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Was blüht denn da?

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25.08.2006
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Was blüht denn da?

Mit das Schönste an unserer neuen Wohnung ist, dass ein Stück Garten dazugehört. Wir wohnen zwar im zweiten Stock, aber wenn ich mich aus dem Küchenfenster hänge und etwas nach rechts verdrehe, kann ich einen Teil davon sehen. Er ist nicht sehr groß, doch bietet seine Fläche genug Raum für meine „blühende“ Phantasie und atemberaubende Pläne.

In Bezug auf den Garten war ich bestens vorbereitet. Schon einige Zeit vor dem Umzug, war ich in den dichten Dschungel der Gartenillustrierten, mit den vielen inspirierenden und wunderschönen Bildern, vorgedrungen und hatte sogar einige Texte gelesen. Wie sich später heraus stellte, waren es entweder viel zu wenig oder die falschen. Doch als mir das bewusst wurde, stand ich auch schon bis zu den Knien im Unkraut. Die Unterarme brannten durch die perfekt funktionierenden Abwehrmechanismen von Brennnesseln, nebst Disteln. Erdklumpen und totes Gestrüpp dekorierten auf wenig vorteilhafte Art meinen Haarschopf. Auf Außenstehende muss ich zumindest sehr naturverbunden gewirkt haben, vielleicht mit einem Hauch Verzweiflung in den Augen, aber immerhin.

Ich weiß noch genau, wie ich am Morgen meines ersten Garteneinsatzes, Martin, unserem Logiergast, der noch etwas verschlafen am Küchentisch saß und in seinem Türkischen Kaffee rührte, munter zurief: „Ich gehe mal eben schnell runter und hebe drei Beete aus!“
Ich hörte gerade noch, wie er prophylaktisch hinter mir herrief: „Ich darf nur fünf Kilo heben, wegen meinem Rücken.“. Aber da fiel auch schon die Haustür hinter mir ins Schloss.
Ich stürzte mich enthusiastisch in die direkte Kontaktaufnahme zu meinem Garten. Endlich konnte ich das „Gen des grünen Daumens“, dass ich bestimmt von meinem Opa Karl, dem Obergartenmeister, geerbt hatte, zum Zuge kommen lassen. Ich fühlte mich so lebendig.

Siebeneinhalb Stunden später, schmerzhafte Blasen an beiden Händen und mit einem Kreuz, das kurz vor dem Durchbrechen war, stand ich am Fuße des Treppenhauses, das zu unserer Wohnung führte. Ich blickte die Stufen hinauf, kleine Sterne tanzten vor meinen Augen und ich fragte mich, ob es sehr entwürdigend wäre, die Treppe auf allen vieren zu bezwingen.
Auf jeden Fall würde ich noch einmal in meinen Gartenbüchern nachschauen. Ich kann mich nicht erinnern, in irgendeinem gelesen zu haben, dass man mit Backsteinen, ekliger Teerpappe und verrostetem Stacheldraht beim Umgraben zu rechnen habe.
Jahre später, als ich endlich oben an unserer Wohnungstür angelangt war, musste ich klingeln, weil meine vibrierenden Finger den Haustürschlüssel nicht festhalten konnten. Martin, frisch gegelt und ein wenig zu lieblich duftend, machte große Augen, als er mich erblickte. Nach meinem geknurrten: „Kein Wort!“ war er jedoch klug genug, sich jeden Kommentars zu enthalten. Ich stand dann noch einen kleinen Augenblick etwas unentschlossen im Flur, entschloss mich aber, vor dem Sterben, doch noch zu duschen.

„Du hast mehr Plastikschilder als Pflanzen in den Beeten“, meinte mein Liebster. „Nicht genug“, dachte ich nur und blickte stirnrunzelnd auf ein Pflänzchen, dass ich wirklich nicht einordnen konnte. Im Zweifelsfall gilt dann, was einigermaßen dekorativ aussieht und vielleicht sogar eine nette Blüte hervorbringt, darf bleiben und wird großzügig unter dem Sammelbegriff „Wildstaude“ abgehakt. Solange es nicht drängelt und ich es endgültig benennen kann.
Meine Leidenschaft für meinen Garten ist ungebrochen, verfügt inzwischen aber über eine realistische Grundlage.
Ich bin stolz und glücklich über jede neue Blüte, die selbstverständlich mit Handschlag begrüßt wird. Von Errichtung eines japanischen Pavillons im großen Stil habe ich Abstand genommen, doch unsere kleinen, blau gestrichenen Gartenbänke mit den selbst entworfenen Laubsägeornamenten, finde ich sehr apart.
Selbst meine Aversion gegen kleines Krabbelgetier hat sich durch den ständigen Kontakt gemäßigt. Ich kreische nur noch ganz selten, wenn mir eine Spinne über die Hand läuft.
Besonders entzückend finde ich Hummeln. Sie sehen richtig zum Knuddeln aus mit ihren gelben Pluderhosen. Ganz früh am Morgen kann man sie verschlafen aus ihren Verstecken krabbeln sehen. Neulich beobachtete ich eine, wie sie sich dehnte und reckte. Ich glaube, sie hat sogar gegähnt. Das nächste Mal biete ich ihr auf jeden Fall eine Tasse Kaffee an.

Einen Garten zu haben ist schön.

 

Hallo Mijack,

nette kleine Miniatur. Zwischenzeitlich war ich echt begeistert von der Selbstironie. Was etwas schade ist, dass dieser amüsante Teil von zwei Passagen eingerahmt sind, die nicht ironisch sind, sondern ganz normal und zeimlich spießig. Damit weiß man am Ende nicht so ganz, wo man angekommen ist. Im Biedermeier, in der Realität?


LG,

N


Tippkram:

mit Handschlag begüßt

da fehlt ein r

auf jden Fall eine

da fehlt ein e

“Einen Garten zu haben ist schön.“

inkonsequente Verwendung hoher und tiefer Anführungseichen

Selten haben ich zärtlichere Gefühle

Selten habe ich ...

 

Hi Mijack,
na, das wird ja. ;) Ne richtige Geschichte! :naughty:

Hat mir gut gefallen. Leicht und flüssig geschrieben. Nur noch ein paar Fehler, aber die hat Nicole ja schon rausgesucht.

Ich blickte die Stufen hinauf, kleine Sterne tanzten vor meinen Augen und ich fragte mich, ob es sehr entwürdigend wäre, die Treppe auf allen vieren zu bezwingen.
:thumbsup:

Gruß, Elisha

 

Hi Mijack,

mir hat der erste Teil deiner Geschichte auch gut gefallen. Vllt. weil ich mit meiner Freundin dieses Jahr einen Garten erobert habe und mich in deiner Geschichte in ironischer Weise wiederfand.

„Ich gehe mal eben schnell runter und hebe drei Beete aus!“
ja, am Anfang ist man wirklich sehr unbedarft, aber voller Tatendrang;)

Ich hörte gerade noch, wie er prophylaktisch hinter mir herrief: „Ich darf nur fünf Kilo heben, wegen meinem Rücken.“.
könnte mein Mann gesagt haben....

entschloss mich aber, vor dem Sterben, doch noch zu duschen.
:thumbsup:

Den Schluß finde ich dann auch etwas spießig.

Dein Sprachstil gefällt mir sehr gut.

LG
Katinka

 

Vielen Dank für die Kritiken.
Einige Korrekturen habe ich bereits getätigt.
An der Spießigkeit werde ich arbeiten ;o). Versprochen!

LG
Michi

 

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