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- 09.12.2003
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Wasserfall
Ich stehe wieder am Wasserfall. Immer und immer wieder kehre ich an diesen Ort zurück. Es scheint, als sei ich dauernd hier, aber ich mag mich kaum daran erinnern, jemals hier gewesen zu sein und jedesmal wenn ich den leicht zu erreichenden, doch für mich sehr mühsamen Weg auf mich nehme, muss ich an meinem Sinn und Verstand zweifeln warum ich wieder eine so offensichtliche Unnötigkeit beschlossen habe und meine so wertvolle Zeit verschwende.
Doch bin ich einmal hier, weiss ich warum mein Willen danach verlangt, hierhin zu kommen. Diese mächtige, über den Fels hervorschnellende Masse. Wie sie ewig und zeitlos - ohne je ersichtliche Erschöpfung - in die Tiefe jagt. Ich bestaune, wie elegant geschmeidig sich einzelne Wasserstrahlen vom Fall trennen, um Vorsprünge wirbeln um dann wieder mit der Einheit eins zu werden. Der Wasserfall ist eine pulsierende Strasse, der der Schwerkraft dieser Welt folgt und so keine einzige Abweichung aus dem Gleichgewicht der Natur zulässt. So folge auch ich meinem unbekannten Willen und kehre immer wieder hierhin zurück und erkenne, wenn ich auch nur eine Sekunde innehalte und ich in mich heineinkehre, wie unheimlich Still und ruhig dieser Ort ist.
Hier ist ein Ort der Ruhe für mich - der zur Tiefe stürzende tosende Wasserfall. Denke ich über das Leben nach, so fliesst das Wasser immer noch weiter, lässt sich zwischen Steine und Fels pressen und lässt sich leiten. Bis es auf den Felsen trifft und sich so in die Tiefe gleiten lässt - solange, bis das grosse stille und ewige Wasser erreicht ist.