments und die wehmütige Stimme - es zerreißt mich innerlich.

Lasst Raum zwischen euch
So wie die Saiten einer Laute allein sind und doch von derselben Musik erzittern.

Ich werfe ein paar Münzen auf den Tisch, eile aus dem Cafe, rufe "Ma Salama!". Zwei Männer küssen ihre von der Sonne gegerbten Wangen, ihre kratzigen Rufe mischen sich mit dem Glockenklang der Kathedrale von Bechari. Der Duft von Kreuzkümmel und Koriander umschmeichelt das schwarze Haar lachender Frauen – kein Kopftuch in diesem libanesischen Ort. Wenn die Wirklichkeit nicht den Klischees in meinem Kopf entspricht, bin ich verwirrt. Kann die Wirklichkeit jemals den Bildern entsprechen, die wir uns von ihr machen?

Oftmals bedient sich die ewige Wahrheit einer geheimnisvollen Sprache.
Seele und Natur unterhalten sich miteinander,
während der Mensch abseits steht, sprachlos und verwirrt.

Mein Weg führt steil bergauf. Atemlos blicke ich auf die schneebedeckten Gipfel oberhalb des Zedernwaldes.

Wenn die Liebe dir winkt, folge ihr, sind ihre Wege auch schwer und steil.

Noch immer von diesem Lied beschwingt, schwebe ich meinem Ziel entgegen. Müde von einem Übermaß an Neuem, vibrieren meine Sinne, verschmelze ich in der Fremde. Endlich streichen meine Finger über die rauen Mauern des Klosters Mar Sarkis.

Wenn du liebst, solltest du nicht sagen:
"Gott ist in meinem Herzen",
sondern: "Ich bin in Gottes Herzen."

Der bärtige alte Mann lässt mich kalt, doch die Wärme dieser Worte dringt bis in mein Innerstes, lässt mich von dem Ort ahnen, an dem die Herzen aller Religionen sich treffen. Ich fröstle in der Höhle, die er sich als letzte Zuflucht ausgesucht hast. Endlich stehe vor dem schlichten Kreuz mit der Aufschrift:

Khalil Gibran 1883 – 1931

 
Zuletzt bearbeitet:

Zentrieren kannst Du,
indem Du den Text einfach im Editor markierst
und auf das mit
----------
--------
----------
--------
bezeichnete Symbol klickst.​

EDIT: Inhaltlich eine Art Wallfahrt zum Grab eines Philosophen? Die zitierten Zeilen klingen schön und werden von Dir mit subjektiven Eindrücken ergänzt. Im Moment kann ich noch nichts dazu sagen, da müsste ich erst länger nachdenken.
Schön ist es aber.

Grüße,
Naut

 

Die weißen Kristalle schweben hoch, wirbeln umher, lösen sich in der Schwärze meines Kaffees auf.

Ich bin nur ein Tropfen dieses weiten Ozeans.​
Meine Gedanken kleben an deinen wie das süße Baklava zwischen meinen Zähnen.
Wolltest du es so, tamara?

 
Zuletzt bearbeitet:

@Naut: Tausend Dank! Ich sollte doch ab und zu mal die Augen aufmachen! :bonk:
Freut mich, dass es dir gefällt! Freut mich noch mehr, dass du drüber nachdenken willst! Das ist hier wohl nötig. Ja, es soll eine Art Pilgerfahrt zum Grab sein!

@Sim: Ja, genau so wollte ich es haben! So sieht es wesentlich schöner und lesbarer aus!
Dank dir auch!

:kuss: euch beiden!
tamara

 

tamara, ich würde der Übersichtlichkeit halber noch Leerzeilen vor und nach die zentrierten Teile machen. Morgen schreibe ich dann auch was zum Inhalt ;)

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Sim,
ich habe die Leerzeilen mal ausprobiert, sieht ein bisschen leer aus, ;): na, eben ungewohnt. Aber es ist auch ein ungewöhnlicher Text für mich. Mal sehen.
bis morgen dann
danke
tamara

 

Hallo tamara,

erst noch einmal zum Layout ;) Anstelle von > und < würde ich die zitierten Passagen einfach kursiv setzen. Dann heben sie sich glaube ich deutlicher als Zitat ab. Die Leerzeilen machen es auf alle Fälle schon mal sehr viel übersichtlicher.

Zum Inhalt. Die Sätze eines Philosophen geleiten einen Prot auf dessen Pilgergang zu seinem Grab. Fast gottgleich betet der Prot den Philosophen an.
So liegt der Eindruck nahe, du wolltest uns selbst deine Verehrung für diesen Philosophen mitteilen. Eine tiefe Verehrung kommt jedenfalls an.

Um so mehr irritiert mich natürlich der letzte Absatz. Hier wird ein Dichter, ein Poet, ein Künstler, ein Philosoph zum Gott gemacht, der sein eigenes Zentrum im Glauben gefunden hat. Der fundamentale Kraft aus der er schöpft, wird schlichtweg beiseite gewischt, der Mensch selbst zum Zentrum.
Nichts, scheint mir, hätte Khalil Gibran weniger gewollt.

So erscheint mir der Text formal gelungen, inhaltlich zwiespältig, da von einer Verehrung getragen, die auf einem Missverständnis beruht.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Sim,
das Schwärmen ist bei meiner Figur übertrieben, das stimmt. Liegt vielleicht auch daran, dass ich einmal in einem poetischen Stil schreiben wollte. Das fällt mir nicht so leicht, vielleicht bin ich da übers Ziel hinaus geschossen. Zumal ich nie im Libanon war und nicht viel mehr als die paar Zeilen von Gibran gelesen habe!
Freut mich sehr, dass du Khalil Gibran auch als jemanden siehst, dem eine Anbetung nicht gefallen würde. Aber dass er von meiner Figur im letzten Satz wie ein Gott angesehen wird, das wollte ich doch nicht, das verstehe ich nicht so ganz. Meine Figur sagt doch, dass Gott sie kalt lässt. Ich lasse sie jetzt nur noch "ahnen", statt kosten. Außerdem wird der Dichter probehalber mit "er" statt mir "du" angesprochen, ich denke, das schafft mehr Distanz, ist trotzdem noch eindringlich genug. Mehr fällt mir nicht ein.
Am meisten freut mich, dass du sonst nichts kritisierst! Du bist immerhin dafür bekannt, sehr offen, konstruktiv und sehr fachkundig kritisieren zu können. Ich hatte z. B. befürchtet, dass die Zitate zu frakmentarisch sind, kein Zusammenhang erkennbar. Schön, wenn es nicht so ist!
Danke auch für die Formatierungstipps, kursiv ist sehr gut!
viele liebe Grüße
tamara

 

kein Kopftuch in diesem libanesischem Ort. Wenn die Wirklichkeit nicht den Klischees in meinem Kopf entspricht, bin ich verwirrt. Kann die Wirklichkeit jemals den Bildern entsprechen, die wir uns von ihr machen?

Es heißt "in diesem libanesischen Ort".

An dieser Stelle habe ich das Gefühl, dass Deine eigene Verwunderung und Überraschung durch den Protagonisten hervorschimmert. Ich denke, dass jemand der Gibran verehrt und extra zu seinem Grab pilgert, sich doch vorher auch viele Informationen über den Autor und seine Heimat geholt haben wird. Wieso ist es denn dann noch verwunderlich, dass Gibran aus einem von vielen Christen bevölkerten Ort im Libanon kommt? Dass es solch einen Ort gibt?

OT: Wieso denkt man eigentlich, dass ein Land, in dem Muslime leben, viele "Kopftücher" haben müsste?

Nun ja, was mich stört: Die zitierten Passagen nehmen fast den ganzen Text ein. Ist meiner Meinung nach zu wenig Eigenleistung, insofern dass bei mir nicht so richtig die Athmosphäre entstehen will. Ich denke, als Reisender macht man viel mehr Beobachtungen. Die fehlen mir.

 

Hi tamara,

ich habe die Geschichte jetzt etwas einsinken lassen. Die neue Strukturierung macht sie leichter lesbar. Dabei wurde mir auch klar, was mir noch fehlt: Deine Szenen sind zu kurz. Sie wirken, und ich finde sie schön, aber ich habe mir bei jeder gewünscht, dass sie noch ein wenig länger wäre.
Ein paar weniger Adjektive wären auch schön, aber auch so ist der Text gut.

Inhaltlich hat es mich ein wenig an Hesse erinnert. Ich weiß nicht genau wieso, vielleicht wegen der "Pilgerreise".

Grüße,
Naut

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Zaza,
den Fehler habe ich berichtigt, danke! Ich hätte wissen sollen, dass du über das Kopftuch stolperst! ;) In einem moslemischen Land muss es nicht "viele" Kopftücher geben, verwunderlich ist, wenn es "gar keine" gibt! Außerdem soll das hier nur ein Beispiel, eine Metapher sein. Ich habe ja darauf hingewiesen, dass es ein Klischee ist!
Natürlich hast du Recht, dass es meine Verwunderung ist. Ein Reisender hätte auch schon mehrere andere Orte durchfahren.
Die Beobachtungen kommen zu kurz, stimmt auch, meine Figur versinkt in ihren eigenen, mystischen Gedanken.

Hallo Lukas,
freut mich sehr, dass dir das Schwärmerische wenigstens ein bisschen gefallen hat. Das mystische ist wohl wirklich Geschmackssache.

Demnächst schreibe ich wieder mehr Action! :D
Danke und liebe Grüße
tamara

 

Hallo Naut,
Oh, noch eine Kritik! Und dann gefällt es dir auch noch so gut, dass du dir mehr gewünst hast, vergleichst mich gar mit Hesse! Daran habe ich gar nicht gedacht, ich werde gleich rot! Ist wohl wirklich Geschmackssache.
Ja, ein paar griffige Metaphern hätte ich mir auch gewünscht!
Danke und lieben Gruß
tamara

 

hallo tamara,

ich bin beeindruckt. nicht von der eigentlichen kg (dazu gleich etwas), sondern von deinem stilbruch. so hast du in der tat noch nicht geschrieben und es ist dir gelungen. die sätze sind rund und machen nachdenklich. sie zielen auf das ziel deiner geschichte ab (so, wie ich sie verstehe). es geht um erkenntnis, die man erst nach einer langen zeit, nach einer langen reise, vor allem über einen schwierigen weg erfährt, deshalb vielleicht auch der symbolische "bergaufweg" zum philosophen.
kritisch ist nur zu sagen, dass man deiner kg nur durch vermutungen auf die sprünge kommt. hier und da ein kleiner hinweis auf die von dir beabsichtige aussage hätte ganz gut getan, aber wie gesagt:
hat mir gefallen! dein versuch einmal etwas anderes zu schreiben, ist gelungen!

einen ganz lieben gruß...
morti

 

Hallo morti,
oh, freut mich riesig, dass dir der Stil gefällt! Schön, wenn ich auch so etwas schreiben kann! Jetzt weiß ich wie es geht: einfach etwas in diesem Stil lesen. Gibran ist wirklich zu empfehlen!
Bei der KG muss man einiges Erahnen, stimmt. Ich habe darüber nachgedacht, könnte einiges klarer machen, aber alles in mir sträubt sich dagegen. Die KG ist für mich poetisch – und bei einem Gedicht versteht man ja auch nicht alles auf Anhieb. Demnächst schreibe ich wieder in anderen Stil, aber so ein lyrische Spritzer hier und da tun gut!
viele liebe Grüße
tamara

 

Hallo tamara,
eine schöne Idee, das Lied als roter Faden, als Begleiter hin zu dem Grab des Komponisten/Dichters. Das ist aber auch das Problem der Geschichte, weil die Aussage (die mehr romantisch als Philosophisch ist - obwohl: Mystik und Philosophie sind schwer zu trennen) recht isoliert da steht.

„Ich werfe ein paar Münzen auf den Tisch, eile aus dem Cafe, rufe "Ma Salama!". Zwei Männer küssen ihre von der Sonne gegerbten Wangen, ihre kratzigen Rufe mischen sich mit dem Glockenklang der Kathedrale von Bechari. Der Duft von Kreuzkümmel und Koriander umschmeichelt das schwarze Haar lachender Frauen – kein Kopftuch in diesem libanesischen Ort. Wenn die Wirklichkeit nicht den Klischees in meinem Kopf entspricht, bin ich verwirrt. Kann die Wirklichkeit jemals den Bildern entsprechen, die wir uns von ihr machen?“
- Das ist sehr schön beschrieben, wie man es von dir kennt. Zu der rhetorischen Frage: Wenn es von uns gemachte Bilder sind, wird die Wirklichkeit immer anders sein.

„während der Mensch abseits steht, sprachlos und verwirrt.
Mein Weg führt steil bergauf. Atemlos blicke ich auf die schneebedeckten Gipfel oberhalb des Zedernwaldes.“
Hier fehlt eine Leezeile.

L G,

tschüß… Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,
herzlichen Dank fürs Lesen und Kritisieren!

Woltochinon schrieb:
Das ist aber auch das Problem der Geschichte, weil die Aussage (die mehr romantisch als Philosophisch ist - obwohl: Mystik und Philosophie sind schwer zu trennen) recht isoliert da steht.
Da hast du wohl recht, es ist eher eine romantische Geschichte über einen Philosophen!
Woltochinon schrieb:
- Das ist sehr schön beschrieben, wie man es von dir kennt. Zu der rhetorischen Frage: Wenn es von uns gemachte Bilder sind, wird die Wirklichkeit immer anders sein.
Freut mich, dass es dir gefällt! Die Geschichte war ein Experiment, so lyrisch habe ich noch nie geschrieben!
In meiner rhetorischen Frage steckt also doch ein kleiner, philosophischer Gedanke! Ich glaube, ich habe mit Absicht eine rhetorische Frage formuliert. So herum klang es für mich aber auch poetischer, als wenn ich geschrieben hätte: Können die Bilder, die wir uns von der Wirklichkeit machen, dieser entsprechen?
liebe Grüße
tamara

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom