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wie ein Neonazi kein Jude mehr sein wollte

Beitritt
31.12.2004
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wie ein Neonazi kein Jude mehr sein wollte

Es gibt ja Leute, die man getrost Assis nennen kann, jedenfalls in Dorfbrandenburg. Anderswo mag man andere Wörter dafür. Der Miele aber war ein Assi, sogar von Geburt an, bis er irgendwann mit 14 Neonazi wurde. Zur Feier dieses Ereignisses hängte er sich eine SS-Uniform an die vermuchte Kinderzimmerwand, dazu ein Hitler-Bildchen und natürlich eine große Hakenkreuzfahne, die er einem Rentner aus dem Nachbardorf abgeschwatzt hatte. Ja, wenn er schon nichts konnte und ein Assi war, aber wildfremden Leuten Sachen ab- oder aufschwatzen konnte er wie kein zweiter.
Mir hat er einmal die Eiserne-Kreuz-Verleihungs-Urkunde meines Großvaters abgeschwatzt und das im Tausch für ein halb kaputtes Spielzeugauto. Später wollte er meinem Vater seine teure Briefmarkensammlung abschwatzen, wahrscheinlich wegen der lustigen Hitler-Briefmarken in derselben, von denen ich ihm erzählt hatte, nur ohne zu erwähnen, dass die allesamt schon gestempelt waren und ich glaube nicht, dass sich der Miele Hitler-Briefmarken an die Wand geklebt hätte, auf denen dem Adolf ein herzliches „Volksverräter“ auf der Stirn prangt.
Das darf man jetzt aber, weiß Gott, nicht als Allegorie oder andere Tiefsinnigkeit missverstehen. Mein Vater besaß die Briefmarken tatsächlich, die waren tatsächlich gestempelt und der Miele wollte sie meinem Vater tatsächlich abschwatzen, nur hielt dieser, auch wenn er kein Nazi war und nur korrekt gestempelte Hitler-Briefmarken besaß, nichts von Assis und schon gar nicht vom Miele und hat ihm gleich wieder die Tür vor der asozialen Nase zugeschlagen.
Sein Handelseifer brachte den Miele aber auch in Konflikt zu seiner neonationalsozialistischen Gesinnung und besonders seinem ebenso eifrig gesinnten Freundeskreis, denn in dem hatte er schnell den Spitznamen „der Jude“ weg. Manchmal, wenn es gar feuchtfröhlich zuging, und mehr als Saufen können Dorfnazis scheinbar wirklich nicht, dann hieß er auch mal „der dreckige Jude“ und fing sich eine. Merke: Asoziale Dorfnazis haben komische Freunde.
Anstatt sich nun aber andere Freunde zu suchen, mit denen er auch mal über seine Beziehungsprobleme hätte reden oder so, versuchte er, allen zu beweisen, dass er kein Jude war. Ein Ariernachweis war in seiner Familienhistorie nicht aufzufinden. Übrigens hatte ich noch einen von meiner Großmutter, den mir der Miele doch glatt abschwatzen wollte, aber da habe ich einfach mal “Nö!“ gesagt und bin weggerannt, sonst wäre die Geschichte anders gelaufen und er hätte da wahrscheinlich mit Tippex drin rumgepfuscht und seinen Namen reingeschrieben, während ich noch ein halb kaputtes Spielzeugauto meiner Sammlung hätte hinzufügen müssen.
Aber wie es schon sinngemäß nur thematisch ein wenig anders gelagert auf einem Topflappen meiner Frau gestickt steht: „Liebe kann man nicht beschreiben, man muss sie praktisch treiben“, hat sich der Miele wohl gedacht: „Pipapo, Ariernachweise sind Schnee von gestern. Ariertum kann man nicht beschreiben, sondern das muss man auch mal praktisch treiben“, auch wenn das Versmaß hinkte, aber in Deutsch war er wie in allen anderen Fächern nie besonders hell gewesen, und weil er halt nicht besonders hell war, schnappte er sich nach Beendigung seiner Dichterkarriere die SS-Uniform, die bis dahin an der Kinderzimmerwand gehangen hatte, zog sie sich über und paradierte so kostümiert zum nächstbesten Besäufnis seines Gesinnungsfreundeskreises.
„Heissa“, wird er sich wohl gedacht haben, „da werden meine Gesinnungsfreunde aber schauen und mich endlich nicht mehr Jude nennen, sondern Adolf oder so, weil das wär mal ein schöner Spitzname, zur Not auch Joseph oder Rudolph“, als er die Lokalität betrat, doch anstatt Jubel und Applaus wurde er mit einem wüterichenden Dialog empfangen, der ungefähr so lautete:
„Kiekt euch den mal an!“
„Ey der Jude...“
„Was? Hicks“
„Na kiek doch mal!“
„Will der uns verarschen?“
„SAG MAL DU DRECKIGE JUDENSAU, HALLO? ABER SONST GEHT’S NOCH?“
„Ick glob, der will ein paar uffs Maul.“
„Jawoll! Hicks... Maul hauen... Isch hau jez dem aufs Maul.“
„Ick och.“
„Brüder, Volksgenossen, Kameraden, aufgestanden in Reih und Glied und mit festem Tritt dem Juden dort die Fresse poliert!“
Zugegeben, so werden die Herren Neonationalsozialistenen kaum gesprochen haben, der Effekt blieb jedoch der gleiche: Sein Freundeskreis nahm Miele seine Uniform reichlich übel und walkte ihn recht ordentlich durch, mehr als sonst, und seitdem hat er auch nie wieder eine Uniform angezogen. Selbst den Wehrdienst hat er verweigert und lieber in einem Altersheim geschuftet, obwohl es da weniger Zeug aus der guten alten Adolf-Zeit abzustauben gab als bei der Bundeswehr.
Später ist er Koch geworden, was ein ziemlich unrühmliches Ende für so einen Charakter darstellt. Viel besser hätte er irgendwas bei der DVU werden sollen oder noch besser bei der PDS und zusammen mit Sarah Wagenknecht den Leuten hirnlose Meinungen über die Notwendigkeit kommunistisch-sozialistischer Freakdiktaturen aufschwatzen. Und wenn er bei der PDS auch noch Erfolg hätte, dann könnte ich die Juden-Geschichte wieder ausgraben und die Hitler-Briefmarken und überhaupt alles, was die PDS nicht mag, und würde ihn damit erpressen können. Heutzutage muss ja jeder sehen, wo er bleibt.

 
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Hmmm... :dozey:

Diese Geschichte ist mir zu sehr im Grudschulaufsatzstil geschrieben. So ganz nach: Er war blöd, und dann tat er das, und dann tat er dies, blöd war er noch immer, dann war dieses und jenes und dann das. Ich erkenne weder einen richtigen Anfang, noch einen Spannungsbogen, noch ein richtiges Ende. Von einer strukturierten Handlung mal ganz abgesehen. Und auch wenn hier ein gesellschaftliches Thema in die Geschichte hineinspielt, finde ich in der Geschichte an sich keinen gesellschaftlichen Aspekt.
Du gibst keine Gründe, Folgen und Motive an. Der Text liest sich daher nicht nur extrem lieblos, sondern fast schon "prollig". Und welchen Sinn der Prot haben soll, bleibt mir als Leser auch unverständlich. Wenn du mit dieser Geschichte eine Kritik oder einen Zustand vermitteln wolltest, ist dir das gründlich missglückt. Und zu allem Überfluss ist die Geschichte auch noch stinklangweilig und lässt den Leser nur achselzuckend und kopfschüttelnd zurück.

schönen Gruß,
Anea.

 

Kritik ignoriert. Kritiker ist viel zu jung und hat vom Schreiben keine Ahnung.
:susp: Hmm, es soll sogar ältere Leute geben, die von zwischenmenschlichen Umgangsformen keine Ahnung haben - insofern scheint mir das Alter kein Kriterium für die Einschätzung, ob jemand vom Schreiben Ahnung hat oder nicht. Immerhin hat Dir Anea schon aufgezeigt, woran es in Deiner Geschichte hapert. Eine, wenn auch negative, Kritik so rüde abzutun, zeugt nicht unbedingt von Reife.

Gruß
George

 
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Hallo q.v.werner,

warum auf deine Antwort zu Aneas Kritik negativ reagiert wird, wirst du selber verstehen.
Natürlich steht es dir frei, Feedback auf deine Geschichten in Frage zu stellen, dies aber dann doch bitte im Rahmen konventioneller Höflichkeitsformen.

weitere Antworten in dieser Art, oder auch weitre Reaktionen dazu werde ich ohne Vorwarnung löschen. Es kann nicht angehen, dass eine ehrliche Meinung hier nur mit dem Verweis aufs Alter nicht akzeptiert wird.

Erstaunlich an deiner Antwort finde ich, dass sie der Intention deiner eigenen Geschichte widerspricht.

Es kommt nicht darauf an, was jemand ist oder darstellt, was jemand vorgibt zu sein, sondern darauf, wie wir ihn sehen, welches Bild wir von ihm haben.
Die Neonazis sehen in einem der ihren ihr größtes Feindbild, einen Juden. Entsprechend behandeln sie ihn, vermöbeln und deskriminieren sie ihn.
Dein Prot wird auch nicht schlauer, wie du schriebst, er war nicht seher helle. Selbst die Behandlung die er erfährt, führt nicht dazu, seine eigene Haltung in Frage zu stellen. Und fast könnte man da einen Vergleich zu Hitler ziehen, denn auch er hatte ja der Legende nach daran zu knabbern, einen Ariernachweis nicht unbedingt erbringen zu können. Psychologisch tötete er, was er an sich hasste (stark vereinfachte Darstellung).

Was mir ein bisschen zu typisiert daher kommt ist die ewige Leier des dummen Faschisten oder Neonazis, die deinem Text innewohnt.
Und selbst wenn ich mich mit dir darauf einigen könnte, dass "idealistische Diktaturen" immer auch menschenfeindlich agieren müssen, halte ich die Rechts-Linksextremistengleichung nach wie vor für falsch. Allerdings stehen sich leider in der Gegenwart die PDS und die NPD näher als man es für möglich halten sollte, selbst gemeinsame Veranstaltungen hat es schon gegeben (leider habe ich den Link zu der Begrüßungsrede nicht wiedergefunden).

Lieben Gruß, sim

 

Hallo q.v.werner,
Kritik auszuhalten, ist schwer, auch für mich, obwohl ich im Grunde dankbar dafür bin. Ich versuche, sie vorsichtig zu formulieren und möglichst nach dem angeblich amerikanischen Vorbild vorzugehen: Erst Lob, dann Kritik - man kennt den/die Geschichtenschreiber/in ja nicht und möchte nicht dafür verantwortlich sein, dass sie/ihn die Tastatur in die Ecke wirft und nie wieder eine Geschichte schreibt...
Ich muss sim Recht geben: Zum Kritisieren ist niemand hier zu jung, und jemandem pauschal zu unterstellen, er hätte vom Schreiben keine Ahnung - das lässt mich die Einsicht vermissen, dass die eigene Geschichte wohl nicht reif für den Oskar ist. Dass man sich die Kritik zu Herzen nehmen und an der Geschichte feilen sollte. Und wie sim mit "Intention" wohl auch meinte: Du unterstellst deinem Prot ein eingefahrenes Weltbild, die Unfähigkeit, seinen Blickwinkel zu ändern, andere Meinungen zuzulassen und daraus zu lernen - mach es selbst besser!

Also: Flüssig zu lesen ist sie ja. Langweilig fand ich es eigentlich nicht. Nur der letzte Absatz, als dein Prot dann Koch geworden ist, war mir dann doch zu polemisch.
Im Grunde ist das Thema interessant. Es ist noch viel Potenzial in deiner Geschichte, in der du den Jungen hättest näher beschreiben können, was er erlebte, fühlte, was er für Alternativangebote gehabt hätte, wenn überhaupt. Ich fand die Geschichte so etwas zu schnell runtergerissen (hat man meinen Geschichten auch vorgeworfen, keine Angst, nachher werden sie länger und besser!). Mehr Milieustudie hätte nicht geschadet - wo bleibt die Mutter des Jungen, was sagt sie zu seiner Entwicklung, was sagen die Lehrer, etc.? Welche inneren Zustände (Defizite, Unsicherheiten, mangelnde Alternativen, Zukunftschancen?) treiben den Jungen zu den Neonazis? Da gibt es doch eine ganze Reihe Studien, diese als Motivation für den Jungen mit zu verwenden, gäbe der Geschichte psychologischen Tiefgang und brächte ihn dem Leser menschlich näher.
Viele Grüße
Vizande

 

Guten Tag!

Hmm...vorweg erstmal mein Senf zu deiner Abfertigung von Anea's Kritik: Ihre Kommentare auf die Geschichten mögen zwar hart sein, aber sie liegen häufig näher an der Wahrheit als der Großteil. Solltest Du Zweifel an ihrem urteilsvermögen haben, so schlage ich Dir vor, einfach mal ihre Texte zu lesen, du wirst erstaunt sein, dass sich jemand mit so hohem Niveau um deine Storys bemüht. So, genug dampf abgelassen, ich reg' mich schon wieder auf hier....

Zur Geschichte (ich halte es andersrum als die Amerikaner):

negativ: Lieblos dargestellt, bewertend, fehlender Tiefgang, politisch fragwürdige Äußerungen, mangelnder Tiefgang, der Leser fühlt sich nicht hineinversetzt, Kernaussage wie Moral nicht ansprechend (ich suggeriere einmal "Schuster bleib bei deinen Leisten") bzw. nicht ansprechend dargestellt

Nationalsozialistenen


positiv: durchgehender Stil, netter Ansatz aus einem Juden einen Wannabe-Nazi zu machen, relativ fehlerfrei, Perspektive brauner getünchter Jugend gut dargestellt (ich meine die, die ihn gern verprügeln)

So. sollte mir noch was einfallen werde ich es editen. Meine persönliche Meinung zu diesem abgelutschten Nazikrams möchte ich nicht explizit darstellen, ich denke sie geht aus diesem Beitrag deutlich genug hervor.

Blandon

 

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