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Willst du?

Seniors
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24.10.2001
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Willst du?

"Du hättest dich wenigstens verabschieden können."
Alex betrachtet sie, während in ihm Wut und Zuneigung ihren üblichen Ringkampf austragen. Corinna wirkt still, schüchtern, verstört, ist so alles andere als sie selbst. Ihre schmalen Hände, der Nagellack blass und zerkratzt wie ein Spiegelbild ihrer Seele, falten sich zitternd über dem unbeteiligten Leben, das in ihr wächst.
"Ich weiß."
"Ich hab mich ja inzwischen daran gewöhnt, dass du alle Nase lang aus meinem Leben verschwindest..." Er hält inne. Was soll er sagen? Er könnte ihr eine Million Vorwürfe machen. Zum Beispiel darüber, dass sie sechs Monate nichts von sich hat hören lassen, um jetzt völlig am Boden und hochschwanger zurück zu kommen und ihm wieder mal ihr Leben vor die Füße zu spucken, damit er sich um alles kümmert. Und er weiß, was er eigentlich tun sollte. Weiß, dass er genau dazu niemals fähig wäre. Am liebsten würde er laut schreien.
"Ich weiß, ich hab eine Menge Fehler gemacht", sagt sie leise. "Deshalb bin ich ja hier. Ich möchte endlich mal was richtig machen."
"Ist es das, was ich für dich bin?" Er ist verletzt, und sie soll es verdammt noch mal ruhig spüren können. "Der sichere Weg?"
"Ist das so schlimm?" Ihr Blick wird tief und seltsam verletzlich. "Es gibt keinen Menschen, dem ich so vertraue. Keinen, der mir so viel bedeutet."
"Eine seltsame Art, mir das zu zeigen..."
Sie erbebt, bäumt sich plötzlich innerlich auf. "Denkst du, ich weiß nicht, wie beschissen ich mich verhalten habe?" Die Worte zittern, genau wie ihre Hand, die sich zur Faust ballen will und auf halbem Wege innehält, zuckt, als wolle sie nach etwas greifen, das nicht mehr da ist, mit Phantomfingern aus Eis. "Kannst du dir vorstellen, welche Angst ich hatte herzukommen - nach allem, was war?"
Er wendet sich ab. Von ihren Tränen. Ihrer Hilflosigkeit.
"Wenn ich dir soviel bedeute, warum war ich dann die ganze Zeit allein? Warum bist du dann mit einem anderen fort gegangen?" Seine Stimme – tonlos und dumpf. Gleichgültig reflektiert vom Glas des Fensters. Diese eine, entscheidende Frage schneidet eine lange Stille in den Raum zwischen ihnen.
"Weil ich dumm war", gesteht sie nach schier endlosem Schweigen schließlich ein. "Ich bin so oft in meinem Leben irgendwo fort gegangen. Aber du bist der einzige, zu dem ich jemals zurückgekehrt bin."
Vor ihm das Fenster. Jenseits davon der Winter. Und dann plötzlich ihre Berührung. Ihre Hand an seinem Arm. Ihr Kopf, der sich an seinen Rücken lehnt. Ein kleiner Punkt der Berührung, der sich groß wie die Sonne durch ihn hindurch brennt. Er fühlt sich hilflos, ausgeliefert. Gegen diese Attacke besitzt er keinen Schutz. Seine Wut, seine Angst, seine Zweifel - alles ist machtlos gegen die Gewalt dieser zaghaften Berührung.
"Alles wird so sein, als wäre ich nie fort gewesen. Als hätte es nie jemand anderen gegeben." Ihre Hand streichelt über seinen Bauch, ihre zitternde Stimme schleicht durch den Stacheldraht um seine Seele. "Schlaf mit mir. Hier und jetzt. Das hast du dir doch immer gewünscht. Wir werden einfach so tun, als sei es dein Kind. Unser Kind..."
Lügen wir uns ruhig was vor, denkt Alex bitter. Warum jetzt damit aufhören?
"Liebst du mich?", fragt er leise.
"Du bist gut für mich. Das weiß ich jetzt."
"Das beantwortet meine Frage nicht."
Sie zögert. Ihre Hand streichelt sich durch dicke Schichten der Furcht, gräbt sich unter sein Hemd, bis sie warm auf seiner nackten Haut zur Ruhe kommt.
"Was bedeutet Liebe?", flüstert sie dann. "Ich war so oft sicher, ich würde lieben. Schau dir an, wohin es mich gebracht hat."
Er dreht sich um. Ihr Blick trifft ihn wie eine Gewehrkugel. So hat sie ihn noch nie angesehen. Ihr "Ich will dich!"-Blick. Früher hätte er dafür getötet, dass sie ihn nur ein einziges Mal so ansieht. Jetzt, da es soweit ist, wühlt es ihn auf, ein Haifisch, der sich durch seine Eingeweide schlängelt, um sich beißt, frisst und tötet, was an Widerstand noch übrig sein will. Ihr Kuss, die ultimative Waffe, brennt auf seinen Lippen. Ihre Worte plätschern durch dieses Feuer hindurch, wie Sonnenstrahlen durch ein Blätterdach.
"Wir können eine Familie sein. Für immer zusammen. Wäre das nicht wunderschön?"
Ihr kleiner Kopf an seiner Brust. Sein ganzer Körper zittert unter der Last ihrer Nähe. "Ich werde nie wieder fortgehen. Ich werde deine Frau sein." Sie sieht zu ihm auf, ihr blasses Gesicht immer noch schön, weil er sie niemals anders sehen kann. "Willst du?"

 

Hi Horni,

fast wünscht man, er würde Nein sagen, er würde ihr widerstehen, so wie sie seiner Frage nach der Liebe ausweicht.
Ich weiß nicht, wie groß die Wut auf Frauen ist, die diese Geshcichte mitgeschrieben hat, deine Protagonistin kommt in ihrer erpresserischen Hilflosigkeit bei mir jedenfall recht unsympathisch an. Aber zum Ausnutzen gehören eben immer Zwei.
Was mir gut gefällt, ist, dass du uns aus der Spannung der Geschichte nicht entlässt. Es ist zwar anzunehmen, dass er sie aufnimmt, aber das bedeutet eben auch, dass sie sich wieder gefangen fühlen wird, dass sie wieder ausbrechen wird, um anderswo ihr Glück zu finden. Jedenfalls ist das anzunehmen.

Ein gelungener kurzer Horni.
Nach stilistischen Feinheiten schaue ich später noch mal.

Lieben Gruß, sim

 

Hey Horni!
da ist der Text also. Die Überarbeitung gefällt mir besser, als die Vorabversion. Gelungene Überarbeitung.

Warum bist du dann mit einem anderem fort gegangen?
jetzt nögele ich an dem Satz schon wieder :D
nicht 2x die -m - Endung. einem anderen


"Liebst du mich?" fragt er leise.
hier fehlt das Komma noch...


Genug genörgelt.
Sehr schöne, und überraschend kurze Geschichte, die dicht geschrieben, gefühlvoll und sehr leise ist. Kommt intensiv rüber.

*gebäcktüte reich*

Lieben Gruß,
Frauke

 

Moin!

Heyho - vielen Dank für Lesen und Kommentieren!

@sim:
Dein Lob ehrt mich wie stets! :)

Dass sie unsympahtisch rüberkommt is ja okay - Konflikt braucht einen Antagonisten. Aber wenn ich eine Story schreibe, in der sagen wir mal ein Busfahrer der Antagonist ist, ist das dann auch eine "Wut gegen Busfahrer"? :susp:

Ansonsten finde ich Deine Gedanken dazu sehr interessant - offenbar kann ein Leser doch einiges an Vorher und Nachher und Dazwischen aus dem relativ kurzen (für meine Verhältnisse nahezu bonsaihaft winzigen :D ) Text herausziehen. Überrascht mich. Hatte schon befürchtet, ob der Kürze getadelt zu werden.

@Frauke:
Thanx fürs Loben und Nörgeln - sind mir doch noch ein paar der kleinen Scheißerchen durchgegangen ("anderem"... also echt... peinlichpeinlich... :rolleyes: )!

*Gebäcktüte leermampf*

Euch beiden liebe Grüße,
Markus

 

Hallo Horni,

die Geschichte ist aber wirklich ein kurzer Horni :)

Dennoch, sie hat mir wirklich gut gefallen, was u.a. auch daran lag, daß sie üble Erinnerungen in mir geweckt hat. Ich konnte die Szene bestens nachvollziehen, das elende Gehampel der Frau und die Zerrissenheit des Mannes.

Er könnte ihr eine Million Vorwürfe machen. Zum Beispiel darüber, dass sie sechs Monate nichts von sich hat hören lassen, um jetzt völlig am Boden und hochschwanger zurück zu kommen und ihm wieder mal ihr Leben vor die Füße zu spucken, damit er sich um alles kümmert.
Kurz und knapp, aber verdammt heftig. An dieser Stelle habe ich zum ersten Male meine Fäuste geballt.

"Ich weiß, ich hab eine Menge Fehler gemacht", sagt sie leise. "Deshalb bin ich ja hier. Ich möchte endlich mal was richtig machen."
Angesichts dessen, was man aus der Geschichte erfährt, möchte man Alex am Kragen packen, ihn durchschütteln und ihm geradezu einhämmern, daß er die Frau vom Hofe jagt. Du hast die Dialoge wirklich sehr realitätsnah rübergebracht, und bei mir ist da mächtig viel Wut hochgekocht.

"Ich bin so oft in meinem Leben irgendwo fort gegangen. Aber du bist der einzige, zu dem ich jemals zurückgekehrt bin."
Meine Güte, da hat der Alex aber „Glück“!

Ihr kleiner Kopf an seiner Brust. Sein ganzer Körper zittert unter der Last ihrer Nähe. "Ich werde nie wieder fortgehen. Ich werde deine Frau sein." Sie sieht zu ihm auf, ihr blasses Gesicht immer noch schön, weil er sie niemals anders sehen kann. "Willst du?"
Gut, daß du die Frage unbeantwortet läßt, obwohl seine Antwort doch recht vorhersagbar ist. Für mich ist es eigentlich klar, daß sie genau dann wieder weiterziehen wird, wenn sie den verläßlichen und sicheren Ruhepol Alex nicht mehr braucht.

Hm, ich weiß nicht, ob das jetzt eine brauchbare Kritik war, aber dazu fehlt mir im Moment ein wenig der neutrale Abstand, weil mich deine Geschichte emotional zu sehr aufgewühlt hat, was mit persönlichen Erfahrungen zusammenhängt. Bleibt eigentlich nur, Alex die Kraft zu wünschen, nicht wieder auf dieses schäbige Spiel hereinzufallen.
Auch wenn die Bibel was anderes sagt: bei diesem Mädel ist ein kräftiger Tritt in den Allerwertesten angesagt!

So! :)

Gruß,
Some

 

Hey!

ja, Markus, ich weiß, Du schreibst sonst immer ellen lange und toll ausgearbeitete Texte. Aber gegen kurz und gut spricht doch auch nix. - Nix gegen die langen, die les ich auch sehr gern!
Ich glaube, fast keine meiner KGs ist so lang, wie Deine normalen.

Aber jetzt verstehst Du vermutlich, wie mein viel gerühmter "output" (*hüstel*) zustande kommt... :D

hier ist Dir der Sprung in die andere Dimension gelungen. Sollte ich vielleicht mal als Anreiz nehmen, was richtig langes (fertig)zuschreiben. - hab mich über Weihnachten wieder mal an meine ultra-lang-Geschichte gesetzt, aber noch nix Brauchbares zum Vorzeigen.

F.

PS: ich kann Somes Reaktion nachvollziehen, ja, vollkommen. Nicht, daß mir schon mal ein schwangeres Mädchen einen Heiratsantrag gemacht hat, aber im Grundsatz.... irgendwie schon Parallelen auffindbar.
Gib dem Alex mal einen festen Tritt, damit er NEIN schreit. Muß aber einer sein, der richtig weh tut. ;)

 

Hallo Horni,

starke Geschichte! Kurz und prägnant. Meine Vorredner haben einhellig das gesagt, was im Grunde jeder denkt.

Der Beziehungskonflikt könnte sich nahtlos in die Aussage einer früheren Geschichte von dir einfügen: In beiden Fällen beschwört die Frau eine Situation herauf, die den Mann vor eine Entscheidung stellt. Eine weitere Parallele betrifft die Konsequenzen: Als Autor bringst du eine mögliche Lösung ein (Corinna bietet >Frieden< an), aber der Leser weiß nicht, ob die Darsteller sie realisieren werden.

Toll geschrieben und polarisierend: Der Leser bezieht Stellung.

Schöne Grüße,
aba

 

Wieso "jeder denkt"?
Sorry, ich finde die Geschichte grausig.
Erstens ist sie banal. Hebt sich durch kein Merkmal irgendwie von thematisch ähnlich gearteten Stories ab.
Zweitens: das Thema ist tausendmal durchgekaut, ausgespien, nochmal durchgekaut. Enttäuschter Kerl wird von reuiger Tussi "heimgesucht". Na super. Das gibt ihm Gelegenheit, ihr endlich mal die Meinung zu sagen, was er hätte schon viel früher tun müssen, aber da hat er die Zähne ja nicht auseinanderbekommen.
Du übergießt mich mit Selbstmitleid und pseudogerechter Rache, indem Du vortäuschst, Dein Protagonist könnte auch "Nein" sagen. So wie Du ihn in dem kurzen Text zeichnest, wird er das niemals tun. Auch wenn er eigentlich niemals wirklich in diese von Dir geschilderte Situation kommen will.

Was mich wirklich stört an dem Text ist, dass Du all die wichtigen Einzelheiten auslässt:
Warum ist sie denn immer weggegangen?
Warum hat er denn vorher nie die Klappe aufgemacht?
Und die allerwichtigste von allen: warum kommt sie überhaupt zurück?

Sorry, ich weiß, an jeder Geschichte hängt ein bisschen Herzblut, aber wir verstehen uns gut genug, als dass ich Dir jetzt was in die Tasche lügen müsste. Du kannst besser schreiben. Wesentlich(!) besser.

Dieser Beitrag ist, wie immer, nur meine Meinung dazu.

 

@Webby:

Boah, bist Du gämain... :D

Ernsthaft:
Im Grunde sprichst Du etliche Punkte an, wegen derer ich zunächst selber gehadert hatte, ob ich die Story überhaupt einstellen soll (ich war ehrlich gesagt von den ersten Reaktionen selber etwas überrascht). Aber dann war ich wohl auch einfach neugierig, zu wissen, was passiert. Wie es wirkt. Ob es irgendwie doch funktioniert und was und was nicht und wieso. Jetzt ist sie draußen und ich kann sehen und lernen. ;)

Was ich z.B. interessant finde, ist Somebodys Reaktion auf den Text - gewisse Register haben scheinbar eine Resonanz, weil Menschen offenbar oft ähnliche Erfahrungen machen. Da geht ja einiges ab bei ihm, vielleicht weil ein paar Worte einen Nerv getroffen haben, irgendwie. Ich wünschte, man könnte diesen Effekt berechnen! :D

Weshalb ich froh bin um jeden, der unverblümt sagt, wie der Text auf ihn wirkt. Ich muss ja dann was draus machen. Mein Job. Meine Krux. My savage amusement... *seufz*

@Abba:
Danke! (Für mehr reicht die Puste grad nich...) ;)

Gruß,
Markus

(Irgendwie total im Eimer heute - was is das bloß mit diesen Freitagen? :susp: )

 

Ein wenig, Horni, hat Webmaster schon Recht mit den Fragen:

Was mich wirklich stört an dem Text ist, dass Du all die wichtigen Einzelheiten auslässt:
Warum ist sie denn immer weggegangen?
Warum hat er denn vorher nie die Klappe aufgemacht?
Und die allerwichtigste von allen: warum kommt sie überhaupt zurück?
Gleichwohl ist dir ein schönes Stück gelungen, rührselig ein bisschen, aber schon gut geschrieben, keine Frage. Und ja, während des Lesens war mir, als ob ich diese – oder eine sehr ähnliche – Geschichte schon irgendwo gelesen hätte, keine Ahnung wo – war sie vielleicht auch von dir?

Dion

PS: ababwa, nicht „jeder“ denkt wie du, unterlasse bitte zukünftig solche Verallgemeinerungen. Und Somebody, eine hochschwangere Frau jagt man nicht vom Hof, niemals, egal was sie getan hat, und egal, ob sonst noch jemand deine Reaktion nachvollziehen kann oder gar ebenso denkt wie du, obwohl ich zugeben muss, dass mir dein Mut, ohne Not Solches von sich zu geben, imponiert.

 

@webmaster:
Ja, dein Argument hat auch etwas für sich. Es ist wohl eine Charakterfrage, auf welche Weise jeder seine Meinung sagt: Der eine schreit und tobt, der andere beherrscht sich und demonstriert seine Stärke von Innen heraus.

Außerdem: Wann, zu welchem Zeitpunkt, hätte Alex sich überhaupt äußern sollen, wenn sie doch sechs Monate lang weg war? - Zumindest kommt es in der Geschichte nicht ganz eindeutig rüber, worauf sich die Beziehung begründet hat, denn Corinna weicht der Frage, ob sie ihn liebt, ja aus.

 

@ Dion

Und Somebody, eine hochschwangere Frau jagt man nicht vom Hof, niemals, egal was sie getan hat, und egal, ob sonst noch jemand deine Reaktion nachvollziehen kann oder gar ebenso denkt wie du, obwohl ich zugeben muss, dass mir dein Mut, ohne Not Solches von sich zu geben, imponiert.
Tut mir leid, aber da weichen unsere Ansichten weit voneinander ab.
Mit Mut hat meine Aussage überhaupt nichts zu tun. Es ist schlichtweg meine Einstellung. Und ob ich diese Aussage "ohne Not" gemacht habe, kannst du nicht beurteilen. Ich weiß nur zu gut, wovon ich in meinem Kommentar gesprochen habe.
Mit ein Grund, warum Hornis Geschichte mir so nahe gegangen ist, auch wenn sie vieles offen läßt - für mich stehen zwischen den Zeilen extrem üble Dinge, die zumindest ich gar nicht detaillierter lesen muß.

Some

 

@Somebody, Horni:

Ach ja, es läßt sich wohl kaum vermeiden, wenn sich jemand mit bestimmten Situationen identifiziert, die ein anderer in seine Geschichte eingebaut hat. Mir ging es auch etliche Male so, anderen eventuell auch. Die Literatur ist schon ein sehr lehrreiches Feld über Charaktere, menschliche Schicksale und Lebenslagen. Möge jeder für sich das Richtige aus dem Gelesenen ziehen.

 

Lieber Horni!

Also mir gefällt Deine Geschichte. Erklärungen fehlen mir überhaupt nicht, meiner Meinung nach ist alles deutlich da, was für die Geschichte wichtig ist.

Alex ist einer jener gutmütigen Typen, die mit sich alles (oder fast alles) machen lassen, aus ehrlicher Liebe, die jedoch oft, wie hier, nur ausgenutzt wird.

"Schlaf mit mir. Hier und jetzt. Das hast du dir doch immer gewünscht. Wir werden einfach so tun, als sei es dein Kind. Unser Kind..."
Hier wird deutlich, daß sie ihn zuvor gar nicht wollte, aber da sie nun schwanger ist, ist er gut genug. Da ginge sie sogar mit ihm ins Bett, plötzlich, wo sie einen Vater für ihr Kind braucht. Berechnend und nur auf den eigenen Vorteil bedacht.

Und sie weiß auch, wie sie ihn herumkriegt, trotz seines aufkeimenden Widerstandes. Sein Handycap ist, daß er sie wirklich liebt, und ihr deshalb nicht widerstehen kann, ihren Geständnissen, Entschuldigungen und Berührungen.

Ihr kleiner Kopf an seiner Brust. Sein ganzer Körper zittert unter der Last ihrer Nähe. "Ich werde nie wieder fortgehen. Ich werde deine Frau sein." Sie sieht zu ihm auf, ihr blasses Gesicht immer noch schön, weil er sie niemals anders sehen kann. "Willst du?"
Eben: Er kann sie nicht anders sehen, er erliegt ihr, und deshalb wird er auch ja sagen…

»Ihr Blick wird tief und seltsam verletzlich.«
– was ist „seltsam verletzlich“? Vielleicht ist der Blick auch hilfesuchend? ;)

Am besten haben mir diese drei Stellen gefallen, die finde ich echt toll formuliert:

ihre zitternde Stimme schleicht durch den Stacheldraht um seine Seele
Ihre Worte plätschern durch dieses Feuer hindurch, wie Sonnenstrahlen durch ein Blätterdach.
Sein ganzer Körper zittert unter der Last ihrer Nähe.
Alles Liebe,
Susi :)

PS.: Bevor irgendwelche Verdächtigungen aufkommen: Die Kritik meine ich ehrlich und sie hat damit, daß Horni mir im DAU-Thread Hilfe versprochen hat, überhaupt nichts zu tun, er hat mich auch nicht darum gebeten.

 

Aber, liebe Susi, ist das denn wirklich Liebe, wenn der Protagonist sie wieder bei sich aufnähme?
Ist aus der Geschichte nicht eher herauszulesen, dass er in einer hilflosen Situation, nämlich der seiner eigenen überstarken Sehnsüchte und Bedürfnisse ist?
Weshalb wünscht man denn dem Protagonisten, er möge sich gegen sie entscheiden?`Doch deshalb, weil es ihm und ihr schaden würde, wenn sie sich wieder zusammentäten. Wenn etwas schadet, wo ist denn da die Liebe?
Nein, es geht in dieser Geschichte um Bedürftigkeiten und das fatale Gefühl, dass für einen kurzen Moment wieder zwei Zahnräder ineinanderfassen könnten, aber nur solange bis wieder eines abbricht. Und das Werkzeug der Erkenntnis hat in so einer Beziehung eine erhebliche zerstörerische Hebelkraft, um Vorhandenes zu (zer)brechen.

Zur Geschichte:
Ich finde, lieber Markus, sie liest sich sehr gut, deine Geschichte, sie ist auch in ihrer Art der Darstellung unterhaltsam und sie wirkt rund auf mich.
Ich habe sie gerne gelesen.
Was ich jedoch von dir erwarte ist eindeutig ein Mehr.
Da bist du leider Opfer deiner eigenen Vorgaben, denn es gibt hier von dir Geschichten, die wesentlich mehr emotional und hintergründig durchdacht sind und trotzdem auf hohem sprachlichen Niveau daherkommen und deine dir bekannte Wortgewaltigkeit haben.
Diese Geschichte wirkt, nachdem man die anderen kennengelernt hat, wie eine einzige jammernde Anklage an den Rest der Welt. Seht her, ich Protagonist werde wieder heimgesucht von allem Übel, ich leide.

Und exakt so sieht die Welt ja nicht nur aus. Es fehlt in deiner Geschichte für mich die Brillanz des Tiefgründigen über das Jammern Hinausgehenden. Hoffe, du verstehst, was ich meine.

Lieben Gruß
elvira

 

Moin! :kaffee:

Zunächst mein Dank an alle fürs Lesen und erst recht fürs teils recht ausführliche Kommentieren! :)

Zahlreiche Aussagen hier bestätigen im Grunde meine eigenen Vorbehalte, die ich dem Text gegenüber hatte - offenbar war die reine Konzentration auf die Situation an sich nicht die beste aller denkbaren Strategien. Schlicht zu kurz und knapp, in vieler Hinsicht, da habt ihr mehr oder weniger einhellig Recht.

Da es aber wohl auch Dinge gibt, die einigen gefallen haben oder zumindest nahe gegangen sind, war es wohl auch kein totaler Reinfall. ;)

You write - you learn.

Nochmals Euch allen mein herzlichster Dank! :)

Liebe Grüße,
Markus

(Bazillen-Mutterschiff NCC-0815D *hust*) :sicko:

 

Aber, liebe Susi, ist das denn wirklich Liebe, wenn der Protagonist sie wieder bei sich aufnähme?
Ist aus der Geschichte nicht eher herauszulesen, dass er in einer hilflosen Situation, nämlich der seiner eigenen überstarken Sehnsüchte und Bedürfnisse ist?
Weshalb wünscht man denn dem Protagonisten, er möge sich gegen sie entscheiden?`Doch deshalb, weil es ihm und ihr schaden würde, wenn sie sich wieder zusammentäten. Wenn etwas schadet, wo ist denn da die Liebe?
Ich sagte ja nicht, daß es auf Gegenseitigkeit beruht oder gar, daß es gut wäre, würde er ja sagen. Natürlich kann es nicht funktionieren. Trotzdem ist von ihm aus alles da - sie hat es aber nicht verdient.

 

Da hast du mich falschverstanden, Susi, ich hatte es schon so gemeint, dass bei beiden keine Liebe vorhanden ist.
Beide sind bedürftig. Sie nach Schutz und Absicherung, Halt und er nach Anerkennung, Nähe, Zuneigung, ja Liebe.
Die Bedürftigkeit nach Liebe ist keine Liebe, sondern nur Bedürftigkeit nach ihr. Mit all ihren fatalen Folgen.
Liebte der Protagonist sie, würde er es sich und ihr nicht antun, mit ihr zusammen zu bleiben. Er würde ihr vielleicht, soweit erforderlich, finanziell helfen, helfen eine Wohnung zu finden, sonstwie beistehen, aber er würde nicht ein künftiges Leben als Paar mit ihr zulassen, sondern nur eines unter Freunden mit der dazugehörigen Distanz.
Da er sie aber nicht liebt und sich schon gar nicht, wird er, so ja das Fazit der Geschichte, in das gemeinsame Unheil gehen.

 

Deine Meinung ist mir etwas zu vekürzt reingebrezelt, lieber Batch Bota.
Vielleicht erhellt mein Posting genau vor deinem meine Ansicht etwas besser. Wenn nicht, wäre ich um mehr erklärende Worte von dir, dankbar. :)

 

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