Ein richtig gesetztes Adjektiv entscheidet m.E. maßgeblich mit über die Atmosphäre eines Textes. Dazu muss es allerdings passend sein, an der richtigen Stelle verwendet werden und vor allem sollte es nicht von zahllosen anderen umzingelt sein, die überflüssig sind und dem Leser den Weg versperren. Zuviele Adjektive erwürgen einen Text oft an Stellen wo er (bzw. die Phantasie des Lesers) eigentlich Raum zum Atmen bräuchte.
Es ist eine schwierige Balance. Ich selbst schreibe auch oft sehr adjektivlastig, es wurde mir aber bislang seltenst angekreidet. Vielleicht mache ich ja irgendwas richtig dabei...
Aber es ist eher eine Gefühlssache, finde ich. Ein kleiner Teil des Mysteriums "Schreiben".
Die von Sim angesprochene dogmatische Forderung nach möglichst wenig Adjektiven stammt z.T. aus dem Journalismus und wurde in die moderne (Unterhaltungs-)Literatur hinübergeschleppt. Oft ist sie jedoch tatsächlich unsinnig, denn die Verwendung von Adjektiven ist auch eine Stilfrage. Jeder so wie er mag, von puristisch bis verspielt.
Allerdings sollte man ruhig ein Auge drauf haben, ob man nicht mit unnötigen Adjektiven um sich wirft.
Ein Beispiel:
"Es war eine dunkle, stürmische Nacht."
Hier ist ein sehr wichtiges und ein total überflüssiges Adjektiv drin. Dunkel sind Nächte in der Regel immer, stürmisch allerdings nur, wenn unsere Atmo das gerade so verlangt.
Ein anderes Beispiel:
"Das ist ein eklektischer Hut, den Sie da tragen, Missus Halfanan!", sagte Bob mit flüsternder Stimme.
Ob ein Hut eklektisch sein kann und was das bedeutet, mag jeder selbst entscheiden. Formulierungen wie "mit flüsternder Stimme" sind allerdings - auch in Kombination mit anderen Adjektiven wie "ängstlich", "mutig" etc. - für mein Empfinden höchst weglassenswert. Dennoch findet man sie sogar in gedruckten und lektorierten Werken immer wieder. Eine der erfolgreichsten Buchreihen des letzten Jahrzehnts z.B. (ich meine "Harry Potter") verwendet dieses (und andere) "Stilmittel" sogar unerträglich oft, was mir die Lektüre an manchen Stellen doch arg verleidet hat.
Ein letztes Beispiel:
"Karen zappelte hektisch und nervös mit allen verfügbaren Gliedmaßen, während sie angespannt zusah, wie Jack konzentriert und schwitzend über die tickende Bombe gebeugt war, die mattschwarz glänzende Flachzange zwischen zwei dünnen Drähten, einem roten und einem blauen, hin und her schwenkte, während die große Digitalanzeige des heimtückischen Zeitzünders dramatisch ihre letzten Sekunden zählte und dabei ihre Gesichter in gespenstisches rotes Licht tauchte."
Solchen Passagen begegnet man häufiger als man glaubt, selbst in gedruckten Werken. Ich behaupte mal, dass man in obigem Text mindestens die Hälfte der vorhandenen Adjektive streichen kann (manche sogar streichen muss!), ohne dass die Passage dadurch verliert - eher im Gegenteil.
Ich hab mir angewöhnt, spätestens beim Überarbeiten jedes Adjektiv unter die Lupe zu nehmen. Wenn es nicht unbedingt nötig ist, fliegt es raus. Worte sollen wie Tropfen des eigenen Blutes sein, heisst es. Dementsprechend sollte man mit ihnen umgehen. 
Ist also eine heikle Sache mit den Adjektiven - auf jeden Fall aber eine, die m.E. große Aufmerksamkeit verdient, weil es Stil und Atmosphäre eines Textes entscheidend beeinflußt!
Just my tuppence,
Horni