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Wahlsieger
Wahlsieger
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Ein Moderator interviewt einen Politiker, der als Spitzenkanditat seiner Partei zur Wahl angetreten ist, diese aber nach allen Regeln der Kunst erbärmlich verloren hat.
"Herr Blödorn, ein mehr als schwarzer Tag für Sie und Ihre Partei ?"
"Also zunächst einmal, Herr Ehlebracht, gilt mein Dank an die vielen Helferinnen und Helfer, die auf Bund- Länder- und Gemeindebene in aufopferungsvoller
Arbeit zu diesem eindrucksvollen Ergebnis beigetragen haben."
"Aber Herr Blödorn, noch nie in der Geschichte ihrer Partei hat ein Spitzenkanditat so schlecht abgeschnitten wie Sie !"
"Sehn Sie mal Herr Ehlebracht, hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau. Das ist auch bei Politikern nicht anders.
Und deswegen gilt nicht zuletzt mein Dank auch an meine Frau, die mir während den strapaziösen Zeiten des Wahlkampfs mit all ihrer Kraft zur Seite stand."
"Aber das Ergebnis..."
"Das Ergebnis Herr Ehlebracht ist doch noch gar nicht entgültig, geschweige denn amtlich.
Sehn Sie mal Herr Ehlebracht, die Wahllokale haben um 18.00 Uhr geschlossen.
Wir haben jetzt 22.30 Uhr und die fünfzehnte Hochrechnung.
Das besagt doch noch gar nichts, um nicht zu sagen überhaupt nichts!
Der Abend ist noch lang, da kann noch viel passieren."
"Na schön Herr Blödorn, gehen wir aber mal davon aus, daß am Ende in etwa das herauskommt was seit zweieinhalb Stunden auf allen
Kanälen prophezeit wird, dann..."
"Dann, mein lieber Herr Ehlebracht, tritt das ein, was meine Freunde und ich als politisches Minimalziel erreichen wollten.
Sicher wir sind momentan, ich sags nochmal momentan, denn der Abend ist noch lang, momentan von 33% auf 13% zurückgefallen.
Aber dafür gibt’s ja auch ganz plausible Erklärungen."
"P p plausible Erklärungen?!"
"Ja selbstverständlich. Schaun sie mal Herr Ehlebracht:
Die Wahlbeteiligung ist um 8% niedriger als vor vier Jahren.
Forsa und auch Allensbach sind sich einig, wären die Temperaturen
10% höher, die Luftfeuchtigkeit 4% geringer, dann wäre die Wahlbeteiligung nicht um 8% niedriger sondern um 8% höher als beim letzten mal."
"Ja aber..."
"Nichts aber. Verdrehen Sie doch keine Tatsachen.
Fakt ist, unter den gerade genannten Voraussetzungen hätten wir heute 16% mehr Wahlbeteiligung.
Ich brauche Ihnen ja nicht zu sagen welchem politischen
Lager diese 16% zuzuordnen sind.
Darüber hinaus mein lieber Herr Ehlebracht sollten sie wissen, diese heutige Wahl fand im März statt. 35% unserer Stammwähler verbringen in dieser Zeit aber ihren Sommerurlaub. Konnten also heute
gar nicht zur Wahl gehen. Schlagen wir diesem Umstand nochmal na sagen wir 7% hinzu dann sind wir bei immerhin, murmel murmel,
na bei 36% und hätten damit unser letztes Ergebnis um Längen übertroffen."
"Aha, verstehe Herr Blödorn, Sie fühlen sich also nicht unbedingt als Verlierer der Wahl ?"
"Nicht unbedingt."
"Vielleicht sogar eher als der Wahlsieger ?"
"Unter diesen Umständen, Herr Ehlebracht, eher ja."
"Herr Blödorn, vielen Dank für das Gespräch."
"Keine Ursache."