Was ist neu

Warten... worauf??

Mitglied
Beitritt
30.06.2004
Beiträge
87
Zuletzt bearbeitet:

Warten... worauf??

Unruhig geht sie in der Wohnung auf und ab. Hin und her, von der Küche ins Wohnzimmer, durch den Flur ins Schlafzimmer und ins Wohnzimmer wieder zurück. Der Weihnachtsbaum steht in derselben Ecke wie jedes Jahr. Er lässt schon die ersten Zweige hängen. Nadeln liegen auf dem Holzboden unter ihm verstreut. Die Kerzen sind alle abgebrannt, die Halterungen sind größtenteils leer und Wachsverkrustet. Auf dem Tisch steht noch der Festbraten. Eine Gans, mit Früchten und Gemüse garniert. Schmutzige Teller und benutztes Besteck verzieren den Tisch. Die Tischdecke hat Flecken. Rote, braune und gelbe. Kirschkerne liegen herum und Bratensoße tropft aus einem Krug.


Der Plattenspieler steht abgenutzt neben dem Ledersofa. Er ist extra fürs Fest poliert worden, doch Platten gespielt hat er nicht. Sie liegen zuhauf neben ihm: Elvis Presley, Tina Turner, die Weather Girls und Paul Mc Cartney. Teilweise in, teilweise auf den Hüllen. Auf dem niedrigen Couchtisch stehen Sektgläser und eine halbleere Flasche Champagner. Die Eiskugeln im Eimer sind längst geschmolzen. Fotoalben, geschlossene und offene, zieren die Sofas. Sie ist darauf abgebildet, mit ihm. Lachend, Abenteuer erlebend, entspannt. In den Alpen, am Meer, auf Mallorca und Ibiza. Im Skiurlaub, bei Freunden und Verwandten, auf Betriebsfeiern. Immer in Abendkleid und Anzug. Beides farblich abgestimmt und harmonierend. Ihr fällt auf, dass immer die Sonne scheint und gute Laune den Vorrang hat.
Sie stellt sich ans Fenster neben der Kommode mit dem Fernseher und der Anlage und sieht in das Schneegestöber hinaus. Dicke Flocken fallen auf die Erde hinab und hüllen sie ein in einen Mantel aus reinem, weißen Flaum.
Alles ist friedlich und ruhig. Kein Mensch ist zu sehen, kein Tier und kein Auto. Selbst der Bus fährt bei so einem Wetter nicht. Sie schließt den Vorhang. Es wird dunkel im Wohnzimmer, doch sie macht kein Licht. Sie setzt sich aufs Sofa und sieht zum Tisch hinüber. Sie hat keine Lust aufzuräumen, weder den Tisch noch die Sitzecke. Sie will alles so lassen. Langsam steht sie wieder auf und geht in die Diele. Dort zieht sie sich Winterstiefel, Mantel, Schal und Mütze an, steckt den Wohnungsschlüssel ein und verlässt das Haus.


Die Straßen sind noch nicht geräumt, es schneit immer noch ununterbrochen. Sie schlägt den Weg zur Stadt hinaus ein. Dort liegt er. Hinter einem kleinen Wäldchen und einer Bushaltestelle. Der Friedhof! Still und kaum besucht. Hinter hohen Mauern und Stacheldraht verschanzt genießen die Toten dort ihre letzte Ruhe. Abgeschirmt vom Rest der Welt.

Das Tor ist offen. Sie geht hinein. Geht den Kiesweg entlang, biegt nach ein paar Metern links ab. Der Kies knirscht nicht, zu hoch ist schon der Schnee. Bäume und Büsche sind zugeschneit und geben ein wenig weißes Licht in die Dunkelheit ab. In Gedanken versunken geht sie zu einem Grab. Der Grabstein ist groß, noch liegen Kränze auf der gefrorenen Erde.
Viel Schnee liegt hier, die Toten sind doppelt begraben. Sie kniet hin und streicht über den vordersten Kranz. Die Blumen sind längst eingefroren, doch noch immer unverkennbar. Rote Rosen, weiße Magnolien und ganze zarte hellblaue Orchideen, ein seltene Züchtung. Tränen fließen aus ihren Augen, tropfen die Wangen hinunter auf den Erdboden. Dort gefrieren sie mit dem Schnee zu einer Einheit. Sie steht wieder auf und betrachtet den Stein. Marmor, weißer Marmor mit dunkelblauer Schrift.


Jan Erhard
* 1984 +2004​

Sie streicht über den Stein. Die Tränen sind nicht mehr zu halten. Ihr Jan, gestorben, wegen nichts und wieder nichts. Einfach nicht mehr da, einfach so weg. Er wird nie mehr wiederkommen. Sie will es nicht wahrhaben. Wendet sich ab und geht den Weg zurück. Verlässt den Friedhof im Eiltempo. Zu Hause wartet noch viel Arbeit. Das Geschirr muss gespült, die Alben zurück in den Aktenschrank und das Wohnzimmer gesaugt werden. Soviel Arbeit, nur für eine Person, die bei diesem Fest nicht mal ihre Freude gehabt hat.

 

Thank u!!

Danke Blackwood für deine Stellungnahme. Das Ganze läuft eigentlich auf etwas anderes hinaus, was man absolut nicht herauslesen kann, aber diesen Gedanken hatte ich immer beim Schreiben im Hinterkopf. Es ist mit dem Fest so gelaufen wie am 90. Geburtstag dieser Dame mit ihrem Butler James, der Fillm läuft immer an Silvester. Weißt du welchen ich meine? Aber auch egal, auf jeden Fall hat sie eben dieses Fest alleine gefeiert. Bzw. mit ihrem Freund zusammen. Danach ist er verstorben (vermutlich an zuviel Alkohol), weshalb sie die Wohnung auch so gelassen hat. Vielleicht wirst du mich deshalb jetzt schelten, weil man kann es ja absolut nicht herauslesen (dafür müsste man wahrscheinlich ein Rückblende einbauen) und so. Ich habe sie jetzt erstmal an den Stellen verbessert die du beschrieben hattest. Aber den Schlußsatz, keine Ahnung wie ich den gestalten soll. Hast du eine Idee? Ich wollte eigentlich eine Geschichte mit viel Beschreibung von allem schreiben, um es ein wenig zu üben. Da ist mir eben diese Handlung eingefallen.
Auf jeden Fall danke.
MgfG
Leana

 

Hallo, Leana!

Endlich mal jemand im selben Alter... :) . Deshalb bin ich, entgegen meines sonstigen Wesens mal ganz lieb und nett. Ich find die geschichte eigentlich recht schön. Das umfeld, ist ziemlich gut beschrieben. Auch, wenn es nicht ganz logisch ist (nach 2 oder mehr Tagen tropft bratensoße nicht mehr, sie schimmelt... ) Und es muss eigentlich recht lang nach Weihnachten sein. Eine beerdigung findet frühestens eine Woche nach dem Tod statt und da die Kränze alt sind, ist es also schon 2 Wochen her, mindestens. Aber das man den Vogel so lange auf dem Tisch stehen lässt... Ich weiß auch nicht. naja, denk drüber nach.

Ganz liebe Grüße Jägerin

 

Schließe mich Blackwood an. Thematisch zu eindimensional. Aber gut geschrieben.

 

Danke Jägerin und cbrucher für eure positiv/negativ Comments.
@jägerin
Na ja, er ist Silvester gestorben. Zwei Tage danach war die Beerdigung. Also ist das mit den Kränzen schon logisch. Aber mit dem Essen nicht, du hast schon recht. Ein wenig unlogisch, aber irgendwie ist das die Geschichte.
MgfG von
Leana

 
Zuletzt bearbeitet:

Okay, da hast du recht, lea.
Also, ist die geschichte wirklich wahr? Oder hat sie einen wahren Kern? Zuerst dachte ich, dass sie in der Zukunft, also nächstes weihnachten spielt. Aber demnach muss er in der neujahrsnacht gestorben sein... ein dreiviertel Jahr her. Würde mich wirklich interessieren.

grüße Jägerin

 

@ Jägerin
Heyo
Nein, ich wüsste nicht wo sowas schon passiert sein sollte. Ich wüsste von keinem Fall. :confused:
Aber auf der Welt ist sowas bestimmt schon mal passiert, schließlich ist die Erde recht groß und es gibt genug Menschen, denen das passieren kann, könnte oder schon passiert ist. :) :( :shy: :cool:

Liebe Grüße
Leana

 

Leana,

* 1984 +2004

Ich weiß zwar nicht, ob es möglich ist, aber vielleicht kannst du anstatt des "+" dieses Zeichen verwenden "†"...
Sieht einfach schöner aus... ;)

 

@anubis737
Gibt es diese Taste? Wenn ja, hätte ich sie klarerweise genommen. Keine Ahnung, ich denke leider gibt es diese nicht. :(

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom