Moi My Lady,
hmmm, eine schwierige Sache - 1.P.-Täterperspektive und innere Stimme um Schuld/Unschuld, besonders wenn in Kriegskontext. Ich hab es auch grad versucht (nicht gepostet) und mir sagen lassen müssen, daß man, selbst wenn man es vermeiden wollte, leicht zu Schlagworten greift. Wobei dann das Drama flott in phrasenhaften Kitsch übergehen kann.
Auch wenn ich sehe, daß Du Dir viele Gedanken gemacht hast: letztlich funktioniert dieser Text für mich nicht.
Das hat mehrere Gründe:
* der Sprachstil rutscht zwischen banaler Alltagssprache und Pathos hin und her, ohne daß ich einen Grund dafür erkennen kann. Besonders unangenehm hier:
Wie war das doch gleich mit
versus
Als Vorzeigeobjekt für alle Täter und Opfer?
Fällt aus dem Charakter, vom Sprachstil her. Ein Vorzeigeobjekt ist auch eher z.B. eine Luxuswohnung, die zum Verkauf steht.
* Traum: Ja, tatsächlich nicht gern gesehen, weil man sich als Leser dann ätschibätsch verschaukelt vorkommt, und letztlich fragt, warum man sich engagiert hat. Hier anders verwendet, dafür aber andere Problematik: das ist so kein Traum. Das ist ein bewußter, wacher, innerer Monolog mit kulturellen, religiösen und ethischen Querbezügen/Zitaten. Hier ist keinerlei Traumlogik zu erkennen. Die Wahl, das so zu verpacken, finde ich daher inkonsequent und auch dem Text nicht zuträglich. Es wirkt völlig unglaubwürdig.
* Die Überlegungen zu Schuld / Unschuld bringen mir nichts, was ich nicht schon wußte, genauso gelesen habe. Mitläufer, Leute tot, Kameraden verstümmelt (auch: das Bein bringt die Antwort ist unangenhem flapsig, auch nicht glaubwürdig in diesem Zusammenhang). Das christliche Motiv mit all diesen Geboten und Figuren (die mir nur zum Teil was sagen) empfinde ich als aufgepfropft - ist das der Standpunkt eines Mannes, der im Krieg war und gelitten hat, Leid gebracht? Es klingt unglaublich abstrahiert statt erlebt, vielmehr wie eine Parabel.
* Aussagen kommen in gleicher Weise immer wieder - das macht nicht den Eindruck, der Prot würde sich in etwas reinsteigern (wie auch, er hatte ja geträumt, nach der Logik hier), sondern die Autorin hätte ihren Worten nicht vertraut, und wolle das aber auch ohne jeden Zweifel dem Leser reinreiben.
* Mir fehlt Ambivalenz. Der Prot wirkt nicht lebendig auf mich, seine Gedankengänge sind zu konform mit dem, wie wir alle über den/die Kriege denken sollen. Mir wird als Leser keine 'Leine' gelassen, wie ich das einzuschätzen habe. Es wird keine Chance gelassen, anders zu denken, als vorgegeben, man fühlt sich fast, als hätte man Scheuklappen auf. Lebendigkeit und Ambivalenz würden hier Realität vermitteln, Unmittelbarkeit. So habe ich fast den Eindruck eines Pamphlets der Zeugen Jehovas, was sicher nicht Deine Absicht war.
Dir fehlen circa zwei Dutzend Kommata im Text, teils sind die Fehler sinnentstellend:
Bin ich nun Täter oder Opfer,(KOMMA??) in der Rolle(KOMMA) welche mir auf erzwungen wurde?
Sie schauen mich jedenfalls an, als wäre ich ein Verbrecher.
sei ich ein Verbrecher, da ja hier Präsens.
auf
gezwungen / auf
erlegt > falsch zusammengesetzter Begriff
Den ersten Satz verstehe ich vom Bezug her nicht:
Bin ich Täter oder Opfer? Ok, schnall ich.
In der Rolle, welche ... Ich bin Täter, in einer Rolle, die mir aufgezwungen wurde? Oder Opfer, in einer Rolle, die mir aufgezwungen wurde? In welche gezwungen? Hier bedeutet es von der Wortfolge her, als werde die Rolle nun gar nicht benannt. Was Du meinst ist wohl: Er fühlt sich wie ein Opfer. Aber die Rolle des Täters wurde ihm aufgezwungen. Oder er fühlt sich wie ein Täter, und die Rolle des Opfers ... ? Das ist nicht klar ausgedrückt. Umso ungünstiger, da es der Einstieg ist.
Ich liege in meinem Bett und kämpfe lediglich mit den Toten, die sich nicht mehr verteidigen können.
Ein doppeltes Bild, das sich beißt, lieber nur eine Aussage: Er kämpft mit den Toten,
oder er tötet die, die sich nicht verteidigen können. Eigentlich stimmt die Aussage eh nicht, denn er kämpft nicht, sondern wird angeklagt von den Toten. Sie sind die aktiven, die ihn 'bekämpfen'. Dem Text fehlt an einigen Stellen die interne Logik.
anderen
Die Toten, die durch meine Hand gestorben sind(KOMMA oder besser Gedankenstrich) in einem Krieg(KOMMA) zu dem ich gezwungen wurde.
Aber er sagt oben, er habe aus Feigheit mitgemacht. Das wirkt auf mich nicht ambivalent, sondern falsch widersprüchlich. Ein bissl hab ich dadurch den Eindruck, daß Du verschiedene Bilder im Kopf hattest, wie Dein Prot denken soll, aber diese nicht auf ihre Stimmigkeit überprüft wurden.
Für die Wechsel zwischen Präteritum und Präsens kann ich keinen Sinn entdecken - das würde ich angleichen auf eine Zeit; oder auf zwei, die dem tatsächlichen Ablauf folgen. Historisches Präsens - falls es das sein sollte - ist äußerst unelegant.
Nein, ich wusste es damal nur nicht besser.
damals
Ich dachte an den Zweiten Weltkrieg - aber letztlich ist das wurscht. (Positiv gesehen). Ich dachte nur, Du versuchst zudem noch, das Thema Nazi ja/nein zu umschiffen.
So, jetzt schreibe ich meinen Text um, ich sehe, daß Klischees in den eigenen Augen mehr als ein starkes Bild erscheinen, in fremden aber platt und abgegriffen wirken. Von daher durchaus ein Lob an Dich, es mit dieser schweren Perspektive probiert zu haben, es ist tatsächlich nicht leicht.
Würde es schön finden, wenn hier noch etwas Lebendigkeit dazukäme, ein individueller Blickwinkel. Letztlich ist der plot der Totenanklage im Traum auch abgenutzt - wenn jetzt dein Prot Dinge sagen/tun würde, die man grad nicht erwartet, vllt was ganz Alltägliches, was nicht mit dem Krieg zusammenhängt, dann würde ich die Sache runder und viel interessanter finden. Traum würde nur gehen, wenn Du es schaffst, mit diesem Thema auch einer echten Traum(un)logik zu folgen, ihn nur vor Gericht oder besser nur kämpfen zu lassen, und alle geordneten Gedanken zu streichen. Sonst ausschließlich als bewußte Reflexion darstellen.
Momentan wirkt der Text nicht wie eine KG auf mich, sondern eine in einen Protagonisten gekleidete Meinung zu einem Thema.
Herzlichst,
Katla
P.S.
Der Titel gibt zu viel von der Geschichte preis, und ist zu sehr Wertung, die dem Leser vorgegeben wird. Da würde ich zu etwas raten, das neugierig macht (auf den plot), aber neutral bleibt (Aussage), was man davon zu halten hat.