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Vor einer dunklen Nacht ging er aus seiner stillen Hütte

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25.11.2024
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Anmerkungen zum Text

Ein anderer Text auf dieser Seite hat mich dazu gebracht, selbst einen Account zu erstellen und ein wenig im Schreibfluss zu schwimmen :)

Vor einer dunklen Nacht ging er aus seiner stillen Hütte

Die Sonne hatte sich zurückgezogen, und mit ihr die flimmernde Schwere des Tages. Erste Tropfen fielen, kaum sichtbar auf der Fensterscheibe. Er stand am Glas, die Hände locker auf der Lehne seines alten Stuhls, und schaute. Bald folgten weitere Tropfen, zunächst vereinzelt, tastend, ehe dann der Regen wie ein graues Tuch über die Felder fiel. Vom offenen Fenster aus war der Geruch feuchter Erde, aufgeweichter Blätter und immer nasser werdender Hölzer zu vernehmen. In der Ferne, draußen, reckte eine Birke ihre schlanken Äste in den Regen. Das Laub war noch grün, doch an den Rändern zeichnete sich bereits ein Hauch von Gelb ab.

Das Zimmer hinter ihm lag still. Nur das Klopfen des Regens auf das Schieferdach unterbrach die Stille – ein gleichmäßiger Rhythmus, der das Drinnen und Draußen miteinander verband. Der Boden unter seinen Füßen raunte leise, als er sich umdrehte, um den Raum zu mustern. Ein Stapel Bücher lag auf dem Schreibtisch, ungeordnet, das oberste mit einem lose eingesteckten Lesezeichen. Daneben ein Notizheft, aufgeschlagen, die letzte Zeile abgebrochen. Seit Wochen hatte er über diesen Zeilen gehangen, neben ihnen geschlafen und war mit ihnen einen Bund eingegangen – einen Bund, den er jetzt hinterfragte. Schon bei der Festlegung des Themas musste der Professor die Angst in seinen Augen gesehen haben. „Keine Sorge. Sie haben doch bis zum Winter“, war seine Antwort gewesen. Heute Nachmittag würde er keinen nutzbaren Gedanken mehr zustande bringen – frühestens wieder in der Nacht.

Er nahm die Jacke vom Haken, zog sie über die Schultern und trat hinaus. Der Regen prallte auf das Leder, perlte ab und hinterließ matte Schlieren. Seine Schritte führten ihn über den Kiesweg, vorbei an den Büschen, deren Zweige schwer unter der Feuchtigkeit hingen, dann zum Gartentor. Hier blieb er stehen. Das Land vor ihm erstreckte sich in die graue Unendlichkeit des Regens. Die Felder, die Hecken, die schlanken Baumreihen – alles schien in Bewegung und dennoch seltsam still. Er schloss das Tor hinter sich, hörte das metallene Klicken des Riegels. Seine Schritte hinterließen kaum sichtbare Abdrücke auf dem aufgeweichten Boden, die sich im nächsten Moment mit Wasser füllten und verschwanden. Der Weg führte ihn an einem Strauch vorbei, der voller schwarzer Beeren hing. Tropfen sammelten sich an den Zweigen, glänzten wie Glas, ehe sie fielen. Er blieb stehen, streckte die Hand aus und pflückte eine Beere, die dunkel und prall in seiner Hand lag. Als er sie zerbiss, war der Geschmack überraschend herb, beinahe bitter, doch er ließ sie auf der Zunge zergehen und kaute weiter, bis sie all ihren Geschmack verloren hatte. Und auch dann kaute er noch weiter – kaute, bis er die geschmacklose Beere ausspuckte.

Er war vom kleinen Feldweg zu einem Fluss gekommen, den der Regen hatte anschwellen lassen. Das Wasser war nicht mehr leise und gleichmäßig wie an den heißen Tagen zuvor, sondern drängte, strömte mit einer Kraft, die ihn für einen Moment innehalten ließ. Das Ufer war übersät mit Zweigen, Blättern und kleinen Holzstücken, die die Strömung mit sich getragen hatte. Er folgte dem Feldweg in ein dicht bewachsenes Waldstück. Die Bäume standen eng beieinander, ihre Stämme dunkel und glänzend vom Regen, die Blätter dicht und schwer, sodass der Wind nur in flüchtigen Stößen hindurchdrang. Ein toter Baum lag niedergestreckt auf der Erde; die Wurzeln waren noch trocken. Er setzte sich auf diesen Baum, ließ die Jacke auf den Schultern liegen und vernahm, wie ihm der Regen ins Gesicht fiel – kühl und belebend. Er ließ den Kopf zurücksinken, die Augen halb geschlossen, und lauschte. Der Regen klang anders hier: weicher, gedämpfter, als hätten die Tropfen auf ihrem Weg durch die Blätter etwas von ihrer Schwere verloren. Er zog die Hände aus den Taschen und ließ die Finger über die feuchte Rinde gleiten und das kühle, samtige Moos ertasten. Noch niemals zuvor hatte jemand auf diesem Baum gesessen.

Eine Bewegung am Waldrand ließ ihn aufblicken. Ein Reh, vorsichtig, kaum mehr als ein Schatten, trat zwischen den Bäumen hervor. Seine Augen suchten, die Ohren zitterten bei jedem Geräusch. Für einen Moment schien es, als habe das Tier ihn bemerkt, doch dann senkte es den Kopf und begann, an den Grashalmen zu zupfen, die im Regen schlaff über den Boden hingen. Er hielt den Atem an, wagte keine Bewegung. Das Reh blieb noch eine Weile und zog sich dann mit einem leisen Rascheln zurück in den Wald. Die Stelle, an der es gestanden hatte, wirkte daraufhin seltsam leer und verlassen. Diese Stelle starrte er an, versuchte sich immer wieder das Reh in Erinnerung zu rufen, und gab sich selbst einen Ruck, wenn er kurz davor war, zu vergessen, wie die Augen geglitzert hatten.

Als es dunkler wurde, ließ der Regen nach, und es folgte ein leises Nieseln. Gleichzeitig, oder als Folge dessen, klarte der Himmel auf, und so fiel das Gewicht des Tages langsam von ihm ab. Zwischen den Baumkronen schimmerte Sternenschein nieder, als er aufstand, den Baum zurückließ und sich auf den Heimweg machte. Er warf einen letzten Blick zurück; auf einmal durchdrang ihn Zeitlosigkeit. Das leise Summen des Waldes war zurückgekehrt. Erst eine Grillenstimme riss ihn aus seinen Gedanken. Obwohl der Regen aufgehört hatte, fielen immer noch Tropfen von den Blättern. Von einem der Bäume fiel ein solcher Tropfen geradewegs hinunter, aber nicht auf den Boden, sondern genau auf die Schnauze eines Hundes. Dunkles Fell, nass bis auf die Haut, die schlanken Beine zitterten, und die großen, klugen Augen waren auf ihn gerichtet. Es war ein Straßenhund, kein Zweifel: Das Fell war verfilzt, die Flanken mager, und der Blick hatte etwas Unsicheres, Abwartendes, als wolle er zugleich Vertrauen fassen und fliehen. „Na“, sagte er leise, mehr zu sich selbst als zu dem Tier. Der Hund blieb reglos stehen, die Ohren zuckten leicht, doch er wich nicht zurück. Vorsichtig hockte er sich hin, hielt die Hände flach vor sich, ließ sie ruhen, als wolle er zeigen, dass er nichts verlangte. Minuten vergingen. Der Hund blieb, unsicher, das Gewicht auf den Hinterbeinen, bereit wegzuspringen. Er zögerte, senkte den Kopf, und dann – wider Erwarten – streckte er die feuchte Schnauze aus und stupste leicht gegen die ausgestreckte Hand.

Auf dem Rückweg folgte ihm das Tier, immer ein paar Schritte Abstand haltend. Manchmal so weit, dass er es aus den Augen verlor. Einmal bellte der Hund, als im Unterholz ein Ast knackte. Still standen beide da, warteten ab, lauschten in die Dunkelheit hinein. Dann ging er weiter und machte dabei die größten Bemühungen, nicht zufällig ein lautes Geräusch auszulösen. In dieser angespannten Stille wirkte das Pfeifen des Windes unbarmherzig. Als er das Haus erreichte, kam der Hund nach einiger Zeit ans Gartentor und blieb dort stehen. Er fühlte den Blick des Hundes, fast körperlich, sah das Nachdenken in seinem ganzen Wesen. Da der Hund aber nicht hereinkam, ließ er die Haustür offen stehen, zündete die warmen Lampen an und versuchte, die eindringende Kälte zu ignorieren. Er selbst trat nochmals vor die Tür, musterte die Hütte: „Wer würde freiwillig in diesen Schuppen eintreten?“ Der Gedanke hielt ihn fest, die Tropfen liefen ihm über die Stirn, und er konnte das Zittern seiner eigenen Hand spüren.

Irgendwann in der Nacht kam der Hund an die Eingangstür, streckte den müden Kopf hinein, schnupperte, kam schließlich herein und suchte sogleich in einer Ecke hinter einem Regal Schutz vor dem Wind. Es dauerte, bis er zur Ruhe kam, bis der Atem gleichmäßig und tiefer wurde. Doch er blieb wach, schloss die Tür erst, als der Hund schlief, zog jetzt erst seine Jacke aus und blickte aus dem Fenster. Der Mond schob sich langsam durch die Wolken, und mit ihm kam die ruhige Leichtigkeit der Nacht.

Er setzte sich an den Schreibtisch – und es gelang ihm zu schreiben.

 

Hallo Dehlmann,

ich hab deine Kurzgeschichte genossen, weil sie eine schöne Stimmung hat.
Die Handlung finde ich stimmig, denn Spaziergänge helfen nachweislich Wunder bei Schreib-, oder Denkblockaden. Das Setting, mit dem plätschernden Regen, dem Fluss, dem einsamen Hund und so weiter scheint mir die Emotionen des Protagonisten widerzuspiegeln. Daher scheint es mir nicht so gut zu passen, dass er offenbar an seiner Bachelor- oder Masterarbeit sitzt.

Zwischen den Baumkronen schimmerte Sternenschein nieder, als er aufstand, den Baum zurückließ und sich auf den Heimweg machte.
In dem Satz versuchst du sehr viel unterzubringen. Vielleicht funktionieren mehrere Sätze besser.

Er richtete sich auf, streckte die Arme vor und ging weiter.
1. Warum streckt er beim Gehen die Arme vor? Ist es inzwischen so dunkel geworden, dass er schlecht sehen kann?
2. "Er richtete sich auf" klingt, als würde er aufstehen, das hatte er aber vorher schon getan.

Du beschreibst sehr viele Details. Wie gesagt, ich mag diese Stimmung. Hier haben die vielen Details aber die Handlung verblassen lassen.

Er setzte sich an den Schreibtisch – und es gelang ihm zu schreiben.
Es entsteht kein Bild, weil du zwar sagst was passiert es aber nicht zeigst. Ich erlaube mir einen Vorschlag:

Er setzte sich an den Schreibtisch, atmete tief ein während sein Blick auf dem schlafenden Hund ruhte. Sein Blick wanderte auf das Notizheft. Er lies seinen Atem langsam entweichen, blätterte einige Seiten zurück und lies eine Seite offen liegen. Mit dem Blick ins Notizheft gebannt tastete seine Hand nach dem Stift. Er blätterte zurück zur letzten Zeile und begann zu schreiben.

 

Hallo @Dehlmann,

erstmal herzlich Willkommen bei den Wortkriegern. :anstoss:
Deiner Geschichte stehe ich zwiegespalten gegenüber. Sie ist gekonnt geschrieben und man kann sie tadellos lesen. Sie hat mich nach dem ersten Lesen gleich an das Gedicht "The Thought Fox" von Ted Hughes erinnert. Hughes beschreibt darin die Entstehung eines Gedichtes, die Denk- und Schreibprozesse, anhand eines Fuchses im nächtlichen Wald.
Das habe ich bei dir ähnlich gelesen, zunächst das Reh, das scheuste Tier, das man sich gemeinhin vorstellen kann, als der Prot auf dem Baumstamm gerade zur Ruhe kommt und in Kontakt mit seiner Umwelt tritt. Dann der Hund, wiederum mit wilder Vorfahrenschaft, aber das domestizierteste Wesen, das man sich gemeinhin vorstellen kann. In deiner Geschichte in der MIschvariante: verwildert, aber immer noch in domestizierter Form. Die scheuen, widerspenstigen Schreibprozesse, die sich dann aber doch etwas an die Leine legen lassen, nicht in der ganz eleganten Form, wie das Reh sie mitbrachte und das man konzentriert festhalten wollte, eher wie ein räudiger, kluger, nasser Hund, der sich doch ein wenig zähmen lässt zum Schluss.
Das ist soweit schön beschrieben, auch das Setting. Was mir inhaltlich ein wenig fehlt, ist eine Auflockerung der Romantik, ein paar Kontrapunkte, die sie durchbrechen, und inhaltlich etwas Neues. Ein schreibender Mensch, allein in seiner Kajüte mit Schreibtisch und Büchern, es regnet schwer etc., er kann nicht schreiben, hat dann positive Naturerfahrungen, die ihm wiederum helfen, in den Schreibprozess zurückzufinden, das alles habe ich sehr oft gelesen, wobei ich deiner Variante zugute halte, dass sie durchdacht, auch oder gerade in den Details, und gekonnt gemacht ist. Trotzdem schrammt sie meist haarscharf am Klischee.
Was mir nicht gefällt, ist der Titel. Wieso "Vor einer ... Nacht"? Es ist doch schon Nacht? Dann "Vor einer dunklen Nacht" , puh, warum der Zusatz? Was sonst? :rolleyes:
Der Titel klingt gewollt getragen literarisch, trifft aber für mein Verständnis daneben.

Er nahm die Jacke vom Haken, zog sie über die Schultern und trat hinaus.
Ehrlich? Er zieht die Jacke nicht an, obwohl er vorhat, länger draußen zu bleiben?
Da der Hund aber nicht hereinkam, ließ er die Haustür offen stehen, zündete die warmen Lampen an und versuchte, die eindringende Kälte zu ignorieren.
Das finde ich ein schönes Detail. Denk- und Schreibprozesse sind nicht nur warmes Kämmerlein, es mischt sich sehr.

Cold, delicately as the dark snow
A fox's nose touches twig, leaf;
Two eyes serve a movement, that now
And again now, and now, and now

Sets neat prints into the snow
Between trees, and warily a lame
Shadow lags by stump and in hollow
Of a body that is bold to come​


from The Thought Fox,
Ted Hughes

Viele Grüße,
Helen

 

Vielen Dank!

@Mashomi
Es freut mich sehr, dass dir die Stimmung gefallen hat. Zum Thema mit der wissenschaftlichen Arbeit war für mich gerade der Kontrast reizvoll, weil im Gegensatz zum Schreiben eines Romans Wissenschaftliches Schreiben oft als rein rationaler, methodischer Akt gesehen wird. Du hast völlig recht, dass der Satz sehr verdichtet ist. Irgendwie ist das immer eine Gratwanderung: Einerseits möchte ich eine reiche, poetische Sprache verwenden, andererseits darf sie nicht die Lesbarkeit verlieren.

Den "Er richtete sich auf..."-Satz habe ich komplett gestrichen.

Dein Vorschlag für die Schreibszene ist sehr schön und anschaulich, und ich verstehe, was du meinst, wenn du sagst, dass meine Version „kein Bild“ entstehen lässt. Ich wollte diesen Moment bewusst knapp halten, um den Fokus nicht auf den Akt des Schreibens selbst, sondern auf die Tatsache zu legen, dass es ihm endlich gelingt.

Trotzdem finde ich deinen Vorschlag gut!

Ich hoffe du bist immer so spät noch wach und hast nicht durch meinen Text keinen Schlaf gefunden! :)

@Helenesthe
Vielen Dank für die Begrüßung ;)
Ich schätze es sehr, dass du dir die Zeit genommen hast, so tief in den Text einzutauchen und deine Gedanken zu teilen. Die Assoziation mit Ted Hughes’ The Thought Fox ist eine spannende Lesart, die ich nicht aktiv im Kopf hatte, die mir aber gefällt. Was Klischees angeht: Ich habe versucht das bekannte Motiv aufzunehmen. Mein Fokus lag dann darauf, den Moment so intensiv wie möglich erlebbar zu machen – nicht durch große Wendungen, sondern durch Details, Stimmungen und eine Nähe zum Elementaren. Wenn das für dich noch nicht genug frische Akzente gesetzt hat, ist Wenn das nicht genug frische Akzente sind, ist das aber auch eine legitime Lesart.

Deine Kritik am Titel nehme ich ernst, auch wenn ich persönlich die Entscheidung mag. „Vor einer dunklen Nacht“ spielt bewusst mit der Schwelle – der Moment "in der Dämmerung", bevor man wirklich eintaucht, sei es in die Nacht, die Dunkelheit oder den Prozess des Schreibens. Vielleicht klingt der Titel etwas getragen, aber er sollte zur Stimmung passen, auch wenn er nicht für jeden sofort eingängig ist. Zusätzlich ist es eine kleine Anspielung...

Nicht alles im Text ist minutiös geplant oder analytisch durchdacht. Manche Szenen haben sich im Schreibprozess einfach ergeben und fühlten sich richtig an – so auch die Jacke. Ich stelle mir den Protagonisten nicht als pragmatisch handelnden Menschen vor; vielmehr ist er jemand, der in seinen Gedanken verloren ist und oft impulsiv agiert. (So auch bei der Jacke.)

Cool, dass dir das Detail mit der Kälte und der Wärme gefallen hat! ;)
Es war mir wichtig, die Verbindung zwischen Innen und Außen zu zeigen – wie der Schreibprozess nicht nur im „warmen Kämmerlein“ stattfindet, sondern von der äußeren Welt beeinflusst wird, mit all ihrer Widersprüchlichkeit.

Ich freue mich sehr, dass dich der Text angeregt hat, und deine Rückmeldung zeigt mir, dass er genau das tut, was ich mir erhofft habe: unterschiedliche Gedanken und Assoziationen wecken!

Es grüßt;
Der Dehlmann

 

Die Sonne hatte sich zurückgezogen, und mit ihr die flimmernde Schwere des Tages.

Hallo,

die Sonne zieht sich ja nicht zurück, so wie sich ein lebendiges Wesen zurückzieht, die geht unter, das ist eine Gesetzmäßigkeit. Mit der Sonne zieht sich die flimmernde Schwere des Tages zurück. Was ist denn die Schwere des Tages nun genau? Und warum flimmert die? Flimmernde Schwere des Tages, ja, das klingt schön poetisch, aber das sind so Begrifflichkeiten, die man schon so oft gehört hat, die auch beim genauen Nachdenken nicht wirklich passen, die kein Bild ergeben, die im Grunde Hülsen sind. Wäre es jetzt Hochsommer in Louisiana, und die Sonne geht unter und die brutal heiße, brüllende Hitze lässt nach, dann wäre das immer noch arg verspielt und abgenutzt, das Bild, aber ich würde es vielleicht eher kaufen. Es fehlt auch an Örtlichkeit, an Rahmen.

Er stand am Glas, die Hände locker auf der Lehne seines alten Stuhls, und schaute.
Das klingt, als sei er Alkoholiker. "Der Jupp steht wieder am Glas!" Du meinst ja: vor oder hinter dem Glas der Scheibe, das ist aber mißverständlich.
Bald folgten weitere Tropfen, zunächst vereinzelt, tastend, ehe dann der Regen wie ein graues Tuch über die Felder fiel.
Diese Antromorphisierung der Natur - Regen, der tastet, etc - das ist of ein Mangel an Beobachtung. Emerson sagt in seinem Essay Natur, man solle die Natur zum Gegenstand von Fragen machen, sie befragen. Dann weiter: der Regen legt sich wie ein graues Tuch über die Felder. Ein Tuch ist ein Stück aus einem festen Material, das sich aufspannen lässt; ist das wirklich, was du meinst? Kann sich Regen wie ein festes Stück über die Felder legen, so wie man ein Tuch über die Felder legen könnte? Für mich passt das vorne und hinten nicht, und da kann mir auch keiner mit poetischer Freiheit kommen, das ist einfach ein schiefes Bild.
Seine Augen suchten, die Ohren zitterten bei jedem Geräusch.
Ein wenig übertrieben, dass die Lauscher bei jedem Geräusch zittern. Ich habe das so noch nie beobachtet.

Diese Stelle starrte er an, versuchte sich immer wieder das Reh in Erinnerung zu rufen, und gab sich selbst einen Ruck, wenn er kurz davor war, zu vergessen, wie die Augen geglitzert hatten.
Auch das hier, hier wird mit solchen unwahrscheinlichen Lativen gearbeitet: Er versucht sich das Reh in Erinnerung zu rufen. Warum? Hat er das sofort wieder vergessen? Und warum muss er sich einen Ruck geben, wenn er kurz davor ist (!), die glitzernden Augen zu vergessen? Also, erstens muss er da verdammt nah dran gewesen sein, denn wenn ich einem Bock in die Lichter sehen kann und ich sehe, wie sie glitzern (was ich bezweifeln möchte, da spiegelt sich vielleicht das einfallende Licht oder ähnliches) dann stehe ich fünf Meter vor dem. Ich halte die ganze Situation also nicht für sehr glaubwürdig. Zweitens; was macht der Ruck, wie stelle ich mir das vor? Richtet er seinen Oberkörper auf, holt er tief Luft, haut er sich auf den Schenkel? Und warum bezweckt es, dass er die Erinnerung dann wieder herstellen kann? Warum will er sich überhaupt erinnern? Eine narrative Leerstelle muss doch mit einer Erwartung gefüllt werden, die im Text verankert ist. Hier kommt das Reh aus dem Nichts, und auch das Symbolische daran findet keinen Halt, weil es keinen Subtext gibt. Das Reh steht hier für nichts, weil es aus dem Nichts eingeführt wird.

Ich habe dann hier abgebrochen. Mir ist das sprachlich zu unpräzise, es ist zu gewollt und wirkt dadurch aufgebläht, manieriert und gespreizt. Man kann so schreiben, aber dann muss jedes Bild passen, ich muss erfahren können, dass der Autor seine Beobachtung in Text transkribieren kann, dann wird es fühlbar, nicht durch groß klingende Worte, die aber hohl bleiben, bleiben müssen.

Schwierig, hier konstruktiv was zu sagen. Poetisch schreiben, schön und gut, aber Poesie entsteht nicht durch dicke Worte, nicht durch aufgeblähte Sentenzen, sondern durch tiefe und wahrhaftige Sätze, die sich aus einer gründlichen, präzisen Beobachtung speisen. Ich denke, runterfahren, runterkochen, genauer werden, auf die Details achten, für was soll das stehen?, was ist mein Objekt, was sehe ich, für was steht das, welche Eigenschaften hat das? Nicht groß abstrahieren, nah am Echten, an der Empirie bleiben.

Gruss, Jimmy

 

@jimmysalaryman

Hallo,
ich habe deine Antwort komplett und aufmerksam gelesen und mir etwas Zeit gelassen zu antworten.

Vorab möchte ich allerdings eine Sache klarstellen: Dies war der erste Text, den ich auf dieser Seite veröffentlicht habe – höchstwahrscheinlich war dir das nicht bewusst. Hier tummeln sich nicht nur erfahrene Autoren und Literaturkritiker, sondern auch Leute, die sich ausprobieren, die lernen und Fehler machen.

Das bedeutet nicht, dass ich Kritik scheue oder sie nicht ernst nehme – im Gegenteil. Ich habe mir bei allen Punkten, die du ansprichst, meine Gedanken gemacht und nehme gerne Stellung:

(Diese Stellungnahme erscheint mir im Nachhinein zu ausladend. Eigentlich sollte es ein Geschenk für den Leser sein. Dazu ist aber die Bereitschaft nötig sich beschenken zu lassen. Ich hoffe, dass das mit meinem Text bei ein paar stillen Lesern gelungen ist.)


1. "Die Sonne zieht sich zurück"

die Sonne zieht sich ja nicht zurück, so wie sich ein lebendiges Wesen zurückzieht, die geht unter, das ist eine Gesetzmäßigkeit.
Die Metapher (keine Floskel) einer „sich zurückziehenden Sonne“ ist nicht wörtlich gemeint und will es auch nicht sein. Es ist ein poetisches Bild, ein Versuch, die Atmosphäre eines Augenblicks einzufangen. Die Sonne zieht sich nicht im physischen Sinne zurück, sondern in ihrer Wirkung: Licht und Wärme lassen nach, und mit ihnen verflüchtigt sich die gefühlte Präsenz des Tages. Ja, ich hätte auch schreiben können: „Die Sonne geht unter.“ Und dann? Hätten Sie applaudiert? Wahrscheinlich nicht. Wenn wir in der Literatur jede Metapher darauf reduzieren, ob sie naturwissenschaftlich korrekt ist, verfehlen wir, was Poesie leisten kann – nämlich eine emotionale und ästhetische Verbindung zu schaffen.

2. "Flimmernde Schwere des Tages"

Was ist denn die Schwere des Tages nun genau? Und warum flimmert die?
2.1 Was ist das genau?
Diese ist ein Versuch das Unsichtbare – die Mischung aus physischer und emotionaler Anspannung eines Tages – in ein spürbares Bild zu übertragen. Es ist die Art von Schwere, die sowohl körperlich als auch emotional sein kann – die Anstrengung, die der Tag hinterlässt, oder die Trägheit, die durch die drückende Atmosphäre (die Hitze, die Luft, die sich schwer anfühlt, auch als Zeichen von Erschöpfung, Enttäuschung, dem "in der Welt verloren sein", ...) entsteht. Diese Schwere kann spüren, wer nach einem langen Arbeitstag die Tür hinter sich schließt, die Schuhe von den müden Füßen streift und für einen Moment einfach nur sitzt, den Kopf schwer, ohne den Impuls, sich noch einmal aufzuraffen.
2.2 Warum flimmert die?
Die aufgestellte Behauptung „Flimmern“ sei als Begriff eine leere Hülse sei, die kein Bild erzeugt ist schlicht falsch. Das Argument man habe das schon öfter so gehört ist keins. Der Begriff „Flimmern“ ist reich an Konnotationen und ruft starke, vielseitige Bilder hervor, die in ihrer Verbindung zur „Schwere des Tages“ eine literarische Vielschichtigkeit entfalten, die weit über banale Metaphorik hinausgeht. Falls du wirklich drüber nachgedacht hast, dann hast du folgende Aspekte verpasst:

2.2.1 Kammerflimmern: Eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung, die plötzlich und unvorhersehbar auftritt. Der Vergleich ist hier stark: Ist die Schwere des Tages, die in ihrer Intensität flimmert, eine Bedrohung? Verspürt der Protagonist ein Unbehagen, das an die Grenzen des Aushaltbaren geht? Wie wird er damit umgehen?

2.2.2 Augenflimmern: Wer jemals Migräne hatte oder unter Augenflimmern leidet, kennt die Unberechenbarkeit und Desorientierung, die dieses Phänomen auslöst: Die Welt wird instabil, Formen verschwimmen, die Kontrolle über die Wahrnehmung schwindet. uch das innere Erleben erschüttert.

2.2.3 Das Flimmern als unruhige Bewegung: Physiologisch bedeutet Flimmern eine schnelle Abfolge von Helligkeit und Dunkelheit, von Impulsen und Unterbrechungen. Es beschreibt eine Bewegung, die weder stetig noch gleichmäßig ist – sondern nervös, sprunghaft, zersplittert.

2.3 Die Kritik, dass es an „Örtlichkeit und Rahmen“ fehle, geht von einer falschen Prämisse aus: dass ein literarisches Bild wie das Flimmern zwangsläufig eine konkrete Landschaft oder eine geografische Einordnung braucht. Das ist nicht der Fall.

Ja, es wäre möglich, die Szene in den Hochsommer von Louisiana zu versetzen, mit brüllender Hitze und stickiger Luft. Aber das würde die Universalität des Bildes einschränken. Das Flimmern der Schwere ist kein Phänomen, das an einen Ort gebunden ist – es ist eine Erfahrung, die überall eintreten kann, wo Licht, Luft, Hitze und Emotionen aufeinanderprallen. Gerade diese Offenheit macht das Bild so stark, weil es beim Leser eigene Assoziationen auslösen kann.

3. "Am Glas stehen"

Das klingt, als sei er Alkoholiker. "Der Jupp steht wieder am Glas!" Du meinst ja: vor oder hinter dem Glas der Scheibe, das ist aber mißverständlich.
Ein Leser, der bereit ist, in die Stimmung des Satzes einzutauchen, wird sofort begreifen, dass „Glas“ in diesem Fall schlicht die Scheibe meint. Außerdem ist die Wahl des Wortes „Glas“ anstelle von „Fenster“ ist kein Versehen, sondern Absicht. Ich wollte die Szene abstrahieren, die Wahrnehmung auf das Material lenken, das als Grenze zwischen Innen und Außen fungiert. Ich bin mir bewusst, dass „am Glas“ kurz aufhorchen lässt. Aber ist das nicht genau das, was Literatur tun sollte? Sie soll innehalten lassen, den Leser kurz irritieren, ihn dazu bringen, sich bewusst mit den Worten auseinanderzusetzen. Eine Formulierung wie „vor dem Fenster“ ist eindeutig, aber sie ist auch banal. „Am Glas“ hat eine Schärfe und Präzision, die ein aufmerksamer Leser sofort versteht – und ein unaufmerksamer Leser ohnehin nicht schätzen würde, selbst wenn ich es ihm vorkaue...

4. Anthropomorphismus der Natur

Diese Antromorphisierung der Natur - Regen, der tastet, etc - das ist of ein Mangel an Beobachtung.
In diesem Fall kein Mangel an Beobachtung, sondern das Gegenteil: Es gibt diese ersten leisen, vereinzelten Tropfen, die sich ankündigen, bevor der eigentliche Schauer einsetzt. Wenn ich schreibe, dass der Regen „tastet“, dann beschreibe ich nicht nur die physikalische Tatsache, dass Tropfen auf eine Oberfläche treffen. Ich versuche, das Zögern, die Flüchtigkeit, das Geheimnis und damit die feinen Nuancen dieses Moments einzufangen.

4.1 Emerson

Emerson sagt in seinem Essay Natur, man solle die Natur zum Gegenstand von Fragen machen, sie befragen.
Namedropping!

4.2 Regen legt sich wie ein graues Tuch über die Felder

Dann weiter: der Regen legt sich wie ein graues Tuch über die Felder. Ein Tuch ist ein Stück aus einem festen Material, das sich aufspannen lässt; ist das wirklich, was du meinst? Kann sich Regen wie ein festes Stück über die Felder legen, so wie man ein Tuch über die Felder legen könnte? Für mich passt das vorne und hinten nicht, und da kann mir auch keiner mit poetischer Freiheit kommen, das ist einfach ein schiefes Bild.
Wenn wir Metaphern ausschließlich auf ihre physische Plausibilität hin beurteilen, berauben wir die Sprache eines Teils ihrer Kraft.

4.2.1 "Ist das wirklich was du meinst?"

Ein Tuch ist ein Stück aus einem festen Material, das sich aufspannen lässt; ist das wirklich, was du meinst?
Natürlich meine ich das nicht. Die nächste Frage wäre: Was meint er dann? Diese Frage hast du dir nicht gestellt. Ich beantworte sie trotzdem: Es ist nicht die stoffliche Beschaffenheit eines Tuchs gemeint, sondern dessen Fähigkeit, etwas einzuhüllen, zu verbergen.

4.2.2 "Kann sich...?"

Kann sich Regen wie ein festes Stück über die Felder legen, so wie man ein Tuch über die Felder legen könnte?
Wenn diese Logik konsequent angewendet werden würde, müssten alle poetischen Beschreibung als „schief“ ablehnen, weil sie sich nicht in einer physikalischen Realität verankern lassen. Es ist als würde man Monet vorwerfen, dass seine Seerosen nicht wie reale Wasserpflanzen aussehen

4.2.3 poetische Freiheit

Für mich passt das vorne und hinten nicht, und da kann mir auch keiner mit poetischer Freiheit kommen, das ist einfach ein schiefes Bild.
Wenn das deine Meinung ist, dann ist das so. Das sagt allerdings wenig über das Bild aus, mehr über dich. Es ist eine Geschmacksfrage, aber kein objektives Urteil über die Qualität der Sprache. Warum sollte da jemand mit poetischer Freiheit kommen?

5. Zitternde Ohren und andere Übertreibung

Ein wenig übertrieben, dass die Lauscher bei jedem Geräusch zittern. Ich habe das so noch nie beobachtet.
Kann man in dieser Form auch nicht beobachten, denn es ist kein biologischer Bericht, sondern ein Ausdruck dieser Stille, in der jede Bewegung, jedes Zucken, jedes Geräusch eine Bedeutung erhält.

6. Das Reh und die Erinnerungen
Hier geht es darum, wie der Protagonist den Moment verarbeitet...
6.1 unwahrscheinlichen Lativen

Auch das hier, hier wird mit solchen unwahrscheinlichen Lativen gearbeitet: Er versucht sich das Reh in Erinnerung zu rufen.
Was genau soll das für eine Unterscheidungen sein? Wahrscheinlich und Unwahrscheinlich? Mit sowas bitte aufs Mathe Forum: onlinemathe de

Warum? Hat er das sofort wieder vergessen? Und warum muss er sich einen Ruck geben, wenn er kurz davor ist (!), die glitzernden Augen zu vergessen?
Es ist, als ob der Protagonist gegen die natürliche Tendenz ankämpft, das Erlebnis verblassen zu lassen. Vielleicht steckt dahinter eine Angst vor dem Vergessen, vor dem Verlust der Schönheit und Bedeutung des Moments. Deshalb muss man sich das Ganze auch nicht physisch vorstellen.

6.2 Gründe für ein Reh

Das Reh steht hier für nichts, weil es aus dem Nichts eingeführt wird.
Das Reh wist ein Bruchmoment, ein Bild für etwas Flüchtiges, das nicht zu greifen ist.
Kann man drauf kommen.

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Ich glaube, ich konnte sehr gut zeigen, dass dem Text präzisen Beobachtung zu Grunde liegen. Damit ist deine destruktive Kritik beantwortet.

Nicht groß abstrahieren, nah am Echten, an der Empirie bleiben.
Das ist zum Abschluss die Krönung... Meine Empfehlung an dich: Weg von der Empiere! An den Rand... zu den Grenzen... vielleicht lassen sie sich verschieben...
Frei nach Hölderlin: Komm! Ins Offene, Freund!


Es grüßt;
Der Dehlmann

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Herr Dehlmann,

glaub mir, ich würde wirklich gerne gute Texte hier lesen, leider, und das muss man in aller Deutlichkeit sagen, gehört deiner in meinen Augen nicht dazu.

Ich glaube, ich konnte sehr gut zeigen, dass dem Text präzisen Beobachtung zu Grunde liegen. Damit ist deine destruktive Kritik beantwortet.
Das sehe ich natürgemäß anders. Es ist ja eben keine präzise Beobachten, wie du mehrfach betonst, da es kein biologischer Bericht etc ist, sondern eine relativ freie Interpretation deinerseits, die du dann poetisch nennst. Was denn nun? Das ist wie im Flugzeug, du kannst dich nur für eins entscheiden: Chicken oder Pasta. Meine Kritik ist auch nicht destruktiv, sondern fragt bewußt nach ästhetischen Kategorien, bzw nach jenen, die nach meinem subjektven Geschmacksempfinden falsch bzw nicht richtig oder besser: hier, von dir, nicht richtig eingesetzt sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob das dein erster oder dein drölfzigster Text ist.
eine literarische Vielschichtigkeit entfalten, die weit über banale Metaphorik hinausgeht. Falls du wirklich drüber nachgedacht hast, dann hast du folgende Aspekte verpasst:
Nur um mal bei diesem einen Beispiel zu bleiben: ein Bild, dass du wortreich erklären musst und dann auch noch voraussetzt, dass sich der geneigte Leser dem Text doch auch bitte gefälligst ausreichend öffnen soll, ist einfach kein gutes Bild. Flirrende Schwere bleibt auch nach all deinen niedlichen Erklärungsversuchen für mich eine Worthülse, die poetisch klingen soll, es aber einfach nicht ist, weil Poesie nicht einfach aus beliebigen Registern zusammengeschraubt werden kann. Da ergibt sich nichts, mir kommt das vor, als würde man so etwas eigentlich bei Rosamunde Pilcher zu lesen kriegen, wo sich Liebespaare auf den saftig grünen Weiden der schottischen Küste unter der flirrenden Schwere ihrer Herzen das erste Mal küssen. Sorry, ich will mich nicht über dich lustig machen, aber so kommt es mir halt vor. Man kann das natürlich schon so machen, diese willkürliche Interpretation, vielleicht wie Lautreamont oder andere, das sind dann aber offensichtliche Surrealisten, da ist das Schiefe, nicht Passende, Beliebige geradezu Programm. Ich glaube aber eher nicht, dass du das hier versuchen wolltest.

Wenn diese Logik konsequent angewendet werden würde, müssten alle poetischen Beschreibung als „schief“ ablehnen, weil sie sich nicht in einer physikalischen Realität verankern lassen. Es ist als würde man Monet vorwerfen, dass seine Seerosen nicht wie reale Wasserpflanzen aussehen
Ich glaube, dass man das schlecht vergleichen kann. Ich sehe da auch einfach nicht den Bezug zur Bildkultur, weil Monet doch eine Interpretation liefert, die vielleicht von der Realität abweicht, aber die Seerosen sind und bleiben immer noch erkennbar; bei einem schiefen Bild wären die Seerosen aber keine Seerosen mehr, sondern irgend etwas anderes. Ich sage ja nun nicht, man sollte keine poetische Sprache benutzen, aber jeder Lektor, der etwas auf sich hält, würde dir diese Bilder vermutlich unterstreichen und dich danach fragen. Nicht, dass es nicht auch erfolgreiche Autoren gibt, die für eine solche Sprache gefeiert werden, die gibt es; es gibt aber auch zahlreiche Kritiker, die die Leere und Schwülstigkeit dieser Sprache als eben genau das entlarven.

Ich sage auch nicht, der Text ist nicht zu retten oder was er erzählt, ist irgendwie uninteressant. Aber dieser gespreizte Stil, der in meinen Augen eben auch zahlreiche schiefe bzw unpassende Bilder produziert und oft ins unfreiwillig Komische abdriftet, verleidet es zumindest mir, sich mit dem Inhalt weiter zu beschäftigen. Ich denke, das ist doch eine wichtige und auch konstruktive Aussage, die du für dich benutzen kannst; denn Lob hast du doch auch schon bekommen, aber fürs auf die Schulterklopfen sind wir ja nun nicht hier, sondern für ernste Textarbeit.

Gruss, Jimmy

 

Lieber @jimmysalaryman
Glaub mir ich würde hier gerne gute Kommentare lesen, leider, und das muss man in aller Deutlichkeit sagen, gehört deiner in meinen Augen nicht dazu.

Flirrende Schwere
kommt in meinem Text nie vor.

Ich habe einige Ansatzpunkte geliefert, du hast dir deinen Rosinen rausgesucht und bist nicht auf mögliche Änderungen eingegangen.

Wenn du wirklich für ernste Textarbeit hier bist, dann spiel den Ball zurück!

Was schreiben anstelle von flimmernde Schwere des Tages und gleichzeitig die Assoziationen nicht verlieren? Welches Tier Auftreten lassen auf dieser Waldbühne? ...sie ganz abbauen? Warum GENAU funktionieren die Bilder nicht...?

Ich will nicht sagen, dass man diesen Text lesen muss, sich auf ihn einlassen muss, ihn gut finden muss, ABER wer eine solche Antwort in den Äther schick, der muss doch damit rechnen, dass ich mich zu erklären versuche und wenn dann nix zurückkommt, dann entlarvt man sich selbst und nicht irgendeine Sprache als schief.


Da wir beide wahrscheinlich bei diesem Text nicht mehr zusammenkommen, wäre ich auf andere Meinungen und Vorschläge gespannt.

Es grüßt;
Der Dehlmann

 

Ich habe einige Ansatzpunkte geliefert, du hast dir deinen Rosinen rausgesucht und bist nicht auf mögliche Änderungen eingegangen.
Nein, erstmal hast du dich vollmundig erklärt, was du gedenkst zu tun, und mir dann eine destruktive Kritik vorgeworfen. Ich habe dir ganz exakte Fragen gestellt und dir erklärt, anhand mehrerer Beispiele, wie und warum diese Sätze, dieser Stil nicht funktioniert, in meinen Augen. Das waren keine kategorischen Aussagen und auch keine Pauschalisierungen, sondern ein Abgleich mit meinen eigenen ästhetischen Kategorien.

Und ob: flimmernde oder flirrende Schwere, das nimmt sich nicht viel.

Was schreiben anstelle von flimmernde Schwere des Tages und gleichzeitig die Assoziationen nicht verlieren? Welches Tier Auftreten lassen auf dieser Waldbühne? ...sie ganz abbauen? Warum GENAU funktionieren die Bilder nicht...?
Ja, ich mache aber doch nicht deine Hausaufgaben für dich. Die musst du schon selbst machen. Ich würde den Text einfach erstmal von diesen ganzen Vergleichen und dem Ballast befreien und sehen, was übrig bleibt. Die Frage ist doch, was du erzählen willst und ob sich Sujet und Sprache decken, ob die Sprache angemessen erscheint für den Inhalt.

Ich entlarve mich hier auch nicht selbst als schief, ich weiß gar nicht, was du damit meinst, was du mir damit unterstellen möchtest. Ich habe dir hier ein subjektives Urteil über deinen Text gegeben, warum der für mich nicht funktioniert, und du bist damit nicht einverstanden und reagierst wie eine unsouveräne, unsichere, beleidigte Leberwurst. Das ist erstens nicht sonderlich erwachsen, und zweitens wird es dir auch nichts nutzen, wenn du als Autor weiterkommen willst. Kritik ist manchmal hart, die muss man verdauen und dann sehen, was man mitnimmt, ob man etwas ändern möchte, oder nicht.

Da wir beide wahrscheinlich bei diesem Text nicht mehr zusammenkommen, wäre ich auf andere Meinungen und Vorschläge gespannt.
Diese Seite funktioniert nach dem Geben und Nehmen Prinzip. Kommentieren und dadurch selbst kommentiert werden, das ist so ein ungeschriebenes Gesetz, ich denke, das kann ich behaupten und mir erlauben, einfach mal fürs Forum zu sprechen.

Gruss, Jimmy

 

Hallo @Dehlmann,

da ich hier im Forum so etwas wie der (ungeliebte) Mann für die Meta-Ebene bin und ich euren Austausch gelesen habe, kann ich vielleicht kurz ein wenig vermitteln.

Was du nicht wissen kannst und was momentan auch nicht durch Zweit-, Dritt-, Viertmeinungen relativiert wird: @jimmysalaryman steht für einen sehr konsequenten Naturalismus und Minimalismus ein, der in der zur Debatte stehenden Hinsicht "gnadenlos" ist.

Ich finde, er hat sehr gute Argumente für seine Sichtweise und "he walks the talk", setzt das also selbst sehr gewissenhaft und konsequent um. Auch ich bin jemand, der überall und einer Tour "Klischees" und "Phrasen" findet und das in den Kommentaren an die Autoren zurückspielt – denn auch ich bin eher auf der nüchternen Seite, was den Stil angeht, und ich denke: sprachlich ist weniger mehr.

Aber es ist trotz allem natürlich alles auf einem Spektrum und relativ. So finde ich persönlich den Ausdruck "flimmernde" bzw. "flirrende Schwere des Tages" keinen Härtefall. Es ist vielleicht nicht gerade das ausgefeilteste sprachliche Bild, aber bei mir ruft das schon ein Gefühl wach. Ich denke da an die pralle Hochsommersonne, die den Asphalt auch bei uns flimmern lassen kann, und diese satte Müdigkeit, die einen an einem Sommernachmittag befällt. Der Grund für die Schwere ist die Hitze – die Hitze steckt im Flimmern drin, insofern passt da schon was zusammen für mich.

Aber das ist jetzt dieser eine Fall, dieses eine Sprachbild. Das heißt nicht, dass ich das nächste, übernächste ... jedes der Bilder in der Story auch so bewerten würde. Und hier kommen wir schon zu einem Problem mit einer so "blumigen" Sprache: Wie groß ist die Chance, jedes Mal den Nagel auf den Kopf zu treffen? Zumal es ja alles von der Kreativität, von der sprachlichen Frische lebt. Man kann einfach nicht Satz für Satz ins Schwarze treffen und immer neue, frische Bilder kreieren.

Wenn man seinen Stil hingegen runterkühlt, muss man das erst gar nicht versuchen. Das ist der Vorteil von nüchternen Stilen. Sie bringen einen viel leichter auf die sichere Seite. Aber – natürlich gibt es ein Aber – sie entlarven dann halt auch recht schnell, wenn die Story keine Substanz hat, denn wie soll man mit wenig Sprachmaterial viel kaschieren? Das geht nicht. So einfach ist die Sache also nicht. Nur ein sehr guter Schriftsteller kommt mit einer sehr einfachen, nüchternen Sprache aus, würde ich mal behaupten.

Du sagst selbst, du bist ganz neu hier bzw. im literarischen Schreiben. Das ist toll! Jeder macht mal den ersten Schritt und natürlich ist es hart, direkt eins vor den Latz geknallt zu bekommen. Wie gesagt, mit einer größeren Anzahl an Kommentaren würde sich das eine oder andere da auch noch mal etwas relativieren. Es bringt aber nichts – das kann ich dir aus eigener Erfahrung versichern – anzufangen, für seinen Text gegen die Kommentatoren anzuargumentieren. Die Argumente können so stichhaltig und valide sein, wie sie wollen, am Ende haben immer die Leser recht. Und da gibt es schon einen verlässlichen Kern, der über die Subjektivität von Einzelmeinungen hinausgeht. (Das bedeutet im Übrigen nicht, dass du jede Kommentarmeinung übernehmen musst, sondern eher: Man muss alles hinnehmen, aber muss nicht alles aufgreifen.)

Eine hervorragende Methode, kritisches Feedback hier auf die Probe zu stellen und gegen seine eigenen Ansichten abzuwägen, ist das Studieren und Nutzen von Schreibratgebern, finde ich. Ruhig in einige nacheinander oder parallel hineinschauen. Wenn sich dort überall dieselben Tipps und Hinweise finden, ist wahrscheinlich was dran – vor allem, wenn sich das dann noch mit der Tendenz des Leser-Feedbacks deckt.

Und dass blumige Metaphern und "hohle" Phrasen Gift sind, ist so ein gesicherter Hinweis in jedem Ratgeber. Dabei geht es gar nicht darum, ob eine Phrase oder ein Klischee rational betrachtet irgendeinen Nagel auf den Kopf trifft. Es geht darum, dass diese Dinge abgenutzt sind, nicht mehr überraschen, nicht mehr aufhorchen lassen. Nimm mal den Maler Bob Ross: Vielleicht wäre der vor 2000 Jahren der größte Maler der Welt gewesen: Malt der doch einfach mit ein paar Pinselstrichen in zehn Minuten die schönsten Landschaften.

Heutzutage ist das aber nur noch kitschig, vielleicht höchstens noch als Kuriosum faszinierend. Warum? Weil Malerei längst über die "Nachahmung" der Natur hinausgewachsen ist zum Beispiel. Oder weil wir einfach ein Foto machen und bearbeiten können, wenn wir einen Wahnsinns-Sonnenuntergang sehen wollen. Und, und, und. So ist es auch mit den großen Worten, der blumigen, opulenten Sprache. Sie ist nicht mehr zeitgemäß, die Welt hat sich weiterbewegt und diese Sprache bildet nicht mehr den Zeitgeist und die Essenz unseres Lebens ab (weitestgehend).

Vielleicht verstehst du, worauf ich hinaus will. Das wäre schön, ich weiß es nämlich selbst nicht mehr.

In diesem Sinne, viel Spaß hier und beim Schreibenlernen

HK

 

Danke @H. Kopper
Damit kann ich etwas anfangen!

Ich konnte ein bisschen abstand zu den Inhalt nehmen, da werde ich drüber nachdenken.

Eine Empfehlung muss ich an @jimmysalaryman allerdings noch aussprechen:
Meine Abwehrhaltung kam daher, dass dein Ton durchgehend provokativ war und du damit die Hauptverantwortung für die Eskalation der Diskussion trägst.

In fast jeder deiner Antworten gab es abwertende oder spöttische Kommentare und sarkastische Vergleiche (meine Antworten sind nicht frei davon, aber sie sind Reaktionen auf deine Formulierungen und sollten dir zeigen, dass der Ton keiner ist.) Wenn du das Abstellen könntest, dann kamen wir vielleicht sogar zusammen

Aber auch hier gilt:

Kritik ist manchmal hart, die muss man verdauen und dann sehen, was man mitnimmt, ob man etwas ändern möchte, oder nicht.

Es grüßt;
Der Dehlmann

 

Hallo @Dehlmann,

ich noch einmal. Ich habe deinen Text noch einmal gelesen und ihn von allem entkleidet, was in meinen Augen sprachlich drüber oder irrelevant für den Plot ist oder was dem Leser irgendeine diffuse Bedeutung vortäuscht, die im Text selbst gar nicht da ist – in meinen Augen. Das mag radikal erscheinen, denn viel bleibt nicht übrig, aber ich glaube, das ist die erzählerische Essenz deines Textes. Er ist im Grunde ein Setting, eine Ausgangslage.

Ich verstehe schon, was du erzählen willst: Irgendein Intellekto hat eine Schreibblockade (und Sinnkrise?), dann wandelt er durch eine Art beseelte Natur – es erfolgen haufenweise Zuschreibungen und die Ausgestaltung irgendeiner diffusen Innerlichkeit – und am Ende hat er etwas gespürt oder erkannt, was ihn schreiben lässt.

Das Problem ist hier zwar auch der Plot – der ist meiner Meinung nach sehr dünn und zudem ein Topos, also im Grunde auch wieder ein Klischee (der verzweifelte Dichter und Denker auf der Suche nach Inspiration, die er dann in der Seele der Natur findet) –, vor allem aber ist das Problem des Textes, dass de facto, also auf der Erlebnisebene außer Banalitäten nichts passiert. Diese Banalitäten willst du irgendwie sprachlich mit Bedeutung aufladen – da kommen die großen Worte und die ganzen Andeutungen ins Spiel, aber das zündet nicht. Nur weil du behauptest, dass ein Mann dadurch, dass er über eine Rinde eines toten Baumes streicht, auf dem Baum noch nie jemand gesessen hat, vollzieht der Leser da nicht irgendein großes Gefühl von Bedeutung nach.

Kennst du "Lenz" von Georg Büchner? (Gibt's frei im Netz). Da ist die Natur auch mehr als Natur, aber die Schilderungen dieser Naturseele sind kein Selbstzweck – sie verdeutlichen den einsetzenden Wahnsinn des Protagonisten. A führt zu B – nicht: A führt zu A, also zu sich selbst. Das ist langweilig.

Du müsstest also mit dem Text einen Umweg finden, dich fragen: Wie kannst du verdeutlichen, erzählen, was deine Figur in der Natur findet? Wie kannst du ihren Inspirationsprozess erlebbar machen? Dass da einfach irgendwas im Blick eines Hundes liegen soll, ist nur eine leere Behauptung für den Leser.

Die Sonne hatte sich zurückgezogen, und mit ihr die flimmernde Schwere des Tages. Erste Tropfen fielen, kaum sichtbar auf der Fensterscheibe. Er stand am Fenster Glas, die Hände locker auf der Lehne seines alten Stuhls, und schaute hinaus. Bald folgten weitere Tropfen, zunächst vereinzelt, tastend, ehe dann der Regen wie ein graues Tuch über die Felder fiel. Vom offenen Fenster aus war der Geruch feuchter Erde, aufgeweichter Blätter und immer nasser werdender Hölzer zu vernehmen. In der Ferne, draußen, reckte eine Birke ihre schlanken Äste in den Regen. Das Laub war noch grün, doch an den Rändern zeichnete sich bereits ein Hauch von Gelb ab. Das Zimmer hinter ihm lag still. Nur das Klopfen des Regens auf das Schieferdach unterbrach die Stille – ein gleichmäßiger Rhythmus, der das Drinnen und Draußen miteinander verband. Der Boden unter seinen Füßen raunte leise, als er sich umdrehte, um den Raum zu mustern. Ein Stapel Bücher lag auf dem Schreibtisch, ungeordnet, das oberste mit einem lose eingesteckten Lesezeichen. Daneben ein Notizheft, aufgeschlagen, die letzte Zeile abgebrochen. Seit Wochen hatte er über diesen Zeilen gehangen, neben ihnen geschlafen und war mit ihnen einen Bund eingegangen – einen Bund, den er jetzt hinterfragte. Schon bei der Festlegung des Themas musste der Professor die Angst in seinen Augen gesehen haben. „Keine Sorge. Sie haben doch bis zum Winter“, war seine Antwort gewesen. Heute Nachmittag würde er keinen nutzbaren Gedanken mehr zustande bringen – frühestens wieder in der Nacht. Er nahm die Jacke vom Haken, zog sie über die Schultern und trat hinaus. Der Regen prallte auf das Leder, perlte ab und hinterließ matte Schlieren. Seine Schritte führten ihn über den Kiesweg, vorbei an den Büschen, deren Zweige schwer unter der Feuchtigkeit hingen, dann zum Gartentor. Hier blieb er stehen. Das Land vor ihm erstreckte sich in die graue Unendlichkeit des Regens. Die Felder, die Hecken, die schlanken Baumreihen – alles schien in Bewegung und dennoch seltsam still. Er schloss das Tor hinter sich, hörte das metallene Klicken des Riegels. Seine Schritte hinterließen kaum sichtbare Abdrücke auf dem aufgeweichten Boden, die sich im nächsten Moment mit Wasser füllten und verschwanden. Der Weg führte ihn an einem Strauch vorbei, der voller schwarzer Beeren hing. Tropfen sammelten sich an den Zweigen, glänzten wie Glas, ehe sie fielen. Er blieb stehen, streckte die Hand aus und pflückte eine Beere, die dunkel und prall in seiner Hand lag. Als er sie zerbiss, war der Geschmack überraschend herb, beinahe bitter, doch er ließ sie auf der Zunge zergehen und kaute weiter, auch nachdem sie all ihren Geschmack verloren hatte. Und auch dann kaute er noch weiter – kaute, bis er die geschmacklose Beere ausspuckte. Er war vom kleinen Feldweg zu einem Fluss gekommen, den der Regen hatte anschwellen lassen. Das Wasser war nicht mehr leise und gleichmäßig wie an den heißen Tagen zuvor, sondern drängte, strömte mit einer Kraft, die ihn für einen Moment innehalten ließ. Das Ufer war übersät mit Zweigen, Blättern und kleinen Holzstücken, die die Strömung mit sich getragen hatte. Er folgte einem Feldweg in ein dicht bewachsenes Waldstück. Die Bäume standen eng beieinander, ihre Stämme dunkel und glänzend vom Regen, die Blätter dicht und schwer, sodass der Wind nur in flüchtigen Stößen hindurchdrang. [Ein toter Baum lag niedergestreckt auf der Erde]; die Wurzeln waren noch trocken. Er setzte sich auf diesen Baum, ließ die Jacke auf den Schultern liegen und vernahm, wie ihm der Regen ins Gesicht fiel – kühl und belebend. Er ließ den Kopf zurücksinken, die Augen halb geschlossen, und lauschte. Der Regen klang anders hier: weicher und gedämpfter, als hätten die Tropfen auf ihrem Weg durch die Blätter etwas von ihrer Schwere verloren. Er zog die Hände aus den Taschen und [Ein toter Baum lag niedergestreckt auf der Erde.] Er ließ die Finger über die feuchte Rinde gleiten und das kühle, samtige Moos ertasten. Noch niemals zuvor hatte jemand auf diesem Baum gesessen. Eine Bewegung am Waldrand ließ ihn aufblicken. Ein Reh, vorsichtig, kaum mehr als ein Schatten, trat zwischen den Bäumen hervor. Seine Augen suchten, die Ohren zitterten bei jedem Geräusch. Für einen Moment schien es, als habe das Tier ihn bemerkt, doch dann senkte es den Kopf und begann, an den Grashalmen zu zupfen, die im Regen schlaff über den Boden hingen. Er hielt den Atem an, wagte keine Bewegung. Das Reh blieb noch eine Weile und zog sich dann mit einem leisen Rascheln zurück in den Wald. Die Stelle, an der es gestanden hatte, wirkte daraufhin seltsam leer und verlassen. Diese Stelle starrte er an, versuchte sich immer wieder das Reh in Erinnerung zu rufen, und gab sich selbst einen Ruck, wenn er kurz davor war, zu vergessen, wie die Augen geglitzert hatten. Als es dunkler wurde, ließ der Regen nach, und es folgte ein leises Nieseln. Gleichzeitig, oder als Folge dessen, klarte der Himmel auf, und so fiel das Gewicht des Tages langsam von ihm ab. Zwischen den Baumkronen schimmerte Sternenschein nieder, als er aufstand, den Baum zurückließ und er machte sich auf den Heimweg machte. Er warf einen letzten Blick zurück; auf einmal durchdrang ihn Zeitlosigkeit. Das leise Summen des Waldes war zurückgekehrt. Erst eine Grillenstimme riss ihn aus seinen Gedanken. Obwohl der Regen aufgehört hatte, fielen immer noch Tropfen von den Blättern. Von einem der Bäume fiel ein solcher Tropfen geradewegs hinunter, aber nicht auf den Boden, sondern genau auf die Schnauze eines Hundes. Dunkles Fell, nass bis auf die Haut, die schlanken Beine zitterten, und die großen, klugen Augen waren auf ihn gerichtet. Es war ein Straßenhund, kein Zweifel: Das Fell war verfilzt, die Flanken mager, und der Blick hatte etwas Unsicheres, Abwartendes, als wolle er zugleich Vertrauen fassen und fliehen. „Na“, sagte er leise, mehr zu sich selbst als zu dem Tier. Der Hund blieb reglos stehen, die Ohren zuckten leicht, doch er wich nicht zurück. Vorsichtig hockte er sich hin, hielt die Hände flach vor sich, ließ sie ruhen, als wolle er zeigen, dass er nichts verlangte. Minuten vergingen. Der Hund blieb, unsicher, das Gewicht auf den Hinterbeinen, bereit wegzuspringen. Er zögerte, senkte den Kopf, und dann – wider Erwarten – streckte er die feuchte Schnauze aus und stupste leicht gegen die ausgestreckte Hand. Auf dem Rückweg folgte ihm das Tier, immer ein paar Schritte Abstand haltend. Manchmal so weit, dass er es aus den Augen verlor. Einmal bellte der Hund, als im Unterholz ein Ast knackte. Still standen beide da, warteten ab, lauschten in die Dunkelheit hinein. Dann ging er weiter und machte dabei die größten Bemühungen, nicht zufällig ein lautes Geräusch auszulösen. In dieser angespannten Stille wirkte das Pfeifen des Windes unbarmherzig. Als er das Haus erreichte, kam der Hund nach einiger Zeit ans Gartentor und blieb dort stehen. Er fühlte den Blick des Hundes, fast körperlich, sah das Nachdenken in seinem ganzen Wesen. Da der Hund aber nicht hereinkam, ließ er die Haustür offen stehen, zündete die warmen Lampen an und versuchte, die eindringende Kälte zu ignorieren. Er selbst trat nochmals vor die Tür, musterte die Hütte: „Wer würde freiwillig in diesen Schuppen eintreten?“ Der Gedanke hielt ihn fest, die Tropfen liefen ihm über die Stirn, und er konnte das Zittern seiner eigenen Hand spüren. Irgendwann in der Nacht kam der Hund an die Eingangstür, streckte den müden Kopf hinein, schnupperte, kam schließlich herein und suchte sogleich in einer Ecke hinter einem Regal Schutz vor dem Wind. Es dauerte, bis er zur Ruhe kam, bis der Atem gleichmäßig und tiefer wurde. Doch er blieb wach, schloss die Tür erst, als der Hund schlief, zog jetzt erst seine Jacke aus und blickte aus dem Fenster. Der Mond schob sich langsam durch die Wolken, und mit ihm kam die ruhige Leichtigkeit der Nacht. Zu Hause setzte er sich an den Schreibtisch und es gelang ihm zu schreiben.

Noch einmal freundliche Grüße

HK

 

@H. Kopper
erste Reaktion:

"Nein, nein... n...

Bitte nicht... Bitte Bitte nicht...

ES GEHT UM DIE BILDER!
ES GIBT BEWUSST WENIG HANDLUNG!"

zweite Reaktion:
"Was kannst du für dich mitnehmen?"

Ich verstehe jetzt auch, warum für Euch der Text so furchtbar aussieht.
Wenn einen diese Bilder nicht erfreuen, dann bleibt nicht viel.

Ich wollte schauen, ob die Bilder klappen, bei wem sie klappen...
Bei euch nicht. Alles klar.

Für knallharte Naturalisten ist das Geschwafel; für andere vielleicht ein wenig Wonne... Ich weiß es nicht, aber ich versuche diese Leute abzuholen, denn du sagst ganz richtig:

Der Text gehört den Lesern!

Also macht damit was ihr wollt.

Ich nehme folgendes mit:
Handlungsanweisung: Neue Bilder malen.
Vielleicht ein bisschen mehr Inhalt...


Es grüßt;
Der Dehlmann

 

@Dehlmann,

wenn es dir um Bilder geht, schreib Lyrik oder besser noch Songs.

So hart das klingt, aber niemand schwelgt in so einem Text wegen der Bilder. Es muss schon auch Handlung und ein Interpretationsraum her. Dein Ansatz ist in meinen Augen nicht zeitgemäß – ich meine, "Wonne"? Das ist ja schon eine antiquierte Intention, wie willst du da Leser finden?

 

Meine Abwehrhaltung kam daher, dass dein Ton durchgehend provokativ war und du damit die Hauptverantwortung für die Eskalation der Diskussion trägst. In fast jeder deiner Antworten gab es abwertende oder spöttische Kommentare und sarkastische Vergleiche (meine Antworten sind nicht frei davon, aber sie sind Reaktionen auf deine Formulierungen und sollten dir zeigen, dass der Ton keiner ist.) Wenn du das Abstellen könntest, dann kamen wir vielleicht sogar zusammen
Wow. Ich sehe hier nicht, wo etwas eskaliert ist; das wär doch noch nichtmal forsch. Hier hat niemand "Schuld." Stattdessen kommst du hier jetzt mit so einem ganz fiesen, schulmeisterlichen Gönnerton um die Ecke. "Wenn du dich beruhigst, Kleiner, dann schauen wir mal, ob du noch mitspielen darfst." Du, ganz ehrlich, nee ... schreib du weiter deine Wonneproppentexte, für die und dich opfere ich meine kostbare Zeit jedenfalls nicht.

 

@H. Kopper
Das klingt nicht hart. Ich verstehe, dass du so denkst.

wie willst du da Leser finden?

Ich versuche es auf einem kleinen Forum im Internet.

"Zeitgemäß" ist ein Unwort.
Wonne ist die höchste Freude, wenn das eine antiquierte Intention ist,
dann ist die zeitgemäße Jetzt-Zeit verloren, aber auch dann muss man Ausblicke (besser noch: Lichtblicke oder sogar Augenblicke) schaffen!

Es grüßt;
Der Dehlmann

Ich sehe hier nicht, wo etwas eskaliert ist;
Das Gewicht des Ganzen zu erkennen, erfordert eine gewisse Bereitschaft, das ist das dunkle Gesetz.

 
Zuletzt bearbeitet:

Das Gewicht des Ganzen zu erkennen, erfordert eine gewisse Bereitschaft, das ist das dunkle Gesetz.
Wenn du mir was sagen willst, dann schwurbel nicht rum, immer raus damit. Am besten ins Gesicht, unter vier Augen.

 

Also, Dehlmann, ich kann dir nur raten, an deiner Haltung zu Kritiken an deinen Texten zu arbeiten, andernfalls wirst du hier null Spaß haben und nichts lernen. An jimmys Kritik ist nichts auszusetzen, an deinen patzigen Reaktionen allerdings eine ganze Menge.

 

Hallo @Dehlmann ,

herzlich willkommen im Forum, vielleicht findest du dich ja noch mehr ein.

Mit Handke kann ich nun gar nix anfangen, will mich da zu keinen detaillierten Vergleichen / Abwägungen hinreissen lassen, aber dein Text kommt mir äußerst stark wie eine Hommage vor. Zumindest eine stilistische, vielleicht auch von den Sujets. Daran ist an sich nichts auszusetzen, hab ich auch schon gemacht, weil es Spaß macht und eine sehr gute Übung ist, mal in anderen Schuhen zu laufen - selbst wenn sie einem zu groß sein mögen. Daran ließe sich arbeiten, sofern man bereit ist, sich Kritik mal sachlich anzusehen.

Was ich eigentlich sagen will: Auch wenn es soweit ich weiß kein Urheberrecht auf Titel gibt und du auch zwei Worte dezent geändert hast, würde ich solche Anleihen / Bezüge immer kennzeichnen, das gehört imA zum selbstbewussten Selbstverständnis von Schreibenden - meine: die Größe, zu einer Referenz zu stehen.
(Für solche und ähnliche Hinweise gibt z.B. das Feld "Quellen" unter dem Text oder das Info-i, das oben verdeckt steht.)

Herzlichst,
Katla

 
Zuletzt bearbeitet:

Die Sonne hatte sich zurückgezogen, und mit ihr die flimmernde Schwere des Tages. Erste Tropfen fielen, kaum sichtbar auf der Fensterscheibe. Er stand am Glas, die Hände locker auf der Lehne seines alten Stuhls, und schaute. Bald folgten weitere Tropfen, zunächst vereinzelt, tastend, ehe dann der Regen wie ein graues Tuch über die Felder fiel. Vom offenen Fenster aus war der Geruch feuchter Erde, aufgeweichter Blätter und immer nasser werdender Hölzer zu vernehmen.

Nun ja, nach diesen einleitenden Zeilen will ich erst einmal innehalten, um tief durchzuatmen, denn wenn auch „der Geruch“ aus der Küche nicht nur für Gerüche, sondern auch für Gerüchte (das Wort „Gerücht“ kommt vom „Geruch“) sorgt, so ist das Ohr für Geruchswahrnehmungen äußerst ungeeignet, und allsogleich die Frage, warum die von mir gekennzeichneten Kommas?

Weg mit ihnen!

Haben wir nicht genug Regulierungen mit ihnen?
Für „Regieanweisungen“ haben wir im Deutschen ein Arsenal an Strichen vom Binde- über den Gedankenstrich oder dem Halgeviertstrich bis hin zum Minuszeichen (womit wir beim Ursprung aller Literatur wären, der in der "Zahl" und im Zählen liegt, wenn seinerzeit der "Herr" in der Inventur sein Vieh "zählte" und somit seinen Reichtum registrierte),

und bevor ich’s vergess erst einmal

wellcome 2 the Pleasuredom,

@Dehlmann,

und schön, das jemand die zwo großen Hs in deutscher Literatur - Hölderlin und Handke – kennt (wenn ich es richtig in Erinnerung hab, hat Handkes Publikumsbeschimpfung in meiner Heimatstadt begonnen) …, aber wie dem ach sei und wird

bekanntermaßen ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.
Denn was hätte er auch davon außer dem gebrochenen Genik.

Freatle

 

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