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Wider das Vergessen

sim

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13.04.2003
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Wider das Vergessen

Ich habe mich vergessen.
Irgendwo zwischen aufkeimender Wut und glühendem Zorn habe ich mich stehengelassen, während ich gelaufen bin – immer hinter ihm her.
Hätte er nicht so ein zartes Gesicht gehabt, kaum Bartwuchs, Haut, für die Akne und Pubertätspickel Fremdwörter zu sein schienen, Wimpern, für deren Länge manche Frau ein Vermögen ausgäbe, einen Mund, der eher für die Zärtlichkeit eines Kusses geschaffen war als für die Tiraden, die daraus geschleudert wurden, Augen, deren goldener Ton wie Öl in meine Rage tropfte – vielleicht hätte ich mich eingeholt.
Den ganzen Tag schon hatten wir versucht, an sie heranzukommen, einen Weg zu finden, mit ihnen in der Sprache zu sprechen, die sie verstehen. Doch sie waren gut geschützt gewesen. Ein Spalier von Uniformierten, die mit erhobenen Schilden die Rechte der Demokratie für deren Feinde schützen mussten. Uns haben sie gejagt, mit Knüppeln verdroschen, in Gewahrsam genommen und unsere Personalien erfasst. Uns haben sie daran gehindert, die Freiheit zu verteidigen, durchzudringen zu den Verführern und Verführten, um ihnen die Parolen in die Fresse zu stopfen, ihnen die Zungen herauszureißen, die Münder zu verbrennen, sie mit Steinen zu bombardieren.
Alles an diesem Sonntag war eine braune Soße, wie aufgegossener Bratenfond, mit Maggi gewürzt, fertig nach dem Kirchgang zur Vergebung der Sünden: Die Bullen, die Faschos, die Straßensperren, die Autos am Stadtrand, aus denen wir brennende Barrikaden gebaut hatten, um dem deutschen Umzug den Weg zu versperren.
Wir waren durch den Stadtpark gerannt, durchs Gestrüpp gekrochen, um einen Weg an den Bullen vorbei zu finden. Wir wollten die Demo in die Zange nehmen, egal, aus welcher Richtung wir an sie herankamen, doch wir waren nur auf Hindernisse gestoßen, bis wir nicht ihrer, sondern sie unserer habhaft geworden waren und uns in ihre Kleinbusse gestopft hatten.
Niemanden von den Faschos hatten wir gesehen. Nur die Vasallen des Systems, nur die, denen man befohlen hatte, das rechte Auge zuzukneifen, um auf dem linken wachsamer zu sein.
Ich hatte blaue Flecke von den Wasserwerfern und von den Polizeistöcken, hatte mich ausziehen und nach Drogen filzen lassen müssen und habe jetzt mit einer Strafanzeige wegen Landfriedensbruch zu rechnen. Mit zwei Euro und sechzig Cent aus der Stadtkasse für die Fahrt mit der U-Bahn in der Tasche und Wut im Bauch war ich aus dem Gewahrsam entlassen worden, als die Faschos sich längst wieder in ihre Löcher verkrochen hatten, da sah ich ihn.
Er stand am Überseering an der Bushaltestelle, so schmächtig, dass ich mich fragte, wie er die schwere Bomberjacke und die Springerstiefel tragen konnte. Immer wieder sah er auf die Armbanduhr. Niemand war zu sehen, nur der Verkehr rollte vorbei. Am Straßenrand standen ausgebrannte Autowracks, der Geruch verschmorten Gummis lag noch in der Luft.
»Haben sie die Zecken wieder laufen lassen?«, fragte er grinsend, so, als hätte er einen seiner Kameraden vor sich. So, als könnte man mit ihm reden und befreundet sein.
»Was willst du? Dich für die nächste Schlacht verabreden?«
»Die freie Wahrheit wird immer siegen. Ihr könnt uns nicht stoppen.« Er grinste noch immer wie ein Sieger, der nach erfolgreichem Kampf dem Verlierer die Hand schüttelt und sich bedankt – so freundlich, dass die Wut über die Demütigungen langsam wieder von mir Besitz ergriff.
»Freie Wahrheit.« Ich spuckte vor ihm aus. Mehr als meinen Rotz hatte ich für dieses Gewäsch nicht übrig. »Das nächste Mal werden euch die Bullen nicht schützen können. Und jetzt ist auch keiner da, der dir deine freie Wahrheit verteidigt.«
Nur einen Schritt trat er zurück, schlurfte dabei mit den Sohlen seiner Stiefel über die Gehwegplatten, aber sah mir unverwandt in die Augen. »Du hängst einem Traum nach«, sagte er. »Ich wünschte mir ja auch, wir könnten alle friedlich zusammenleben. Aber die Realität sieht anders aus.«
Von wegen Traum. Alles Unglück dieser Welt entstand, weil die Berufung auf die Realität verhinderte, dass Träume real wurden. Weil der Zynismus die Gegenwart determinierte und für unumstößlich erklärte. Der Bengel mit seinem Kindergesicht unterhalb der Glatze, dieser Steppke, der aussah, als wollte er zwanzig sein und wirkte, als wäre er vierzehn, glaubte auch noch, was er da von sich gab. Wie eingetrichterte Wahrheiten plapperte er Papas Vorträge beim sonntäglichen Mittagstisch mit brauner Soße nach. Wozu sollte ich da diskutieren? »Du wirst gleich träumen, die Realität sähe anders aus.« Ich ging auf ihn zu, hob die Hand, wollte ihn am Kragen seiner Bomberjacke fassen, ihn zu Boden stoßen und ihm unmissverständlich klarmachen, er hielte besser seine Fresse, da ich ihm die sonst polierte.
Schnell war es vorbei mit seinem Mut, mit dem offenen Blick und der großen Klappe. Er drehte sich um und rannte, trotz der Springerstiefel und der Bomberjacke in unglaublichem Tempo, in den Stadtpark davon.
Ich habe mich vergessen. Irgendwo zwischen aufkeimender Wut und glühendem Zorn habe ich mich stehengelassen, während ich gelaufen bin – immer hinter ihm her. Endlich tun, wozu ich in die Stadt gekommen war, woran mich die Schikanen den ganzen Tag gehindert hatten. Endlich einen von ihnen erwischen und meinen Abscheu in ihn hineinprügeln.
Vielleicht habe ich zugeschaut, Mund und Augen aufgerissen, als ich mich nach dem Stein bückte, und diesen dem Jungen in den Rücken schleuderte. Möglicherweise habe ich entsetzt aufgeschrien, während er fiel, ich ihn einholte und über ihm kniend den Stein wieder in die Hand nahm.
Alles, was ich hasste, lag unter mir. Die Lider des Jungen zuckten, die Lippen zitterten, die Phrasen waren ausgestorben, doch ich hörte die Beleidigungen: Zecke, Schwuchtel, Kommunistenschwein, Weltverbesserer, Gutmensch. Ich wollte ihn küssen, ihm die Hosen runterzerren und ihn ficken, wollte ihn erniedrigen, vom Herrenmenschen zum Sklaven degradieren, wollte ihm ins Gesicht und auf die Eier spucken, ihm die verdammte Unschuld aus dem Leib prügeln, mit der er mich aus weit geöffneten Pupillen anstarrte. Ich wollte ihm sein verdammt hübsches Kindergesicht einbeulen. Den Schmerz des Lebens sollte er endlich spüren, ohne Clique, hinter der er sich verstecken, ohne Papa oder Mama, zu denen er sich an den Tisch mit dem Sonntagsbraten retten konnte. Wenigstens einer dieser Faschos sollte nie wieder das Maul öffnen können.
Hätte ich mich eingeholt – vielleicht wäre ich in mich gegangen, bevor man mich von ihm zog.

 

Salü Sim,

Hätte er nicht so ein zartes Gesicht gehabt, kaum Bartwuchs, Haut, für die Akne und Pubertätspickel Fremdwörter zu sein schienen, Wimpern, für deren Länge manche Frau ein Vermögen ausgäbe, einen Mund, der eher für die Zärtlichkeit eines Kusses geschaffen war als für die Tiraden, die daraus geschleudert wurden, Augen, deren goldener Ton wie Öl in meine Rage tropfte – vielleicht hätte ich mich eingeholt ...

Ich wollte ihn küssen, ihm die Hosen runterzerren und ihn ficken, …

Ich wollte ihm sein verdammt hübsches Kindergesicht einbeulen. …


Diese Geschichte verfolgt mich seit Tagen. Ich möchte die Wut abschütteln, die mir da entgegen schreit. Möchte mich an den oben zitierten, mitschwingenden Zärtlichkeiten festhalten - und nein, natürlich gelingt mir das nicht: Deine Geschichte erlaubt es nicht. Und das ist gut so, sonst hättest Du sie nicht so geschrieben und die (auch meine!) unglaubliche Wut auf diese Typen wäre wieder in meinem persönlichen Ruhetrott eingeschlafen.

Eine echt toll geschriebene Wutorgie. Sie lässt mich sehr nachdenklich zurück. Auch der letzte Satz. Diese Zweischneidigkeit: In mich gehen, bevor ich ausraste und damit doch auch dann tatenlos zulassen, wie die braune Sauce sich ausbreitet. Schauerlich!

Danke für diese Geschichte und all die Gedanken, die sie bei mir auslöste.

Nur ein schnell zu beseitigendes Detail:

Möglicherweise habe ich entsetzt aufgeschrien, > aufgeschrieen

Lieben Gruss,
Gisanne

 
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Hallo sim,

dieser Schluss gefällt mir per def viel besser, obwohl der erste auch nicht ohne war. Jetzt bleibt offen, ob der Prot den Fascho umbringt, ihn zusammenschlägt oder ihn tatsächlich vergewaltigt - klasse!

Späte Grüße, Pardus

 
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Hallo Gisanne,

ist es wirklich nötig, auszurasten, um die braune Soße aufzuhalten? Geht zwar nicht so einfach wie in der Küche (mit einem Wisch ...), aber vielleicht ja doch mit Auseinandersetzung.
Zu "aufgeschrien":

4. wir, sie schreien / schrein, schrieen / schrien:
Das e der Endung -en in der 1. und 3. Person Plural Indikativ des Präsens Aktiv sowie des Konjunktivs I kann nach Vokal oder h wegfallen; dies geschieht vor allem in der Literatur aus vers- und satzrhythmischen Gründen und in der (gesprochenen) Umgangssprache. Nach -ie wird es nicht geschrieben, es fällt also in der 1. und 3. Person Plural Indikativ des Präteritums Aktiv sowie des Konjunktivs II und im Partizip II weg:
wir (sie) schrien (statt: schrieen), wir (sie) fliehn / flohn / flöhn (statt: fliehen / flohen / flöhen); wir (sie) knien, schrien.
In diesen Fällen wird kein Apostroph gesetzt
© Duden - Richtiges und gutes Deutsch, 6. Aufl. Mannheim 2007 [CD-ROM]

Hallo Pardus,

vielen Dank für deine Rückmeldung.

Euch allen vielen Dank und einen lieben Gruß
sim

 

Hallo sim,

mich läßt diese Geschichte etwas ratlos zurück, vielleicht war das Deine Absicht.
Vielleicht auch nicht, denn ich kaufe dem Protagonisten die Geschichte nicht ab, sie enthält zu viel Reflexion, Überlegung - trotz Deiner temporeichen Erzählweise.
Bemerkungen wie '...weil die Berufung auf die Realität verhinderte, dass Träume real wurden. Weil der Zynismus die Gegenwart determinierte...' passen nicht recht zu jemandem, der sich nicht einzuholen vermag.
Anders:
Zu viel politisches Kauderwelsch und zu wenig, was mich gefühlsmäßig mitgehen läßt. Gerade so eine Geschichte könnte doch einen Leser dorthin mitnehmen, wo er nicht hinwill. Dafür bräuchte er aber eine, wenigstens klitzekleine, Identifikationsmöglichkeit, die Du jedoch durch zu viele Klischees einfach platthaust. Linke erspüren in der Ausdrucksweise (Bullen, Faschos) den Anbiederungsversuch, der Rest fühlt sich einfach nur fremd, zumal Du auch den homosexuellen Blickwinkel deutlich eingebaut hast. Vielleicht ein bißchen viel für eine so kurze Geschichte.
Das Ende hat mir gut gefallen. Nicht, weil es schön ist, sondern weil es gelungen ist.

Viele Grüße vom gox

 

Hallo Sim,

im Gegensatz zum "Konjunktiv" hastu hier einen eindeutigen Text geschaffen, der nur eine Ausnahme zeigt, nämlich im Titel: "Wider das Vergessen". Allein die Überschrift ist (zumindest) zweideutig und soll es wohl auch sein, umfasst sowohl die individuelle Not des Icherzählers ("Ich habe mich vergessen.") als auch das "historische" Vergessen. Da gibt's nix zu mäkeln.

Gruß

Friedel

 

Hallo Sim,

du zeigst hier wie der Klischee sich umdreht, bzw. dass linke Radikale und rechte Radikale letzten Endes genau gleich sind. Das mag ich zwar zu bezweifeln (in der Realität zumindest), aber so interpretiere deine Geschichte. In seiner Wahn wird der Linke zu einem Rechten (wenn man das so klischeehaft) sagen darf. Gox hat hier Homosexualität angesprochen. War das deine Intention? Ich sehe keine Homosexulität, sondern einfach nur den Wunsch den jungen Unschuldigen zu erniedrigen - eventuell durch Verwaltigung. So was kann man aber nicht mit Homosexualität gleichsetzten. Das ist pure Gewalt und nicht homosexuelle Lust.
Die letzte Szene hat mich stark an Fight Club erinnert. Das gibt es auch eine Szene wo (jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, obe es Brad Pitt war oder nicht, egal, sind doch sowieso beide die gleiche Person), wo er den Schönling mit den blonden Haaren in ähnlicher Manier regelrecht zerstört und dann hinterher meint, er habe einfach Lust gehabt etwas Schönes kaputt zu machen. Eher in diesem Zusammenhang sehe ich den Gewalt gegen den jungen Rechten.
Dieser schöne bubenhafte Aspekt des Opfers Verleiht der geschichte natürlich einiges an Tiefe, weil sein Tod dadurch auch um einiges tragischer wird, als wenn er bloß ein stinkender Nazischwein wäre.
So finde ich die Geschichte insgesamt doch gelungen, vor allem wohl die Konfrontation zum Schluß, zu der der Rest ja nur hinführt.
Ob so etwas so unrealistisch sei oder nicht, kann man finde ich nicht so pauschal sagen... Menschen rasten auch und machen allen möglichen scheiß... etwas schönes kaputt machen zu wollen, dass man hasst... so ein Gefühl hatte wohl schon mal jeder, und du schaffst es eben doch dieses Gefühl zum Schluß auf realistischer Weise zu vermitteln.

mfg,

JuJu

 
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Lieber sim!

Was Dir auf jeden Fall gelungen ist, ist eine sehr schwer verdauliche Geschichte zu schreiben, die aber eigentlich auch gar nicht verdaut werden, sondern wachsam machen soll gegenüber angeblich Linken, die mit rechten Methoden handeln und mit der Faust oder gar Steinen statt mit Argumenten zuschlagen. Und das im Fall Deines Protagonisten nicht einmal im Verlauf der Demo, sondern erst später, als er den Jungen alleine traf und eigentlich die Gelegenheit genauso für ein Gespräch hätte nützen können – hätte er einen ideologischen Hintergrund und somit Argumente gehabt und nicht bloß ein Feindbild im Kopf, das es zu vernichten gilt.

Den ganzen Tag schon hatten wir versucht, an sie heranzukommen, einen Weg zu finden, mit ihnen in der Sprache zu sprechen, die sie verstehen.
Für mich wirkt diese Intention absolut befremdlich, aber das kommt wahrscheinlich daher, daß ich hier auf der »Insel der Seligen« lebe, wo solche Trends eigentlich immer nur in sehr abgeschwächter Form angekommen sind – seien es die Anti-AKW-Demos Ende der Siebziger, die bei uns alle friedlich waren, während es in Deutschland öfter zu Kämpfen mit der Polizei kam, oder die Hausbesetzerszene Anfang der Achtziger, die in Deutschland zu manchen Krawallen geführt hat, während man hier politische Lösungen suchte (u.a. ist die Rosa-Lila-Villa ein Ergebnis davon). Aber auch heutzutage ist es hier eher so, daß, wenn Rechte demonstrieren, sich die Gegendemo der Linken an die Passanten richtet oder einfach stattfindet, um ein Gegengewicht zu zeigen. Natürlich kommt es ab und zu vor, daß Einzelne aus der Reihe tanzen und eine Demo zum persönlichen Abreagieren mißbrauchen wollen, aber niemals ist es die Intention der verantwortlichen Organisation, Gewalt aufkommen zu lassen.
Und so ist der zitierte Satz für mich absolut unverdaulich. Mit solchen Linken kann man nichts gewinnen.

Ein Spalier von Uniformierten, die mit erhobenen Schilden die Rechte der Demokratie für deren Feinde schützen mussten.
Offenbar hatten die ihre Demo ja angemeldet und somit haben sie nur von ihrem demokratischen Recht Gebrauch gemacht, das sie haben, solange sie nicht verboten werden. Ein Verbot erreicht man wohl kaum, indem man sie prügelt und Autos anzündet, auch einsichtig wird dadurch bekanntlich niemand.

Es hat nicht nur der Protagonist sich vergessen, der ganze Haufen scheint jegliche Ideologie vergessen oder nie gehabt zu haben. Und das bringt mich auch zu meinem ersten Kritikpunkt:

Von wegen Traum. Alles Unglück dieser Welt entstand, weil die Berufung auf die Realität verhinderte, dass Träume real wurden. Weil der Zynismus die Gegenwart determinierte und für unumstößlich erklärte.
Wäre der Protagonist jemand, der zu solchen Sätzen fähig ist, hätte er gar nicht an der Demo teilgenommen, er wüßte dann, daß der einzig sinnvolle Widerstand der mit Hirn ist.

Endlich tun, wozu ich in die Stadt gekommen war, woran mich die Schikanen den ganzen Tag gehindert hatten. Endlich einen von ihnen erwischen und meinen Abscheu in ihn prügeln.
Hier hört man sehr deutlich die persönlichen Beweggründe, das persönliche Abreagieren, heraus. Da wird die ganze linke Bewegung von ein paar Idioten mißbraucht, die ihre persönlichen Aggressionen ausleben wollen – die sie vielleicht aufgrund der eigenen braunen Sauce zuhause in sich haben (es ist ja leichter, eine Demo als Ventil zu benutzen, als die Wut dort auszulassen, wo sie ihren Ursprung hat). Deshalb finde ich die Wiederholung der braunen Sauce durchaus passend, wobei ich sie beim dritten Mal nicht direkt nennen würde (siehe unten).

Was auch ich zuviel finde, ist die angedeutete Homosexualität. Damit komme ich in dem Zusammenhang irgendwie nicht klar, weil auch ich finde, daß es ein schiefes Bild auf Schwule wirft, was ganz sicher nicht Deine Intention ist. Allerdings ist mir auch die Kombination von Machtdenken und Sex, also Sex als Erniedrigung zu sehen, völlig unverständlich; ich weiß wohl, daß es das gibt, aber ich habe es nie so empfunden und kann es daher nicht nachvollziehen. Vor jemandem, den ich hasse, würde mir eher grausen als daß ich derart intensiven Körperkontakt suchen würde.
Ich finde, das ist ein Thema, das eigentlich völlig von dem eigentlichen Thema der Geschichte weggeht, und daher ist es auch zuviel. Eine eigene Geschichte darüber aus Deiner Feder würde ich aber gerne lesen.
PS.: Außerdem widersprichst Du damit Georg Danzer, der in seinem Lied "Der General" davon singt, daß es keinen Krieg gäbe, wären alle Generäle schwul. Das Lied ist schon längst auf meiner Wichtelliste für Dich und ich hoffe, ich zieh Dich bald! ;)


Der Rest wie üblich der Reihe nach:

»Hätte er nicht so ein zartes Gesicht gehabt, kaum Bartwuchs, Haut, für die Akne und Pubertätspickel Fremdwörter zu sein schienen, Wimpern, für deren Länge manche Frau ein Vermögen ausgäbe, einen Mund, der eher für die Zärtlichkeit eines Kusses geschaffen war als für die Tiraden, die daraus geschleudert wurden, Augen, deren goldener Ton wie Öl in meine Rage tropfte – vielleicht hätte ich mich eingeholt.«
– nicht, weil mir der Satz zu lang wäre, sondern weil mir die Beschreibung der Haut mit Akne, Pubertätspickeln und Fremdwörtern nicht gefällt, würde ich an eben dieser Stelle kürzen und einfach »reine Haut« schreiben.

»Ein Spalier von Uniformierten, die mit erhobenen Schilden die Rechte der Demokratie für deren Feinde schützen mussten.«
– meinem Sprachgefühl nach müßte sich das auf das Spalier beziehen, das mit erhobenen Schilden … schützen musste.

»Alles an diesem Sonntag war eine braune Soße gewesen,«
– »gewesen« kannst Du Dir hier sparen, da die Zeit durch den Sonntag definiert ist

»hatte mich ausziehen und nach Drogen filzen lassen müssen und mit einer Strafanzeige wegen Landfriedensbruch zu rechnen.«
– gilt das »hatte« auch für die Strafanzeige? Würde da »und habe jetzt« einfügen.

»Mit zwei Euro und sechzig Cent aus der Stadtkasse für die Fahrt mit der U-Bahn in der Tasche und Wut im Bauch war ich aus dem Gewahrsam entlassen worden, als die Faschos sich längst wieder in ihre Löcher verkrochen hatten, da sah ich ihn.«
– ich finde, der Satz würde sich mit »die Faschos hatten sich längst wieder in ihre Löcher verkrochen« leichter lesen.

»Nur einen Schritt trat er zurück, schlurfte dabei mit den Sohlen seiner Stiefel über die Gehwegplatten, aber sah mir unverwandt in die Augen.«
– fände ich umgedreht besser zu lesen: sah mir aber unverwandt in die Augen

»Er drehte sich um und rannte in den Stadtpark davon, trotz der Springerstiefel, trotz der Bomberjacke in unglaublichem Tempo.«
– würde »rannte davon« beisammen lassen: und rannte davon in den Stadtpark
– weniger bremsen würde der von Tempo sprechende Satz meiner Meinung nach, wenn Du auf »trotz Springerstiefel und Bomberjacke« kürzt.

»und, über ihm kniend, den Stein wieder in die Hand nahm.«
– die Beistriche würde ich rausnehmen

»Vielleicht habe ich zugeschaut, Mund und Augen aufgerissen«
»mit der er mich aus starr auf mich gerichteten weit aufgerissenen Pupillen anstarrte.«
– Wiederholung »aufgerissenen«; zudem weiß ich aber auch nicht, wie man seine Pupillen aufreißt, vielleicht »geweiteten Pupillen«?
– Beistrich nach »gerichteten«

»ohne Clique, hinter der er sich verstecken, ohne seinen Papa oder seine Mama, zu denen er sich an den Tisch mit brauner Soße retten konnte.«
– würde auf »ohne Mama und Papa« kürzen
– die braune Sauce würde ich hier nicht direkt nennen, aber trotzdem anwesend sein lassen, z. B.: ohne Mama und Papa und deren Sonntagsbraten.

Liebe Grüße,
Susi :)

 
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Hallo Sim!

Kaum Vor-Kommentare gelesen, ich habe auch nichts zu meckern oder kritisch anzumerken. :)
Ich fand deine Geschichte hervorragend geschrieben, sprachlich, inhaltlich und vor allem ihrer eigentlichen Aussage wegen: Zuletzt sind beide Jungen Täter, (Opfer?) die sich der selben brutalen Mittel bedienen, um ihrer ideologischen Überzeugung zum Durchbruch zu verhelfen. Da hilft dem Nazi nicht einmal sein Liebreiz, den er auf den Linken Demonstranten ausübt. Realistischer geht es nicht, der Tod des Jungnazis passt mMn völlig ins Konzept. Würde die Geschichte auch so enden lassen und nicht verlängern.
Sehr schön fand ich (neben anderem):

Nur die Vasallen des Systems, nur die, denen man befohlen hatte, das rechte Auge zuzukneifen, um auf dem linken wachsamer zu sein.

Das würde ich noch überdenken:

Endlich einen von ihnen erwischen und meinen Abscheu in ihn prügeln.

Gefiele mir besser mit: ... in ihn hinein prügeln.

Danke für die hübsch hässliche Geschichte, über die ich noch immer nachdenke,
lieben Gruß,
Manuela :)

 

Hallo sim,

Ich habe mich vergessen.
Hätte er nicht [...] vielleicht hätte ich mich eingeholt.
Also: Wäre er nicht so attraktiv gewesen, hätte sich der Erzähler beherrschen können. Er wäre nicht hinter ihm hergerannt oder hätte ihn wenigstens nicht verprügelt?

Wenn ich den Anfang und das Ende stärker als den Handlungsablauf beleuchte, sehe ich einen frustrierten Linken, der von dem rechtslastigen Adonis körperlich angezogen wird und damit nicht umgehen kann. Ähnlich wie früher, als sich die Katholiken nicht in die Luthertreuen verlieben durften. Der Linke prügelt somit seine Hilflosigkeit in ihn hinein.

Blende ich den Anfang und das Ende aus, lese ich eine schräge politische Geschichte.

Eigentlich ist dieser Linke gar keiner, sondern nur einer, der Streit sucht wie die Fussball"fans", die zum Radau machen ins Station gehen. Die Intention der Demo und den Gegendemonstraten wird durch die Handlung des Protagonisten extrem karikiiert - am Ende wünscht man sich dann weit weg von dieser Szenerie, am besten zu einer Anti-AKW-Demo, wo alle an einem Strang ziehen.

Nicht so stimmig erscheint mir der Dialog der beiden. So wie dies hier:

»Du hängst einem Traum nach«, sagte er. »Ich wünschte mir ja auch, wir könnten alle friedlich zusammenleben. Aber die Realität sieht anders aus.«

Von wegen Traum. Alles Unglück dieser Welt entstand, weil die Berufung auf die Realität verhinderte, dass Träume real wurden. Weil der Zynismus die Gegenwart determinierte und für unumstößlich erklärte.
Der Protagonist ist mittlerweile wieder gut in Rage und denkt noch so analytisch? Passt für mich nicht.

Schnell war es vorbei mit seinem Mut, mit dem offenen Blick und der großen Klappe. Er drehte sich um und rannte in den Stadtpark davon, trotz der Springerstiefel, trotz der Bomberjacke in unglaublichem Tempo.
So liest es sich, als würde er nur trotz der Jacke auch schnell sein können, dabei sind es doch eher die Stiefel, die das Tempo verlangsamen könnten. Deshalb würde ich eher ein und anstatt eines deiner geliebten Kommata einsetzen.
Möglicherweise habe ich entsetzt aufgeschrien, als er fiel, als ich ihn einholte und, über ihm kniend, den Stein wieder in die Hand nahm.
Der Protagonist schrie dreimal? Ansonsten würde ich den Satz etwas verändern, so schön sind die zwei als hintereinander nun auch nicht.
Wie wäre denn:

Möglicherweise habe ich entsetzt aufgeschrien, als er fiel, während ich ihn einholte und (danach/darauf/dann), über ihm kniend, den Stein wieder in die Hand nahm.

Ich wollte ihn küssen, ihm die Hosen runterzerren und ihn ficken, wollte ihn erniedrigen, vom Herrenmenschen zum Sklaven degradieren, wollte ihm ins Gesicht und auf die Eier spucken, ihm die verdammte Unschuld aus dem Leib prügeln, mit der er mich aus starr auf mich gerichteten weit aufgerissenen Pupillen anstarrte. Ich wollte ihm sein verdammt hübsches Kindergesicht einbeulen.
Das Küssen passt nicht zu den folgenden Peinigungen - ist das Absicht? Das war der Punkt, an dem ich dachte, es sei die Hilflosigkeit, die ihn so kopflos werden ließ.
Hätte ich mich eingeholt – vielleicht wäre ich in mich gegangen, bevor man mich von ihm zog.
Hervorragendes Ende.

So ganz klar ist mir nicht, ob du vielleicht sogar eine Kodominanz der Themen Hauptsache draufgehauen, egal wo und Wieso ist er auf der falschen Seite angepeilt hast. Vielleicht hätte mir da ein etwas eindeutigerer Titel mehr geholfen - kein Zaunpfahl, aber einer, der die Intention etwas anhaucht. Deinen gewählten Titel finde ich etwas abgestumpft - es erinnert mich an den 63. Jahresaufruf zu einem Gedenkgottesdienst der KZ-Opfer, oder so ähnlich.

Nun ja, ich mach mir Gedanken. Ob nun zum ausgerasteten Protagonisten, der mit Haßliebe bis zur Oberkante gefüllt ist oder um die Demokultur in manchen Szenen, die wie eine organisierte Massenschlägerei anmutet.
So ganz d'accord bin ich, wie schon angemerkt, mit einigem nicht, aber es ist auch einfacher, so einen schwierigen Plot zu kritisieren als zu schreiben.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hey Sim!

Nur kurz, da die Zeit nicht mehr zulässt und deine Geschichte im positiven Sinne auch nicht mehr als einiger kurzer Bemerkungen meinerseits bedarf.

Ohne die Vorkritiken gelesen zu haben und trotzdem mit der Gewissheit, etwas zu wiederholen: Der Anfang und das Ende sind hervorragend. Wortspiele erster Güte. Und die Füllung dazwischen ist durchwegs unterhaltsam. Auch wenn ich es im ernsten Moment, intuitiv, nicht wahrhaben wollte, dass ein dermassen vielschichtig denkender Erzähler mit seinem Denken - zumindest in den Momenten, in denen er sich stehen lässt - zur gleichen Art der Problembewältigung findet, wie jene, die er bekämpft. Aber Hass befällt auch hochintelligente Menschen. Dass der Erzähler selbst seinen rasendsten Zorn oft noch in schöne Worte kleidet und begründet, löst ihn auf interessante Weise aus der Masse seiner Gleichgesinnten heraus, für die leider oft gilt: Les extrèmes se touchent. Ob diese ... Diskrepanz zwischen Feinheit der Gedanken und Grobheit der Handlung unglaubwürdig ist? Kaum. Zwar keinesfalls typisch, aber gut erklärt dadurch, dass sich der Prot. vergisst, stehen lässt. Beim Lesen kommt es einem fast so vor, als würde man sich mit dem Geist des Prots unterhalten und er würde das Geschehen und den Verlust der Kontrolle über seinen Körper von der Seitenlinie aus kommentieren, nahezu rechtfertigen.

Ich werde gerade von meiner Zeit stehengelassen, von daher kurz noch die Würdigung meines Lieblingssatzes (unter Ausschluss des Anfanges und Schlusses):

Alles Unglück dieser Welt entstand, weil die Berufung auf die Realität verhinderte, dass Träume real wurden.

Und eine Verneigung zum Abschied,

VanH

 

Hallo Sim,
ein sehr gefährliches Thema, dass Du da aufgegriffen hast.
Der erste Absatz wirkt auch auf mich sehr gehetzt und doch zum Thema passend, wenn ich recht überlege.
Oft frage ich mich, warum alle nur zusehen und nichts gegen die braune Brut unternehmen. Der Erzähler hatte sich vergessen. Mit Gewalt gegen Gewalt- das ist keine Lösung – sagt man – doch wie bitte dann? Du sprichst auch einen sehr brutalen Ton, unterste Schublade, aber nur diese Sprache wird in diesen Kreisen verstanden, nur mit ihren eigenen Waffen kann man ihnen entgegentreten. Aber auch hier sehen die anderen, wenn auch nicht angesprochen, wieder nur zu. Es bleibt ein Einzelfall, der letztendlich wieder auf der Anklagebank landet.
Mir sagt Deine Geschichte (auch wenn sie eher, wie ein Tatsachenbericht ausschaut) sehr zu, sie stimmt nachdenklich und ich wünschte mir, sie würde auch die richtigen Zielgruppen erreichen.
LG, Meike
P.S. Hatte nicht mehr die Zeit, alle Beiträge zu lesen. Sollte ich jetzt doppelt, gemoppletes Zeug geschrieben haben, vergiß es einfach!

 

So, ich bin lange seumig geblieben, leider finde ich zur Zeit wirklich selten die Ruhe, auf die Antworten gebührend einzugehen. Ich hoffe, es gelingt mir jetzt.

Hallo gox,

nein ratlos sollte die Geschichte natürlich niemanden zurücklassen, nachdenklich schon.
Sie ist natürlich auch deshalb in der Vergangenheit geschrieben, weil die Geschehnisse etwas reflektiert werden sollen, auch wenn ich die Erkenntnisse des Erzählers dabei nicht immer unbedingt teile. Eher ist es so angelegt, dass er trotz aller Reflexion nicht wirklich begreift, warum er sich vergessen hat. Der sexuelle Blickwinkel ist wichtig, denn in ihm liegt die letztliche Ursache der Gewalt. bernadette hat das in ihrer Antwort gut ausgedrückt. Später also mehr.

Hallo Friedrichard,

ja, dieser Text ist sehr eindeutig, auch wenn ich langsam daran zweifle, dass er mir so gelungen ist. Schön, dass es für dich nix zu mäkeln gibt.

Hallo JuJu,

ich stimme sofort mit dir überein, dass Linksradikale und Rechtsradikale nicht identisch sind. Das Klischee muss sich in dieser Geschichte umdrehen, weil der rechtsradikale Totschläger selbst in dieser Geschichte, in der ich viel mit Klischees spiele, eine Nummer zu stark gewesen wäre und dadurch noch mehr von der eigentlichen Geschichte abgelenkt hätte. In Fightclub spielt die Wut auf Schönes in einer Szene eine Rolle. Die kann zum Beispiel aus Neid entstehen. Perfektion kann aggressiv machen, erst recht, wenn man sich selbst nicht perfekt fühlt. Schön, dass du es glaubhaft findest. Es ist natürlich die Frage, ob es glaubhaft für dich ist, weil du den Gedanken oder das Gefühl kennst, oder weil es aus der Geschichte glaubhaft hervorgeht. Da kann ich im Moment nur feststellen, bei den einen ja, bei den anderen nicht. Und hoffen, noch einen Weg zu finden, über den es für alle glaubhaft wird.

Liebe Häferl,

ich fürchte ja, manchmal bietet uns gerade der ideologische Hintergrund erst das Feindbild, das ein Gespräch unmöglich macht.
Ich meine mich übrigens an einige Demonstrationen zum Wiener Opernball zu erinnern, die auch nicht so ganz friedlich geblieben sind.
Und ich denke auch nicht, dass es die grundsätzliche Intention antifaschister Demonstrationen gegen NPD Aufläufe ist, denen nur die Fresse zu ...
Es sind kleine Gruppen in denen das vorkommt. Vielleicht hätte ich meinen Protagonisten da noch ein bisschen gegen die angepasste oder bürgerliche Linke wettern lassen sollen, die innerhalb der Spielregeln bleiben. Als Intention der Organisatoren habe ich die Einstellung meiner Figur jedenfalls meines Wissens nicht geschildert, selbst, wenn er von "wir" spricht.

Wäre der Protagonist jemand, der zu solchen Sätzen fähig ist, hätte er gar nicht an der Demo teilgenommen, er wüßte dann, daß der einzig sinnvolle Widerstand der mit Hirn ist.
Ich bin überzeugt, einige bekommen das gut in Einklang. Auch Hooligans, die durch die Fußballstadien ziehen, arbeiten unter der Woche oft in sehr intellektuellen Berufen.
Hier hört man sehr deutlich die persönlichen Beweggründe, das persönliche Abreagieren, heraus. Da wird die ganze linke Bewegung von ein paar Idioten mißbraucht, die ihre persönlichen Aggressionen ausleben wollen
Das ist ganz sicherlich oft so, auch wenn ich auch diesen Gruppen abnehme, dass das Ziel nach deren eigenem Selbstverständnis ein anderes ist. Und ebenfalls bin ich davon überzeugt, dass diese Gewaltfantasie auch aus einem Ohnmachtsgefühl stimmt.
Ich finde, das ist ein Thema, das eigentlich völlig von dem eigentlichen Thema der Geschichte weggeht, und daher ist es auch zuviel
Da scheine ich nicht deutlich gewesen zu sein in der Geschichte. gox merkte ja ähnliches an. Aber die Eskalation entsteht durch die Lust, die der Erzähler auf den Jungen hat. Er findet ihn, wie ich in den ersten Sätzen beschreibe, attraktiv, drückt sich im Nachhinein fast schwärmerisch über den Jungen aus und lässt da auch noch jedes Gewaltpotential vermissen. Und auch wenn er in der persönlichen Schuld irrt, schon, weil er in der Attraktivität des anderen diesem auch die Schuld daran gibt, dass er ausgerastet ist, er spürt den Kern. Und erst dann kommen die Erniedrigungsgedanken als durch die Ideologie einzig denkbare Möglichkeit, die sexuelle Lust an dem Jungen überhaupt zu denken.
Georg Danzer muss ich widersprechen, da ich eine Menge Schwuler kenne, die einzig deshalb zum Bund gegangen sind, weil es dort so viele Männer gibt. ;)
– nicht, weil mir der Satz zu lang wäre, sondern weil mir die Beschreibung der Haut mit Akne, Pubertätspickeln und Fremdwörtern nicht gefällt, würde ich an eben dieser Stelle kürzen und einfach »reine Haut« schreiben.
nee, er soll sich hier gern ein bisschen in Begeisterung erzählen.
– meinem Sprachgefühl nach müßte sich das auf das Spalier beziehen, das mit erhobenen Schilden … schützen musste.
dann müsste das Schild aber auch in die Einzahl. Und das Spalier besteht aus Uniformierten, die ihre ... Aber das ist auch eher mein Sprachgefühl.
»und, über ihm kniend, den Stein wieder in die Hand nahm.«
– die Beistriche würde ich rausnehmen
dabei habe ich die doch für Makita extra erst reingenommen. *g*

Hallo Manuela,

schön, dass die Geschiche dich erreicht.

Hallo bernadette,

Wenn ich den Anfang und das Ende stärker als den Handlungsablauf beleuchte, sehe ich einen frustrierten Linken, der von dem rechtslastigen Adonis körperlich angezogen wird und damit nicht umgehen kann. Ähnlich wie früher, als sich die Katholiken nicht in die Luthertreuen verlieben durften. Der Linke prügelt somit seine Hilflosigkeit in ihn hinein.
genau. Allerdings muss es der politische Graben sein, nicht, wie etwa bei "Romeo und Julia" oder der "Westsidestory" einfach ein Familienzwist oder ein Bandenkrieg, auch nicht wie bei Hooligans ein Verein, denn die ideologischen Hintergründe lassen sich weniger auflösen. Ich persönlich bin ja immer vorsichtig damit, zu sagen, wer links ist oder nicht. Und auch bei den Anti-AKW-Demos gab es ja Ausschreitungen. Ich denke, auch diese Gewaltbereitschaft beruht oft auf der Hilflosigkeit, auf der Ohnmacht, in seinem Anliegen nicht gehört zu werden oder eben die Neonaziaufläufe mit noch so vielen friedlichen Demonstrationen nicht verhindern zu können.
Das Küssen passt nicht zu den folgenden Peinigungen - ist das Absicht? Das war der Punkt, an dem ich dachte, es sei die Hilflosigkeit, die ihn so kopflos werden ließ
Ja, das ist Absicht.
So ganz klar ist mir nicht, ob du vielleicht sogar eine Kodominanz der Themen Hauptsache draufgehauen, egal wo und Wieso ist er auf der falschen Seite angepeilt hast
Spannend, hier einen Begriff aus der Genetik zu verwenden. ;)
Nein, es sollte eher die "Erfolglosigkeit", die den Tag begleitet hat, die Hilflosigkeit unterstützen.

Hallo Van Horebeke,

Beim Lesen kommt es einem fast so vor, als würde man sich mit dem Geist des Prots unterhalten und er würde das Geschehen und den Verlust der Kontrolle über seinen Körper von der Seitenlinie aus kommentieren, nahezu rechtfertigen.
Ja, rechtfertigen ganz bestimmt, er sucht nach einer eigenen Erklärung, die er nicht abschließend findet, da er die Schuld bei dem anderen belässt.

Hallo Meike,

zwischen "Tatsachenbericht" und "unrealistisch" ist ein weites Spannungsfeld. *g* Ich finde es auch schwer, die braune Soße zu ertragen und weiß manchmal wirklich nicht, wie man da am besten argumentiert. Die eigene gefährliche Waffe der Rechten ist inzwischen aber vor allem intellektuelle Dialektik. Gerade in Foren ist häufig zu merken, dass die Neonazis sehr geschickt innerhalb gesetzlicher Grenzen vorgehen, immer am Rande der rechtsradikalen Eindeutigkeit, immer so schwammig, dass sie nicht wirklich zu fassen sind.
Schön, dass meine Geschichte dir zusagt.

Euch allen vielen Dank fürs Lesen, für eure Gedanken und eure Geduld.

Liebe Grüße
sim

 

Doch noch'n winziger, vielleicht auch unbedeutender und damit eigentlich nicht notwendiger Nachtrag:

" ..., ihm die verdammte Unschuld aus dem Leib prügeln, mit der er mich aus starr auf mich gerichteten, weit geöffneten Pupillen anstarrte." Ists "anstarren" nicht schon gleichbedeutend mit dem bewegungs- und/oder reglosen "starren" Blick und somit eines entbehrlich, etwa der Art " ..., ihm die verdammte Unschuld aus dem Leib prügeln, mit der er mich mit weit geöffneten Pupillen anstarrte."

Nix für ungut

Friedel

 

Hallo Friedrichard,

typischer Fall von Betriebsblindheit. Natürlich.

Lieben Gruß
sim

 

Hi Sim,

lese also zum fünften mal oder so die Geschichte und muss endlich meinen Kommentar dazu schreiben! Ich bin etwas hin und her gerissen, wie du sehen wirst. Gefallen hat sie mir inhaltlich. Endlich mal etwas moralisch Uneindeutiges zu lesen, endlich mal – was den Plot betrifft - keinen Zeigefinger als Wegweiser! Politisch ist das alles natürlich nicht ganz so uneindeutig, aber das liegt ja an der Ich-Perspektive ;). (Nur nebenbei, nicht als Kritik gedacht – ich würde gerne mal hier eine glaubwürdige Geschichte aus der Sicht eines Rechten lesen, aber der Autor würde ja gleich gesteinigt werden und das Geschreie wegen politischer Unkorrektheit würde nicht aufhören. :D)

Sprachlich hat mir die Geschichte nicht so zugesagt. Ich habe lange überlegt, ob die linksintellektuellen Floskeln und linken Parolen dazu da sind, um den Ich-Erzähler als oberflächlich zu charakterisieren. Dann hätten sie ihre Berechtigung. Trotzdem bewirkt das Floskelhafte und Überzeichnete – zumindest bei mir – Distanz. Beispiele:

die mit erhobenen Schilden die Rechte der Demokratie für deren Feinde schützen mussten
Uns haben sie daran gehindert, die Freiheit zu verteidigen, durchzudringen zu den Verführern und Verführten

Nur die Vasallen des Systems,

Alles Unglück dieser Welt entstand, weil die Berufung auf die Realität verhinderte, dass Träume real wurden. Weil der Zynismus die Gegenwart determinierte und für unumstößlich erklärte.

Entweder sind das ungekaute Glaubenssätze und dadurch wird der Ich-Erzähler selbst oberflächlich, oder aber: Er soll nicht unreflektiert sein. - Dann allerdings würde ich sagen, dass das sprachlich unauthentisch ist. Kein nichtextremer Mensch denkt so in extremen Augenblicken. Ich hoffe, dass ich einigermaßen verständlich geworden bin. :)

Also bis auf den ideologischen Teil, den ich nicht so einordnen konnte und mir künstlich vorkam, gibt es nur Lob. Für den Inhalt hast du ihn bekommen: Ein innerer Konflikt vom Feinsten! Formal mochte ich den Anfang und den Schlussteil vor Allem, weil da die Sprache persönlich wird. Das Bild „habe ich mich stehengelassen“ – „vielleicht hätte ich mich eingeholt“, das zum Schluss wiederkehrt, finde ich genial!


Gruß
Kasimir

PS:

Ich spuckte vor ihm aus. Mehr als meinen Rotz hatte ich für dieses Gewäsch nicht übrig.
;)

 

Hallo Kasimir,

zunächst mal Dank fürs Lesen und fürs inhaltliche Lob.
Deinen Einwand mit den Floskeln haben ja schon mehrere Leser gebracht. Und natürlich macht er mich nachdenklich, denn es scheint zumindest nicht bei jedem Leser der Zweck dieser Floskeln anzukommen.
Ich kann mich da leider nur wiederholen, es ist eine Vergangenheitserzählung, insofern schon auch reflektierend. Gleichzeitig bleibt der Erzähler in seiner Reflexion alten Denkmustern treu. Auch als Selbstschutz in diesem Konflikt. Das macht den Erzähler in meinen Augen noch nicht oberflächlich, sondern zeigt nur, dass er den Konflikt für sich noch nicht gelöst hat. So war es jedenfalls von mir beabsichtigt. Aber wenn es der Erklärung bedarf, leider nicht umgesetzt.

Vielen Dank noch mal und liebe Grüße
sim

 

moin.
Eindringlich, krass wahr, nicht gutmenschlich, sondern ehrlich wütend, hilflos...
Respekt!!!
Lord

 

Moin Lord Arion,

schön, deinen Namen hier mal wieder zu lesen. :)

Vielen Dank und einen lieben Gruß
sim

 

moinmoin, Sim.
Totgesagte leben länger...
Werde wohl auch demnächst mal wieder was schreiben, vielleicht was genau so ungefiltertes wie deine Story. Tut glaub ich mal wieder Not, dass man das Maul ohne Gutmenschfilter aufmacht.
Lieber Gruß Nach HH
Lord

 

Hi sim,

Sprachlich stark. Der Stil passt zum Inhalt. Gehetzt liest sich das Ganze, trotz mancher langer Säzte. Man spürt die Wut deines Prots und erhält dadurch einen gewissen Zugang zu seiner Gedankenwelt. Aber nur einen gewissen. Ein paar mehr Details hätten der Geschichte vielleicht gut getan. Woher die Einstellung? Warum dieser Drang Dinge ändern zu wollen? Das hätte die kg meiner Ansicht noch besser gemacht, aber ich denke auch, dass es deine volle Absicht war, eben nicht so sehr ins Detail zu gehen. Von daher ist das nur mein persönlicher Geschmack, der hier eine Kritik zulässt.
Starke, kurze Geschichte. Wie gewohnt von dir!

Einen lieben Gruß...
morti

 

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