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Wöchentliche Aussprache

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24.04.2003
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1.444

Wöchentliche Aussprache

Sie sieht fröhlich aus.
Wie immer.
Manchmal glaube ich, dass sie ganz einfach lächeln muss, wenn es mir beschissen geht. Das ist so ihre Art. Schon immer gewesen; da kann man nichts gegen machen.
Ich schüttel den Kopf und will gerade wieder zu streiten anfangen.
Es wäre sinnlos. Nachher ziehe ich grundsätzlich das kürzere Hölzchen und fühle mich wie ein Idiot.
"Du bist echt unmöglich", will ich bloß sagen.
Stattdessen schreie ich jedes einzelne Wort. Hass ist ein Insekt, das die Speiseröhre hinaufklettert. Man spürt es, fühlt, wie es die Oberfläche erreichen will, und wenn man würgt, beschleunigt man das Ganze bloß, also macht man, was logisch erscheint und schluckt ganz einfach diese elende Bitterkeit hinunter, und dann fällt das Insekt zurück in den Magen, legt noch mehr Eier, krabbelt wieder nach oben; und je öfter man schluckt, umso mehr Eier legt das Scheißvieh in einem ab, und irgendwann geht es nicht mehr, und es sind so viele geschlüpfte Eier, so viele Viecher, die nach oben wollen, und alles, was dann noch übrig bleibt ist Husten, Kotzen und Würgen; und eben das ist die Wut. Das ist vermutlich die Definition von Hass. Du kannst ihn nicht erbrechen, aber auch nicht einfach so verschlucken. Er wohnt nicht zur Miete, sondern er nimmt deinen ganzen verdammten Körper zur Eigentumswohnung, und dann stehst du da, und hast nichts, womit du ihn zum Teufel klagen kannst. Du erstickst ganz einfach an ihm, und das wars dann.
Diese Fröhlichkeit macht mich krank.
"Ist dir eigentlich klar, dass du mich total im Regen stehen lässt?"
Ein älterer Mann kommt vorbei, schaut in meine Richtung, hält kurz inne, und schlendert schließlich weiter.
"Ja verdammt! Ich weiß selbst, dass ich laut bin, aber ich kann dieses verdammte Lächeln nicht ertragen!"
Dann passiert, was immer passiert. Ich sacke zusammen und heule.
Es dauert Minuten.

Schließlich stehe ich auf, entschuldige mich bei dir, gebe dir einen Kuss auf die schwarz-weißen Lippen, deren Farbe ich vergessen habe.
Blass-Rosa sind sie glaube ich gewesen.

Bevor ich gehe, zünde ich wie jede Woche das Grablicht an.

Du siehst fröhlich aus auf dem Photo.

 

Hallo Cerberus,

ich finde es etwas schade, dass du die Geschichte zur Pointe hin aufbaust. Mir würde besser gefallen, wenn der Leser weiß, wo er ist.

Dieser Vergleich hat was, jedoch nimmst du ihm Wirkung, weil er so breitgewalzt ist. Ich würde in diesem Absatz die fetten Sätze streichen.
Du kannst es ja mal durchlesen und überlegen, wie das dann auf dich wirkt.

Stattdessen schreie ich jedes einzelne Wort. Hass ist ein Insekt, das die Speiseröhre hinaufklettert. Man spürt es, fühlt, wie es die Oberfläche erreichen will, und wenn man würgt, beschleunigt man das Ganze bloß, also macht man, was logisch erscheint und schluckt ganz einfach diese elende Bitterkeit hinunter, und dann das Insekt (fällt) zurück in den Magen, legt noch mehr Eier, krabbelt wieder nach oben; und je öfter man schluckt, umso mehr Eier legt das Scheißvieh in einem ab, und irgendwann geht es nicht mehr, und es sind so viele geschlüpfte Eier, so viele Viecher, die nach oben wollen, und alles, was dann noch übrig bleibt ist Husten, Kotzen und Würgen; und eben das ist die Wut. Das ist vermutlich die Definition von Hass. Du kannst ihn nicht erbrechen, aber auch nicht einfach so verschlucken. Er wohnt nicht zur Miete, sondern er nimmt deinen ganzen verdammten Körper zur Eigentumswohnung, und dann stehst du da, und hast nichts, womit du ihn zum Teufel klagen kannst. Du erstickst ganz einfach an ihm, und das wars dann.

Schließlich stehe ich auf, entschuldige mich bei dir, gebe dir einen Kuss auf die schwarz-weißen Lippen, deren Farbe ich vergessen habe.
Blass-Rosa sind sie glaube ich gewesen.
Das glaube ich dem Prot nicht, dass er das vergessen hat, wenn er noch so nahe an ihr dran ist.

Also wie gesagt: Idee gut, aber die Umsetzung (ohne Pointe) fände ich anders besser.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hey cerb,

denke die wahrscheinlichkeit liegt bei 13,58%, dass du auf meinen Beitrag antwortest, aber ich wage dennoch einen erneuten Versuch ;)

Ich find die Pointe gelungen und habe mich tatsächlich überraschen lassen. Frage mich beim vorletzten Satz sogar, was das mit den s/w-Lippen auf sich hat. Insofern hats bei mir funktioniert und fühlte mich auchnicht betrogen, wie das manchmal so der Effekt ist, bei gezielten Pointengeschichten.
Ich fands recht sauber geschrieben, aber ein bisschen ins Holpern bin ich bei deinem Satzungetüm auch gekommen.
Tja, und das ist es schon ;)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Cerberus,
mich hat die Pointe überrascht, das gefiel mir. Die Hasstirade kann ich nicht gut nachvollziehen, da sind mir die Gefühle zu wenig differenziert, und durch die Insektenkrabbelei hast du m.M. die Chance verschenkt, den P. genauer zu portraitieren. So bleibt die Geschichte an sich dünn, zu sehr auf die Pointe fixiert.
LG,
Jutta

 

Hi Cerberus,

also ... der Titel hat mich neugierig gemacht. Beim Lesen dachte ich dann, Beziehungskiste, ok. Ab den schwarz-weißen Lippen dachte ich, er streitet mit einem Foto? Sie ist also schon weg und es lässt ihn nicht los.

Bevor ich gehe, zünde ich wie jede Woche das Grablicht an.
Und da hat's erst klick gemacht, die Pointe hat bei mir richtig gut funktioniert. Ich fand den Text auch von der Länge her gut, hätte die Pointe zu lange auf sich warten lassen, wäre es vielleicht zu langatmig geworden.

Lieben Gruß
\

 

Hallo cerb,

Ich schüttele den Kopf
Du erstickst ganz einfach an ihm, und das war’s dann.

Mirgefällt der Vegleich des Hasses mit den Krabbelinsekten. Mir wird im Innern ganz unruhig wenn ich daran denke, aufgestauter Hass macht einen auch unruhig, weil es ein Gefühl ist, das man loswerden möchte. Ich finde die Pointe nicht unbedingt störend, aber zu direkt zu schnell zu beabsichtigt.
Auch finde ich die Zeilenumbrüche störend. Sonst hat`s mir gefallen
LG
GD

 

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