Wir vergessen uns
Wir vergessen uns.
Ein langer Gang. Unzählbar viele Türen. Sie drängen um mich herum, ich kann vor lauter Menschen kein Gesicht mehr sehen. Aber sie halten mich aufrecht. Gemeinsam drücken wir uns zwischen die Wände durch, und ich spüre ein Pochen, ein rhythmisches Zusammenziehen und Auseinanderdrücken. Es kommt nicht von den Seiten, es hat seinen Ursprung hinter meinen Augen, und ich muss denken. „Du bist die Wolkentochter“, hat er gesagt. Es pocht weiter. Ich weiß nicht, wie ich hergekommen bin, ich kann mich aber an das Pochen erinnern, ich kenne es, ich muss schon einmal da, in diesem Gang gewesen sein und ich muss von dort hergekommen sein, wo das Klopfen ist. Ihre Hände ziehen mich weiter und es gibt kein Zurück.
Ein Netz aus schmelzenden Schneeflocken hält uns zusammen.
Eine Vorkammer. Nur eine Tür. Hier scheint das Ende zu sein, ich bin nun hinter meinen Augen aber ich bin noch nicht da. Ich fühle das Klopfen direkt auf meiner Haut. Eine Ahnung steigt in mir hoch, und Erinnerungen. Ja, ihre langen Finger haben mich weiter und weiter weggezogen und irgendwann ließ ich los und dann waren sie weg und ich lief zurück zum Pochen. „Pass auf, sonst frisst dich die Sonne wie Watte und spuckt dich aus“, hat er gesagt. Es ist ganz dunkel hier und laut, man könnte verrückt werden. Auch wir haben uns von der Stelle bewegt, auch wir haben uns verrückt.
Ich will reißfestes Papier.
Es klopft an der Tür. Ich mache auf und kein Mensch steht da. Nun bin ich hier, von wo ich gekommen bin. Aber es war anders, damals. Der Raum ist groß, und es tropft von der rötlich schimmernden Decke. Es ist fürchterlich kalt, und es sieht aus, als wäre schon lange keiner mehr an diesem Ort gewesen. Das Pochen verlangsamt sich bis es schließlich ganz aufhört. „Hier möchte ich von über mir heruntertropfen. Hier will ich sterben“, denke ich. „Pass auf, dass du nicht zu regnen anfängst“, hat er gesagt. Ich mag Glanz auf Wangen und tropfe mir Tränen in die Augen. Es gibt kein Zurück. Nicht, wenn man alleine zurückkehrt.