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Windrad

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11.09.2001
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Windrad

Ich konnte nicht mehr. Mir war die Puste ausgegangen.
Früher drehte ich einfach meine Runden. Jeden Tag, jede Stunde drehte ich mich im Wind.
Jetzt war es mühselig. Immer wieder war ich nahe daran, vor Erschöpfung aufzugeben.
Doch ich sah sie stehen. Sie warteten, wenn ich mal eine Pause machte. Am Anfang standen sie noch aufmunternd, lächelnd da. Dann war es ein ernster, erwartungsvoller Blick. Die Zufriedenheit, wenn ich mich dann weiter drehte, liess mich wieder Kraft schöpfen. Denn es war mein Job, meine Aufgabe, mich für sie zu drehen.
Dann standen sie grimmig da, wurden fast zornig, wenn ich zu lange still stand.
Wo ist ihre Geduld geblieben, dachte ich mir, während ich wieder mühevoll anfing, meine Kreise zu ziehen. Früher hatten sie sich um mich gesorgt, mich aufmerksam beobachtet, wenn ich eine Pause eingelegt hatte.
Ich fühlte mich ausgelaugt. Den Schwung für die erste Runde zu bekommen, fiel mir immer schwerer. Und lange hielt ich auch nicht mehr durch. Immer öfter stand ich still. Immer öfter standen sie mit diesem enttäuschten Blick vor mir. Immer öfter wurde ich traurig. Keine Hoffnung, keinen Antrieb mehr.
Bis ich eines Tages ganz still stand. Ich sah sie kommen, schimpfen, reden und wieder gehen. Ich versuchte es, wieder und wieder. Wenige Milimeter bewegte ich mich. Doch den Schwung fand ich nicht.
Ich war allein. An manchen Tagen fehlte mir ihr Lachen, das sie zeigten, als ich mich für sie gedreht hatte. An anderen Tagen genoss ich die Ruhe.
Eines Tages bekam ich wieder Hoffnung. Ich bemerkte einen Windhauch, spürte, wie sich etwas in mir regte. Ärgerte mich dann, als ich sah, dass nicht ich es war, die den Windhauch erzeugt hatte. War traurig, weil ich immer noch nicht den Schwung zum Glücklich machen wiedergefunden hatte.
Er kam wieder, dieser Windhauch. Spielte mit mir und meinen Hoffnungen.
Irgendwann hörte ich auf, mich über diese Spielchen zu ärgern und konnte es kaum abwarten, ihn wieder zu fühlen. Ich lachte, wenn ich das leichte Kitzeln spürte.
Und dann drehte ich mich wieder. Ich war erstaunt. Wunderte mich, als ich schon einige Kreise gemacht hatte, wie leicht es war.
Sie kamen wieder, schimpften darüber, dass ich so lange still gestanden hatte. Aber sie blickten zufrieden.
Doch mich interessierte ihre Zufriedenheit und ihr Lachen nicht mehr. Ich freute mich über mich selbst und dankte dem Windhauch, der für mich dagewesen war.

 

Hallo MartinaP,

Eine interessante Schreibübung, aber keine gute Geschichte. Obwohl formal nicht viel auszusetzen ist (vielleicht nochmal gegenlesen), bietet die Geschichte keine interessanten Einblicke. Das Windrad dreht sich, hält an und dreht sich irgendwann wieder. Hm. Da fehlt es an Potential.

Gruß,
HienTau

 

Hallo MartinaP,

auch wenn dieser Momentaufnahme die Handlung zur Geschichte fehlt, hat mir die Symbolik des Windrads gefallen. Alles muss immer schneller gehen, die Ungeduld wächst, glücklich diejenigen, die sich nicht abhängig von der Anerkennung anderer machen sondern aus eigenem Antrieb handeln.

Da liegt aber der Haken, weshalb das Symbol für mich dann doch nicht funktioniert: Das Windrad dreht sich nicht aus eigenem Antrieb, es braucht den Wind. Du schreibst

Die Zufriedenheit, wenn ich mich dann weiter drehte, liess mich wieder Kraft schöpfen.
und signalisierst damit, dass das Rad einen Einfluss darauf hat, ob es sich dreht oder nicht, dass es von selbst wieder Kraft schöpfen kann. Aber dem ist doch eigentlich nicht so, oder? Das Rad ist dem Wind völlig ausgeliefert, auf das Ausmaß seines Antriebs hat es leider keinen Einfluss. Somit bleibt die Vorstellung der Selbstbestimmtheit, die das Windrad hat, nur Illusion. Wenn du dies verdeutlichen wolltest, ist dir das gelungen.

Schade übrigens, dass du die "Auflösung" direkt in der Überschrift verrätst.

Liebe Grüße,
Juschi

 

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