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wer des Todes lacht...

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01.11.2005
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wer des Todes lacht...

Ein grausam kalter Schneesturm wütete draußen. Und das schon seit Tagen.
In der kleinen Hütte zog überall die eisige Kälte rein. Nur wenn Jena sich in unmittelbarer Nähe des Feuers aufhielt, war es erträglich. Sie hoffte, dass es bald aufhören würde, denn dann könnte sie endlich den Pass überqueren und im Dorf unten Bescheid geben. Kein Mensch wußte bis jetzt davon.
Nicht etwa, dass Jena sich darum kümmerte, was andere dachten. Sie spürte auch keine Trauer, dass er jetzt tot war. Sie hatte sich noch nie eingebildet, ihn zu lieben. Sie hatte ihn noch nicht einmal gemocht.

Was ihr aber wirklich anfing Sorgen zu bereiten, war seine Leiche. Er lag immer noch in ein weißes Tuch aus Leinen gehüllt im Bett. Gestorben war er schon vor vier Tagen. Sie war sich bewusst, dass der Geruch des Todes bald das Haus erfüllen würde. Und wenn der mal drin war, dann würde man ihn auch nicht so schnell wieder rausbringen.

Das war schon damals beim Tod ihres Großvaters so gewesen. Viel zu lange hatte man ihn drinnen gelassen. Großmutter hatte sich einfach nicht überwinden können ihn herzugeben.

„Mutter, sein Geist ist nicht mehr in ihm. Was hier bleibt, ist nur noch sein sterblicher Überrest. Es ist nicht würdevoll einen toten Körper so lange unter den Lebenden zu behalten. Gewähre ihm das Grab, bitte Mutter!“ Diese Bitte hatte Jenas Mutter damals formuliert. Die Großmutter hatte sich kurz danach von ihm verabschiedet und sein Begräbnis zugelassen.

Aber damals war es aus Liebe geschehen, dass der Großvater so lange nicht begraben worden war. Doch bei Jena war es anders.

Marius und Jenas Hütte war fernab von der Zivilisation. Der Pilgerpfad über den verschneiten Pass, in Richtung Norden, war die einzige Möglichkeit von dort her ins Dorf zu gelangen.

Die junge Frau starrte stirnrunzelnd zum Leichnam ihres Ehemannes hinüber und rieb sich die unterkühlten Hände. Sie spürte den wachsenden Druck, der auf ihr lastete. Sollte sie es versuchen? Und was, wenn sie ihn nicht bis nach draußen schleppen konnte? Er war durch die harte Waldarbeit muskulös und schwer geworden.

Der Ekel, der sie jetzt erzittern ließ, kam nicht von ungefähr. Lange hatte sie ihn hinuntergeschluckt und versucht, ihr Leben so zu akzeptieren wie man es ihr arrangiert hatte. Aber jetzt war das vorbei. Sie wollte ihn sich nur noch vom Leib schaffen. Und das möglichst ohne ihm allzu nahe zu kommen.

Sie stand vom Ziegenfell am Boden auf und begab sich ans Fenster. Vorsichtshalber hatte sie die Fensterläden wegen dem vielen Schnee geschlossen. Als sie den einen Flügel öffnete, stob eine Wolke Schnee in den Raum hinein. Jena blickte angestrengt nach draußen. Der Himmel hatte sich immer noch nicht aufgetan. Die graue Wolkenschicht hing tief über dem Pass. Sie schloss das Fenster wieder und wandte sich um zum Bett.

„So schaff ich das nie ins Tal, Marius! Ich denke, wir zwei sind die einzigen an deinem Begräbnis.“ Das erste Mal spürte sie ein wenig Mitleid mit ihm, dem Toten. Das hätte er sich bestimmt nicht so vorgestellt.

Sie öffnete die Haustür und blieb kurz stehen um sich an die Kälte zu gewöhnen. Ihre Hand griff nach dem Umhang neben dem Türbalken. Sie zog ihn eng um sich. Dann ergriff sie die Laterne, zündete sie an und stapfte nach draußen. Es war nicht einmal mehr nötig die Haustür zu schließen. Kalt war er ja schon... Jena lächelte bei dem Gedanken. Wie man wohl auf solche Gedankengänge reagiert hätte, wenn sie das im Dorf unten laut gesagt hätte?

„Die Arme. Sie muss durchgedreht sein, da oben allein mit ihrem toten Ehemann.“

„Sie ist noch zu jung um schon Witwe zu sein.“ So oder ähnlich hätte man gesprochen. Aber vielleicht hätte man sie durchschaut, denn sie wußte schon jetzt, dass sie es nicht schaffen würde, eine trauernde Witwe zu spielen. Sie konnte ihr Frohlocken nicht einmal in der Anwesenheit des Toten unterdrücken. ‚Oh Gott, bitte vergib mir meine Undankbarkeit.‘

Während sie vor Kälte zitternd vor der Hütte stand und über die möglichen Reaktionen der anderen nachdachte, sah sie plötzlich ein Bild vor ihrem inneren Auge. Sie erkannte sich selbst auf der Anhöhe über der Hütte stehend, mit einem Beutel in der Hand. Ihre Augen blickten auf die lichterloh brennende Hütte und Marius brennende Leiche. Ein Lächeln umspielte ihren Mund.

‚Was hat das zu bedeuten?‘ dachte sie. Sie schüttelte sich etwas und ging ein paar Schritte um die Hütte herum. Es war nicht einfach durch den tiefen Schnee zu stapfen. Sie wollte die Schaufel finden, die irgendwo hinter dem Haus war. Aber je mehr sie über den Tagtraum nachdachte, umso langsamer wurde sie. Die Bedeutung wurde ihr immer klarer.

Jena reagierte von jetzt an fast automatisch. Es war, als ob sie alles im Voraus geplant hatte. Vielleicht hatte sie das ja auch, unterbewusst.

Ein letzter Blick auf Marius. Ein Abschied ohne Worte und ohne Gewissensbisse. Ein paar Schritte, dann zur Haustür hinaus. Dort blieb sie kurz stehen und dachte noch einmal nach, ob ihr Vorhaben wohl gelingen würde. Oh doch, bestimmt würde alles lichterloh brennen.

Sie nahm die Laterne und den Beutel mit ihren Kleidern. Viel war es nicht. Je weniger, desto unauffälliger.

Er war nicht durch ihr Verschulden gestorben. Eine Blutvergiftung hatte ihn niedergerafft. Und doch hatte sie einen Moment lang gedacht, ob der Wunsch, ihr Leben möge endlich beginnen, sich auf irgendeine mysteriöse Art und Weise erfüllt hatte. Sie fühlte sich frei.

Sie warf die Laterne mit voller Wucht hinein in die Hütte, wo sie am Boden zerbarst. Das ausgelegte Stroh fing sofort Feuer.

Der Schnee unter ihren Schneeschuhen knirschte, ein paar Schneeflocken fielen. Sie hatte Rückenwind. Mit einem Lächeln im Gesicht, wanderte sie mutig in Richtung Süden. Im Süden war sie noch nie gewesen. Und genau das gefiel ihr.

 

Hallo littlemanu,
ganz interessanter Aspekt, aber leider auch nicht richtig:

Gestorben war er schon vor vier Tagen. Und das Wasser war aus seinem Körper entwichen, auch schon vor vier Tagen. Sie war sich bewusst, dass der Geruch des Todes bald das Haus erfüllen würde.
Erstens: dann stinkt die Leiche schon
Zweitens: Wasser entweicht nicht am erstenTag; dazu müsste es extrem trocken und heiß sein, und die Leiche würde mumifizieren (und dann übrigens nicht so stinken)


Lange hatte sie ihn hinuntergeschluckt und versucht ihr Leben so zu akzeptieren wie man es ihr arrangiert hatte.
Komma nach versucht

Und den Titel finde ich unpassend.

Gruß, Elisha

 

Elisha schrieb:
Erstens: dann stinkt die Leiche schon
Zweitens: Wasser entweicht nicht am erstenTag; dazu müsste es extrem trocken und heiß sein, und die Leiche würde mumifizieren (und dann übrigens nicht so stinken)

Danke für die Anmerkung. Eine Verwandte von mir hat da etwas anderes behauptet. Aber lassen wir diesen Teil weg, ich möchte keine falschen Infos drin haben.

Titel: Gefällt mir auch nicht. Beim nächsten Mal werd ich mir einen besseren überlegen.

Gruss und danke für die Tipps.

 

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