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Wie ich meine Frau kennen lernte

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31.12.2004
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Wie ich meine Frau kennen lernte

I
Auf meinen Garten lasse ich nichts kommen. Er sieht zwar nicht sonderlich gepflegt aus, das Unkraut wuchert hier und da, Blumen gibt es auch keine, allenfalls Kübelpflanzen und ein paar pflegeleichte Gummibäume, aber dennoch: Es ist ein Garten und es ist mein Garten.
"Wer meckert, wird erschossen", pflege ich immer zu sagen, sobald jemand anfängt, mir unaufgefordert Ratschläge zu erteilen, wie man dieses oder jenes besser machen könne. Er ist so, wie er ist, und nicht zuletzt hab ich in ihm doch auch meine Frau kennen gelernt. Wenn man so bedenkt, eine seltsame Geschichte, wie Liebesgeschichten von Natur aus nun einmal sind - immer etwas besonderes und ganz eigenes.
Ich weiß noch ganz genau; es war der 14. Februar vergangenen Jahres; wie passend. Die Sonne schien, der Himmel lachte, es war zum Erfrieren kalt, ich hatte Schnupfen und hing gerade meine Buntwäsche auf den Trockenständer in der Mitte des Gartens, als auf einmal aus dem Nichts ein riesiges Ufo auftauchte, zur Landung ansetzte und meine damals noch vorhandenen Rhododendron-Sträuche platt walzte. Nichts Ungewöhnliches in der Gegend, das kam öfter vor, nur das mit den Blumen hätte nicht sein müssen. Ein wenig sauer war ich schon, auch wenn ich mittlerweile drüber lachen kann.
Während ich nun so vor mich hin sauerte, öffnete sich an dem Ufo eine Tür, eine Leiter wurde herunter gelassen und an ihr herab stieg eine; heute weiß ich es genau; drei Meter achtundvierzig große Frau, meine Zukünftige. Langes blondes Haar, einen Körper zum unsittlichen Träumen und das Ganze gehüllt in ein weißes Satin-Kleid, dass ich kaum den Anblick der Vorderseite dieses Prachtweibes erwarten konnte, der, unter uns Gebetsschwestern, den der Rückseite noch um Welten überragte.
"Hi", stellte sich die außerirdische Göttin vor, "ich bin die Anni, komme vom Jupiter, bin Ihnen evolutionstechnisch drei Milliarden Jahre vorraus und würde mal gerne Ihr Telefon benutzen. Bei meinem ist nämlich der Akku alle."
"Klar", entgegnete ich ganz Kavalier und führte sie in den Hausflur, wo sie lang und ausgiebig mit irgendeiner Beate oder Bianca oder so telefonierte, während ich schon einmal in der Küche einen Kaffee aufsetzte, um die gebückte Schönheit im etwas niedrigen Hausflur noch zu einem Plausch überreden zu können.
"Bis gleich", beendete sie nach geraumer Zeit das Telefonat und rief in meine Richtung: "Danke vielmals."
Ich eilte aus der Küche. "Sie wollen schon wieder gehen?"
"Ja, ich muss dann..."
"Aber ich habe gerade Kaffee gemacht. Ein paar Minütchen werden Sie doch noch haben."
"Och, ich muss weiter. Ein anderes Mal vielleicht."
"Kommen Sie! Ich habe auch entkoffeinierten, wenn Sie den lieber mögen."
"Nein, nein..."
"Und es ist auch noch Kuchen da. Ein Stück Schwarzwälder Kirsch werden Sie doch nicht ausschlagen."
"Ich weiß nicht. Eigentlich müsste..."
"Die ist auch hausgemacht."
"Na gut. Aber nicht lange. Ich hab noch einen Termin", willigte Anni schließlich ein.
Wir setzten uns an den Küchentisch, ich servierte Kaffee und Kuchen und sie erzählte mir ein bisschen vom Leben in den unendlichen Weiten des Universums. Ich kam ja selten aus dem Haus und wenn, dann höchstens nach Berlin.
Anni war freie Chaotikerin bei der dritten galaktischen Herrenrasse und als solche ziemlich im Stress.
"Immer überlegen sein, immer besser sein", seufzte sie, "das kann schon mächtig aufs Gemüt schlagen. Jetzt ist ja gerade mal weniger los, aber es gibt Wochen, sag ich Ihnen, da ist's gut, dass es ein Wochenende gibt, sonst würde ich kaputt gehen."
"Ja", sagte ich, "das kenn ich."
"Wirklich?"
"Sicher! Früher in der Schule war ich auch immer der Beste und dann haben die Lehrer und meine Eltern natürlich am Ende auch nur das Beste von mir erwartet. Von den Schülern ganz zu schweigen."
"Ist ja nichts dagegen, wenn man Mitglied einer Rasse ist, in der alle die Besten sind. Das schlaucht erstmal."
"Kenn ich. Kenn ich alles."
"Na ja Bursche", sie zwinkerte mir zu, "so wirklich nicht."
"Im Prinzip aber schon." Ich zwinkerte zurück und ging noch weiter: "Übrigens, ich hab mich gar nicht vorgestellt. Ich bin der Michael, meine Freunde nennen mich Michi, du kannst gerne Du zu mir sagen oder in Anbetracht der Situation hätte ich auch nichts dagegen, wenn du mich einfach Erdenwurm nennen würdest."
Sie lachte herzhaft auf: "Humor hat er auch. Na denn, ich bin, wie gesagt, die Anni, meine Freunde nennen mich Anni und du darfst gerne Anni zu mir sagen."
Nun lachte ich und sie gleich noch einmal mit.
"Noch etwas Kaffee?", fragte ich.
"Nein danke. Ich werd davon immer ganz hibbelig."
"Kenn ich, kenn ich", sagte ich und erzählte ihr ein paar meiner Krankheitsgeschichten. Beim alten Hoffmann im Wartezimmer kamen die immer recht gut an und Anni schien sich ebenfalls gut unterhalten zu fühlen. Leider kannte ihre Rasse keine Krankheiten und so konnte sie nur wenig mitreden. Doch so sehr wir uns auch amüsierten, irgendwann fiel ihr wieder ihre Verabredung ein.
"Schade", sagte ich, als sie sich verabschiedete.
"Ja, hat mir gefallen."
"Vielleicht sieht man sich ja mal wieder."
"Unwahrscheinlich..." Sie stockte, überlegte kurz und sprach: "Nee, weißt du, das klingt jetzt vielleicht ein wenig aufdringlich, aber hast du nicht Lust, mit mir mal was zu unternehmen? Ich hol dich auch ab."
"Warum nicht."
"Nächsten Freitag?"
"Um wieviel Uhr?"
"Sagen wir gegen Acht?"
"Ok! Wird bestimmt lustig."
"Sicher. Ich kenn da so ein lauschiges Restaurant auf Omikron Delta. Wird dir bestimmt gefallen. Nur Rockstars und Herrenmenschen dort. Keiner unter zwei Meter groß und du wirst dort garantiert das minderwertigste und kleinste sein, was die je gesehen haben."
"Oh, klingt interessant."
"Ist es auch."
"Na dann."
"Na dann Erdenwurm", sie zwinkerte wieder, "ich muss dann jetzt auch mal wieder los."
"Hat mich gefreut."
"Mich auch."
Ich begleitete sie noch zu ihrem Ufo, half ihr die Leiter hoch und winkte, bis sie am Horizont verschwunden war.

II
Die Zeit bis zum Freitag verging schneller als sonst üblich. Vielleicht hatte Anni auch einfach am Zeiger gedreht. Man weiß ja nie, wozu diese Außerirdischen alles fähig sind.
Punkt acht Uhr stand sie mit ihrem Ufo in den Überbleibseln meiner Rhododendrien und sah noch bezaubernder aus als beim letzten Mal.
"Na du Erdenwurm", begrüßte sie mich. "Steig ein!"
Wir verließen die Erde und flogen zu dem besagtem Restaurant nach Omikron Delta. Im Grunde sah es dort aus wie in Berlin, nur größer. Die Außerirdischen dort sprachen auch wie in Berlin, was ich schon ein wenig belustigend fand, wobei ich mir das Lachen aber verkniff, denn ich hatte keine Lust, mir von einem außerirdischen Riesen Schläge einzufangen, was mich wiederum an meine Jugend im ländlichen Brandenburg mit seinen Dorfnazis erinnerte.
"Ey kiek dir den mal an!" und "Wat denn dit fürn Vojel?", so raunten die Leute, als wir die Lokalität betrat.
"Nee", rief sie immer wieder lachend, "den hab ich von der Erde."
"Na Gottchen!", hieß es da mitleidig. Auch kamen einige Frauen auf mich zu, sie waren wohl mit Anni befreundet, kniffen mir in die Gesichtsbäckchen und meinten: "Och, is der niedlich."
Im Großen und Ganzen fand ich das schon ein wenig entwürdigend. Sogar die Kellner, ein paar muskulöse Vier-Meter-Körper, die zu einer kopflosen Rasse gehörig schienen und deren Augen und Münder am Hinterteil saßen, weshalb sie immer rückwärts liefen, machte einige schnippische Bemerkungen zu dem "kleenen Fatzke."
Anni beruhigte mich: "Hör gar nicht hin! Nüchtern ertrag ich die auch nicht."
Wir setzten uns an einen Tisch in die Nähe der Bar und bestellten ein paar kosmische Alkoholika, die uns umgehend in kapielskischen Superhumpen-Dimensionen auf den Tisch bzw den Boden neben mir gestellt wurden.
"Lass et dir schmecken, Kleener", feixte der Kellner und ein breites Grinsen überzog seinen Hintern.
Ich nahm einen kleinen Schluck und riss die Augen auf. "Mein lieber Scholli, das ist aber mal ein Gesöff!"
"Jepp", lachte Anni, "das kennt ihr auf der Erde nicht."
"Wirklich nicht. Das Rezept brauch ich. Damit werd ich reich oder komm ins Gefängnis."
"Oder beides."
"Oder beides", bekräftigte ich, prostete ihr zu und nahm noch einen Schluck von dem Hirn erschütternden Gebräu. Doch zu meiner Überraschung hatte es neben der Leichtfertigkeit im Kopf noch eine andere Wirkung: Ich wuchs. Erst hielt ich es für eine Einbildung, zwischen all den Riesen kein Wunder, aber als meine Schulter schließlich sogar über den Tisch reichten und ich wie ein normaler Gast meinen Superhumpen auf diesem abstellen konnte, war es nicht mehr weg zu reden. Ich wuchs.
"Das ist ja mal was", staunte Anni. "Hab ich auch noch nicht gesehen."
"Ja", rief ich, "ich auch nicht. Was soll das werden?"
Mittlerweile hatte ich mit ihr an Körpergröße gleich gezogen und konnte zum ersten Mal ihre bayrisch anmutenden blauen Augen sehen; schöne Augen, die ich sicherlich gewürdigt hätte, wenn ich nicht diese Wachstumsproblem besessen hätte, denn es hörte einfach nicht auf. Zehn Minuten später reichte ich ihr schon fast einen halben Meter über den Kopf und nach einer halben Stunde war ich der Größte im gesamten Restaurant. Die anderen Gäste wurden schon wieder auf mich aufmerksam, die Bedienung tuschelte ebenfalls und Annis Freundinnen warfen mir auf einmal recht eindeutige Blicke zu. Aber Anni fand ihren Spaß an der Sache, während ich mir versuchte, die Strecke zu messen, die mir noch blieb, bis ich an die Decke stoßen würde.
"Weißt du", sagte sie, "so gefällst du mir."
"Wie?"
"Na so groß."
"Sehr witzig!"
"Nein wirklich. Gefällt mir."
"Klar", entgegnete ich leicht entnervt, "aber unter 'schön saufen' verstehe ich eigentlich was anderes."
"Hihi! Nein, bleib so, dann wird das was mit uns."
"Schön und gut, nur..."
Sie griff meine Hand, meine Pranke, schaute verführerisch hinauf in meine Augen und flüsterte: "Komm, trink noch einen mit mir!"
Zögernd nahm ich das Glas und stieß mit ihr an um den Preis, Sekunden später fünf Meter zu messen.
"So, jetzt reicht's!", erklärte ich. "Ich kann nicht mehr."
"Komm, nur noch einen! Für mich."
"Nein."
"Einen noch. Kriegst auch einen Kuss für."
Sie spitzte die Lippen, ich zögerte erneut, sah sie an, überlegte kurz, beugte mich schließlich hinunter, küsste sie zaghaft und trank das Glas in einem Zug leer. Nichts passierte. Ich hatte wohl die Wachstumsgrenze erreicht, ich, ein fünf Meter großer, leicht betüdelter Erdenmensch in einem Szenerestaurant auf Omikron Delta, wo alles aussah und sprach wie in Berlin.
"Puh", atmete ich auf. "Hatte schon Angst, das hört gar nicht mehr auf."
Anni kicherte still vor sich hin.
"Du hast aber auch schon ordentlich einen im Tee", sagte ich zu ihr.
"Och, geht so."
Ich wurde frech: "Gefällt mir aber auch ganz gut."
"Ja wirklich?", witzelte sie.
"Ja."
"Du, also wenn das so ist, du, dann können wir uns ja noch zwei Flaschen einpacken und bei mir weitermachen, jetzt wo du die richtige Größe hast, zwinker zwinker."
"Der musste jetzt kommen, oder?"
"Ein naheliegender Witz, sag ich mal, den man ruhig zweimal bringen kann."
"Nein, also, lass uns mal lieber noch ein bisschen durch die Gegend ziehen. Ist mir langsam ein bisschen zu eng in dem Laden hier."
"Meinetwegen."
"Kennst doch bestimmt noch ein paar lauschige Lokale."
"Mal überlegen. Zwei Quergalaxien weiter ist so eine Lesebühne mit Bar und in der Nachbardimension hat gerade so eine Sixty-Style-Kneipe aufgemacht. Wenn wir schnell sind, schaffen wir noch die Happy Hour."
"Mir egal. Können ja in beide gehen."

 

Hallo Werner, willkommen in diesem Unterforum!

Schon eine hübsche Idee für eine Gaga-Geschichte, mit netten kleinen Anspielungen auf die gängige Rating-and-Dating-Praxis. Die Bar-Szene ließ mich an den entsprechenden Filmausschnitt aus "Star Wars" denken. Aber zum Schluss verlässt dich wohl die Puste. Du brichst abrupt ab, es fehlt eine Pointe, die man bei einem so augenzwinkernden Stück Lesestoff erwartet. Nach den Präliminarien hätte ich einen Knalleffekt erwartet, in dessen Folge der Prot und Anni simsalabim ein Paar sind, aber ich wurde enttäuscht. Darum ein (natürlich subjektives) "Schade!"

Grüße,
Chica

P.S.: "bin Ihnen evolutionstechnisch drei Milliarden Jahre voraus"

 

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