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Wie eine brutale Sau von einem Chamäleon
Er stellte sich vor wie es wäre, ihr eine reinzuhauen.
Klar, Frauen darf man nicht schlagen, außer vielleicht man ist selbst eine aber dann isses auch nicht in Ordnung.
In den meisten Fällen.
Er stellte sich vor, wie er sich einer Geschlechtsumwandlung unterzog, zur Frau wurde, für den Rest seines Lebens Medikamente einnehmen musste, womöglich von seiner Familie verstoßen wurde, und das alles nur um ihr einmal so richtig eine reinzuhauen.
Er genoss die Vorstellung.
Die Opferung seines Penis an die Gewalt.
Da saß sie vor ihm und laberte.
Er war innerlich gespalten, wie er da vor ihr saß: ein verkümmerter, im Hintergrund arbeitender Teil seines Gehirns versuchte dem zu folgen, was sie da von sich gab.
Dieser nicht enden wollende Schwall monotoner, unglaublich fader Wörterbrühe.
Ein anderer Teil sah sich im Büro um, und versuchte den Hass zu verdrängen.
Den Hass der von irgendwo ganz tief in ihm hinaufgespült wurde, und zwar nicht zu langsam.
Ihr Schreibtisch sah massig schwer aus. Mahagoni oder so was.
Irgend so ein langweiliger, kaum flauschiger Teppich bedeckte den Boden bis in jede Ecke.
Er sah prädestiniert aus, um mit spiegelblanken italienischen Schuhen darauf herumzustolzieren.
Die Tatsache, dass sie einen derartigen Teppich in ihrem Büro hatte machte ihn noch wütender.
Ein Teppich! In einem Büro!
Eine Geldklammer lag auf dem Tisch zwischen der Lampe und dem Bild, das er noch nie von vorne gesehen hatte.
Wahrscheinlich war der Teufel darauf abgebildet, oder Hitler, oder irgendein anderes Arschloch.
Ihr eine reinhauen!
Die simple aber doch aufregende Kompaktheit dieser Idee drängte sich ihm auf und wollte nicht mehr aus seinem geistigen Blickfeld verschwinden.
Alles sah plötzlich wie eine Waffe aus: Die Glühbirne in der Lampe gab sicher ein paar erstklassige Scherben ab, mit denen man ganz ordentlich Schmerzen verursachen könnte.
Hmmm…
Der Bilderrahmen auch, und sollte er irgendeine oberflächliche Beleidigung gegen jemanden ausstoßen, dessen Gesicht auf dem Foto zu sehen war, so würde das bestimmt auch ein paar seelische Schmerzen verursachen.
Haha! Mann ist ihre Tochter vielleicht hässlich! Ihre Nase ist viel zu breit!
Ja - da konnte er ihren Perfektionismus gegen sie einsetzen. Brilliant!
Aber körperliche Schmerzen würden natürlich auch mächtig viele gute Vibes verbreiten.
Er könnte eine der Büroklammern die da herumlagen, aufbiegen und ihr ins Auge schieben.
Das andere würde er heil lassen, damit sie ihr entstelltes Gesicht im Spiegel sehen konnte.
Eine falsche Bewegung von ihr würde reichen, um ihn vom gesitteten Bürotypen zum blutlüsternden Monster zu verwandeln; mit Gebrüll und Gewalt und allem drum und dran.
Aber um dabei vor seinen Kollegen und der Öffentlichkeit gut da zu stehen, fehlte ihm nur eins - er musste eine Frau sein.
Er besah sich sein Gesicht noch schnell im Rückspiegel, wie Frauen es taten.
Sah doch gut aus!
Er stolzierte mit erhobenem Kopf durch die Tiefgarage und schüttelte seine gelbe Mähne.
Die Perücke hatte er auf dem Dachboden gefunden.
Sein Gesicht sah aus, als wäre sein Ablaufdatum überschritten.
Lippenstift wie eine Art sexuell verwirrter Clown, „Rouge“ wie Druckstellen auf einem Apfel, Liedschatten die purer Frevel sein mussten gegen jeden der auch nur über einen Hauch von gutem Geschmack verfügte.
Der enge Minirock lies seine Geschlechtsteile obszöner herausstechen, als hätte er sie einfach heraushängen lassen.
Der ausgestopfte BH, die Bluse, die Stöckelschuhe. Die Strumpfhose hatte mehr Laufmaschen als ein Ameisenberg Ameisen.
Seine Absätze klackten auf dem Asphalt, auf dem Teppich im Eingangsbereich verursachten sie kein Geräusch, im Aufzug war es schwer damit zu stehen.
Im Flur klackten sie laut, wurden dann aber von den Geräuschen des Hohns und der allgemeinen Belustigung übertönt.
Er machte sich nicht die Mühe zu klopfen. Wie ein bunter Hahn stelzte er hinein.
Die Verwunderung auf ihrem Gesicht.
Was zur Hölle…
„Mein Name ist nicht mehr Herbert. Ich bin Claudia!“
Er packte sie am Kragen. Ihr fiel alles herunter. Auf den ungemein öden Teppich.
Beinahe gelang es ihr ein paar artikulierte Laute hervorzuwürgen, doch er kam ihr zuvor.
„Gemäß den allgemein bekannten gesellschaftlichen Grundregeln, bin ich bevollmächtigt dies zu tun!“
Seine Stimme war glockenheller Sopran.
Er holte mit der Faust zum finalen Schlag aus.