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Wie glitzernde Sterne am helllichten Tag

sim

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13.04.2003
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Wie glitzernde Sterne am helllichten Tag

Dort, wo die Sonne hinter den Bergen versinkt, lebt Paolin. Und mit dem Herz seiner Jugend taucht er ein in das Leben, welches ihm die Elemente geschenkt haben. Er wurde geformt aus der Erde zu seinen Füßen, geschliffen mit dem Wasser des kristallklaren Sees, an dem die Behausung seiner Eltern steht, und gebrannt mit Feuer, das ihn stärkt und ihm Halt gibt.
Jeden Abend, wenn die Sonne untergeht, betrachten seine Eltern ihren Spross voll ehrfürchtigem Stolz. Gott hatte ihnen einen kräftigen Sohn geschenkt.
Die Blätterdecke, die sich über seinen Körper streckt und das Wurzelkissen, das seinen schweren Kopf stützt, behüten seinen Schlaf. Gleichmäßig geht sein Atem, leicht hebt und senkt sich die Brust, deren goldener Pelz von edler Herkunft zeugt.
Moonys sind nicht groß, aber messen doch einen Meter. Da ist es schon ein Wunder, dass die Menschen sie in ihrer Pracht nicht sehen können. Sie gehen aufrecht und wie bei manchem dieser Rasse, tragen auch die Moonys Haare auf der Brust, an Armen und Beinen, an Händen und Füßen und auf dem Kopf. Und je goldener die Haare auf der braunen Haut glänzen, umso prachtvoller sieht der Moony aus.
Wenn Paolin mit den anderen rauft, mit ihnen balgt und tobt, freuen sie sich, selbst wenn sie immer unterliegen, denn voller Hochachtung und voller Liebe begegnet er ihnen, reicht ihnen die Hand, um ihnen wieder auf die Beine zu helfen. Paolin lächelt, als hätte er es erfunden, als sei er der Ursprung allen Lächelns und niemand, der ihm begegnet, fühlt sich durch ihn gedemütigt.
Geht er mit seinem Vater zur Jagd, Kaninchen erlegen, die seine Mutter später über dem Feuer goldrot röstet und mit einer Sauce aus Wacholderbeeren und Schlehen serviert, die unter den Moonys ihresgleichen sucht, dann wird Paolin warm und er blickt gen Himmel, zeichnet mit der Hand ein Dreieck von seinem Kopf zu seinem Herzen und zu seinen Lenden vor lauter Dankbarkeit. So ist es in seinem Volk Sitte. So haben seine Eltern es ihn gelehrt und seine Großeltern seinen Eltern.
Ein Moony weiß um seine Gaben, weiß, dass seine Kraft in diesem Dreieck steckt, Kopf, Herz und Lenden. Wenn sie miteinander im Einklang sind, dann ist ihr Träger von Gott gesegnet.
Noch weiß Paolin nur um seine Lenden, hat ihre Stärke nicht getestet, aber in der kommenden Nacht wird er sie erfahren, denn zu einem Glücksmoony, wie er es ist, gehört, dass er heute mit dem schönsten Weibchen vermählt wird, das es in dieser Gegend, nein in diesem Land, auf dieser Erde, auf allen Planeten gibt.

Als er Shireba das erste Mal sah, lag sie auf dem Felsen vor der Höhle ihrer Eltern und trocknete ihr Haar in der Sonne. Die Haare von Shireba schimmerten so unwiderstehlich, dass Paolin gar nicht anders konnte, als sich hinter den Latschenkiefern versteckt an sie heranzupirschen und sie zu betrachten. Es war, als glänzte ein Regenbogen in ihnen, das Gold glitzerte in allen Farben und je nachdem, von welcher Seite aus Paolin schaute, wechselten sie von mattem zarten Blau zu seidigem Grün, von samtenem Violett zu kupfernem Rot.
Ihr Unterkiefer nahm einen geschwungenen Bogen nach vorne, ihre Nase war eben, nur leicht mit Haaren überzogen. Die Stirn hatte, wie es sich für ein so schönes Moonyweibchen gehört, drei tiefe Rillen, die senkrecht genau auf Augen und Nase zuliefen. Keine Kurve war in diesen Rillen auszumachen. Und diese Augen. Selbst am helllichten Tag strahlten sie wie Sterne, so klar, dass die Pupillen nicht wie eine Sonnenfinsternis einen düsteren Schatten warfen, sondern den Betrachter nur davor schützten, nicht vor lauter Blendung das eigene Augenlicht zu verlieren. Paolin verliebte sich. Und betrunken vor lauter Ehrfurcht bei ihrem Anblick trat er unvorsichtig auf einen knorrigen Ast der Latschenkiefer, verscheuchte versehentlich einen laut fluchenden Wolpertinger. Shireba erschrak, zuckte kurz zusammen, legte die Hand wie einen Schirm über die Augen und sah sich um.
Paolin schlug schnell das Dreieck, Kopf, Herz und Lenden, sah zum Himmel und bedankte sich für sein Geschick. Er wusste, er war Gottes Gnade sicher. Die Holde würde ihm nicht zürnen, wenn er jetzt hervorträte, sondern ihn erhören. So wagte er beherzt einen Schritt, lächelte Shireba an, faltete seine Hände wie zum Gebet und stellte sich vor: »Ich bin Paolin. Verzeih, wenn ich dir hier aus dem Verborgenen zu nah getreten bin. Aber der Reiz deiner Schönheit möge meine Unhöflichkeit erklären.«
Shireba lachte freundlich, erhob sich, drehte sich einmal um die eigene Achse, sodass die Farben des Regenbogens in ihren Haaren zu tanzen begannen. Dann ging sie auf Paolin zu, küsste ihm nach guter Sitte auf die Nasenfurche seiner prachtvoll hohen Stirn und antwortete: »Wenn die geheimen Wünsche sich aus der Verborgenheit stehlen, wie soll ich da böse sein?«

Den ganzen Tag muss Paolin heute auf seine Shireba verzichten. Kein Blick auf das Fichtenkleid, das, ihr zu Ehren gewoben, sie heute kleiden wird, ist ihm gestattet. Während die Weibchen sich in der Höhle der Braut versammeln, sie mit gepresstem Latschenkiefersaft salben, die Haare mit Edelweiß und blauem Enzian schmücken und ihr einen Schleier aus Silberdisteln anlegen, schmücken die Männchen in der neuen Höhle des glücklichen Paars den Bräutigam. Ein Schurz aus Murmeltierfellen bedeckt seine Lenden, eine Kette aus Birkenrinde wird ihm um den Hals gehängt und aus Heidelbeeren und getrockneten Hagebutten wird eine Paste bereitet, mit der sein Gesicht für das Fest violett geschminkt wird.
Erst am Abend, wenn die Menschen auf den Bergen bemerken, dass eine Kuh fehlt, die schon den ganzen Tag, auf einen Eichenstamm gespießt, über dem Feuer gedreht wird, wenn der Schlehenwein zum Jubel des Tages aus kunstvollen Bechern aus Kiefernzapfen getrunken wird und die Moonys feiern und tanzen, werden Shireba und Paolin einander zugeführt. Dann klatscht die Menge beim Kuss und wartet darauf, dass sich der Murmeltierschurz erhebt und von der entdeckten Kraft der Lenden kündigt.
Trunken vom Wein, feuern die Moonys ihr Paar an, das kunstvoll gewebte Nadelkleid zerfällt, der Schurz wird Paolin von den Burschen abgerissen, Shireba wirft in einem hohen Bogen den Schleier nach hinten und die unvermählten Weibchen versuchen, ihn zu fangen.
Die Lippen Shirebas färben sich violett von den Küssen, mit denen sie Paolins geschminktes Gesicht vor allen bedeckt und erst, wenn sie den Geschmack der Heidelbeeren und Hagebutten verspürt, dann darf sie sich vor den Augen aller den kraftvollen Lenden ihres Gatten hingeben. Sie sind vermählt durch die Stöße, die sie miteinander verbinden.
Der Vater des Bräutigams schneidet ein erstes Stück aus der Hüfte der Kuh, reicht es seinem Sohn zur Stärkung nach vollbrachter Verbindung und eröffnet das Mahl.
Paolin nimmt, wie es Brauch ist, das Fleisch, tippt es sich an die Stirn, an das Herz und an die Lenden, blickt in den Himmel und bedankt sich, bevor er es auseinander reißt und zur Bekräftigung des Bundes mit Shireba teilt.

Die Moonys tanzen noch oben auf dem Berg, die Nacht hat ihren Zenit längst überschritten und fast lichtet sich der Morgen schon in blassrosa Streifen hinter den Gipfeln, aber Paolin und Shireba sind erschöpft vor Glück. Paolin hält seiner Angetrauten die Hand vor die Augen und bereitet ihr die letzte Überraschung des Tages. Zum ersten Mal darf sie die Höhle betreten, die von den männlichen Moonys die Sonnenstunden über ausgestattet wurde.
Aus massivem Eichenstamm haben sie einen Tisch in die Höhle gestellt, dessen Jahresringe die Lebensdauer des Brautpaars bestimmen sollen. Geflochtene Fichtenzweige hängen als Regale an den Wänden und aus Moos wurde ein weiches Nachtlager bereitet. Die Weibchen hatten aus Gras und Hanf Decken und Kissen gestrickt und sie mit jungen Zapfen von Kiefern und Lärchen gefüllt.
Die Wände sind mit Bildern aus Brennnesselsaft und Löwenzahnblüten verziert.
Voller Stolz zeigt Paolin seiner Shireba die neue Behausung und voller Begeisterung geht Shireba in der Höhle herum, streift mit den Händen über die Schätze an Möbeln und schenkt ihrem Gatten ein Lächeln so strahlend, dass selbst seines, das doch als Ursprung allen Lächelns gilt, dagegen verblasst.
Sie nehmen sich in die Arme, streicheln sich die Haare, streicheln sich die Haut und legen sich müde und erschöpft auf das Nachtlager. Sogar in der Dunkelheit der Höhle, in der Nacht leuchten die Augen von Shireba und betören Paolin. Und so, wie sein Herz beim Anblick ihrer Augen springt, so wie seine Lenden schon fast wieder beben und sein Kopf schwirrt vor lauter Liebe, so weiß er, was fehlt in der Höhle.
»Ich werde dir die schönsten Sterne holen« verspricht er Shireba, »sie an die Felsen hängen, damit sie mit deinen Augen um die Wette strahlen können. Und ich weiß, deine Augen werden siegen.«

Am nächsten Morgen erhebt er sich leise von seinem Lager. Shireba schläft noch friedlich und es wäre für ihn eine Schande, die Heiligkeit ihres Schlafes zu stören. Er kocht sich über dem noch glimmendem Feuer einen starken Kaffee aus getrockneten und gerösteten Schlehen, dann macht er sich auf den Weg durch den Wald. Äste und Zweige braucht er, egal von welchen Bäumen, nur stabil müssen sie sein und ihn tragen können. Er sammelt, was er finden kann, und immer, wenn so viel zusammen ist, dass seine Schultern es gerade noch tragen, schleppt er es auf den Gipfel des Berges. Einundzwanzig Mal führt ihn sein Weg hinauf und wieder herunter, bis er genug Material hat. Er knotet mit dünnen Zweigen die stabileren zwischen die Äste, schafft so Stufe um Stufe und als es Mittag ist, hat er schon die halbe Leiter gebaut.
Er steigt wieder hinab, fängt, von Gottes Segen immer noch begünstigt, unterwegs einen Gamsbock, den er an seinen Hörnern bis zur Höhle zerrt.
Shireba ist wach, empfängt ihn mit Küssen, aber Paolin hat keine Zeit für seine Lenden. Er nimmt seine Frau in den Arm, streichelt ihr über den Kopf und flüstert ihr ins Ohr, dass er sich auf den Gamsbraten am Abend freue. Jetzt aber habe er zu tun.
»Trink wenigstens einen Schluck Milch«, fordert Shireba ihn auf. Paolin gehorcht seiner Frau. Sie weiß, was gut für ihn ist, also legt er sich unter eine der Kühe auf der Weide, streckt seine Arme nach oben, hält eine der Zitzen in Richtung seines Mundes und melkt sich ein paar köstliche Tropfen.
Dann steigt er wieder auf den Gipfel, baut seine Leiter, zurrt und zerrt an den Riemen, lehnt sie schon einmal an den Himmel und erklimmt ein paar der Sprossen um ihre Stabilität zu überprüfen, bevor er zufrieden zurück zu Shireba kehrt.
Der Gamsbock riecht köstlich nach einer Beize aus wilder Kamille und Butterblumen. Schon in der Ferne lässt der Duft Paolin das Wasser in im Mund zusammenlaufen. Der junge Moony sieht seine Mutter und seinen Vater vor der Höhle, sieht Shireba in ihrer vollendeten Schönheit und weiß, dass er sein Tagwerk richtig vollbracht hat.
Die Mutter hilft seiner Frau, stampft ein Mus aus Äpfeln, während Shireba in einem Topf eine Sauce aus Spitzwegerich bereitet. Es ist keine Arbeit für Männer, aber Paolin ist sich nicht zu stolz, schon einmal den großen runden Eichentisch mit Schalen aus ausgehöhlten Birkenstämmen zu decken. Je zeitiger sie essen, umso schneller kann er wieder auf den Gipfel und sein Versprechen einlösen.
So, wie er duftet, so schmeckt der Braten auch, das Apfelmus ist mit Kleeblättern zart verfeinert, die Sauce kitzelt mit einer kleinen Prise geriebener Latschenkiefer den Gaumen und das Fleisch ist so zart, dass man es kaum kauen muss.
Aber Paolin isst nicht viel. Er muss an den Aufstieg denken, möchte nicht riskieren, sich unnötig zu beschweren, denn er hat am Abend noch einen weiten Weg vor sich.
Höflich verabschiedet er sich von seinen Eltern, gibt Shireba einen Kuss und verspricht ihr im Morgengrauen wieder da zu sein und seine eheliche Pflicht zur Erhaltung des Einklangs in seinem Dreieck zu erfüllen.
Mit dem ersten Sternenstrahl macht er sich auf den Weg, steigt auf den Berg, streichelt noch einmal die Pfosten seiner Leiter und dann erklimmt er Sprosse um Sprosse.
Immer höher kommt er hinauf, spürt eine zugige Kälte und als er an der obersten Stufe angekommen ist, lächelt er. Der Himmel hat ihm Wolken geschenkt, die er fangen und zu Stricken zusammenbinden kann. Eine Wolke nach der anderen bindet er ein, knotet sie zu einem seidigen Tuch und hangelt sich daran empor.
Endlich erreicht er den Vater aller Moonys. Das gelbe runde Gesicht Gottes lächelt, als es sein Schäfchen vor sich gewahrt. Und er drückt ein Auge zu, als Paolin sich an seinem Wolkenstrang streckt, hoch hinaus greift und sich den leuchtendsten Stern pflückt, den er finden kann.
Paolin klemmt sich den Stern unter den Arm, so kann er ihn am besten halten, wenn er wieder hinabsteigt, Gottes Lächeln erwidert und den Wolken nach vollbrachtem Dienst wieder ihre Freiheit lässt. Er steigt hinab auf seinen Sprossen, findet wieder festen Boden unter seinen Füßen, jedenfalls so fest, wie die Erde einem Liebestaumelnden erscheint, und als er den Berg betritt, hört er die ersten Vögel singen und die Sonne sendet ihre ersten zaghaften Strahlen über den Gipfel.
In der Höhle angekommen, findet er Shireba schlafend. Er haucht auf den Stern, putzt ihn mit seinem Arm blank, sieht ihn an und dann in die geschlossenen Augen seiner Frau. Doch selbst durch den Schleier der Wimpern leuchten die so hell, dass der Stern keine Chance hat. Sorgfältig stellt er ihn auf das Kieferregal, lehnt ihn dabei an die Wand, und legt sich zu seiner Frau.
Shireba erwacht, gibt Paolin einen Kuss und schmiegt sich willig in seine Arme.

Tagsüber ist das Leben der Moonys beschaulich. Von dem, was sie jagen, können sie sich tagelang ernähren und aus dem, was sie sammeln, bauen sie in trauter Runde gemeinsam, was sie zum Leben brauchen.
So können Paolin und Shireba morgens lange schlafen, sich aneinander kuscheln und ihre Dreiecke im Einklang halten. Und immer, wenn sie sich lieben, wenn sie die Lenden ineinander reiben, staunt Paolin über das Wunder, das ihm mit Shireba widerfahren ist.
Um so größer ist sein Glück, als er seinen und Shirebas Eltern verkünden kann, dass der Mond ihnen ein neues Kind geschenkt hat, das in Shireba wächst und gedeiht.
Sie bringt ein Mädchen zur Welt, so hold, wie sie selbst, so strahlend, wie man es sich aus dieser Beziehung nur vorstellen kann, und das Haar leuchtet so golden, als wollte es mit seinem Licht die Sonne beschämen. Deswegen taufen sie ihre Tochter bei Vollmond auf den Namen Sola.
Jeden Abend steigt Paolin hinauf zu den Sternen, dreihundertfünfundsechzig Tage im Jahr. Er umfasst den Raureif an den Sprossen im Herbst und knüpft aus sturmgrauen Wolken ein schwankendes Band. Er rutscht auf schneebedeckten Stufen im Winter die Leiter wieder herab und hat Mühe den Stern nicht zu Boden in die unendliche Tiefe fallen zu lassen. Er findet Halt an den frischen Trieben, die im Frühling aus den Zweigen brechen und im Sommer an den kräftigen Blättern, die seine Leiter weiter in den Himmel ranken lassen, als er keine Wolken mehr hat.
Der Mond lächelt, immer wenn Paolin an ihm vorbeiklettert. Nur einmal vergisst er, ein Auge zuzudrücken, als sein Kind, Stolz seines Stammes, einen weiteren Stern pflückt. An diesem Tag spricht er ihn an: »Du bist sehr verliebt, nicht wahr?«
Paolin erschrickt nur kurz, angesichts der unerwarteten Stimme voll sanfter Heiserkeit, die klingt, wie die eines alten Menschen, gütig und weise. Dann strahlt er, wie sein Gott selbst; es ist, als leuchteten zwei Scheiben am Himmel.
»Ja, das bin ich, Herr. Verliebt und dankbar, dass du mir so viel Gnade und Glück gewährst.«
Der Mond schweigt wieder, schüttelt wissend den Kopf, als wollte er noch etwas sagen, aber er schweigt.
Paolin leuchtet auf dem Weg nach unten, jubelt voller Überschwang. Wer hat schon jemals mit Gott von Angesicht zu Angesicht gesprochen?
Fast fliegt Paolin vom Berg. Er kann es gar nicht abwarten, seiner Shireba von dem Gespräch mit dem Mond zu erzählen, von der Gunst, die ihm erwiesen wurde und von dem tiefen Glück, das diese ihm bedeutet.
Er stürmt in die Höhle, vergisst, den Stern blank zu polieren, bevor er ihn auf das Regal stellt, wie er es immer tut, sondern legt ihn nur auf dem großen Eichentisch ab, schließt seine Frau in die Arme und jubelt, ohne an sein Töchterchen zu denken: »Gott hat sich mir offenbart. Er hat mit mir gesprochen.«
Es ist das erste Mal, dass Shireba sich aus seinen Armen windet, ihn scheinbar spöttisch anschaut und ihn fragt: »Und was hat er zu dir gesagt?«
Doch das bemerkt Paolin in seinem Überschwang gar nicht. Haargenau und viel zu laut für den Schlaf seiner Tochter berichtet er über den kurzen Dialog, über die Güte der Stimme, ihren Wohlklang, über das leichte Kopfschütteln und das milde Lächeln dabei.
Shireba nimmt ihren Paolin an die Hand, lächelt so gütig wie Gott und schüttelt genau so bedacht ihren Kopf.
»Was ist vor lauter Glück im Einklang deines Dreiecks durcheinander geraten?«, fragt sie und führt ihn aus der Höhle. Paolin versteht sie nicht. Sein Lächeln bekommt eine neue Farbe, nicht golden, als ob es Schöpfer allen Lächelns sei, sondern leicht rötlich irritiert und grünlich unsicher, sodass ein dümmlich braunes Lächeln daraus wird.
»Fällt dir etwas auf, wenn du in den Himmel schaust?«, fragt Shireba. Doch Paolin schüttelt den Kopf.
»Du musst wirklich eine große Gunst bei unserem Mond besitzen, dass er dich nicht schon längst von deiner Himmelsleiter gestoßen hat«, erklärt sie ihm und nimmt ihn dabei in den Arm. »Du musst wirklich Gottes große Gnade besitzen, dass er dir deine Torheit des Glücks so milde durchgehen lässt und dich nur kopfschüttelnd ermahnt, ohne dich zu verbannen.« Shireba nimmt Paolins Kopf in beide Hände und legt ihn in den Nacken. »Siehst du, wie der Himmel seinen Glanz verloren hat, die Äste der Bäume traurig nach unten hängen und sich die Blüten der Pflanzen in den Boden verziehen?«
Keinen Ton gibt Paolin von sich, keinen Muskel regt er, während seine Frau ihm mit sanftem Tadel ihre Fragen stellt. Er weiß nicht, was er antworten soll.
»Reicht dir denn der Glanz unseres Glückes nicht? Musst du mir täglich neuen Glanz vom Himmel holen und ihn in unserer Höhle einsperren, wie die Menschen ihre Vögel in Käfigen?«
Und als würde durch die Hände Shirebas wieder Blut in seinen Schädel fließen, als schaufelten ihm ihre Worte die Verbindung zu seinem Kopf frei, dem dritten Element der Einheit, beginnt sich etwas in Paolin zu regen. Er nimmt ihre Hände, hat genug von dem dunklen Himmel gesehen, senkt den Kopf, schaut seiner Liebe in die Augen und sieht das Leuchten, das jeden Stern überstrahlt, den er in seiner Höhle hält.
»Ob sie nach oben fliegen, wenn ich sie freigebe? Ob sie wieder an ihren Platz zurückkehren? Ich habe mir nicht gemerkt, wo ich sie gepflückt habe.« Dann neigt der den Blick schuldbewusst zu Boden.
In der Höhle beginnt Sola, zu weinen.
»Probiere es aus«, rät Shireba ihrem Gatten, löst sich von ihm und verschwindet zu ihrer Tochter.
Paolin folgt ihr, tritt in die Höhle und gibt Sola einen Kuss, bevor er die Sterne aus den Kieferregalen holt. Fein säuberlich legt er sie nebeneinander auf den Waldboden.
»Ich gebe euch frei«, sagt er, doch die Sterne bleiben glitzernd auf dem mit Nadeln gespicktem Moos liegen.
Drinnen gibt Shireba Sola die Brust, versucht sie zu nähren, doch das kleine Moonymädchen unternimmt keinen Versuch, an ihr zu saugen. Es weint immer lauter, so zärtlich Shireba es auch mit ihrer Stimme zu beruhigen versucht.
Draußen Paolin, das erste Mal in seinem Leben verzweifelt, über seine Dummheit und über die Dummheit der Sterne, die nicht zurückfliegen wollen in die Freiheit, drinnen Shireba, ebenfalls verzweifelt, denn nie hatte sie bis zu diesem Tag Probleme, ihr Kind zu stillen.
Ist es ein Fingerzeig Gottes, dass die kleine Sola nach draußen zeigt, dass ihr Blick den Sternen folgt, die der Vater fortgetragen hat? Und ist es der Verstand des Mondes, der Shireba diesem Wink folgen lässt?
Sie tritt wieder vor die Höhle. Paolin kniet am Boden, redet mit den Sternen, entschuldigt sich bei ihnen flehentlich für seinen Fehler, den sie ihm doch bitte verzeihen mögen.
Und Sola weint, bis Shireba sie zu ihrem Vater gibt. In dessen starken Armen, trainiert in vielen Nächten, als sie ihn in den Himmel tragen mussten, kommt das kleine Moonykind zur Ruhe. Sie tippt ihm mit ihren kleinen Fingern auf die Schulter. Und wieder lässt sich fragen, ob es ein Fingerzeig des Mondes ist, den sie auf die Sterne am Boden richtet? Ist der Einklang in Paolin wieder hergestellt, dass er begreift, seiner Tochter einen der Sterne in die Hand zu geben? Sie ist noch so klein, dass ihre Arme den Stern kaum halten können, so zart, dass sie kaum zu einer Bewegung ausholen kann, die man Werfen nennen könnte. Aber mit einem kurzen Ruck gleitet der Stern aus ihren Fingern wie ein Diskus, blinkt noch einmal auf und tritt seinen Weg zum Himmel an.
Einen Stern nach dem anderen reicht Paolin Sola. Und auch Shireba und er lassen die Sterne mit Schwung in den Himmel schweben. Es ist ein Spiel voller Lachen, unklar, wer dabei fröhlicher ist, die Sterne oder die drei Moonys. Es erschallt das Lachen zwischen den Vogelstimmen des erwachenden Morgens und es sieht aus, als verglühten die Sterne auf dem Weg in den Himmel unter den Strahlen der aufgehenden Sonne.
Als der Ball schon fast in voller Rundung über den Gipfeln zu sehen ist, tritt der letzte Stern seinen Weg in den Himmel an. Und er nimmt Sola mit. Paolin und Shireba versuchen, sie zu halten, zerren an ihr, doch sie schreit so zerreißend in den Himmel, dass sie die Tochter schweren Herzens loslassen. Im Aufstieg in den Himmel findet sie ihr Lachen wieder, bevor sie verstummt. Es ist, als hätte sie die Sterne nur auf ihren Weg in die Freiheit gebracht, um mit ihnen zu fliegen. Sie breitet ihre kleinen Arme und Beine aus, glitzert im Licht des Mondes und wird selbst zum Stern. Sola dreht sich im Kreis. Das ist ihr Winken zum Abschied.
Paolin und Shireba lernen das Weinen kennen, das beschwerte Herz, das in Tränen überfließt. Und in dieser düsteren Stimmung, in dieser nie erlebten Traurigkeit gehen sie in die Höhle zurück, als die anderen Moonys ihr Nachtlager bereits verlassen.
Wo die Liebe war, sind jetzt Vorwürfe und nachdem Paolins Kopf wieder zu seinem Beitrag im Dreieck gefunden hatte, sind bei Shireba und ihm Herz und Lenden aus dem Takt geraten. Der goldene Schimmer der Haare ist matt geworden, der Glanz in den Augen fehlt und nicht einmal mit den Sternen der Nacht kann Shireba es noch aufnehmen.
Tagsüber, wenn Paolin nicht bei der Jagd ist, sitzen sie nebeneinander, weben an einer neuen Blätterdecke. Oder sie gehen in den Wald, sammeln Flechten aus Moos und richten Shireba ein eigenes Lager in der Höhle daraus.
»Was ist mit euch los?«, fragt Paolins Vater, als er auf dem Weg zur Jagd an der Höhle vorbeikommt. »Ich sehe Trübsal in euren Augen und euer Haar verrät mir, dass es keine Liebe mehr zwischen euch gibt.«
Paolin schweigt schuldbewusst. Aber Shireba fällt dem alten Moony um den Hals und weint bitterlich. »Ich weiß doch, er hat es nur gut gemeint. Zur glücklichsten Moonyfrau unter den Sternen wollte er mich machen. Und dann hat mir seine Liebe das Wichtigste genommen, das wir hatten. Es waren keine Sterne mehr am Himmel, die mein Glück preisen konnten. Es ist keine Frucht mehr da, die von unserem Segen zeugt. Wie kann etwas gut sein, das so sehr schmerzt?«
Der alte Moony streichelt seiner Schwiegertochter durch das verblasste Haar, setzt sie vorsichtig auf einen Baumstamm und sammelt einen Zweig auf, der am Boden liegt. Er nagt ihn mit seinen Zähnen ab, damit die Spitze scharf wird, dann nimmt er seinen Sohn an die rechte, Shireba an die linke Hand und geht mit ihnen in die Höhle.
»Das Wichtigste hast du nicht verloren«, sagt er, während er das frisch errichtete Nachtlager aus Moos mit dem angespitzten Zweig zerteilt. »Eure Liebe ist das Wichtigste. Sola ist dort oben bei den Sternen und leuchtet jede Nacht für euch. Im Schutz des Mondes sieht sie euch zu und wünscht sich, dass ihr so glücklich seid, wie sie es dort oben ist.«
Paolin steht noch immer stumm, betrachtet seinen Vater beim Teilen des frischen Lagers und sieht zu seiner Frau. Sie ist noch immer schön, auch wenn ihr der Glanz fehlt, wenn sie die Höhle nicht erstrahlt, aber eine kleine Flamme von ihr leuchtet in sein Herz. Er hat seine Liebe zu ihr nicht verloren. Sie war es, die sich abgewendet hat.
Shireba steht auf der anderen Seite des Nachtlagers, wagt es zaghaft, ihren Paolin anzuschauen, betrachtet seine Brust und fragt sich, ob es nur ihre Haare sind, die unter den aufgetauchten Sternen verblassten?
»Die Teile«, erklärt der Vater, »stehen für jeden kleinen Moony, der euch noch geschenkt werden wird. Bewahrt die Moosmatten gut auf, damit sie schön trocken sind, wenn ihr sie braucht.« Dann nimmt er wieder die Hände seiner Kinder, stellt Shireba und Paolin gegenüber und führt deren Arme an das Herz des anderen. »Im Namen des Mondes«, murmelt er, bevor er die Hände an die Köpfe weiterleitet. »Im Namen der Erde und des Wassers«, fährt er fort und vollendet das Dreieck. »Stellt das Gleichgewicht wieder her.«

Einmal noch nutzt Paolin die Leiter, steigt an ihr empor bis zum Mond, blickt seinem Schöpfer ins Gesicht, Tränen in den Augen, Tränen voller Scham, aber auch voller Verzweiflung.
Schimpfen wollte er über den hohen Preis, mit dem er seine Dummheit bezahlt hat, aber als er ihm gegenübersteht, als er das gütige Lächeln des Mondes erblickt, da versagt ihm die Stimme.
Auch der Mond schweigt.
Verzagt klettert Paolin wieder herab, baut die Leiter auseinander, damit niemand sich mehr mit ihrer Hilfe an den Himmel lehnen kann.
Zurück in der Höhle, sich zu Shireba ins Nachtlager begebend, sieht er zum ersten Mal wieder das Glitzern in ihren Augen, als strahlte ein Stern selbst am helllichten Tag. Und es scheint ihm, ihr Haar glänzt wieder goldener. Doch die Freude erfasst sein Herz erst wieder, als er seine Arme um sie schlingt. Da hat er Gewissheit, er hat die Gunst Gottes zurückerlangt. Denn unter ihrer Brust spürt er ein Wesen, klein und zart.

 
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Ich finde es sehr schön, sehr flüssig geschrieben.
Stellenweise hab ichs nur überflogen, weil mir lange Texte hier nicht liegen, aber das ändert nichts an meiner Meinung.

 

Hallo sim,
ich finde die Geschichte auch schön, flüssig geschrieben. Teilweise sind mir die Sätze etwas zu lang und verschachtelt, den Abgang des Kindes und das Ende finde ich im Vergleich zum restlichen Text sehr hastig, aber ich hab es gern gelesen.

gruß
vita
:bounce:

 

Hi Tserk, hi vita.

Vielen Dank,
mal sehen, ob ich das Ende ab dem Aufstieg des Kindes noch etwas ausführlicher gestalten kann. ;)

Schön, dass es euch gefallen hat.
Lieben Gruß, sim

 

Hallo sim!

Ein schönes Märchen, das in sich sehr stimmig wirkt. Einige Kleinigkeiten habe ich aufgeschrieben:

Erst am Abend, wenn die Menschen auf den Bergen bemerken
und eröffnet das Mahl.
Die Moonys tanzen noch oben auf dem Berg, die Nacht hat ihren Zenit längst überschritten und fast lichtet sich der Morgen schon in blassrosa Streifen hinter den Gipfeln, aber Paolin und Shireba sind erschöpft vor Glück.
Gamsbock, den er an seinen Hörnern bis zur Höhle zerrt.
Sauce kitzelt mit einer kleinen Prise geriebener Latschenkiefer den Daumen
- oder meinst du den Gaumen?
Mit dem ersten Sternenstrahl macht er sich auf den Weg,
Ich denke schon, dass es Sternennstrahl heißen sollte, da ja ein Stern als erster erstrahlt.
Von dem, was sie jagen können sie sich tagelang ernähren ...
ich würde Kommas setzen, weil sich der Satzaufbau dann schneller erschließt.
damit niemand sich mehr an den Himmel lehnen kann
sich oder sie?

Lieben Gruß

Jo

 

Hallo Jobär,

auch dir vielen Dank. Schön, dass das Märchen auf dich stimmig wirkt. Ich übe mich ja selten in diesem Metier. Aber hatte einfach Lust, diese Geschichte zu schreiben, als sie mir im Kopf rumorte.

Vielen Dank für die Liste, habe die Fehler gleich korrigiert.

Lieben Gruß, sim

 

Hi Sim,

vor allem der zweite Teil deiner Geschichte, ist wunderschön :)

Deine KG ist genausogut auf Menschen zu übertragen.
Man möchte dem geliebten Menschen die Sterne vom Himmel holen, jeden Wunsch erfüllen. Glaubt, mit solchen glanzvollen Geschenken, den Partner glücklich zu machen. Sicher ist es eine Weile so.
Doch irgendwann, wird der Glanz zur Gewohnheit, und kann die Erkenntnis nicht mehr überstrahlen, dass ganz andere Dinge im Leben wichtig sind.
Der Himmel wird immer dunkler. Alles hat seine Schattenseite.
ER hat gearbeitet, seine ganze Kraft und Zeit, damit verbracht, dass vermeintlich Beste für seine Frau anzuschaffen.
Glücklich ist der, der rechtzeitig erkennt.
Doch oft genug, muß etwas einschneidendes geschehen, um zur Besinnung zu kommen.
Dein kleiner Waldfreund, verliert einen grösseren Schatz, als es alle Sterne am Firmament, hätten sein können.

Sehr schön finde ich, dass du trotzdem die Hoffnung und das zurückkehren des Glückes, in deine Geschichte gebracht hast.

Es mangelt mal wieder nicht an Tiefe, wie bei all deinen Geschichten. :)

ganz lieben Gruß, coleratio

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo coleratio,

schön, dass du auch in dieser Geschichte die Tiefe findest.
Wie immer freue ich mich über deine Interpretation. :)

Lieben Gruß, sim

 

Hi sim,

bin zutiefst gerührt von deiner Geschichte. Bis circa zur Mitte der Geschichte war ich noch ziemlich überzeugt davon, dass sie für mich eher Mittelmaß bleiben würde. Schön zu lesen, aber teils zu detailverliebt und generell eben eher erzählend als tiefgründig.

Das hat sich dann geändert. Sehr sogar. Ich habe mich mit Paolin gefreut und mit ihm getrauert. Du hast die Stimmung sehr schön eingefangen. *Auf Schulter klopf* Prima! Auch wenn ich das Ende sehr traurig finde. Zwar wächst ein neues Kind heran, aber kann es wirklich so einfach sein, den Verlust eines Kindes auszugleichen? Der Mond lächelt zwar gütig, doch den Frevel des Raubes seiner Kinder (die Sterne), durch den Raub des Kindes auszugleichen, erscheint mir nicht sehr gütig. Hier ist auch mein Hauptkritikpunkt, denn meines Wissens nach, sind Märchen (zumindest wenn man vom klassischen Stil her ausgeht) Geschichten, die in ihrer Tiefgründigkeit eine Moral entwickeln. Diese Moral wird allerdings zu 99% durch ein Happy-End verdeutlicht, um dem Hörer/Leser zu erzählen, wie man sich verhalten muss, um dieses Glück zu erreichen. Keine Strafen, sondern Güte.
Die Tiefgründigkeit hast du eindeutig drin, aber die Frage ist natürlich, ob du überhaupt die Absicht eines klassischen Stiles gehabt hast. Wenn ja, wäre es vielleicht "richtiger" den Mond das Kind zu sich zu nehmen, bis Paolin die Sterne wieder hergibt, um dann seine Güte zu zeigen.
Allerdings würde das natürlich den aktuellen Schwerpunkt verlagern, der ja darauf liegt, dass sich der kleine Moony wieder auf das Leuchten der Augen seiner Frau besinnt.
Natürlich ist das nur meine persönliche Auffassung.


Hier nebenbei noch ein wenig Textkram, den ich nebenbei aufgeschnappt habe:

... behüten seinen Schlaf. Gleichmäßig verbindet sich sein Atem mit dem Schlaf, leicht hebt und senkt sich die Brust...
-> Also, die Wortwiederholung von Schlaf gefällt mir nicht, vor allem da ich sie für überflüssig halte. Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, wie sich Schlaf und Atem verbinden. Ich würde vorschlagen "verbindet sich sein Atem mit dem Schlaf, leicht" komplett zu streichen, so dass nur noch "Gleichmäßig hebt und senkt sich die Brust,..." stehen bleibt. Klint mMn runder.

Moonys sind nicht groß, aber auch nicht so klein, dass es nicht ein Wunder ist, dass die Menschen sie in ihrer Pracht nicht sehen können.
-> Wenn du nach dem "klein" einen Punkt machst, könntest du mit "Es ist ein Wunder, dass..." weitermachen und "dass-dass" vermeiden.

...dass die Menschen sie in ihrer Pracht nicht sehen können. Einen stattlichen Meter misst Paolin von seinem Scheitel bis zu den Sohlen. Sie gehen aufrecht,...
-> sie-Paolin-sie. Das hat mich beim Lesen rausgebracht. Würde vorschlagen den Paolinsatz komplett zu streichen. Nur wenig vorher hattest du schon erwähnt, dass sie weder groß noch winzig sind.

Wenn sie mit einander im Einklang sind
-> miteinander

Und betrunken vor lauter Ehrfurcht bei ihrem Anblick trat er unvorsichtig auf einen knorrigen Ast der Latschenkiefer, verscheuchte versehentlich einen laut fluchenden Wolpertinger, sodass Shireba erschrak, kurz hochzuckte, sich die Hand wie einen Schirm über die Augen legte und sich umsah.
-> Ich weiß, dass du gerne lange und verschachtelte Sätze benutzt, aber hier finde ich ihn unangebracht. Du könntest das Erschrecken durch kurze Sätze prägnanter hervorheben. Beispiel: Betrunken vor lauter Ehrfurcht bei ihrem Anblick trat er unvorsichtig auf einen knorrigen Ast der Latschenkiefer und verscheuchte versehentlich einen laut fluchenden Wolpertinger. Shireba erschrak. Sie sah sich um, die Augen mit einer Hand abschirmend.

...und aus Heidelbeeren und Hagebutten wird eine Paste bereitet, mir der sein Kopf für das Fest violett geschminkt wird.
-> ...mit der...

...dass sich der Murmeltierschurz erhebt und von der entdeckten Kraft der Lenden kündigt.
-> :D Den Satz finde ich klasse.

Der Mond lächelt, immer wenn Paolin an ihm vorbei klettert, aber nie sagt er etwas.
Nur einmal vergisst er, ein Auge zuzudrücken, als sein Kind, Stolz seines Stammes, einen weiteren Stern pflückt. An diesem Tag spricht er ihn an...
-> Hat mich gestört, weil ja vorher gesagt wird, dass der Mond/Gott ihn nie anspricht. Würde vorschlagen den "Nie"-Zusatz zu streichen, also: "Der Mond lächelt, immer wenn Paolin an ihm vorbei klettert. Nur einmal vergisst er..."

Mit wem hat Gott jemals von Angesicht zu Angesicht gesprochen?
-> Hui, das ist ja schon fast Gotteslästerung. :) Fände hier "Wer hat schon jemals von Angesicht zu Angesicht mit Gott gesprochen?". Ich kann nicht genau erklären warum, aber dieses "mit wem" vermittelt mir irgendwie einen unstimmigen Eindruck.

Fazit: Eine wundervolle Geschichte, die zum Teil etwas zu detailverliebt ist (du beschreibst manchmal viel zu ausführlich, was sie alles machen, also die Hagebutten, Löwenzahn, Heidelbeeren, etc, etc).
Habe sie sehr gerne gelesen.

Gruß, Zens

 

Hi sim,

ich habe gestern meinen Augen nicht getraut, als ich deine Geschichte in dieser Rubrik erblickt habe. Sim schreibt Fantasy! Das ich das noch erleben darf! :D

Die Geschichte hat mir ganz gut gefallen, auch wenn sie für meinen Geschmack viel zu brav war. Normalerweise mag ich lieber böse Geschichten, in denen eimerweise Blut fließt und gestörte Antagonisten herumlaufen - aber zwischendurch mal eine brave Story tut auch ganz gut.
Beim Lesen ist es mir ähnlich wie Zens ergangen: Anfangs war ich nur wenig begeistert von der Geschichte, gegen Ende fand ich sie aber immer besser.

Ihr Unterkiefer nahm einen geschwungenen Bogen nach vorne, die Wangenknochen standen in einem gleichschenkligen Dreieck zur ebenen, nur leicht mit Haaren überzogenen Nase.
Den Vergleich mit einer geometrischen Form find ich nicht sonderlich gelungen. Muss das sein? Außerdem beschreibst du ihr Gesicht mMn so ausführlich, dass man sich im Endeffekt rein gar nichts vorstellen kann.


Schon der Titel verrät, dass Unmengen überflüssiger Adjektive vorkommen. Dieser Satz steht stellvertretend dafür:

Sie strahlten wie Sterne am helllichten Tag, so hell, so gelb, dass die Pupillen nicht wie eine Sonnenfinsternis einen düsteren Schatten warfen, sondern den Betrachter nur davor schützten, nicht vor lauter Blendung das eigene Augenlicht zu verlieren.
Die markierten Wörter hättest du getrost weglassen können. Du könntest deinen Text ja generell mal nach überflüssigen Adjektiven absuchen. Glaub mir, denen weint keiner eine Träne nach.


Du hast generell viele Monstersätze drin, das haben die anderen ja auch schon angemerkt - dir scheinen sie ja zu gefallen, ich kann mich nicht mit ihnen anfreunden.

Erst am Abend, wenn die Menschen auf den Bergen bemerken, dass eine Kuh fehlt, die schon den ganzen Tag, auf einen Eichenstamm gespießt, über dem Feuer gedreht wird, wenn der Schlehenwein zum Jubel des Tages aus kunstvollen Bechern aus Kiefernzapfen getrunken wird, wenn die Moonys feiern und tanzen, dann werden Shireba und Paolin einander zugeführt, dann klatscht die Menge beim Kuss und wartet darauf, dass sich der Murmeltierschurz erhebt und von der entdeckten Kraft der Lenden kündigt.
Kannst du den Satz nicht einfach in mehrere aufteilen? Du hast ja viele solcher langen Sätze drin, aber dieser ist am schlimmsten.

Tja, du hast dich endlich einmal an dieses Genre herangewagt, und ich muss sagen, dass dir dein Auftakt hier sehr gut gelungen ist. Schreib ruhig wieder einmal Fantasy!

Gruß
131aine

 

Hallo Zensur,

ich habe lange überlegt, ob ich die Geschichte des Sternenholers in dieser fremden verborgenen Welt erzähle. Denn das birgt immer den Nachteil, dass die Welt erst vorgestellt werden muss. In sofern beginnt die Geschichte ganz bestimmt eher schleppend. Andereseits schien es mir notwendig sie so zu erzählen, auch mit den ganzen Details. Darum habe ich den etwas zähen Beginn tatsächlich wissentlich in Kauf genommen. Mir schienen die Details wichtig, um die Welt der Moonys zu bemerken, um sie als Leser erfühlen zu können, auch wenn Löwenzahnsauchen vielleicht wirklich nur Randdetails sind. Andererseits habe ich zu Übungszwecken tatsächlich versucht, den Blick für diese Details zu schärfen.
Deine Anmerkungen habe ich umgesetzt.
Es freut mich, dass du über das Mittelmaß hinausgelesen hast und die Geschichte dich dann doch noch überzeugen konnte. :)

Hallo Blaine,

es ist ja ehe rein Märchen als eine Fantasygeschichte. Vielleicht ist es auch deswegen so wenig blutrünstig und brav.
Natürlich hast du generell recht mit den Adjektiven. Ich mag sie zwar, nutze sie auch gern, aber selten so exzessiv wie hier. Zu einem Märchen gehört es für mich einfach dazu, sie nicht auf Redundaz oder Zielstrebigkeit hin zu überprüfen. In dieser Geschicht eerschienen sie mir grundsätzlich für die Atmosphäre wichtig (siehe auch meine Bemerkung zu den Details). Bei der von dir aufgeführten Stelle war das Problem weniger die Häufung, sonder der Gleichklang helllich, hell und gelb. Der war des Guten wirklich zu viel. Das habe ich auch geändert. Auch dem langen Satz habe ich einen Punkt gegönnt.
Es war übrigens mein zweiter Versuch in dieser Rubrik, der erste befindet sich allerdings in der Wörterbörse.

Schön, dass auch du die Geschichte gegen Ende besser fandest.

Ich habe mir Vitas Einwand des etwas hastigen Endes im Vergleich zum restlichen Text zu Herzen genommen und die Geschichte dort noch einmal etwas verlängert.
Dadurch erst stimmt Zensurs Kritik an der Güte des Mondes erst. Denn zuvor war meine Vorstellung, dass die kleine Sola nach dem Besuch auf der Leiter wieder da wäre. Das ist aber jetzt nicht mehr plausibel. Das Bild erscheint mir so stimmiger, auch wenn ich den Mond als Gott nehme. Denn auch eine Sintflut oder eine Heuschreckenplage sind auf den ersten Blick bestimmt nicht mit Güte zu vereinbaren.

Ich bin mal gespannt.

Vielen Dank euch beiden einstweilen fürs Lesen und für euer eifriges Feedback. :)

Lieben Gruß, sim

 

Hi sim,

di Überarbeitung gefällt mir sehr gut. Es freut mich, dass du auf meine Kritikpunkte eingegangen bist und sie dir durch den Kopf hast gehen lassen, anstatt sie eins zu eins zu übernehmen. Die Stellen haben sich (mMn) verbessert.

Auch das Ende halte ich jetzt für wesentlich runder. Mir gefällt die Vorstellung, dass Sola jetzt zu einem Stern wird.
Kleines Manko noch:
"Mola dreht sich im Kreis. Das ist ihr Winken zum Abschied."
-> Man soll doch nicht mitten in der Geschichte neue Prots einführen! :D


Gruß, Zens

 

Hi danke zensur, für die Rückmeldung.

Ich hatte erst überlegt, alles so umzuschreiben, dass daraus erst der Tag ensteht, weil Sola zur Sonne würde, aber letzlich ist die Sonne ja auch nur ein (Fix)Stern.

Schön, dass du es jetzt noch stimmiger fandest.

Lieben Gruß, sim

 

Hi sim,

welch ungewöhnlicher Gast in dieser Rubrik :)

Deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Die Art, wie du deine Moonys erschaffst, erinnert mich an die Fabeln von Kipling (was ein echtes Lob von mir ist, ich hab die geliebt...). Dafür spricht auch die Tiefgründigkeit der Erzählung. Liebe, Liebeblindeheit, Alltag, Verlust.... Alles sehr schön verpackt. :)

Der Anfang liest sich zwar tatsächlich etwas lang, ist aber meiner Meinung nach für die Darstellung der Moonygesellschaft durchaus angemessen.

Tja, wenig Konstruktives. Hab ich gerne gelesen.

Liebe Grüße,

Ronja

:cat:

 

Hi Ronja,

wenn auch wenig konstruktives, so doch sehr viel erfreuliches.:)
Schön, dass es dir gefallen hat.

Lieben Gruß und vielen Dank, sim

 

erst, wenn sie den Geschmack der Heidelbeeren und Hagebutten verspürt, dann darf sie sich vor den Augen aller den kraftvollen Lenden ihres Gatten hingeben. Sie sind vermählt durch die Stöße, die sie miteinander verbinden.
Auch eine Art zu heiraten.

Hi sim!

Ich hatte erst überlegt, alles so umzuschreiben, dass daraus erst der Tag ensteht, weil Sola zur Sonne würde, aber letzlich ist die Sonne ja auch nur ein (Fix)Stern.

Ja, aber schreibst du nicht, dass Sola auch zu einem Stern wird?

Die Geschichte hat mir gefallen, gerade wegen der Fülle an Details, die du eingebaut hast. Wirst sehen, die Moonys werden noch deine Hobbits! ;)
Wie immer schön und flüssig geschrieben.


In diesem Sinne
c

 

Hi chazar,

wenn die Moonys noch meine Hobbits werden, brauche ich ja nur noch einen Ring. ;)

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Schön, dass es dir gefallen hat.

Einen lieben Gruß, sim

 

Hi Sim!

Is zwar schon etwas länger her, seitdem ich die Geschichte gelesen habe, aber ich kann mich noch sehr gut an sie zurückerinnern. Das heisst, im Eindruck des Ganzen, nicht an die Details.
In meiner Erinnerung ist deine Geschichte wunderbar zu lesen. Die Worte, die du aneinandergereimt hast, ergeben einen guten Fluss und prächtige Bilder. Ich weiss noch, wie wir uns einmal über deinen Schreibstil unterhalten haben. Wir waren uns damals einig geworden, dass dein Stil weniger den Bildern gilt, sondern vielmehr dem Gesamteindruck, den man beim Fertiglesen der Geschichte erhält. Aber in dieser KG habe ich das ganz und gar anders empfunden, ich bin sogar ziemlich sicher, dass es dein Ziel war, hier mal etwas Neues zu machen. Und wie! Ist dir echt gut gelungen. Ich habe die Vortellungen die deine Sätze beschworen sehr genossen, es sind dabei traumhafte Sachen entstanden! (Am genialsten fand ich das mit den aufsteigenden Sternen, irgendwie hatte ich das Gefühl, sowas schon mal irgendwo gesehen zu haben... vielleicht in einem Traum).
Was mich zuerst etwas verdutzt hat, war die Erwähnung der Lenden von Paolin und seiner Freundin/Frau. Diese Vorstellund fand ich beinahe obszön, obgleich du es in einem ganz andern Ton beschrieben hast, nämlich in einem Unschuldigen.

Jedenfalls hab ich die Geschichte sehr gut gefunden und, wie du siehst, noch immer gut in Erinnerung.

Greetz, Clyan

 

Hey Clyan,

es freut mich sehr, dass die Geschichte dir in so guter Erinnerung geblieben ist.
Ja, ich habe mal versucht, hier etwa jenseits meiner üblichen Pfade zu laufen.
Prima, wenn es ankommt.

Vielen Dank und einen lieben Gruß, sim

 

Lieber sim!

Zu Deinem Geburtstag alles Liebe und Gute von mir! :anstoss: :)

Hätte ich diese Geschichte nicht durch meinen Urlaub im Sommer vollkommen übersehen, hätte ich sie mir für diese Geburtstagskritik aufheben müssen, so schön ist sie. :)

Die Thematik erinnert mich ja ein bisschen an die von »Plötzlich« – aber hier hast Du sie so fantastisch umgesetzt, daß ich nicht wirklich auf die Idee komme, hier irgendwelche kritischen Bemerkungen anzubringen. ;)
Die Geschichte hat mir ganz einfach sehr gut gefallen! Stilistisch sehr schön zu lesen, spannend, phantasievoll und auch hintergründig – alles da, was ein gutes Märchen ausmacht. :)

Ein paar Kleinigkeiten hab ich trotzdem – feier aber erst einmal anständig, bevor Du dich an die Überarbeitung machst ;):

»Und mit dem Herz seiner Jugend taucht er ein in das Leben,«
– Das »Und« würde ich streichen

»Jeden Abend, wenn die Sonne untergeht, betrachten seine Eltern ihren starken Spross voll ehrfürchtigem Stolz. Gott hatte ihnen einen kräftigen Sohn geschenkt.«
– starker Spross, kräftiger Sohn – eins davon reicht, würde schreiben: betrachten seine Eltern ihn voll ehrfürchtigem Stolz. Gott …

»Da ist es schon ein Wunder, dass die Menschen sie in ihrer Pracht nicht sehen können. Sie gehen aufrecht, wie die Menschen und«
– zweimal »die Menschen«, würde »wie die Menschen« streichen, der Leser weiß ja, daß wir aufrecht gehen.

»zeichnet mit der Hand ein Dreieck von seinem Kopf zu seinem Herzen und zu seinen Lenden vor lauter Dankbarkeit.«
– »vor lauter Dankbarkeit« würde ich hinter »zeichnet« geben: zeichnet vor lauter Dankbarkeit ein Dreieck …

»Nicht nur die Männchen haben bei den Moonys Haare am Körper, auch die Weibchen.«
– diese Information würde ich bereits da geben, wo Du sagst: »Und je goldener die Haare auf der braunen Haut glänzen, umso prachtvoller sieht der Moony aus.«

»Es war, als glänzte ein Regenbogen ihn ihnen,«
– in

»wechselten sie von mattem zarten Blau zu seidigem Grün, zu samtenem Violett oder zu kupfernem Rot.«
– um das dreimalige »zu« zu vermeiden, könntest Du vor »samtenem Violett« noch einmal »von« schreiben

»Sie strahlten wie Sterne am helllichten Tag,«
– finde ich unglücklich formuliert, da Sterne am helllichten Tag normalerweise nicht sehr strahlen, vielleicht: »wie Sterne, und das sogar am helllichten Tag«

»Kein Blick auf das Fichtenkleid, das, ihr zu Ehren gewoben, sie heute kleiden wird, ist ihm gestattet.«
– würde den Satz entkomplizieren: Kein Blick auf das Fichtenkleid ist ihm gestattet, das, ihr zu Ehren gewoben, sie heute kleiden wird.

»eine Kette aus Birkenrinde wird ihm um den Hals gehängt und aus Heidelbeeren und Hagebutten wird eine Paste bereitet, mit der sein Gesicht für das Fest violett geschminkt wird.«
– Ich würde hier getrocknete Hagebutten nehmen. Erstens, weil Heidelbeeren und Hagebutten nicht zugleich reif sind – alles, was Du sonst aufzählst, paßt in den Sommer, die Hagebutten sind aber erst im Spätherbst reif. Zweitens nehmen getrocknete Hagebutten ein bisschen von der zu vielen Flüssigkeit der Heidelbeeren auf, sonst ist es nämlich mehr eine Heidelbeersuppe, keine Paste.

»Geflochtene Fichtenzweige hängen als Regale an den Wänden«
– hier ließen sich vielleicht Weiden besser verwenden, vielleicht als Steher die Zweige, und dazwischen geflochtene Weiden?

»Die Weibchen hatten aus gelbem und rotem Herbstlaub Decken gestrickt,«
– nein, sim, das zerfällt ja, wenn es trocknet. Nimm doch Gras und Hanf.

»die Wurzeln für die Köpfe sind aus geschliffenen Kieferwurzeln,«
– Soso, die Wurzeln sind aus Wurzeln. ;-) Irgendwie stelle ich mir das nicht sehr bequem vor. Kennst Du diese Polster (= Kopfkissen), die innen so Kügelchen haben? Weiß grad nicht, was da drin ist, aber Du könntest z.B. Eicheln oder sowas nehmen und mit Blättern oder Moos bedecken.

»Selbst in der Dunkelheit der Höhle, selbst in der Nacht leuchten die Augen von Shireba und betören Paolin.«
– statt dem zweiten »selbst« könntest Du auch »ja sogar« nehmen

»Er kocht sich über dem noch glimmendem Feuer einen starken Kaffee aus gerösteten Eicheln,«
– wenn Du meinem oberen Vorschlag folgst und die Eicheln für den Polster verwendest, könntest Du hier z.B. auch Gerste und Roggen verwenden.

»Er sammelt, was er finden kann und immer, wenn so viel zusammen ist, dass er es gerade noch auf seine Schultern laden kann, dann schleppt er es auf den Gipfel des Berges.«
– finden kann, und …
– Wiederholung »kann«, würde schreiben »dass es gerade noch auf seinen Schultern Platz hat«, und evtl. das »dann« vor »schleppt« streichen.

»Schon von Weitem spürt Paolin das Wasser in seinem Mund zusammenlaufen, sieht seine Mutter und seine Vater vor der Höhle,«
– von weitem
– seinen Vater

»Es ist keine Arbeit für die Männer, aber Paolin ist sich nicht zu stolz, schon einmal den großen runden Eichentisch mit Schalen aus ausgehöhlten Birkenstämmen zu decken, damit sie zeitig essen und er sein Versprechen halten könne.«
– das »die« vor »Männer« würde ich streichen
– würde den Satz vielleicht teilen: … zu decken. Er möchte zeitig essen, damit er sein Versprechen halten kann.

»das Apfelmus ist mir Kleeblättern zart verfeinert,«
– mit

»In der Höhle angekommen findet er Shireba schlafend.«
– meiner Meinung nach gehört da ein Beistrich: angekommen, findet (hab’s nicht kontrolliert)

»Um so größer ist sein Glück, als er seinen und Shirebas Eltern verkünden kann, dass sie Großeltern werden, dass der Mond ihnen ein neues Kind geschenkt hat, das in Shireba wächst und gedeiht.«
– hier bringst Du die Information doppelt, weshalb ich »dass sie Großeltern werden« streichen würde, ebenso »neues«

»Und jeden Abend steigt Paolin herauf zu den Sternen,«
– hinauf

»Der Mond lächelt, immer wenn Paolin an ihm vorbei klettert.«
– vorbeiklettert

»Dann strahlt er, wie sein Gott selber, es ist, als leuchten zwei Scheiben am Himmel.«
– »selber« ist Umgangsprache, »selbst« ist schöner – würde hier statt dem Beistrich einen Strichpunkt (;) machen
– als leuchteten zwei

»Ja, das bin ich Herr.«
– ich, Herr

»von der Gunst, die ihm erwiesen wurde und von dem tiefen Glück, die diese ihm bedeutet.«
das diese ihm bedeutet (das Glück, das diese Gunst ihm bedeutet)

»»Fällt dir etwas auf, wenn du in den Himmel schaust?«, fragt Shireba?«
– Shireba.

»Musst du mir täglich einen neuen Glanz vom Himmel holen und ihn in unserer Höhle einsperren wie die Menschen ihre Vögel in Käfigen?«
– »einen« würde ich streichen
– nach »einsperren« würde ich einen Beistrich machen, auch wenn er hier nicht Pflicht ist, aber damit man nicht erst »in unserer Höhle einsperren wie die Menschen« liest.

»Und als ob durch die Hände von Shireba wieder Blut in seinen Schädel fließen würde, als ob ihm ihre Worte die Verbindung freischaufeln würden zu seinem Kopf,«
– statt »als ob« würde ich schreiben: Als würde durch Shirebas Hände wieder Blut in seinen Schädel fließen, als schaufelten ihre Worte die Verbindung zu seinem Kopf frei, …

»Paolin kniet am Boden, redet mit den Sternen, entschuldigt sich bei ihnen flehentlich für seine Fehler, den sie ihm doch bitte verzeihen mögen.«
– entweder »für seinen Fehler, den« oder »für seine Fehler, die«

»Und Sola weint, bis Shireba, sie zu ihrem Vater gibt.«
– der Beistrich nach »Shireba« gehört weg, würde auch das »zu« streichen

»Es erschallt das Lachen zwischen den Vogelstimmen, zwischen dem erwachenden Morgen und es sieht aus, als ob die Sterne auf dem Weg in den Himmel unter den Strahlen der aufgehenden Sonne verglühen.«
– die beiden »zwischen« gefallen mir nicht sehr, da fallen Dir sicher zwei viel schönere Formulierungen ein. ;-)
– statt »als ob«: als verglühten die Sterne auf dem Weg in den Himmel unter den Strahlen der aufgehenden Sonne.

»Es ist, als hätte sie den Sternen nur auf ihren Weg in die Freiheit gebracht, um selber mit ihnen zu fliegen.«
– abgesehen vom schon erwähnten selber, das schöner ein selbst wäre, hat der Satz irgendein Problem mit sich selbst.

»und wird selber zum Stern.«
– nochmal: selbst

»Und in dieser düsteren Stimmung, in dieser nie erlebten Traurigkeit gehen sie in die Höhle zurück, als die anderen Moonys ihr Nachtlager verlassen.«
– würde vielleicht nach »Nachtlager« »bereits wieder« einfügen

»Der goldene Ton der Haare ist matt geworden, der Glanz in den Augen fehlt und nicht einmal mehr mit den Sternen der Nacht kann Shireba es aufnehmen.«
– bei »Der goldene Ton« wolltest Du wohl die Wiederholung von »Glanz« vermeiden, der gleich danach bei den Augen vorkommt. »Ton« klingt aber so matt. Wie wäre es mit »Schimmer«?
– statt »nicht einmal mehr« würde ich »nicht einmal mit den Sternen der Nacht kann Shireba es noch aufnehmen« schreiben.

»Ich sehe die Trübsal in euren Augen und euer Haar verrät mir,«
– würde das »die« vor Trübsal streichen

»»Du hast das Wichtigste nicht verloren«, sagt er, während er das frisch errichtete Nachtlage aus Moos«
– Nachtlager
– würde den Satz umdrehen: »Das Wichtigste hast du nicht verloren«

»Als er zurück in der Höhle ist und sich zu Shireba ins Nachtlager begibt, sieht er aber zum ersten Mal wieder das Glitzern in ihren Augen, als strahlte ein Stern selbst am helllichten Tag. Und es ist ihm, als glänzt ihr Haar wieder goldener. Doch die Freude erfasste sein Herz erst wieder, als er seine Arme um sie schlang.«
– hier hast Du das Ende mit einem Als-Feuerwerk gefeiert. ;-)
– es ist ihm, als glänzte ihr Haar
– erfasst, schlingt (Du wechselst plötzlich die Zeit.)

»Denn unter ihrer Brust spürte er ein Wesen, klein und zart. Da wusste er, er hat die Gunst Gottes zurückerlangt.«
– Ich würde die beiden Sätze vertauschen und die Zeit ändern: Jetzt weiß er, er hat die Gunst Gottes zurückerlangt. Denn unter ihrer Brust spürt er ein Wesen, klein und zart.

Auf jeden Fall hat mir die Geschichte sehr gefallen und ich hab sie gern gelesen.

Alles Liebe,
Susi :)

 

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