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Wie man einen Bestseller schreibt

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07.01.2005
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Wie man einen Bestseller schreibt

„Haben Sie Feuer?“

An sich keine ungewöhnliche Frage. George hatte allerdings noch nie erlebt, dass sich jemand erst nach dieser Frage überlegte, wo seine Zigaretten sind.

Minutenlang hielt George dem Mann sein Feuerzeug entgegen, während dieser gedankenverloren seine Taschen durchwühlte. Auf seiner Suche nach einer Zigarette förderte der Fremde eine beachtliche Menge an Gegenständen ans Tageslicht. Die üblichen Taschentücher, Schlüssel und Münzen und auffällig viele Kugelschreiber und Notizblöcke, die meisten davon dicht beschrieben und in sehr mitgenommenen Zustand. Endlich fand der Mann auch eine Zigarette.

Der Fremde lies sich von George Feuer geben und mustert ihn zwischen langen Zügen eindringlich, als würde er ein schwieriges Gemälde studieren. Dann griff er nach einem der Blöcke und notierte hastig ein paar Zeilen. Schließlich nickte der Mann, sah George mit einem Lächeln an und schien zum ersten Mal wirklich mit seinen Gedanken ganz bei ihm zu sein. Welcher Test es auch immer gewesen war, George hatte ihn augenscheinlich bestanden.

Mit einem Lächeln fragte der Fremde :“ Darf ich mich revanchieren? Gleich hier in der Nähe kenne ich den idealen Platz, um den Merops Apiaster zu studieren.“
George hatte mit einem simplen Dankeschön gerechnet. Verwirrt fragte er: „Was wollen sie mir da zeigen? Ich habe keine Ahnung, was ein Merob ist.“

„Nein, nein. Merops Apiaster. Der Vogel. Sind sie denn kein Ornitologe?“
Als George verneinte verfiel der Mann wieder in nachdenkliches Schweigen und betrachtete ihn noch genauer. Ab und zu schrieb der Mann ein paar eilige Wort in sein Notizbuch, dann ruhte sein Blick wieder lange auf George. Das Ganze war ein wenig unheimlich und George überlegte, ob er das Schweigen des Mannes einfach nutzen sollte um sich schnell zu verabschieden.

Aber der Fremde kam ihm zuvor und stellte fest:„ Kein Ornitologe also. Dabei sehen sie so aus. Und es hätte so gut gepasst.“

Hoffnungsvoll fuhr er dann fort: „Aber vielleicht finden sie ja Gefallen an der Vogelbeobachtung, wenn sie es mal probieren? Der Merops Apiaster ist ein sehr bemerkenswertes Tier. Und selten. So eine Gelegenheit darf man nicht verpassen. Kommen sie, wir müssen uns beeilen.“

Ohne George Zeit zu geben für eine Antwort drehte der Fremde sich um und verschwand auf einem verwilderten kleinen Weg in den Wald hinein. George zögerte nur kurz. Es gefiel ihm, dass der Mann in für einen Wissenschaftler gehalten hatte und ihm so ohne weiteres zutraute Ornitologe zu sein. Er beeilte er sich, dem Mann zu folgen.
Dem wuchernden Gestrüpp nach zu urteilen kannten nicht viele diesen Weg. George war gespannt, was ihn am anderen Ende erwarten würde. Die Begeisterung, mit der der Andere von diesem Vogel gesprochen hatte seine Neugier geweckt. Er bewunderte Menschen, die sich so in ein Hobby verlieren konnten. Ihm selbst war das bisher nie gelungen.

George hätte gern ein Gespräch begonnen. Aber der Pfad war kaum breit genug für einen und alles was er von dem Fremden sah war sein Rücken. So sehr es sich George auch wünschte, es bot sich einfach keine Gelegenheit die Unterhaltung fortzusetzen. Schweigend mühten die beiden Männer sich den immer dichter verwachsenen Weg entlang.

Auch ohne den Himmel sehen zu können spürte George an der schwülen Luft, dass ein Gewitter in der Luft lag. Er war mittlerweile trotz des schattigen Walds schweißgebadet. Und durstig. Der Weg schien sich endlos durch den Wald zu winden. George begann sich zu fragen, ob ein paar Vögel diese Anstrengung wert waren? Das Vogelabenteuer fühlte sich mit jedem Schritt weniger verlockend an. George überlegte gerade, wie lange er dem Fremden doch folgen sollte, da lichtete sich der Wald plötzlich.

Sie hatten das Ufer eines kleinen Sees erreicht. George hatte noch nie so viele Vögel auf einem Fleck gesehen.Vor allem aber interessierte George erstmal das verlockend kühle Wasser. Gierig schöpfte er mit der Hand ein paar Schluck aus dem See.
Der Fremde beobachtete den vor ihm knieenden Mann interessiert. Als George zu ihm hoch sah deutete er auf den Himmel und sagte: „Die kleinen schwarzen Punkte am Himmel, das sind die Bienenfresser. Viel mehr werden wir heute nicht von ihnen zu sehen bekommen. Sie haben sich durch ihr lautes Geplantsche verjagt.“

Natürlich musste man sich beim Vogelbeobachten ganz leise verhalten. George war beschämt, dass er nicht selbst daran gedacht hatte. Wie dumm von ihm. Aber vielleicht war es nicht ganz schlimm, einige Vögel waren immerhin noch am See.
Vorsichtig flüsternd fragte er:“ Was ist denn mit den anderen Vögeln? Könnten wir nicht die beobachten?“

Entschieden schüttelt sein Gegenüber den Kopf:“Nein, das sind nur ganz gewöhnliche Wildenten. Die sind höchstens für die Jäger interessant.“

Kaum hatte der Mann ihn darauf hingewiesen nahm George vereinzelte Schüsse war. Leise und wohl sehr weit weg, aber eindeutig Schüsse. Die Enten ließen sich davon nicht stören. Vermutlich wussten auch sie genau, wie weit entfernt die Jäger waren.
Seltsamer Weise schien der Fremde aber nicht enttäuscht zu sein, dass George die seltenen Vögel verjagt hatte. Er sah viel mehr richtig zufrieden aus.

Als hätte er seine Gedanken gelesen wandte der Fremde sich zu George und sagte: „Wissen sie, die Bienenfresser sind nicht so wichtig. Darüber schreibe ich ohnehin erst in meinem übernächsten Buch. Bis dahin bleibt noch jede Menge Zeit ihn zu studieren“

George war erleichtert, dass der Mann ihm seinen Fehler nicht übel nahm und nahm dankbar die Gelegenheit an, das Thema zu wechseln:“ Und über welchen Vogel schreiben sie zuerst?“

Mit einem Lächeln antwortete der Mann:“Über gar keinen. Ich schreibe über alles Mögliche. Wenn man gründlich recherchiert kann man aus fast jedem Thema einen Bestseller machen. Und glauben sie mir, ich weiß wovon ich rede. Alle Bücher von Lazarus Caster sind ein Erfolg“

George war sprachlos. Er kannte die Bücher von dieses Mannes nicht nur - er liebte sie. Jedes einzelne, auch die ganz frühen Werke, hatte einen Ehrenplatz in seinem Bücherregal. Und nun stand er persönlich vor ihm. Er spürte, wie seine Hände vor Aufregung feucht wurden. Möglicher Weise hatte der Autor beobachtet, dass er auf der Wiese eines seiner Bücher gelesen hatte. Vielleicht hatte er deshalb gerade ihn um Feuer gebeten?

George schluckt ein paar Mal nervös und überlegte, was er wohl sagen sollte. Er musste unbedingt die Gelegenheit nutzen und das Buch signieren lassen. Aber er wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und als übereifriger Fan dastehen. Am besten war es wohl, erstmal ein vorsichtiges Kompliment zu machen. Lob mochte schließlich jeder.

Also sagte er, so als wäre es etwas ganz alltägliches mit einem der größten Autoren der Gegenwart an einem See zu stehen:“Ich kenne ihre Bücher. Man spürt, dass sie ganz genau wissen, wovon sie schreiben.“

Gönnerhaft lächelte der Schriftsteller und trat einen Schritt auf George zu. Dann legte er ihm vertraulich den Arm um die Schulter und begann, mit ihm am Ufer entlang zu schlendern. George war fassungslos. Der große Lazarus Caster hatte ihm die Hand um die Schulter gelegt. Der Mann schien ihn wirklich zu mögen. Wer hätte das gedacht? Die Gedanken in seinem Kopf begannen zu rasen. Wenn er es richtig anstellte, dann würde der Schriftsteller ihm vielleicht sogar etwas über sein nächstes Buch erzählen. Dann würde er die Geschichte vor allen anderen kennen!

Der Arm um sein Schultern machte ihm Mut. Er fragte den Schriftsteller:“ Möglicher Weise kann ich ihnen ja bei der Recherche für ihr nächstes Buch helfen? Es wäre mir eine Ehre!“

Plötzlich hatte George das Gefühl, dass sein Gegenüber genau auf diese Frage gewartet hatte. Der Autor lächelte noch breiter und deutet George, sich neben ihn auf einen Baumstumpf zu setzen. George folgte der Einladung verfluchte die Tatsache, dass er keine Digicam dabei hatte. Das wäre das Bild seines Lebens geworden. Aber alles was er tun konnte war den Moment auskosten und jedes Detail in sich aufzusagen. Während George unauffällig von der Seite das Profil des Schriftstellers bewunderte erzählte ihm dieser tatsächlich von seinem neuen Buch.

Gebannt lauschte George, wie der Andere ihm bis ins kleineste Detail die Handlung schliderte. Der Autor war auch ein großartiger Erzähler und George hing gebannt an seinen Lippen. Es würde um Mord gehen. Aber es sollte kein Krimi im klassischen Stil werden. Vielmehr sollte der Leser erfahren, was sich im Kopf eines Mörders abspielt. Besonders aufregend fand George, dass der Autor genau beschreiben wollte, dass der Mörder im Augenblick des Todes seiner Opfer fühlte.

Als die Geschichte geendet hatte schwieg der Autor lange und betrachtete den See. Es war still und friedlich hier. Selbst die leisen Schüsse waren verstummt, die Jäger hatten wohl den Heimweg angetreten. George hatte Angst, auch sein Idol nun aufstehen und gehen würde. Also entschloss er sich, das Gespräch wieder in Gang zu bringen: „Wie wollen sie denn für das Buch recherchieren? Mörder lassen sich bestimmt nicht gern beobachten.“

Der Autor lies seinen Blick weiter über die Umgebung schweifen, als er antwortete:“Sie sind wirklich ein kluger junger Mann. Damit haben sie den Nagel auf den Kopf getroffen. Genau hierbei habe ich auf ihre Hilfe gehofft.“

George fühlte sich unendlich geschmeichelt. Was für eine Ehre, dass Lazarus Caster seine Unterstützung wollte. Aber wie sollte er ihm hier nur behilflich sein? Ratlos betrachtete auch er den See und das Ufer. Wenn ihm nur etwas einfallen würde, wie er das Problem des Schriftstellers lösen könnte.

George bemerkte, wie der Blick des Mannes an einem schweren Holzstück hängen blieb. Langsam stand der Schriftsteller auf und bewegte sich darauf zu. Wie in Trance näherte der Mann sich dem Holzstück. Und plötzlich wusste George, an welche Art von Hilfe der Mann gedacht hatte. Er sprang auf und einen Augenblick lang sahen er und der Schriftsteller sich in einem wortlosen Kräftemessen in die Augen. Dann rannten beide Männer gleichzeitig los, um den schweren Holzprügel zu erreichen. Minutenlang war nur das Geräusch ihres Atmens und der ringender Männerkörper zu hören.


Die Journalisten drängten sich um den Autor auf seiner Pressekonferenz. Die Detailgetreue, mit der er das alltägliche Grauen im Leben eines Serienmörders geschildert hatte traf genau den Nerv der Zeit. Intensiver und schockierender als jede Reality Show beherrschte das Erstlingswerk des jungen Schriftstellers seit Wochen die Bestsellerlisten.

„Wie lange werden wir denn auf ihr nächstes Buch warten müssen?“ fragte ein junger Reporter gerade.

Bisher war der Autor Fragen nach zukünftigen Werken immer ausgewichen. Vielleicht war es die späte Uhrzeit, vielleicht der eine oder andere Gin Tonic vor der Pressekonferenz, der den Schriftsteller dazu bewog, dieses eine Mal doch zu antworten:“Ich habe zwar ein paar Notizen über Vögel, aber dieser Idee fehlt das intensive Gefühl, die Geschichte selbst zu erleben. Ich denke, ich werde wieder einen Krimi schreiben und hoffe auf eine günstige Gelegenheit auf meiner nächsten Wandertour. Die einsamen Küsten Norwegens erscheinen mir ein idealer Platz zu sein, um mich von der Muse küssen zu lassen.“

 

Hallo Caroline!

Erstmal ein Hinweise auf Fehlerchen. Es sind ein paar verrückte Leerzeichen drin ( z.B. hier: "Fremde :" Darf"), die du sicher selbst findest und auch sonst ein paar der üblichen Anfängerfehler (hauptsächlich Kommas). Hält sich aber im Rahmen.

Also zum Inhaltlichen:

In der Einstiegssituation, als Georg den Fremden trifft, hänge ich als Leser vollkommen in der Luft, da du nicht beschreibst, wo sich die beiden befinden. Ich war von einer Straße in irgendeiner Stadt ausgegangen - trifft aber ja nicht. Da solltest du nachlegen. Schreib doch schon gleich dort, dass Georg auf einer Wiese liegt und liest.

Ab hier: "Über gar keinen. Ich schreibe über alles Mögliche. Wenn man gründlich recherchiert kann man aus fast jedem Thema einen Bestseller machen." => ist einem erfahrenen Krimileser schon klar, worauf es hinausläuft. Diese Idee wurde bereits sehr häufig verwendet.

"Der Autor war auch ein großartiger Erzähler und George hing gebannt an seinen Lippen." => Der Leser möchte auch gerne gebannt an seinen Lippen (oder hier: getippten Worten) hängen, nicht nur eine kurze Zusammenfassung lesen.

"dass der Autor genau beschreiben wollte, dass der Mörder im Augenblick des Todes seiner Opfer fühlte." => Übrigens, das ist jetzt nur eine persönliche Befindlichkeit, aber ich finde es immer etwas nervig, wenn das in Texten auftaucht, wenn suggeriert wird, dass ein Autor nur überzeugend über etwas schreiben könnte, was er tatsächlich schon selbst erlebt hat, ins kleinste Detail. In Wirklichkeit sind nunmal die wenigsten Krimi- bzw. Horrorautoren Mörder.

Dann noch die Pointe, naja, klar, wenn nicht das offensichtliche, dann eben das genaue Gegenteil.
Für einen Anfängertext ist das ganz nett. Wenn du aber daran arbeiten willst, dass rate ich dir, besonders den Charakter Georgs deutlicher zu machen. Wenn er da so einfach zum Mörder wird (und zum Bestsellerautor), wirkt das in der jetzigen Form wie aus dem Hut gezaubert.

Grüße
Chris

 

Hi caroline helene ,

Es würde um Mord gehen.

nach diesem Satz wirkt die Pointe erst mal sehr vorhersehbar.
o.k. es kommt doch anders.
Erstlingswerk und junger Autor würde ich gleich an den Anfang des aufklärenden Absatz einbauen, damit die Pointe deutlich rüberkommt. Ich hatte sie erst überlesen.

trotzdem erscheint mir die Pointe etwas dünn. Wie chris stone bereits sagte:
naja, klar, wenn nicht das offensichtliche, dann eben das genaue Gegenteil.

Der storyinhalt wäre aber eine gute Basis für eine Geschichte, in der dieser junge Autor unter Druck steht ein weiteres Buch zu schreiben (Ruhmsucht, Knebelverträge, Geld, Schulden ...) und dadurch gezwungen ist, einen weiteren Mord zu begehen. Da er kein Schriftsteller ist, kann er sich das eben nicht ausdenken, sondern muss es nochmal tun. Dann gehts natürlich schief.

Gruß Schmidt

 

danke

werde die geschichte überarbeiten und hoffen, dass version nr. 2 besser ankommt. vorher muss ich natürlich noch unmengen an gin tonic trinken und die kommentare erst mal setzten lassen ...

 

Hallo C.H.
Mir hat die Geschichte ganz gut gefallen, auch wenn ich nicht weiß, ob ich die Pointe kapiert hab... Der Autor hat überlebt, nicht George, oder? Hm... Fand ich eigentlich ganz gut, ich zumindest fand es dann doch überraschend. :)
3 Dinge würde ich aber auf jeden Fall überarbeiten:
- kürzen!!! Teilweise hab ich beim Lesen Absätze übersprungen, ohne nach dem Lesen das Gefühl gehabt zu haben, etwas versäumt zu haben.
- George besser ausarbeiten: irgendwie wirkt er auf mich ein bisschen dümmlich und naiv, wie er da so seinem Autor einfach in den Wald nachgeht und ihn anhimmelt... Vielleicht kann er ja schon zu Beginn an Mord denken. Wie Chris sagt: mache das Vorgersehbare bzw. Dessen Gegenteil zur Pointe.
- Schreib bitte bitte bitte, was der Autor so spannendes erzählt. Es ist kaum auszuhalten!!! :)
Ansonsten ganz gut gelungen! Auf jeden Fall weiter so!!!
Gut gemacht.

 

Hallo caroline helene,
Diese GEschichte hat mir ganz gut gefallen. Eine schöne "runde" Sache. Nur eines hat mich gestört: Sie laufen beide um die Wette, um ein Stück Holz zu bekommen. Da würde ich glauben, dass Georg doch die Chance ergreift und reißausnimmt. Mir kam es vor, als ob da ein 100 Meter lauf beschreiben würde. Und selbst wenn Georg das Wettrennen verliert, so ist für mich nicht zwingend, dass er dann ermordet wird. Da würde eine solide 45 Smith and Western in der Hand des Autores eine klarere Aussage über Georgs Überlebenschancen geben und dann käme wohl die Pointe auch noch besser heraus. Vielleicht findest du da noch eine bessere Szene.
Ansonsten noch zwei Kleinigkeiten:

da lichtete sich der Wald plötzlich.
den Vergleich finde ich "schief" besser: ... da stand er plötzich auf einer Lichtung
an der schwülen Luft, dass ein Gewitter in der Luft lag.
2 x Luft

LG
Bernhard

 

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