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Wattwanderung (lübsches Platt)

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Wattwanderung (lübsches Platt)

Wattwanderung

„Moin, moin.“ De Mann op de Brügg dreiht sik üm, kickt mi an un dreiht sik trück. „Moin“, seggt he un kieckt wedder na de grooden Schipp op de Trav. „Ik sök Hawesta“, vertell ik em, un töv up een Antwurt.

„Du büst viellicht gra twintig, of nich?“, fragt de Mann ahn sik ümtodrein. Ik gah to em henn un lehn mi an de Brügg: „Jo, ik bünn twintig Johr. Worüm?“

He nickt un grient trurig: „Mien Jung weer nu twintig wesen. He hett dat Schipp mitbuugt, as he bi de Flender Werft arbeitet hett.“ „Un nu?“, fröög ik eem. « He is nu dot - He weer man erst achttein Johr.”

He fangt an de Geschicht to vertellen un ik seh sien Söhn an de Küst vun Amrum. Sien Klock seggt em, dat dat föftein Minuten vör neegen weer, aver dat weer half tein. Sien Fründin un he gahn int Watt – immer wieder, un de Blankhans keem trüch. De Weg na Föhr is to wiet. Sien Söhn un de Fründin keemen nie an de annern Küst an.

De Gendarm hett seggt, de Klock weer twei. „Düsse Klock weer een Geschenk to sien achteinsten Geburtstag.“ He ween, un wiest mi de Klock, „man blots föftein Daag later un mien Jung wär hier. Ik will se nich mehr, düsse Klock.“ He nehm de Klock un smeet se in de Trav. Dann dreit he sik üm un segg to mi: „So, köm mit. Ik wies di Hawesta.“

 

Sien Klock seggt em, dat dat föftein Minuten vör neegen weer, aver dat weer half tein.
Die Uhr geht also eine Viertelstunde nach.

„Düsse Klock weer een Geschenk to sien achteinsten Geburtstag.“
Und an seinem Geburtstag hätte er eine neue bekommen, die dann ja wahrscheinlich heil gewesen wäre, so, dass er rechtzeitig losgegangen wäre und so auch rechtzeitig auf Föhr angekommen wäre.

 

Sien Klock seggt em, dat dat föftein Minuten vör neegen weer, aver dat weer half tein.
Die Uhr geht also eine Viertelstunde nach.
Dreiviertelstunde ;).

Schön, dass diese Geschichte mal wieder ausgegraben wurde. Ich hab als Kind oft Bücher auf Plattdeutsch gelesen, die Sprache hat was sehr melancholisches und vermittelt oft das Gefühl von Endlosigkeit und frei sein. Aber das nur am Rande.
Ich musste mich an Dein Vorlesen letztes Jahr erinnern, das der Geschichte nochmal ein bisschen mehr Traurigkeit mitgegeben hat. Mag sein, dass Du damals nicht besonders gut drauf warst und sie deshalb so vorgelesen hast, wie Du sie vorgelesen hast. Aber je öfter ich den Text lese, desto überzeugter bin ich davon, dass Du ihn nicht eine Nuance lauter oder leiser, nicht ein Stück anders betont, vortragen dürftest, ohne ihm seinen "Geist" zu nehmen.

Aber vielleicht trau ich Dir einfach mal wieder zuwenig zu, und Du liest halt perfekt vor. Wenn das zutrifft, dann sieh mich betreten ;).

 

Hoppla, da hab ich mich bei meinem eigenen Text verlesen :shy:

Aber je öfter ich den Text lese, desto überzeugter bin ich davon, dass Du ihn nicht eine Nuance lauter oder leiser, nicht ein Stück anders betont, vortragen dürftest, ohne ihm seinen "Geist" zu nehmen.

Aber vielleicht trau ich Dir einfach mal wieder zuwenig zu, und Du liest halt perfekt vor. Wenn das zutrifft, dann sieh mich betreten.


Das hab ich jetzt irgendwie nicht verstanden. Du meinst es war gut so und im gleichen Atemzug sagst du du traust mir zu wenig zu? Nunja, was mein Vorlesen angeht kann ich nur sagen es war grottenschlecht aber ich übe täglich im Kindergarten :D

 

Ja, es war gut so, weil er an dem Tag aus Deinem Bauch kam, das Gefühl hatte ich jedenfalls.

 

Hallo Anika!

Ich habe Deine Geschichte schon längst gelesen, öfters in der Originalversion, um sie zu verstehen. :D

Jetz wollte ich doch auch, nach so langer Zeit, noch etwas dazu schreiben.

Sie ist wunderbar. Du vermittelst auch jemanden, der auf Anhieb erstmal Sprachschwierigkeiten hat, eine ganz zauberhafte, traurige Stimmung. Diese Begegnung ist etwas Besonderes. Ganz toll geschrieben, Anika.

Liebe Grüße
Anne

 

Hallo Anika

Das Meiste Deiner Geschichte habe ich verstanden, auch wenn ich aus Bayern bin. :D Ein paar Wörter haben mir allerdings Kopfzerbrechen gemacht. Als ich dann endlich dahinter gekommen war, nach mehrmaligem Lesen, stellte ich fest, dass die Übersetzung drunterstand. Mensch, die hätte ich gern eher entdeckt. ;)
Deine Geschichte ist sehr traurig. In schöne Worte gekleidet. Hat mich beeindruckt, wieviele Emotionen Du in die doch sehr kurze Geschichte gepackt hast, ohne sie zu sehr zu stauchen. Kann Hannes nur Recht geben:

Dör wull ik man höpen, dat dor no mehr kümmt ut din Feder

Habe sie gern gelesen :)

Liebe Grüße, die Kürbiselfe

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Anika,
Wie schön, dass Kürbiselfe diese Geschichte ausgegraben hat.
Mein Vater hat auch lübsch gesprochen und Hawesta die stinkige alt(e)ingesessene) Fischfabrik (Kenne ich nicht nur als Dose, sondern auch von unserer Nachbarin, die dort gearbeitet hat.) ist heute immer noch ein wichtiger Arbeitgeber in der Region. Nicht mehr stinkend, aber modern.
Flender Werft war einmal und nachdem das letzte Dock die Trave aufwärts gefahren ist, fühle ich mich irgendwie sehr melancholisch und alt. ;)
Natürlich auch, weil der Junge und seine Freundin im Watt zwischen Amrum und Föhr von der Flut überrascht wurden.

Danke fürs Lesevergnügen

Goldene Dame

 

Hallo Anika,

ich kann nur sagen: RESPEKT!

Ich bin zwar an der Nordsee aufgewachsen und spreche schon mein ganzes Leben platt, aber es zu sprechen und zu schreiben, sind zwei verschiedene paar Schuhe. (Hab mal versucht meiner Omi einen Brief auf Platt zu schreiben und hab dabei ganz schön geschwitzt.)

Danke, dass du der Sprache mit deiner wundervollen Geschichte ein Stück vom "Dorftrottel-Landei-Image" nimmst, mit dem ich oft zu kämpfen habe.

Campari

 

Moin Anika!

Auch mich hat die Geschichte berührt. Trotz der größeren Mühe, die ich bei der plattdeutschen Schreibweise hatte ( sei ehrlich: Hast du akribisch auf die Rechtschreibung geachtet? Gibt ja kaum jemanden, der es nachprüfen könnte ;) ), und obwohl ich das eine oder andere Wort falsch verstanden habe( "mitbuugt", "aver", "Blankhans", "trüch", "twei", "Hawesta" - ick glöv, dat weern se ;) ), kann ich auch sagen, dass die plattdeutsche Version besser funktioniert. Schwer zu sagen, warum. Vielleicht weil so besser rüberkommt, wie sehr die Figuren mit ihrer Heimat verwurzelt sind? Eine interessante psychologische Frage.

Dien Geschicht wiest us, dat dat ole Sprachgod uck sien Wert hät.

Hoffentlich war das jetzt richtig. :D

In diesem Sinne,

Ciao, Megabjörnie

 

Aloha Anika!
Ist wirklich eine sehr süße Geschichte und auch die Handlung finde ich wirklich rührend. Überhaupt, dass du es innerhalb eines so kurzen Textes zu einer Handlung gebracht hast, ist erstaunlich.
Vielleicht könntest du dir überlegen die Geschichte auch in der Rubrik Alltag aszustellen. Wenn, dann natürlich auf Hochdeutsch, obwohl sie auf Platt viel schöner ist.
Liebe Grüße Ise

 

Megabjörnie schrieb:
Hast du akribisch auf die Rechtschreibung geachtet? Gibt ja kaum jemanden, der es nachprüfen könnte

Doch, gibt es auch hier. :)

obwohl ich das eine oder andere Wort falsch verstanden habe.

Die Mundarten sind etwas unterschiedlich. Aber den "Blanken Hans" sollte doch nördlich von Oldenburg jeder kennen.

Ich finde die Geschichte gelungen.

 

Aber den "Blanken Hans" sollte doch nördlich von Oldenburg jeder kennen.

Öööh, aber klar. :D ( Mist, ist Westerstede nicht nördlich von Oldenburg? )

Mir ist der Begriff aber vor der Lektüre der Geschichte nicht geläufig gewesen. Die Namensbezeichnung ist ja auch nur für die Anrainer der Nordsee mit Konnotationen verbunden, und die Nordsee ist immerhin eine Fahrtstunde von Oldenburg entfernt. Vielleicht ist das aber auch eine Generationenfrage.

 

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