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Welt, verrückte

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17.11.2002
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Welt, verrückte

Ted Sebulon sprang aus dem Wagen. „Um Himmels willen, haben sie sich verletzt?!“ Seine Gummischlaucharme wackelten hin und her als er der Gestalt entgegenstolperte, die regungslos auf der Straße lag. Er hatte sie zu spät gesehen und ich war gerade unter dem Handschuhfach eingenickt, als plötzlich etwas gegen unser Auto geprallt war. Ich zitterte etwas, konnte meine Neugier aber nicht bezähmen und krabbelte über den Fahrersitz ins Freie. Es war ein Mann. Er lag regungslos auf dem dunklen Asphalt. Ted hatte sich über ihn gebeugt und begann ihn zu schütteln. „Hey, ist ihnen was passiert? Sagen sie was!“ Seine Augen ruhten furchtsam auf dem leblosen Körper. Die Scheinwerfer des Wagens schienen auf das fahle Gesicht des Fremden. Die schwarzen Haare fielen ihm wirr ins Gesicht. Ted starrte ihn an und mit einem Aufschluchzen strich er über die zerschlissene Jacke des Bewusstlosen. „Oh Gott, sagen sie doch was!“ Ich rannte zu meinem Herrchen hinüber und leckte seine herunterhängende Hand. Plötzlich schlug der Mann die Augen auf. Ich verkroch mich rasch unter Teds schwarzem Mantel. Solche durchdringenden Augen hatte ich noch nie bei einem Menschen gesehen. Wie die Augen einer Raubkatze, weit aufgerissen und bereit sofort anzugreifen funkelten sie uns aus dem Halbdunkeln an. „Die Menschheit....“ Ein Röcheln folgte den gestammelten Worten. „Ist alles in Ordnung?“ Mein Herrchen fasste die Hand des Fremden. „Ich muss die Menschheit retten.“ Ted zuckte zusammen. Er schob einen seiner Krakenarme unter den Rücken des Mannes. „Können sie aufstehen? Ich bringe sie erst einmal in ein Krankenhaus.“ Da sprang der Mann auf. Mit einem Satz stand er auf den Beinen. „Mann, hast du nicht gehört? Ich muss Menschen retten, okay? Du hast mich nicht nur umgebügelt, nun willst du mich auch noch weiter aufhalten!“ Seine weit aufgerissenen Augen fixierten Ted, der nun langsam aufstand. Er stand etwas zittrig auf seinen dürren Beinen. „Tut mir leid, ich wollte sie nicht belästigen, aber...“ „Kein Aber! Hilf mir besser die verlorene Zeit aufzuholen, okay?“ Ted nickte eifrig. „Ich soll ihnen also helfen die Welt zu retten? Was für ein Glück, dass ich vorhin noch schnell meine Atomraketen am Auto montiert habe.“ Der Fremde kniff die Augen zusammen. Er trat dicht an Ted heran und zischte: „Auf solche Kommentare kann ich verzichten, Klugscheißer!“ An seinem Mundwinkel waberte ein schleimiger Faden. Ted hielt die Luft an und wich zurück. Eine lange Zeit standen sie sich Auge in Auge gegenüber. Auch ich musterte die fremde Gestalt, die sich in der Dunkelheit wie eine zum Leben erweckte Marmorfigur abzeichnete. Der Wind trug den Geruch von Schweiß und Urin zu uns herüber.

Der schrille Klingelton des Handys schreckte mich aus meiner Beobachtung. Hastig zog der Fremde das Gerät aus der Tasche und hielt es an das schwarze, wirre Gehängsel, genau an die Stelle, wo das Ohr zu vermuten war. „Ja, wird gemacht. Wird erledigt. Jawohl.“ Nach dem ersten Auftritt dieses Mannes, hätte ich nie geglaubt, dass er jemals so ehrfürchtig mit jemandem sprechen würde. Als er das Handy wieder in die Tasche gesteckt hatte, blickte er auf den Boden. Nach einer Weile hob er langsam seinen wabbeligen Kopf und blickte Ted an. „Ich muss dir ziemlich verrückt vorgekommen sein. Mann, ich glaub ich bin dir ´ne Erklärung schuldig. Aber ich will nicht viel Zeit verlieren, okay? Kann ich dir nicht alles erzählen, während du mich nach Fulltown bringst? Übrigens ich heiße Russel, Russel Cleese, okay?!“

„Mann, ist deine Motorhaube stabil.“ Der Fremde rieb sich seinen ansatzweise dicken Bauch und lehnte sich in dem Beifahrersitz zurück. Ted starrte konzentriert auf die Straße, während er seinem Mercedes alles abverlangte und versuchte, sein Riechorgan so weit es ging von dem Fremden wegzuhalten. „Ich glaube, sie sind auch sehr robust. Es grenzt schon fast an ein Wunder, dass ihnen nichts passiert ist. Wie kamen sie überhaupt auf...“ Russel winkte ab. „Jetzt nicht. Ich erkläre dir nun alles, okay?“ Ted nickte. „Ja, sie wollen doch tatsächlich das Armageddon abwenden.“ „Das was? Nee, aber Mr. Harris ist auch ein wirklich übler Bursche.“ Er krümmte sich in seinem Sitz zusammen, als könnte ihn eine unsichtbare Gestalt ergreifen und aus dem Wagen ziehen. Ted runzelte die Stirn und verdrehte die Augen. „Und wer ist Harris?“ „Harris? Mann, das ist der schlimmste Typ den du dir vorstellen kannst. Er hat meine Frau und zwanzig andere Leute als Geisel genommen und droht alle sofort zu töten, wenn ich nicht bestimmte Aufträge für ihn ausführe.“ Seine Stimme begann zu brechen und weinerlich fügte er hinzu: „Ich hab so ´ne Angst, dass er meiner Charlize was antut.“ „Oh Gott!“ Beinahe hätte Ted seinen Wagen gegen die Planken gelenkt. Er starrte mit offenem Mund auf den unter uns vorbeirauschenden Asphalt als Russel fortfuhr: „Das erstemal musste ich ´n ganzes Waisenhaus mit Trinkwasser versorgen. Mann, mein gesamtes Geld ist dabei draufgegangen. Ich glaube Mr. Harris gehört zu einer radikalen Menschenrechtsgruppe oder so was.“ Er schniefte und wischte mit dem Handrücken unter der Nase entlang. „Bei meinem letzten Auftrag musste ich mich in einem Behindertenheim einen Tag lang heimlich mit den Menschen dort beschäftigen. Das Dumme war, die hatten an dem Tag schon ihren Energieverbrauch für den Monat überschritten. Mann, ich sag dir, das war schwierig sich bei zugenagelten Fenstern zu verständigen.“ „Alles klar!“ Ted kniff die Augenbrauen zusammen. „Ein Menschenrechtler will zwanzig Menschen töten, wenn sie nicht anderen Menschen helfen? Natürlich!“ Russel fuhr aus seinem Sitz. „Mann, du glaubst wohl, ich erzähl dir ´n Märchen!“ Er saß kerzengerade zum Fahrer gewandt. „Ich sag dir, dass es diesen Mann gibt und er ist grausamer als du dir vorstellen kannst, okay?! Kann sein, dass er verrückt ist, aber mir brauchst das nicht vorzuwerfen, okay?!“ Über sein Mondscheingesicht liefen dicke Schweißperlen. Er atmete schwer und ließ sich wieder zurückfallen. Ted hob beschwichtigend die Hand. „Ich glaube ihnen ja. Das ergibt nur keinen Sinn. Wo genau sollen sie hin in Fulltown?“

Vor dem Bahnhof in Fulltown stank es nach Müll. Die Sonne brannte auf die staubigen Straßen und die Hitze flimmerte in der Luft. Trotzdem herrschte ein reger Betrieb. An den Ecken standen Gruppenweise seltsame Gestalten, Betrunkene pöbelten herum und der laue Wind trug Papier- und Kartonreste durch die Straßen. Ich blickte mich um und sah nun auch die Beiden um die Ecke biegen. Da ich zum erstenmal in dieser Gegend war und wir bis heute Morgen durchgefahren waren, ging ich los und hinterließ meine Visitenkarte. Als ich wiederkam verfrachtete Russel sein Handy gerade in die Jackentasche. „Es hatte gar nicht geklingelt.“, behauptete Ted. „Ich hab auf Vibration umgestellt, okay? Du weißt schon, in dieser Gegend...“, Russel nickte bedeutungsvoll in Richtung einer Punkergroup, die zu ihnen herüberstarrte. „Ok, was hat er gesagt?“ Ted schaute Russel gespannt an. „Er sagte, dass wir hier herumgehen, den Bettlern und Pennern was spenden und n` bisschen mit ihnen quatschen sollen.“ „Moment mal, sagten sie wir? Ich mach da nicht mit.“ Ted hob abwehrend die Hand. „Mann, komm schon, du weißt doch, sonst bringt er meine Frau um. Das ist voll einfach. Ich komme auch beim Ersten mit, okay?“ Russel packte Ted am Ärmel und steuerte direkt auf einen Bettler zu, der erschöpft auf dem Boden an eine Hauswand gelehnt saß und sich an seine braune Papiertüte, die sein gesamtes Hab und Gut beinhaltete, klammerte. „Hey, alles klar Mann? Kann ich dir irgendwie helfen?“ Hinter dem struppigen Urwald, der sich über das verwitterte Gesicht zog klang es hohl und heiser hervor: „Hab kein Zuhause mehr. Seit drei Tagen nichts mehr richtig gegessen. Bitte, eine Spende.“ Russel standen die Tränen in den Augen. Sie suchten sich ihren Weg an seinen schmierigen Wangen hinunter, während Ted sich immer wieder umschaute. Russel stieß ihm in die Seite, woraufhin er sein Portemonnaie hervor holte und dem Bettler einen Geldschein gab.

„Hey, sie da!“ Ein Polizist kam wild gestikulierend auf die Gruppe zugerannt. „Haben sie überhaupt eine Bevollmächtigung? Darf ich bitte ihre Lizenz sehen?“ „Natürlich, hier ist sie.“, sagte Ted und fingerte ein Blatt Papier aus seinem Portemonnaie. Der Beamte schaute die Urkunde durch und nickte. „In Ordnung! Und sie mein Herr?“ Er schaute Russel an. Dieser hatte den Kopf eingezogen und starrte die Regenwürmer aus dem Boden heraus. „Ich hab nichts gespendet.“, stotterte er. „Das ist egal, sie waren mit dabei. Wo ist ihre vom Staat ausgestellte Spenderbevollmächtigung?“ „Ich hab keine.“, würgte Russel hervor. „Aha, darf ich bitte ihre Papier einsehen!“ Russel schaute flehend zu Ted auf. Dieser nickte nur einmal kurz. Zögerlich gab Russel dem Beamten seine Papiere. Der Polizist schaute auf den Pass, schaute auf Russel - immer wieder. Er zog einen Pieper hervor und drückte einen Knopf. „Bitte warten sie einen Moment. Ich überprüfe ob die Angaben stimmen.“ Er lächelte und schaute wieder in das Dokument.

Ein großer Wagen kam angefahren. Mit quietschenden Reifen hielt er neben ihnen. Fünf kräftige Männer in weißen Kitteln sprangen heraus und zerrten Russel in den Wagen. „Hey, was soll das?“ Ted sprang hinterher. Ein vornehm gekleideter Mann hielt ihn zurück. „Mein Herr, gestatten sie? Mein Name ist Harris, Leiter einer Psychiatrischen Klinik aus der dieser unzurechnungsfähige Mann geflohen ist.“ „Er hat aber nichts unnormales gemacht.“ „Mein Herr, glauben sie mir, dieser Mensch ist ohne Zweifel verrückt.“ Ted holte tief Luft. „Er hat nur Gutes getan. Da ist doch nichts schlimmes dran!“ Der Doktor schaute ihn forschend an. „Sie sind verrückt.“ Sprachs, drehte sich um und ging kopfschüttelnd zum Wagen. Teds Arme zerteilten sausend die Luft, als er sie über dem Kopf hin und her schwenkte. „Sie sind verrückt! In was für einer Welt leben wir eigentlich?!“

Sie haben mein Herrchen in eine Zwangsjacke gesteckt.

 
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"Um Himmels willen, haben sie sich verletzt?!"
Sie groß
"Hey, ist ihnen was passiert?
Ihnen groß
"Tut mir leid, ich wollte sie nicht belästigen
Leid groß
"Das erstemal musste
Das erste Mal
"Es hatte gar nicht geklingelt.", behauptete Ted
Punkt weg
Punkergroup
Punkergruppe
Hallo Elia Mansenat,
schöne Pointengeschichte, obwohl man eigentlich schon ahnt, dass Russel verrückt ist, kaum, dass er eingeführt wird :)
Guter Schreibstil.
Das einzige, was stört, sind die dauernden Sie/Ihnen-Fehler sowie noch ein paar weitere Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler.
:heilig:

 

Hallo Elia,

interessantes Erzählprojekt.

Aus der Perspektive eines Hundes: gelungen!
Anfang: super!

Danach überschlagen sich die Ereignisse und ich habe etwa die Leselust verloren.
Das kommt vielleicht auch daher, dass Du mit Absätzen und Abschnitten sehr sparsam umgehst. Der Leser ermüdet etwas im unstrukturierten Text.

LG
WU

 

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