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Wider die Vernunft

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09.08.2006
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Wider die Vernunft

„Habe nun, ach! Philosophie, / Juristerei und Medizin, / Und leider auch Theologie! / Durchaus studiert, mit heißem Bemühn. / Da steh ich nun, ich armer Tor! / Und bin so klug als wie zuvor!“
Was der gute Doktor Faust seiner Zeit damit sagen wollte: Es kommt der Punkt im Leben, da merkt man, dass man verarscht wurde. Von vorne bis hinten verarscht.
Für mich kam dieser Zeitpunkt vor etwa zwei Wochen. Ich saß da, in meinem Lehnstuhl, in meiner Wohnung im fünften Stock, einen Band Novalis in der Hand und merkte auf einmal, dass ich gar nicht kapierte, was der Kerl da eigentlich schrieb.
Die Worte rauschten so durch mein Gehirn, wie ein Güterzug durch einen dunklen Tunnel. Und mit Erstaunen stellte ich fest, woran das lag: Es interessierte mich einfach nicht, was dieser Novalis da schrieb. Und das war eben das Grauenhafte.
Denn in diesem Augenblick, schlugen die Wogen über mir zusammen – weiß Gott, warum gerade in diesem Augenblick, ob gerade die Sterne richtig standen oder ob es doch so etwas wie Zufall gibt – jedenfalls war dies der Augenblick, in dem mich etwas einholte. Etwas Schwarzes – etwas Böses – der Geist, der stets verneint.
Gedankenfetzen, die ich sonst nachts beiseite geträumt hatte, fügten sich nun aufs Unheilvollste zusammen. Die eiternde Geisteswunde riss mit einem vernehmlichen Ratsch! der Länge nach auf.
Ich sah hoch, sah auf mein von oben bis unten vollgestelltes Bücherregal, sah auf Philosophen, Dichter und so weiter und merkte, was das eigentlich alles für ein ungeheurer Mist war.
Eine Frage, die dumme und faule Schüler gern dem Lehrer stellen, holte mich nun in Form einer grausamen Epiphanie ein: Wofür brauche ich das denn?
Göttliche Weisheit, erhabene Schönheit – was sollte ich damit? Was ist das alles wert, wo führt es hin?
Die Requisite fiel krachend nach hinten um und ich erkannte den ganzen Schwindel: Dieses Sichklammern an menschliche Kleingeistereien, die weder die Sonne, noch die Sterne und erst recht nicht das schwarze Weltall interessieren. Wenn die Würmer dir das Fleisch von den Knochen fressen und ein Birnbaum auf deinem Grabe wächst, wen juckt es dann, ob du Novalis gelesen hast?
Jede kleine Erleuchtung, jede Erkenntnis, jeder Brocken Wissen und jedes tiefe Gefühl ist nur eine Sternschnuppe, ein kleiner Planet: Sie gleiten nach unsinnigen Gesetzen durch eine gähnende Leere des Nichts. Ihre Positionen zueinander wandeln sich, sind eigentlich ganz beliebig – lassen sich nicht festlegen, lassen sich interpretieren wie es gerade beliebt. Fixpunkte gibt es nicht, Sterne erlöschen, manche sind ohnehin nur noch ausgesandtes Licht – du kannst es drehen, wenden wie du willst – oder den ganzen Müll gleich in die Tonne treten.
Keine Schönheit ist vor dem Banausen, keine Erleuchtung vor dem Zyniker sicher.
Meine Hände verkrampften sich um das kleine Büchlein, würgten es, als könnte ich damit Novalis erwürgen und die ganzen andern Spinner gleich mit.
Suche nach Erkenntnis, Schöngeisterei: Das ist wie auf der Erde herum zu laufen und zu hoffen, irgendwann bei der Sonne anzukommen. Ich marschiere bis zum Horizont und habe ich ihn erreicht, da lauert schon der nächste – der genau so aussieht wie der letzte.
War ich nicht wahrhaft gebildet? War ich nicht wirklich unglücklich? Wie lange hatte ich gebraucht, um das zu merken?
Am ganzen Körper zitternd sprang ich auf, schleuderte den Novalis in die Ecke. Die Sterne löschen!, schoss es mir durch den Kopf. Das Nichts genießen – wenigstens!
Wie von der Tarantel gestochen rannte ich aus dem Zimmer, kam mit einem großen Müllsack wieder. Der Wahnsinnige, der ich inzwischen war, begann in wilder Raserei, die Bücher aus dem Regal zu reißen, sie in den Müllsack zu schaufeln.
Ich musste mehrmals gehen, doch wie eine blöde, emsige Ameise schleppte und schleppte ich, ohne auch nur einen Moment zu verschnaufen.
Ich schleppte die Bücher hinaus in den Wald, hinter den Sumpf. Endlich stand ich, schwer keuchend, das Herz den Brustkorb zerhämmernd, über dem gewaltigen Papierberg – und war freudig erregt. Worte aus einem Lied von Rammstein dröhnten mir in den Ohren: Willst du dich von etwas trennen, / Dann musst du es verbrennen…
Schnell schlugen die Flammen hoch, leuchteten grell gegen die blutrote Sonne an. Ich ging ganz nah heran, bis der Schweiß mir aus den Poren strömte, ich sog den beißenden Rauch ein, mich daran zu vergiften – ein Hustenkrampf schüttelte meinen Körper. Schwarze Schwingen der Geistigkeit, zum Himmel schwebend, in die Bedeutungslosigkeit. Was bleibt ist Asche.
Hinterher wühlte ich in der heißen Glut, mir die Hände wohlig verbrennend. Zum ersten Mal überhaupt atmete ich völlig frei.
Doch noch war es nicht vollbracht. Das Wichtigste fehlte noch. Als sich wandelndes Ding, mitten in der Metamorphose steckend, kehrte ich in meine Wohnung zurück. Es würde schwierig werden, aber es musste getan werden. Es reicht nicht aus, das Unkraut abzuhacken – auch die Wurzeln müssen weg. Außerdem: Bei den Pharaonen hatte es doch auch geklappt!
Ich ging also hinüber in die weißgeflieste Küche. Die Besteckschublade – nein, das Ding muss woanders sein.
Zunehmend ungeduldig, riss ich Schubladen, Schränke auf, Töpfe und Pfannen fielen scheppernd zu Boden – endlich hielt ich sie in der Hand, die Fondue-Gabel. Konzentration, jetzt – keinen Fehler machen.
Behutsam schob ich mir die Gabelspitze in die Nase, mit der Linken den Nasenflügel zur Seite ziehend. Ein unangenehmes Pieken zunächst, dann unerträglicher Schmerz – ich machte weiter. Blut tropfte auf weiße Fliesen, mein Körper wurde von wilden Zuckungen geschüttelt – mir war, als fräße sich eine Ratte ihren Weg quer durch meinen Schädel. Ich zog leicht – nein noch nicht richtig.
Tiefer, mit einem Ruck trieb ich die Gabel hinein, die Welt explodierte schwarz – endlich, jetzt war es gut.
Ein neuer Ruck – ich zooog – und flatsch! hielt ich mein Gehirn in Händen!
Erst einmal knallte ich das Ding in die Spüle – ich rannte ins Bad, schlug meinen berstenden Schädel gegen die Wand, erbrach mich – schlug meinen Kopf wieder gegen die Wand – schluckte ein gutes Pfund Aspirin – und wusste, dass ich frei war! Die Tyrannei des Geistes war beendet.
Noch schwankend, mich überall festhaltend, ging ich in die Küche zurück und sah mir den blutigen Bastard in der Spüle an. „Verloren“, krächzte ich. Dann lachte ich. Und rannte wiederum ins Bad, um noch ein bisschen Galle auszuspucken. Der Körper verkraftet einen so schwerwiegenden Eingriff nicht ohne Weiteres!
Dabei erhaschte ich auch einen Blick in den Spiegel: An mir klebte mehr Blut als an Mao Zedongs Händen! Ich wusch mir das Zeug ab, von den Armen, dann aus dem selig lächelnden Gesicht.
Zurück in die Küche. In einem ersten Akt meiner neu gewonnen geistlosen Spontanität warf ich mein Hirn auf die Küchentheke und begann, es mit einem großen Messer in kleine Würfelchen zu zerhacken.
Wie ein Kind mit seinen Zinnsoldaten spielte ich mit den Hirnfitzelchen herum, schob mir eines in den Mund und spuckte es wieder aus. Was nun? Mein dumpfer Blick schweifte über die herumliegenden Küchengeräte. Der Mixer!
Nachdem mein Hirn nun eine Form hatte, die es geradezu zum Carpaccio prädestinierte, war ich wiederum ratlos – und jetzt?
Doch ein letzter Gedanke, der sich wohl in meine Hirnschale verbissen hatte, erhellte meinen leeren Geist. Ein Spruch aus Fight Club: „Haltet mir ’ne Knarre an den Kopf und streicht die Wände mit meinem Gehirn!“
Das tat ich. Von der letzten Renovierung hatte ich noch einen Eimer Alpina Weiß da, auch eine Farbrolle war schnell gefunden. Ich kippte mein Hirn in den Eimer und kleisterte das Gemisch an die Decke.
Danach legte ich mich mit einem Gefühl tiefsten inneren Friedens auf die Couch und war das erste Mal in meinem Leben mit dem Fernsehprogramm zufrieden.

Was für ein Leben so ein Hirnloser führt, muss sich wohl jeder fragen, der unter der Knute eines intakten Verstandes zu leiden hat.
Vor allem ist es ein unkompliziertes Leben. Ich lebte es in der Gesellschaft anderer Hirnloser. Natürlich ist mir klar, dass diese Leute anders waren, als ich – damals aber, war es mir eben nicht klar, wie mir ja überhaupt rein gar nichts klar war – oder eben alles. Ist wohl Ansichtssache.
Diese anderen jedenfalls hatten einfach nie ein Gehirn gehabt. Oder sie hatten es so konsequent nicht benutzt, dass es letztlich vertrocknet und auf die Größe einer Rosine zusammengeschrumpelt war.
Ich kannte genug solche Leute, eigentlich kennt die jeder; zum Großteil alte Bekannte aus Schulzeiten und deren Bekannte, auch ein paar Leute von der Arbeit. Irgendwann nur noch völlig Unbekannte, die halt da waren.
Auf irgendwelchen Partys, denn die meiste Zeit über war ich auf irgendeiner Party. Ich hielt mich auf in unüberschaubaren Räumen voller Menschen, durch einen allgegenwärtigen blauen Dunst schwebend. Die meiste Zeit über war ich besoffen oder auf irgendwelchen Drogen – wenn man kein Hirn hat, ist es fast unmöglich, jemals wieder richtig runter zu kommen. Leute mit Gläsern und glimmenden Stängeln in den Händen, mit ausgebrannten Vakuum-Augen verwickelten mich in Gespräche, die eigentlich keine waren.
„Ist ganz schön verrückt, das mit den Zeitreisen was? Wenn Sie jetzt in der Zeit zurückreisen und Ihre Oma umbringen, dann werden Sie nie geboren! Aber – na merken Sie’s? – wie haben Sie denn dann ihre Oma umbringen können?“
„Ja.“
„Aber ich meine: Wenn Zeitreisen überhaupt theoretisch möglich sind, müssten die aus der Zukunft dann nicht schon hier gewesen sein? Ich meine: Wenn das geht, dann müssen die doch auf die Idee gekommen sein, hier mal vorbeizuschauen, oder?“
Zurück in die Zukunft, Teil 1 bis 3.“
„Äh, ja?“
„Ja.“
Man würde es vielleicht nicht glauben, aber in der zwischenmenschlichen Interaktion ist ein Gehirn zumeist nur hinderlich.
Ohne Hirn ist man nicht glücklich, aber dafür zufrieden. Mit Hirn nicht einmal das.
„Wissen Sie, was mein Psychiater zu mir gesagt hat? Der meinte, dass ich ein stark auto-aggressives Verhalten zeige! Verrückt, oder? Irgendwie, weil ich mich selbst verletze und so. Das ist nämlich, dass ich mich beim Zwiebeln-Schneiden immer selbst in den Finger schneide. Ich verbrenne mich am Bügeleisen, stoße überall gegen und so.
Der meint, das ist irgendwie wegen meinen Eltern, weil ich meine Kindheit nicht abgeschlossen habe. Wissen Sie, was meine Frau da zu mir gesagt hat, als ich ihr das erzählt habe? Na? Sie sagt also: Vielleicht bist du auch einfach nur dämlich!“ Wieherndes Lachen.
„Na, wie finden Sie das? Na? Wie? Na?“
„Vielleicht.“
Brüllendes Lachen. „Ja, so ist’s!“
Immer so ging es, in einem fort. Ausgelassenheit als Standard-Einstellung. Befriedigung jedes körperlichen Verlangens, als sei es, sich am Kopf zu kratzen. Mehr als den Körper hat der Hirnlose nicht.
Eine Party nach der andern oder immer nur die gleiche. In Wohnungen, die stets gleich aussahen, manchmal war es wohl auch meine eigene. Es war ganz einerlei.

Es geschah während einer solchen Party bei mir zu Hause. Gedanken hatte ich nicht, aber dafür Instinkt – und der schlug mit einem mal Alarm. Auf der Suche nach einer Bedrohung schossen meine Blicke nach links, nach rechts, doch fanden sie nicht viel – der ganze Raum lag absolut eingehüllt in eine wabernde Decke aus Qualm. Nur als flüchtige Schemen hinter dem schier undurchdringlichen Schleier nahm ich die Partygäste noch wahr. In einem plötzlichen Anfall von Panik versuchte ich, zu ihnen zu gelangen, doch kaum machte ich einen Schritt auf einen der Schatten zu – da war er verschwunden, aufgelöst in dichten Dunst.
Auch ihre Stimmen entfernten sich: Worte, ganz Sätze verwischten, verschmolzen zu sinnlosem Rauschen. Stille.
Wild mit den Armen rudernd versuchte ich, eine Wand zu finden – nichts. Nur den Boden sah ich, übersäht mit noch glühenden Zigarettenstummeln. Von irgendwoher rollte eine Bierflasche heran. Ich war allein.
Ich begann zu frösteln, zu zittern – da erklang etwas wie das tiefe Schlagen einer Turmuhr. Ich lauschte, die Nerven zum Zerreißen gespannt.
Schon wiederholte es sich, um ein Vielfaches lauter diesmal und mir war, als erzittere der ganze Raum! Aber immerhin, der Qualm lichtete sich, ich konnte die Wände wieder erkennen – da schlug die unsichtbare Riesenuhr erneut, fast wäre ich gestürzt – Platsch. Es gab ein komisches platschendes Geräusch – da, schon wieder – und wieder.
Endlich konnte ich wieder anständig sehen und da erkannte ich auch mit tierischem Erschrecken die Quelle des Geräuschs: Die Teile meines Hirns lösten sich von der Decke und schlugen mit feuchtem Klatschen auf den Boden!
Das war zuviel – unter gellenden Schreien stürzte ich zur Tür hinaus, ins Treppenhaus – und traf hier auf ein Grauen, viel furchtbarer als das eben überstandene. Eine groteske Prozession schob sich, dicht gedrängt, die Treppe herauf. Bewusst erkennen konnte ich sie nicht, meine Augen aber kannten ihre Bilder: Es war die Schar all derer, deren Bücher ich verbrannt hatte!
Schiller war vorn mit dabei, Properz und Hegel in der zweiten Reihe – ich sprang herum, stürmte in die Wohnung zurück.
Es gab einen klirrenden Splitterregen, als ich die Balkontür einfach durchsprang, bereit, mich in die Tiefe zu stürzen – doch da schwang sich, ein sardonisches Grinsen im Gesicht, schon Nietzsche übers Geländer. Dieser Übermensch war die glatte Fassade hoch geklettert!
Gerade noch konnte ich vor seinen zupackenden Händen zurückweichen, dabei wäre ich fast Platon und Montesquieu in die Arme gelaufen. Rasch huschte ich an ihnen vorbei, schaffte es in die Küche und schlug die Tür hinter mir zu, warf mich mit dem Rücken dagegen – da wurde ich nach vorn geschleudert und schlug hart auf dem Küchenboden auf. Ich glaube es waren Thomas Mann und Kant, die die Tür eingerammt hatten.
Einerlei, schon fluteten sie herein! Eichendorff und Joyce packten mich bei den Armen. Ich wimmerte, weinte, brachte ein flehendes „Was wollt ihr von mir?“ heraus, doch es war ganz vergeblich. Sie blieben wie sie waren: Stumm, bestimmt, unerbittlich.
Ein Blick nach rechts zeigte mir Kafka, der eifrig mein Besteckfach durchwühlte. Schließlich wandte er sich um und mir blieb fast das Herz stehen, als ich das gewaltige Messer sah, das er mit der Rechten umklammert hielt.
„Nein!“
Aber schon hatten mich meine Peiniger zu Boden gedrückt. Und da hielten sie mich, so heftig ich mich auch wehrte. Es wurde ein schreckliches Martyrium. Sie zerschunden sechs Messer und meine Geflügelschere, bis sie mir die Schädeldecke endlich entfernt hatten.
Dann setzte sich Dostojewski neben mich, einen Putzeimer in Händen, der die Brocken und Fetzen meines Gehirns enthielt. Offenbar hatte er sie aufgesammelt. Alsbald setzte sich Puschkin hinzu und die beiden begannen, dabei recht ausgiebig über das System der zaristischen Selbstherrschaft herziehend, mit einer Tube Sekundenkleber mein Gehirn, wie es ihnen richtig schien, wieder zusammen zu kleben.
Am Ende setzte Dostojewski mir das triefende Ding wieder in den Schädel ein, bestrich meine abgetrennte Schädeldecke am Rand mit dem Kleber und fügte alles wieder behutsam zusammen. Als die furchtbare Prozedur vorüber war klopfte er mir auf die Schulter und sagte, ganz Mitleid: „Das wird schon wieder.“
Endlich zogen sie ab und ließen mich in meinem erneuerten Elend zurück. Nur Hermann Hesse blieb noch einen Augenblick länger um, in Anlehnung an eine Stelle aus seinem Demian, zu deklamieren: „Du hast versucht, dir eine Hälfte der Welt zu unterschlagen! Das konnte nicht glücken. Es glückt keinem, wenn er erst einmal das Denken angefangen hat.“
Er verharrte noch einen Moment als erwarte er Beifall. Als der ausblieb und nur mein erbärmliches Schluchzen zu hören war, wandte auch er sich zum Gehen.

 

Hallo Abdul!

Und hirnlos bekommt eine ganz neue Bedeutung. :D

Wirklich gute Geschichte. Der Anfang schleift ein bisschen, vielleicht könnte man hie und da noch ein wenig kürzen, und die Stelle mit der Bücherverbrennung fand ich beim ersten Lesen auch etwas zu dick. Aber wenn ich es im Gesamtpaket betrachte, ist es gut und passend so und es muss auch sein, um das Ende zu ermöglichen, ohne das die Geschichte wahrscheinlich ähem, ziemlich hirnlos wäre.

Dein Schreibstil ist dynamisch und ich hab die Geschichte in einem Rutsch gelesen, ich hatte schon ein fettes Grinsen im Gesicht.

Paar Anmerkungen:

„Habe nun, ach! Philosophie, / Juristerei und Medizin, / Und leider auch Theologie! / Durchaus studiert, mit heißem Bemühn. / Da steh ich nun, ich armer Tor! / Und bin so klug als wie zuvor!“
Solche Sachen würde ich kursiv drucken, ist eine reine Formalie aber naja.
jedenfalls war dies der Augenblick, wo mich etwas einholte.
1. In dem Absatz kommt mir irgendwie zu oft "Augenblick" vor. Vielleicht soll es ein Stilmittel sein, aber jedenfalls hat es sich für mich nicht gut gelesen. 2. Wo? :susp:
endlich hielt ich sie in der Hand, die Fondue-Gabel.
:rotfl:
Ein neuer Ruck – ich zooog – und flatsch! hielt ich mein Gehirn in Händen!
Erst einmal knallte ich das Ding in die Spüle – ich rannte ins Bad, schlug meinen berstenden Schädel gegen die Wand, erbrach mich – schlug meinen Kopf wieder gegen die Wand – schluckte ein gutes Pfund Aspirin – und wusste, dass ich frei war!
Sollte ich auch mal ausprobieren. :D
Danach legte ich mich mit einem Gefühl tiefsten inneren Friedens auf die Couch und war das erste Mal in meinem Leben mit dem Fernsehprogramm zufrieden.
Das ist mein Lieblingssatz. Wirklich, das ist genial.
als ich das gewaltige Messer sah, dass er mit der Rechten
das

Jo. Das Gefühl vom Anfang, das kommt mir bekannt vor, irgendwie. Wenn einem alles über den Kopf wächst will man irgendwie nicht mehr denken, auf die Idee, mir das Hirn zur Nase rauszuziehen, bin ich zwar noch nicht gekommen, aber so ungefähr passt das schon. ;) Aber es geht halt nicht ewig so, mit Hirn ist schon besser. Wirklich coole Geschichte.

Liebe Grüße,
apfelstrudel

 

N'Abend Strudel,

Wirklich gute Geschichte.
Es gibt so Geschichten (zumeist die bekloppten) da freut so ein Lob gleich doppelt, weil man mit dem Schlimmsten gerechnet hat. Also: Dankeschön.

Der Anfang schleift ein bisschen, vielleicht könnte man hie und da noch ein wenig kürzen, und die Stelle mit der Bücherverbrennung fand ich beim ersten Lesen auch etwas zu dick.
Dass der Anfang beinah handlungsfrei und vielleicht anstrengend ist, stimmt in jedem Fall. Nur habe ich keine Möglichkeit gesehen, ihn deutlich zu verschlanken. Na, vielleicht kommt mir beim Überarbeiten noch mal eine Eingebung.
Die Bücherverbrennung finde ich aber eigentlich recht knapp abgehalten. Die erzählerischen Geschütze sind da zwar schwerer, aber ungebührlich viel Raum nimmt die Sache doch eigentlich nicht ein?

1. In dem Absatz kommt mir irgendwie zu oft "Augenblick" vor. Vielleicht soll es ein Stilmittel sein, aber jedenfalls hat es sich für mich nicht gut gelesen. 2. Wo?
Auf die "Augenblicke" muss ich später beim Überarbeiten noch mal achten, mit dem "wo" hast du aber in jedem Falle recht, viel zu umgangssprachlich. Ändere ich gleich.

Ein neuer Ruck – ich zooog – und flatsch! hielt ich mein Gehirn in Händen!
Erst einmal knallte ich das Ding in die Spüle – ich rannte ins Bad, schlug meinen berstenden Schädel gegen die Wand, erbrach mich – schlug meinen Kopf wieder gegen die Wand – schluckte ein gutes Pfund Aspirin – und wusste, dass ich frei war!
Sollte ich auch mal ausprobieren.
Bloß nicht! Nachher machen sie mich noch dafür verantwortlich und in den Massenmedien entbrennt eine Debatte über den schädlichen Einfluss von Literatur auf Jugendliche.

Arg! Jetzt fällt mir gerade auf, dass die Sachen, die ich kursiv geschrieben habe, hier ja nicht kursiv erscheinen. :dozey: Muss ich auch gleich noch ändern...

Noch mal meinen Dank für's Lesen und Gutfinden.


Hallo Sam,

Schön zu lesen, dass es auch dir gefallen hat. Wobei mal dahingestellt sein darf, ob die Herren Dichter und Denker am Ende tatsächlich Retter sind - ob sich der Erzähler nicht bald in einem intellektuellen JoJo-Effekt wiederfindet.
Der Verstand: Man kann nicht mit ihm leben, aber ohne ihn bleibt nur MTV...

Die Partyszene... stimmt schon, irgendwie ist die ein Fremdkörper. Ich hoffte halt, dadurch ein bisschen Lebendigkeit rein zu bringen, außerdem muss der Mittelteil schon auf eine gewisse Länge kommen, denke ich... hmm. :hmm:

Nomen und Adjektiv - Absicht?
Und genau das habe ich mich vor dem Reinstellen der Geschichte auch gefragt - Entscheidung steht noch aus.

Auch erfreulich, dass ich dem Oskar wieder einen Schritt näher bin!


Gruß,
Abdul

 

Dass der Anfang beinah handlungsfrei und vielleicht anstrengend ist, stimmt in jedem Fall. Nur habe ich keine Möglichkeit gesehen, ihn deutlich zu verschlanken. Na, vielleicht kommt mir beim Überarbeiten noch mal eine Eingebung.
Die Bücherverbrennung finde ich aber eigentlich recht knapp abgehalten. Die erzählerischen Geschütze sind da zwar schwerer, aber ungebührlich viel Raum nimmt die Sache doch eigentlich nicht ein?
Ich hab mich blöd ausgedrückt, ich meinte nicht, dass die Bücherverbrennung gekürzt werden sollte, sondern die Gedanken davor. Das wars schon. :)

 

Hallo Abdul,

Gedankenfetzen, die ich sonst nachts beiseite geträumt hatte, fügten sich nun aufs Unheilvollste zusammen. Die eiternde Geisteswunde riss mit einem vernehmlichen Ratsch! der Länge nach auf.
Geräumt/geträumt ist toll; aufs Unheilvollste ist genau so gut und die eiternde Geisteswunde ist klasse. Zwei ganz starke Sätze.

und/oder
Da bin ich konservativ: Das hat in einem literarischen Text nichts zu suchen. Und auch außerhalb davon ist das derbe abgenutzt, der Gag. So Standup-Comedy.

Fixpunkte gibt es nicht,
Jau, klar. Der zentrale Punkt des Absatzes.

Aber ich meine: Wenn Zeitreisen überhaupt theoretisch möglich sind, müssten die aus der Zukunft dann nicht schon hier gewesen sein? Ich meine: Wenn das geht, dann müssen die doch auf die Idee gekommen sein, hier mal vorbeizuschauen, oder?“
Ey, das muss ich auch mal loswerden. Dieser Film da, der gerne so clever wäre und wo alle sagen „Wow ist der Film clever“-Butterfly Effect, der endet damit, dass sich Kutcher aus dem Leben seiner Perle da raus nimmt (entweder durch Selbstmord oder durch vorzeitiges Schluss-Machen, alternatives Ende und so), und dann ist die Welt für sie in Ordnung.
Aber Hallo, ihr Vater ist immer noch ein Päderast, der sie missbraucht? Und das fällt keinem auf? Wirklich?

Ja, sehr gut. Das ist eine seltsame Geschichte wie ich sie mag, im Metaphorischen den Kern verpackt, dafür ist der magische Realismus oder wie immer man es nennen will ganz hervorragend.
Der Inhalt ist aber schon so nen bisschen, des Lob des Lesenden auf sich selbst. Das hab - ich zumindest - auch schon oft Leute singen gehört. :)
Aber formal und vom Aufbau her, sehr gut gemacht. Mit einem Erdbeben anfangen und sich dann ganz langsam steigern beherzigt. Haufen gute Bilde, schöne Sprache und die Dialoge auf der Party waren echt Klasse.
Hervorragende Nummer.

Gruß
Quinn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Abdul,

tja, schade, dass mein Geist Dir nicht von Anfang bis Ende folgen konnte. :D

Mir fehlt bei Deiner Geschichte ehrlich gesagt die Logik. Sie scheint wie eine Aneinanderreihung netter, mit trockenem Witz garnierter Einfälle, aber der rote Faden entwirrt sich mir nicht. Wohlgemerkt, erzählerisch. Was Du dem Leser sagen wolltest, wird auch bei durchschnittlicher Bildung klar.

Ich habe die Geschichte jetzt drei Mal gelesen, was ich wahrlich nicht immer tue (verstecktes Kompliment an dieser Stelle), und ich konnte kein einziges Mal zwingend nachvollziehen, warum Dein Prot nun partout seinen Geist loswerden wollte. Der Auslöser kam so aus heiterem Himmel und wirkt daher für mich eher belanglos - und unglaubwürdig.

Als er denn beschlossen hatte, sein Leben mit anderen Hirnlosen zu teilen (Vorsicht Arroganzfalle!), reflektiert er im Nachhinein viel zu distanziert über die langweiligen Parties, auch wenn einige Dialogeinfälle durchaus gelungen sind. Er ist doch jetzt Teil der hirnlosen Welt, wie kann er dennoch so (be-)wertend außerhalb stehen? Sollte die Welt noch eindimensionaler sein, als Dein Prot es sich je vorstellen konnte? Hmm, mir ist das auf der nach oben offenen Platitüdenskala ein paar Einheiten zu hoch. Auch die Menschen, auf die man gerne herabsieht, haben Empfindungen oder zumindest Instinkte. Du malst sie ausdruckslos und schemenhaft, so als wäre man ohne die wichtigsten Philosophen zitieren zu können, tot.

Immer so ging es, in einem fort. Ausgelassenheit als Standard-Einstellung. Befriedigung jedes körperlichen Verlangens, als sei es, sich am Kopf zu kratzen. Mehr als den Körper hat der Hirnlose nicht.
Also, wer in Biologie aufgepasst hat, weiß, dass der Körper ohne ein Ding garantiert nicht leben kann und das ist ausgerechnet das Hirn. :Pfeif: Du vermischst für meine Begriffe Geist und Hirn ein wenig beliebig.

Und dann naht die Rettung aus diesem Elend! Oder doch nicht? Naht die ewige Verdammung? Mir ist nicht so ganz klar, warum am Ende Heulen und Zähneklappern bleibt. In der Welt, die er gerade wieder verlässt, war er ja ein Außenseiter. Oder war er doch sowohl geist- als auch empfindungslos? Woher sollte er also wissen, was ihm die herumgeisternden Geistesgrößen nun wieder nehmen werden? - Mal abgesehen, dass so ein Eingriff am offenen Hirn vermutlich höllische Schmerzen verursacht, dann könnte ich das Geschrei ja noch verstehen.

Die Idee finde ich ausgefallen und ausbaufähig, aber ich konnte Dir leider in vielem nicht folgen.

Liebe Grüße
melisane

 

Hallo Quinn,

und/oder
Da bin ich konservativ: Das hat in einem literarischen Text nichts zu suchen. Und auch außerhalb davon ist das derbe abgenutzt, der Gag. So Standup-Comedy.
Da hast du den Finger gekonnt in die Wunde gelegt - hat mich auch gestört, dieses verteufelte "und/oder". Mein Problem ist aber: Das will ich eben zum Ausdruck bringen - "und oder oder". So einer da 'nen gescheihten Vorschlag hat, möge er ihn mir PNen.

Ey, das muss ich auch mal loswerden. Dieser Film da, der gerne so clever wäre und wo alle sagen „Wow ist der Film clever“-Butterfly Effect, der endet damit, dass sich Kutcher aus dem Leben seiner Perle da raus nimmt (entweder durch Selbstmord oder durch vorzeitiges Schluss-Machen, alternatives Ende und so), und dann ist die Welt für sie in Ordnung.
Aber Hallo, ihr Vater ist immer noch ein Päderast, der sie missbraucht? Und das fällt keinem auf? Wirklich?
Ich will mich, in Rückschau auf die Geschichte, mal noch ein wenig in der Kunst des Zitierens üben und die Worte Kapitän Horatio Hornblowers gebrauchen, indem ich sage: "Ha-hm."
Sagte die Gute in dem Film nicht irgendwann, sie habe sich nach der Scheidung ihrer Eltern nur dazu entschieden, weiter bei ihrem Vater zu wohnen, um in der Nähe des Protagonisten bleiben zu können? Damit wäre das Problem doch aus der Welt...

Ich bin echt freudig überrascht, dass auch dir die Geschichte gefällt - tatsächlich habe ich eine Weile mit mir gerungen, ob ich sie hier überhaupt reinstelle, da ich fürchtete, sie könnte für die meisten Leser in ihrer Aussage unverständlich und damit schlicht unsinnig sein. Und dass du den Aufbau lobst - den sah ich eigentlich bislang als besonderes Manko: Beinah handlungsfreier Einstieg, die recht nebulöse Party-Szene mitten drin...
Schön, dass du das anders siehst. :D

Der Inhalt ist aber schon so nen bisschen, des Lob des Lesenden auf sich selbst. Das hab - ich zumindest - auch schon oft Leute singen gehört.
Es stimmt schon: Ich sehe es als fundamental wichtig für den Menschen an, dass er sich bildet (wobei der Begriff im weiteren Sinne zu verstehen ist). Also: Es geht nicht nur ums Lesen, aber die Richtung hast du erkannt, da steckt halt meine Auffassung drin.


Hallo gero,

Danke dir vielmals für das große Lob. Und auch, dass dir die normalen Hirnlosen ("Denn sie wissen nicht was sie tun") ein paar Wort wert waren, freut mich - denn gemessen an dem Platz, den sie in der realen Welt einnehmen, werden sie in meiner Geschichte ja recht knapp abgehandelt. Aber andererseits: Ihrer ist die Flimmerkiste und vielleicht sogar das Himmelreich.


Hallo melisane,

(verstecktes Kompliment an dieser Stelle)
Die sind doch die schönsten. :D
Na, ich will mal versuchen, zu erklären, was ich mir bei der Geschichte gedacht habe. Kein Angst, dauert gar nicht lang. ;)
Also, recht zentral ist natürlich, was du hier selbst sagst:
Du vermischst für meine Begriffe Geist und Hirn ein wenig beliebig.
Denn das Hirn in der Geschichte ist weniger das "Ding" im Kopf, sondern eben ein Bild für den Geist - oder vielmehr für die höhere Geistigkeit. Schließlich kann mein Protagonist ja auch noch ohne Hirn sinnentleerte Gespräche führen, saufen, etc.
Auch wichtig ist das mit der "Arroganzfalle". Tatsächlich ist es nämlich so, dass mein Protagonist (in behirnter Form) auf die Hirnlosen herab blickt. Ohne Bösartigkeit, zumeist ohne Groll, nicht ohne Mitgefühl - aber er achtet sie gering.
Er gehört zu jenen Menschen, für die das Menschsein im Sinne der Biologie an sich erst einmal nichts weiter ist als eben dies: Eine große biologische Ähnlichkeit - nichts was wirklich verbindet. Der Geist ist jenseits davon und zur richtigen Menschwerdung gehört die Bildung. Dazu darf ich noch mal Hesses Demian heraus kramen, wo es so oder so ähnlich heißt: Du glaubst doch nicht, dass all diese Geschöpfe dort draußen Menschen sind, nur weil sie auf zwei Beinen gehen und ihre Jungen neun Monate lang tragen.
Diesen wohl nicht ungefährlichen Gedanken denkt auch mein Protagonist.
Zu Beginn der Geschichte, als er den Novalis an die Wand schleudert, gerät sein Glaube ins Wanken: Er zweifelt am Wert seiner Bildung und tritt seine Flucht ins Geistlose an.
Und dann naht die Rettung aus diesem Elend! Oder doch nicht? Naht die ewige Verdammung? Mir ist nicht so ganz klar, warum am Ende Heulen und Zähneklappern bleibt.
Am Ende schließlich ist die Erkenntnis, dass man sein Hirn eben nicht ausschalten kann - dass der Denkende sich nicht selbst zum Stumpfsinnigen machen kann, wie es ihm beliebt. Er muss seine Krisis überwinden und sich wieder in der Vervollkommnung des Geistes üben - ein anderer Weg steht ihm nicht offen.
Zu heulen hat aber in jedem Falle - der Schrecken sitzt tief, der Glaube bleibt erschüttert und überhaupt: Seelenbildung ist kein Spaziergang.

Zur Frage, ob der Protagonist nicht zuviel reflektiert ist zu sagen, dass er seine Überlegungen und Wertungen natürlich im Nachhinein anstellt. Während seiner hirnlosen Tage war ihm dies nicht möglich.

Ich hoffe, meine Erklärungsversuche helfen ein Stück weiter.

Schönen Dank auch dir für dein Interesse und deine Zeit!


Gruß,
Abdul

 
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Hallo Abdul,

hm hm, da hab ich jetzt irgendwie zwei Seelen in der Brust. Vieles am Text gefaellt: Geisteswunde, Hirnentfernungs- und Rueckfuehrungsbeschreibung und uebrigens von oben bis unten stilistisch solide.
Aaaaber: Mit der Gesamtanlage habe ich ein Problem. Zum einen befaellt mich bei Texten (Protagonisten, Autoren? - letzteres gilt natuerlich nicht), die ihre Bildung so vor sich hertragen, immer ein gewisses Unbehagen. Das koennte man allerdings noch verschmerzen, da es eher ein thematisches Unbehagen ist. Zum anderen jedoch finde ich die literarische Umsetzung des Themas auch nicht ganz so. Da besteht m.E. ein Ungleichgewicht von Oberflaechen- und Tiefenstruktur. Ich find's halt persoenlich immer schicker, wenn eine Geschichte erstmal einfach eine Geschichte ist und dann dahinter noch so'n bisschen oho und aha kommt - je nach Interpretationsambition des Lesers. Bei dieser Geschichte duempelt die Aussageintention ziemlich unsubtil auf der Textoberflaeche umher. Und die Aussage an sich "Waere ich dumm, waere dass Leben einfacher. Aber ich muss wohl lernen, mit meiner Intelligenz zu leben, so schwer diese Buerde auch wiegt" trifft eben wie gesagt meinen Geschmack nicht so sehr.
Zwei kleinere Kritikpunkte:
1. Auf der Party haette es ruhig noch absurder zugehen duerfen
2. Auch wenn die Ich-Perspektive hier moeglich ist, finde ich nicht, dass sie besonders gut zu so einer Geschichte passt. Interessant waere sie eher, wenn sie im Praesens waere und man den Wandel des Erzaehlers in der Sprache mitbekommt - doch das waere viell. der unmoegliche Text.
Und noch eine Anregung:
Wenn die Schriftsteller zum Schluss kommen, haette ich mir noch ein bisschen mehr Spezifitaet (Spezifizi..?) gewuenscht. Dass ihr Handeln eben die jeweilige hist. Persoenlichkeit erkennen laesst, wie bei Nietzsche schon angedeutet. Sonst wirkt es eher wie name-dropping.

Insgesamt trotzdem gern gelesen
lg
feirefiz

 
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Hi Abdul,

Na, ich will mal versuchen, zu erklären, was ich mir bei der Geschichte gedacht habe. Kein Angst, dauert gar nicht lang.
Genau das war mein Kritikpunkt. Erklär's doch in der Geschichte, nicht im Thread! :Pfeif:

Diesen wohl nicht ungefährlichen Gedanken denkt auch mein Protagonist.
Zu Beginn der Geschichte, als er den Novalis an die Wand schleudert, gerät sein Glaube ins Wanken: Er zweifelt am Wert seiner Bildung und tritt seine Flucht ins Geistlose an.
Und genau hier sitzt die erste Schwachstelle der Geschichte. Warum zweifelt er am Wert seiner Bildung? Niemand tut das unmotiviert. Du schuldest dem Leser hier eine schlüssige Erklärung. Der alte Faust, den Du am Beginn zitierst, hatte meiner Meinung nach eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, verbunden mit Gefühlsblindheit :D. Was macht den Charakter Deines Prots aus? Er bleibt mir zu blass.

Tatsächlich ist es nämlich so, dass mein Protagonist (in behirnter Form) auf die Hirnlosen herab blickt. Ohne Bösartigkeit, zumeist ohne Groll, nicht ohne Mitgefühl - aber er achtet sie gering.
Genau hier in Deiner Erklärung bestätigst Du mir dann ja auch den Widerspruch. Er achtet sie gering, warum sollte er einer von ihnen werden? Warum, während er Novalis liest? Weil der Kerl ein sentimentaler Schwätzer war?

Am Ende schließlich ist die Erkenntnis, dass man sein Hirn eben nicht ausschalten kann - dass der Denkende sich nicht selbst zum Stumpfsinnigen machen kann, wie es ihm beliebt. Er muss seine Krisis überwinden und sich wieder in der Vervollkommnung des Geistes üben - ein anderer Weg steht ihm nicht offen.
Du nanntest die Geschichte "Wider die Vernunft". Für mich wäre schlüssig gewesen, wenn der Prot daran verzweifelt wäre, dass ihm die Fähigkeit zur Erkenntnis fehlte, dass der Geist mehr ist als das Denken und der Verstand, etwas, was Novalis sehr wohl wusste.

So bleibt mir seine Verzweiflung ebenso wie sein anfänglicher Entschluss in der Geschichte nicht nachvollziehbar. Und nur um den Text geht es ja schließlich.

Liebe Grüße
melisane

Edit: Und weil ich das gerade bei meinem derzeitigen Lieblingsautor Jasper Fforde (Im Brunnen der Manuskripte) gelesen habe: "Stammt nicht von Leonardo da Vinci der Ausspruch, dass Leute, die ständig zitieren, nicht ihren Verstand gebrauchen, sondern ihr Gedächtnis?"

feirefiz Kritik ging ja in eine ähnliche Richtung wie meine. Das Ende ist ebenfalls so allgemein und beliebig an der Oberfläche. Außer Hesse hätten die Herren bestimmt noch einiges zu Deinem Prot zu sagen, was ihm geistig wieder auf die Sprünge helfen sollte - oder eben auch nicht. - Und nimm meine Gemecker bitte unbedingt als Kompliment für Deine Fähigkeiten als Autor. Ich meckere nicht oft so viel! :D

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Abdul,
wäre die Geschichte nicht schon empfohlen, ich machte es! Sie ist schön schräg, ohne aufgesetzt zu sein, humorvoll, aber nicht albern. Und vor allem vielschichtig: Irgendwie ist es dir auch gelungen, die Bildung aufs Korn zu nehmen, auch wenn du vordergrundig das Gegenteil machst - oder so ähnlich... :D

Ich fand daran nichts zu wenig und nichts überflüssig, um mal meinen Senf dazu zu geben.

„Na, wie finden Sie das? Na? Wie? Na?“
„Vielleicht.“
Brüllendes Lachen. „Ja, so ist’s!“
Auch wenns gesucht sein sollte - :thumbsup:

Sehr gut hat mir die 6-Wort Reihe "Der Wahnsinnige, der ich inzwischen war" gefallen!

Überhaupt hast du die Sprache auf den jeweiligen Zustand gut abgestimmt, ohne dass dadurch die Geschichte stilistisch an Einheitlichkeit verlieren würde.

Vor Neid und Bewunderung zergehend :D
Kasimir

PS:

hat mich auch gestört, dieses verteufelte "und/oder". Mein Problem ist aber: Das will ich eben zum Ausdruck bringen - "und oder oder". So einer da 'nen gescheihten Vorschlag hat, möge er ihn mir PNen.

"und" reicht - weils man so und so lesen kann. was war's noch mal, "dumme und/oder faule schüler"? semantisch hat "dumme und faule schüler" beide seiten - man kanns "dumme, faule schüler" lesen und/oder ;) "dumme schüler und faule schüler". der nachteil ist nur, dass nicht jeder leser sich sosehr mit einem "und" beschäftigen würde.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo feirefiz,

Zum einen befaellt mich bei Texten (Protagonisten, Autoren? - letzteres gilt natuerlich nicht), die ihre Bildung so vor sich hertragen, immer ein gewisses Unbehagen.
Das kann ich nchvollziehen. Die Sache ist nun aber die, dass es in der Geschichte ja gewissermaßen auch um die Bildung an sich geht - und der Protagonist seine Gedanken und Empfindungen unverholen und direkt äußert. Das heißt: Er hat keinen Grund, mit seiner Bildung aus Bescheidenheit hinterm Berg zu halten.
Mit dem Verfasser hat das übrigens wenig zu tun, er ist hier nicht mit dem Protagonisten gleich zu setzen.

Ich find's halt persoenlich immer schicker, wenn eine Geschichte erstmal einfach eine Geschichte ist und dann dahinter noch so'n bisschen oho und aha kommt - je nach Interpretationsambition des Lesers. Bei dieser Geschichte duempelt die Aussageintention ziemlich unsubtil auf der Textoberflaeche umher.
Mir sind auch die Geschichten lieber, die ihre... na, ich sag mal: ihre "Botschaft" allein durch die Handlung transportieren, ohne das groß erklärt wird. Eine "normale" Geschichte halt, die nicht wirkt, als sei sie um eine Aussage herum konstruiert worden.
Nun muss ich aber, ganz unverschämt, sagen, dass ich das hier gar nicht sooo schlecht gelungen finde. Es gibt doch eine Handlung, die auf einem durchaus abgefahrenen Gedanken (Enthirnung) basiert - der Text enthält greifbares Geschehen.
Natürlich kommt die Botschaft dann doch sehr eindeutig daher. Aber das ist eine Sache, die mich persönlich nicht stört. Vielleicht Geschmackssache.

Zwei kleinere Kritikpunkte:
1. Auf der Party haette es ruhig noch absurder zugehen duerfen
2. Auch wenn die Ich-Perspektive hier moeglich ist, finde ich nicht, dass sie besonders gut zu so einer Geschichte passt. Interessant waere sie eher, wenn sie im Praesens waere und man den Wandel des Erzaehlers in der Sprache mitbekommt - doch das waere viell. der unmoegliche Text.
Mit beiden Punkten stimme ich völlig überein. Bei der Partyszene ging mir nur leider ein wenig die Inspiration ab (ich war froh, als ich die irgendwie fertig hatte) und der zweite Punkt ist wohl verflucht schwer hinzubekommen. Darüber hinaus beinhaltet er ein großes Problem: Mit der Erzählstimme des Enthirnten lässt sich nicht viel anstellen - da ist keine Reflektion möglich.

Wenn die Schriftsteller zum Schluss kommen, haette ich mir noch ein bisschen mehr Spezifitaet (Spezifizi..?) gewuenscht. Dass ihr Handeln eben die jeweilige hist. Persoenlichkeit erkennen laesst, wie bei Nietzsche schon angedeutet. Sonst wirkt es eher wie name-dropping.
Stimmt auch voll und ganz, ist eine Sache, die mir an der Geschichte selber nicht gefällt. Aber mehr war da von mir aus erst mal nicht drin, da fehlten mir die Geistesblitze. So was darf ja auch nicht zu gewollt kommen, sonst ist es noch schlimmer als einfacher Verzicht darauf.

Freut mich, dass die Geschichte dir trotz aller entdeckten Macken und Mängel gefallen konnte.


Hallo melisane,

Genau das war mein Kritikpunkt. Erklär's doch in der Geschichte, nicht im Thread!
Was ich da nachträglich erklärt habe sind Dinge, die meiner Meinung nach über die Geschichte hinaus gehen oder so oder so ähnlich vom Leser erschlossen werden können, bzw., die er nicht zu wissen braucht.
Ich habe sie bloß hier erläutert, weil ich aus deiner Kritik schloss, dass die Geschichte insgesamt dir nicht recht zugänglich war - wie eine Geschichte eben manchmal nicht auf den Leser passt. (Wenn sie dann auf gar keinen Leser mehr passt, wird's brenzlig.)

Und genau hier sitzt die erste Schwachstelle der Geschichte. Warum zweifelt er am Wert seiner Bildung? Niemand tut das unmotiviert.
Najaaa... Er tut's doch recht unmotiviert, im Sinne von: Er braucht keinen äußeren Impuls. Er zweifelt halt.
Vorher glaubte er an die Bildung, dann fragt er sich, ob er sich nicht vielleicht getäuscht hat. Wie manch ein Gläubiger von Zeit zu Zeit an Gott zweifeln mag. Außerhalb von Hollywood-Filmen geht das auch ohne die große Katastrophe.
Nur dass der Protagonist, dem ich ja keine besondere religiöse Überzeugung zugedacht habe, vielleicht noch leichter ins Zweifeln gerät, als ein gläubiger Mensch: Weil Glaube nicht hinterfragt werden kann, Gott ist ein Fixpunkt. (siehe Text)

Genau hier in Deiner Erklärung bestätigst Du mir dann ja auch den Widerspruch.
Ich präzisiere: Normalerweise achtet er sie gering. Während einer inneren Krisis mögen sich die Ansichten verschieben - besonders wenn er während dieser seine Bildung als Ballast zu erkennen glaubt.

"Stammt nicht von Leonardo da Vinci der Ausspruch, dass Leute, die ständig zitieren, nicht ihren Verstand gebrauchen, sondern ihr Gedächtnis?"
Dass du mir das in Form eines Zitats von einem Zitierenden sagen musst... ;)
Nein, ich denke Zitate haben schon ihren Sinn und Zweck: Manchmal weiß man, dass einer etwas so vollendet formuliert hat, dass man selbst es nicht besser hinbekäme. Und außerdem: Wer will sich schon mit fremden Federn schmücken?

Und nimm meine Gemecker bitte unbedingt als Kompliment für Deine Fähigkeiten als Autor.
Tausend Dank. Und auch wenn's "nur" Gemecker wäre: Es hilft auf jeden Fall, sich mit der Geschichte auseinander zu setzen.
Danke für die erneute Rückmeldung!


Hi Kasimir,

Vielen Dank für das schon übergroße Lob - ich bin immer noch völlig überrascht, dass die Geschichte hier insgesamt so gut ankommt.

Ich fand daran nichts zu wenig und nichts überflüssig, um mal meinen Senf dazu zu geben.
Ahhh... Das lädt zur Selbstgefälligkeit ein. :D

Und in der und/oder-Sache hast du wohl recht. Ich reduziere es jetzt auf das "und".


So, bis die Tage und lasst euch nicht enthirnen!


Gruß,
Abdul

 

Hallo Abdul,

was wohl passiert wäre, hätte er nicht die Ausgasungen der verbrannten Bücher inhaliert; ab da fängt das vorher bizarre aber denkbare Szenario an, ins Absurde zu kippen oder sich zu steigern.
Kompliment jedenfalls, ich habe Deine Geschichte nun schon einige Male mit Genuss gelesen und finde sie sprachlich und erzählerisch ganz weit vorne. Es ist eine der seltenen Geschichten, die ich beim lesen hören kann, sie verdient es, vorgelesen zu werden, also nicht abgelesen sondern stimmlich ausgelebt, intoniert, zelebriert dem Auditorium dargeboten zu werden.
Mich hat sie gut unterhalten und Spaß hat sie gemacht, jedesmal. Cooles, seltsames Ding, gelungen !

und merkte auf einmal, dass ich gar nicht kapierte, was der Kerl da eigentlich schrieb.
finde ich bei jedem Lesen großartig und sehr witzig, tolle Stelle !
Nachdem mein Hirn nun eine Form hatte, die es geradezu zum Carpaccio prädestinierte, war ich wiederum ratlos
das Bild finde ich seltsam... Er hat sein Hirn gewürfelt, also liegen Würfel vor ihm, ein Carpaccio kenne ich jedoch als hauchdünne Scheiben, die nicht der Optik und Haptik von Tartar oder Hackfleisch ähneln, wie es vermutlich das in "kleine Würfelchen" atomisierte Hirn tut.
Dann lachte ich. Und rannte wiederum ins Bad, um noch ein bisschen Galle auszuspucken. Der Körper verkraftet einen so schwerwiegenden Eingriff nicht ohne Weiteres!
den Einschub finde ich insofern störend, als daß er eine reale Realitätsebene hineinbringt, die mit der bisherigen bricht. Ausserdem erklärt er etwas, was nicht erklärt werden muss, wenn der Leser bis hierhin gelesen hat und aus meiner Sicht nicht erklärt werden sollte, um dem Absurden nicht Kraft zu nehmen.

Grüße
C. Seltsem

 

Hallo C.!

Freut mich unglaublich, dass du die Geschichte gleich mehrmals gelesen hast. Das mit dem Vorlesen ist mal eine witzige Idee - habe so was zwar noch nie gemacht und sicher würde ich mich pro Satz zwei mal versprechen, lustig klingt's aber allemal. :D
Mit dem Carpaccio-Vergleich hast du wohl recht, der sitzt nicht ganz. (Obwohl ich das Gefühl habe, dass du überlesen hast, dass das Hirn erst noch in den Mixer wandert, also nicht mehr würfelförmig ist.) Ist ein Ersatzvergleich. Erst stand da "Form eines Erdbeer-Milchshakes" - fand ich recht cool, machte sich aber mit dem Ende schlecht: Ungünstige Konsistenz für Sekundenkleber. Da müsste ich noh nachbessern. :hmm:
Und auch mit deinem zweiten Kritikpunkt sprichst du was an, das mir auch schon Kopfzerbrechen bereitete. Ich fand die Stelle irgendwie so überdreht pseudowitzig - aber ich streiche so ungern ersatzlos. Muss also erst was finden, das als Ersatz herhalten könnte.

Dank dir für die hilfreichen Anmerkungen!


Gruß,
Abdul

 

Sinngemäß zitiere ich den Altmeister des politischen Kabaretts, Werner Finck:

"Es ist ein schwieriger Prozess, von der Idee zum Wort.
So mancher Satz verreckte mir, dabei auf dem Transport."

Dir nicht, Glückwunsch! Die Geistesgrößen und -kleinen müssen irgendwas bewirkt haben, bevor du sie verbrannt hast.
LG,
Jutta

 

Hallo Abdul,

ein herrlich schräges Teil, das du hier zum Besten gibst. Wirklich stark. Das hat einfach nur Spaß gemacht. Schön, dass du bei deiner gewohnt altertümlichen Sprache geblieben bist. An manchen Stellen hinkt sie etwas (einige Stellen habe ich rausgepickt) aber ansonsten recht stimmig.
Die Idee finde ich beneidenswert gut, das Auftreten der Literaten und Denker eine wahre Freude. Allerdings hätte ich mir an dieser Stelle ein wenig mehr Tiefgang gewünscht. In dieser Art sind die Gestalten natürlich sehr schablonenhaft. Das geschieht, weil du wirklich nur die Namen nennst, aber keienrlei Besonderheiten der jeweiligen Figuren mit einstreust. In meinen Augen würde die Stelle schon viel an Plastizität gewinnen, wenn du winzige Beschreibungen einfügst à la Körperbau, Gesichtszüge etc.

Was du stellenweise übertrieben hast, ist der Umgang mit Kommas und Spiegelstrichen. Bei ersterem finden sich auch noch einige Fehler im Text. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit habe ich dir die, die mir ins AUge gesprungen sind, herausgesucht.
Die Spiegelstriche sind manchmal eher verwirrend als hervorhebend. Weniger ist mehr, lautet an einigen Stellen die Devise.

Dieser Absatz hier ist ein gutes Besipiel:

Denn in diesem Augenblick, schlugen die Wogen über mir zusammen – weiß Gott, warum gerade in diesem Augenblick, ob gerade die Sterne richtig standen oder ob es doch so etwas wie Zufall gibt – jedenfalls war dies der Augenblick, in dem mich etwas einholte. Etwas Schwarzes – etwas Böses – der Geist, der stets verneint.
Mein Vorschlag:
Denn in diesem Augenblick schlugen die Wogen über mir zusammen. Weiß Gott, warum gerade in diesem Augenblick. Ob gerade die Sterne richtig standen oder ob es doch so etwas wie Zufall gibt, jedenfalls war dies der Augenblick, in dem mich etwas einholte. Etwas Schwarzes – etwas Böses – der Geist, der stets verneint.
So kommt das auf jeden Fall der Lesbarkeit zugute.

du kannst es drehen, wenden wie du willst – oder den ganzen Müll gleich in die Tonne treten.
anstatt des Kommas käme hier ein und sehr passend

Willst du dich von etwas trennen, / Dann musst du es verbrennen…
Das komma darf weg, vor den drei Punkten muss einmal space

Was bleibt,ist Asche

Als sich wandelndes Ding, mitten in der Metamorphose steckend, kehrte ich in meine Wohnung zurück.
Da fehlt was:
als ein sich

Ich ging also hinüber in die weißgeflieste Küche. Suchte. Die Besteckschublade – nein, das Ding muss woanders sein
würde ich einfügen, da sonst nciht so recht klar, was er tut, was ihn antreibt

weißgeflieste
getrennt
Wie ein Kind mit seinen Zinnsoldaten ,spielte ich mit den Hirnfitzelchen herum

Ich lebte es in der Gesellschaft anderer Hirnloser. Natürlich ist mir klar, dass diese Leute anders waren, als ich – damals aber, war es mir eben nicht klar, wie mir ja überhaupt rein gar nichts klar war – oder eben alles. Ist wohl Ansichtssache.
Denn ersten Spiegelstrich würde ich streichen.

Ich kannte genug solche Leute, eigentlich kennt die jeder; zum Großteil alte Bekannte aus Schulzeiten und deren Bekannte, auch ein paar Leute von der Arbeit. Irgendwann nur noch völlig Unbekannte, die halt da waren.
hier brichst du aus deiner Sprache aus. Unschön

Auf irgendwelchen Partys, denn die meiste Zeit über war ich auf irgendeiner Party. Ich hielt mich auf in unüberschaubaren Räumen voller Menschen, durch einen allgegenwärtigen blauen Dunst schwebend
unschön

Das ist nämlich, dass ich mich beim Zwiebeln-Schneiden immer selbst in den Finger schneide. Ich verbrenne mich am Bügeleisen, stoße überall gegen und so.
:confused: fehlt was
der ganze Raum lag absolut eingehüllt in eine wabernde Decke aus Qualm
absolut streichen. Passt nciht und widerspricht sich im Sinn, da im nächsten Satz bereits relativiert
Wild mit den Armen rudernd ,versuchte ich, eine Wand zu finden – nichts

auch mit tierischem Erschrecken die Quelle des Geräuschs
schreckliche Umschreibung. Unbedingt ausbessern.
Bewusst erkennen konnte ich sie nicht, meine Augen aber kannten ihre Bilder: Es war die Schar all derer, deren Bücher ich verbrannt hatte!
ungelenk formuliert. Ihre Bilder? Das solltest du konkretisieren.
Portrait, Antlitz, Profil ...

dabei recht ausgiebig über das System der zaristischen Selbstherrschaft herziehend
für diesen Gag opferst du die Stringenz
Würde ich rauslassen. Entweder geben mehrere der Gestalten was zum Besten oder eben keiner. Am Ende ist es etwas anderes, weil sie den Prot selbst ansprechen.

mit einer Tube Sekundenkleber mein Gehirn, wie es ihnen richtig schien, wieder zusammen zu kleben.
Am Ende setzte Dostojewski mir das triefende Ding wieder in den Schädel ein, bestrich meine abgetrennte Schädeldecke am Rand mit dem Kleber und fügte alles wieder behutsam zusammen
unschön, und das beim Ausklang der Geschichte. Du willst zu rasch zum Ende kommen, hast nicht mehr die Geduld fein zu formulieren. Unbedingt feilen

Als die furchtbare Prozedur vorüber war ,klopfte er mir auf die Schulter und sagte, ganz Mitleid: „Das wird schon wieder.“

So, alles in allem sehr gerne gelesen. Hat ein Springbrunnen eigener Ideen ausgelöst. Zurecht empfohlen :)

grüßlichst
weltenläufer

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Abdul,

ich nochmal - um des Austausches Willen.

Natuerlich ist es in Ordnung, dass das Hirnthema auf der Textoberflaeche abgehandelt wird - das wird ja auch nicht rein diskursiv getan, sondern in wunderbar absurde Handlung uebersetzt. Was mich stoerte, war wohl eher der Anfang. Besonders mit dem Goethe kann ich mich immer noch nicht anfreunden. Ich weiss, ich hab selbst eine Geschichte mit Zitateneinstieg, aber gerade diese Stelle als intertextuelle Verweis ist irgendwie so Allgemeinplatz - so wie Sonnenblumen von van Gogh oder Bauarbeiter auf der Stange an der Wand. Sie gibt dem Leser ja nichts, keinen Interpretationshinweis, den er nicht der Geschichte selbst entnehmen koennte. Ok, es charaktersisiert den Erzaehler als Zitate-Wichser, aber trotzdem.

Nun muss ich aber, ganz unverschämt, sagen, dass ich das hier gar nicht sooo schlecht gelungen finde. Es gibt doch eine Handlung, die auf einem durchaus abgefahrenen Gedanken (Enthirnung) basiert - der Text enthält greifbares Geschehen.
Recht hastu. Wenn der nun Beginn der Geschichte ebenso actionreich waere, wie der Rest, haette der Text mir auch durchgaengig gut gefallen. Wenn der Ausloeser eben nicht eine ploetzliche, etwas unmotivierte Erkenntnis waere, die dann noch analytisch ausgebreitet wuerde, sondern ein ebenfalls absurdes Geschehen, dass das Buecherregal ihm auf den Kopf faellt und er unter tonnenschwerer Bildung begraben wird oder so und dann die Geisteswunde ratsch etc.

Bei der Partyszene ging mir nur leider ein wenig die Inspiration ab (ich war froh, als ich die irgendwie fertig hatte) und der zweite Punkt ist wohl verflucht schwer hinzubekommen. Darüber hinaus beinhaltet er ein großes Problem: Mit der Erzählstimme des Enthirnten lässt sich nicht viel anstellen - da ist keine Reflektion möglich.
ts ts ts zur Partyszenen-Faulheit.
Und zur Erzaehlstimme des Enthirnten kann ich nur sagen - sowas nenne ich eine schriftstellerische Herausforderung und empfehle im selben Atemzug Irvine Welchs "Drecksau", wo das Bewusstsein eines Bandwurmes aus der Ich-Perspektive geschildert wird.

cheers,
ff

PS: Alles in mir wehrt sich gegen diesen Goethe, aber wenn ich mal objektiv drueber nachdenke, ist es eigentlich ein guter Weg eine Figur einzufuehren, die sich so ueber Bildung definiert, dass sie sich selbst am Punkt der Verzweiflung noch hinter einem Zitat verstecken muss. Ganz schoen arme Wurst.

 

Danach legte ich mich mit einem Gefühl tiefsten inneren Friedens auf die Couch und war das erste Mal in meinem Leben mit dem Fernsehprogramm zufrieden.

Genial :)

Sehr tolle Geschichte. Wahrlich "Seltsam".

Grüße

Björn

 

Hallo Jutta,

Danke für's Lesen und Gutfinden! Nettes Zitat übrigens - wäre was für meinen Protagonisten. ;)


Hallo weltenläufer,

Schön, dass die Geschichte auch dir gefallen konnte. Und Dank dir dafür, dass du dich im Detail damit auseinandergesetzt hast, einige deiner Anmerkungen werde ich demnächst einarbeiten. Andere Stellen werde ich aber wohl belassen, wie sie dastehen - speziell den Gedankenstrich halte ich für schlicht unterschätzt, der kann ruhig mal massiert auftreten. ;)
Und unbedingt altertümlich sollte der Stil hier gar nicht sein, obschon dem Erzähler nicht nur die aller einfachsten Mittel der Sprache zu gebote stehen.
Dank dir noch mal, werde mich bald ans Abarbeiten deiner Liste machen!


Hallo noch mal feirefiz,

Was mich stoerte, war wohl eher der Anfang. Besonders mit dem Goethe kann ich mich immer noch nicht anfreunden. Ich weiss, ich hab selbst eine Geschichte mit Zitateneinstieg, aber gerade diese Stelle als intertextuelle Verweis ist irgendwie so Allgemeinplatz - so wie Sonnenblumen von van Gogh oder Bauarbeiter auf der Stange an der Wand. Sie gibt dem Leser ja nichts, keinen Interpretationshinweis, den er nicht der Geschichte selbst entnehmen koennte.
Ja, das kann ich nachvollziehen. Der Faust wird immer und überall zitiert, auch gern mit dieser Stelle. Da hätte ich kreativer sein können. Eindeutig eine Schwäche der Geschichte, aber für mich eher ein Schwachstellchen als eine wahre -stelle.
Vollkommen recht gebe ich dir auch, wenn du sagst, dass der Einstieg lahmt. Ist auch einer meiner Hauptkritikpunkte an der Geschichte. Aber da kommt's an den Punkt, wo man kaum verbessern kann, ohne die ganze Geschichte neu zu strukturieren und abzufassen.

Alles in mir wehrt sich gegen diesen Goethe, aber wenn ich mal objektiv drueber nachdenke, ist es eigentlich ein guter Weg eine Figur einzufuehren, die sich so ueber Bildung definiert, dass sie sich selbst am Punkt der Verzweiflung noch hinter einem Zitat verstecken muss. Ganz schoen arme Wurst.
Hm, du scheinst eine rechte Antipathie zu dem armen Kerl zu entwickeln - mir ist er hingegen gar nicht unsympathisch. Was sagt uns das jetzt? :D


Hallo Kuma,

Freut mich, dass es dir gefalllen hat, danke für die Rückmeldung.


Gruß,
Abdul

 

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