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Würmisch
Die Stift klebt in gelben Säften an den orangenen Fingern.
Der Protagonist wacht auf und weiß, dass ihn ein Grauen umweben wird, neben ihm im weißen Bett liegt, die Decke bis zur Hüfte weggezogen, eine entsetzlich dicke Frau, die schrecklich stinkt und so laut spricht, dass es ihn geweckt haben wird, sie sagt abwechselnd Wörter, die er nicht versteht aber für Spanisch hält, und Wörter, die er nicht versteht aber für eine völlig fremdartige Sprache hält.
In der Küche stehen alle Tassen auf dem Boden, gefüllt mir kaltem Kaffee, auf dem Tisch sind Teller mit schimmligem Brot und Käsestücken, ein Aschenbecher quillt über. Er geht ans Fenster, sieht aber nichts, die Welt draußen ist weiß, ein Licht, in dem vermutlich nichts zu finden ist.
Im Flur hört man Menschen rennen, dann schlägt jemand an die Tür, er solle aufmachen, es sei keine Zeit für Erklärungen, er müsse, zu seinem eigenen Wohl, unverzüglich die Türe öffnen. In diesem Moment kommt die Qualle aus dem Schlafzimmer und zeigt in einem widerlichen Grinsen ihre Zähne, nein, es sind dicke weiße Maden, die sich in ballettartigen Drehungen winden, sich plump grazil bewegen und dann aus einem zahnlosen Mund fallen, von gelbem Schleim und orangenen Brocken umflossen. Sie geht ins Badezimmer, die Fremden sagen, dass sie die Tür aufbrechen werden. Er öffnet.
Fünf Männer in komplizierten Schutzanzügen und mit Sturmgewehren laufen in die Wohnung, jeder nimmt eine andere Tür, sie sehen aus wie Kammerjäger in einem Science-Fiction-Film, unsinnig aggressiv und übertrieben geschützt, als jagten sie PKW-große Kakerlaken. Sie kommen zurück und fragen, den Protagonisten filmisch an die Wand schlagend und anhebend, wo er sie verstecke. Als er noch in seinem angedeuteten Nicken zur Badezimmertür ist, reißt sie selbige auf und rennt nackt in den Flur, wobei ihr Körper sich auflöst und in abertausende schleimige Würmer verschiedenster Art zerfällt, einen Moment lang nachdem sie auf den Boden gefallen ist und sich zu verteilt beginnt, erkennt man noch die groben Formen eines Körpers, wie bei einer Skulptur, bevor der Bildhauer mit ihr fertig ist. Ein nebliger Gestank bog die Wände des Flures nach außen.
Die Gewehre waren nutzlos, er ist in das Treppenhaus gelaufen und will aus dem Haus, die Tiere haben sich fingerbreite Gänge durch Anzüge und Gesichter gefressen und so sind diese nun Klumpen schmatzender Würmer in wirrer Bewegung, die immer wieder blutige Blocke und Splitter gelber Knochen aus ihren Reihen stoßen. Die Männer laufen das Treppenhaus hinunter, der Protagonist merkt, dass die hohe Eingangtür verschlossen ist und läuft in den Keller, die Männer finden den Flur leer und halten einen Moment inne, dann laufen drei in den Keller.
Der Protagonist versteckt sich hinter einem wackligen Turm graubrauner Kisten, grade breit genug, ihn vor einem flüchtigen Blick zu verbergen. Es ist dunkel und feucht, ein würmisches Atmen und ein triefendes Schmatzen näheren sich ihm. Dann, so vor ihm, dass er sehen kann, ohne gesehen zu werden, reißt ein Mann einem anderen den Arm ab, spielerisch, ohne Reaktion und isst diesen mit derart ekligen Geräuschen, dass es schwer fällt, still hinter zu schmalen Kisten zu hocken und sich nicht zu übergeben oder schreiend aus dem Keller zu stürmen.
Die Wurmmänner kommen dichter an die Kisten und ihr gelber Atem brennt in den Augen, einige Würmer fallen aus ihrer Kleidung und kriechen überall hin.
Dann eine Frauenstimme, heiter, entspannt, eine zweite, ähnliche Stimme und der Protagonist kneift sie Augen zu, springt hinter den Kisten hervor und stürmt, die gesamte Zeit über nur in Unterwäsche, schweißnass auf die Frauen zu, aus deren Augen ihn dicke Würmer ansehen.