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Wir waren wie Uranus und Neptun

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08.02.2016
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Wir waren wie Uranus und Neptun

Du bist wie einen Sechstklässlerin, die den Namen ihres Schwarms mit Herzchen verziert in ihr Schulbuch schreibt, das sie eigentlich am Ende des Jahres wieder abgeben muss. Für dich muss hier und jetzt aber ein Bierdeckel reichen. Du bist langsam beim Schreiben der einzelnen Buchstaben und fährst jeden noch einmal nach, fast so, als wolltest du sicher gehen, auch wirklich keinen vergessen zu haben. Als du fertig bist, siehst du den Namen lange an und seufzt dabei leise und gleichzeitig so theatralisch, dass ich glauben muss, du würdest eine dieser Seifenopern mimen, über die wir uns sonst immer lustig machen.

Der Name ist von der unromantischen Sorte. Harald. Du schwärmst schon die ganze Zeit von ihm und jetzt lese ich, dass er Harald heißt. Er ist so alt wie wir, sagst du. Wir sind 22, sage ich und du hast Harald auf einen Bierdeckel geschrieben. Harald hat kein i. Kein Anlass für ein Herz also, denke ich, bis du eines vor das H und eines nach dem D auf dieses zusammengepresste Altpapier setzt.

Du erzählst mir, wie ihr euch in der Uni kennengelernt habt und dass es für dich im Studium jetzt so leicht sei einen Mann zu finden, da die Frauenquote im Fach Maschinenbau ja nicht so hoch sei. Dabei hast du einen Freund. Aber es ist nicht sein Name, der auf dem Bierdeckel steht. Was soll ich dazu sagen? Dass es moralisch nicht korrekt ist? Dass es unfair ist? Unehrlich? Dass du kein Herz hast? Du hast ihn schon einmal betrogen und er hat es herausgefunden. Damals dachte ich schon, dass das jetzt meine Chance wäre, dir das Papier zu geben, auf dem dein Name steht. Aber er hat dir verziehen und ich habe das Papier einfach wieder zusammengerollt und es in einer Ecke meines Kopfes versteckt.

Harald hat langes Haar, höre ich dich sagen. Sie seien zu Dreads zusammengeflochten. Er liebe Metal. Ich frage, ob du ein Foto hast und lache dabei kindlich, als wäre auch ich nun eine Sechstklässlerin. Du bist dir nicht sicher, holst aber dein Handy aus der Tasche und durchforstest die Medienbibliothek. Während du suchst, bestelle ich noch eine Tasse dieses grünen Tees, den ich so liebe und den es nur hier gibt. Es ist sehr warm heute, eigentlich schon zu warm für einen warmen grünen Tee auf der Terrasse unseres Lieblingscafés, aber dein Glas ist fast leer. Dieser Tee ist meine Eintrittskarte zu „Warten auf Godot“. Und wenn er wirklich nicht kommt, kann ich dann für immer mit dir hier sitzen? Und warten?

Du findest tatsächlich ein Bild und zeigst es mir schüchtern und gleichzeitig auch voller Stolz. Du betonst noch einmal sein langes Haar und erinnerst mich an deinen Langhaar-Fetisch. Mein Haar ist länger als seines. Damals hast du es immer wieder gebürstet und gesagt wie sehr du es liebst. Es sei so weich und fein, viel schöner als dein asiatisches Haar. Ich konnte das nie verstehen, denn dein Haar war Seide für mich. Wie lange ist es eigentlich her, dass ich es zuletzt berührt habe?

Du packst das Handy nicht zurück in die Tasche, sondern lässt es auf dem Tisch liegen. Der Bildschirm versucht in den Himmel zu starren. Ein Sonnenschirm hindert ihn daran. Damals hast du einmal gesagt, dass wir wie Himmel und Meer seien. Weit voneinander entfernt und doch zueinander gehörig. Der Himmel spiegelt sich im Meer, das so zum Himmel auf Erden wird. Die Fische sind die Vögel des Wassers und die Vögel schwimmen am Firmament. Himmel und Meer sind eine Einheit; sie sind verbunden am Horizont und werden eins, wenn es Nacht wird.

Immer wieder siehst du sein Bild an. Du hast bereits den Bierdeckel mit Herzen verziert und deshalb beobachte ich einzig deine Hand, von der ich nicht hoffe, dass sie bald eine dieser kitschigen Filmgesten nachahmen wird. Oder wirst du doch mit deinen Fingern die Konturen dieses Mannes auf diesem kleinen Bildschirm abtasten?

Der Tee kommt, nun liegt es an mir, wie lange wir hier noch sitzen werden. Willst du nicht auch noch etwas bestellen, frage ich, aber du schüttelst nur lächelnd den Kopf und schaust auf deine Uhr. Hast du noch etwas vor? Ich nippe ganz langsam an meinem Tee. Er ist noch zu heiß. Darum lasse ihn eine Weile stehen, während du davon erzählst, wie du mit Harald und ein paar ausschließlich männlichen Kommilitonen vor Kurzem nachts am großen Teich übernachtet hattest. Es war aufregend über den Zaun zu klettern, wo ihr doch vorher noch dieses Schild gelesen hattet: „Unbefugtes Betreten verboten!“ Ihr hättet euch beinahe geküsst, sagst du. Aber dann habt ihr doch nur da gesessen und er habe irgendwann seinen Arm um dich gelegt.

Was du jetzt tun sollst? Ich nippe an meinem Tee und denke, dass du die Schublade in meinem Kopf öffnen solltest. Du musst herausfinden, was du wirklich willst, antworte ich. Das am kalten Glas kondensierte Wasser läuft langsam über deine Finger, als du einen neuen Schluck trinkst. Es erinnert mich an damals, als meine Tränen über deine Hände liefen. Damals waren wir 17 und ich hatte gerade Himmel und Meer zu zwei unabhängigen Scherenschnitten gemacht. Und du hast noch lange versucht sie wieder zusammen zu kleben, ohne dass ich es überhaupt bemerkt habe.

Du setzt das Glas ab und seufzt. Ich erfahre mehr über Harald, ohne es eigentlich zu wollen. Er sei dir von Anfang an aufgefallen. Wegen der Haare, frage ich. Du kicherst und sagst unter anderem. Er habe auch so ein feines Gesicht, fast schon androgyn, ganz anders als David, der mit seiner Brille immer ein bisschen trottelig aussieht, wie du findest. Ja, vielleicht ist David wirklich nicht der Richtige für dich. Das habe ich immer gedacht. Du brauchst einen Menschen, der auf deiner Augenhöhe steht. David ist ein lieber Kerl, aber euch trennen Welten. Und Harald ist ein Name auf einem Bierdeckel in unserem Lieblingscafé.

Jetzt vergleichst du Harald und David. Harald sei intelligenter, gut aussehender und mysteriöser. Aber David sei bodenständig, vertrauenswürdig und so lieb, wie kaum ein anderer. Ich sage, dass man eben nicht alles haben kann und dir scheint es noch nicht mal etwas auszumachen, dass ich einen dieser Standard-Sprüche verwende, die ich eigentlich immer vermeiden will. Hast du vergessen, was das bedeutet? Hast du verlernt mich zu lesen? Ich habe dir meine Gleichgültigkeit in die Ohren gelegt und du hast sie wirklich nicht gehört? Oder willst du mich nur glauben machen, dass du es nicht verstanden hast, wenn du sagst, dass ich ja Recht habe? Ja, man kann eben nicht alles haben, wiederholst du leise. Da liegst du falsch, denke ich.

Du lässt deine Stirn auf den Tisch sinken. Auf den Bierdeckel. Es ist zum Verrücktwerden, sagst du. Ja, es ist zum Verrücktwerden, denke ich. Dein Handy vibriert kurz. Du schreckst auf und checkst sofort deine Nachrichten. Mein Tee ist bereits kalt, aber noch fast voll. Das Stück ist noch nicht vorbei, aber ich fürchte, dass diese SMS der Vorhang ist, der gleich fällt und mir zu verstehen gibt, dass jetzt die Zeit gekommen ist, um zu applaudieren. Und im Theater gibt es keine Zugabe.

Die Nachricht ist von Harald. Er bietet dir an, dich mitzunehmen, da er das Auto seiner Mutter bekommen habe. Ich frage verwirrt, wohin er dich mitnehmen wolle. Habe ich dir das nicht gesagt, fragst du. Ich schüttele den Kopf. Ihr seid zum Geburtstag eines Kommilitonen eingeladen. Er wohnt nicht sehr zentral und natürlich freut es dich doppelt, dass du jetzt mit Harald fahren kannst, weshalb du gleich antwortest. Als du das Handy wieder zur Seite legst, siehst du mich glücklich an, sodass ich für einen kurzen Moment glaube, dass dieses Lächeln nur mir gilt. Ich kann nicht anders als zurück zu lächeln. Für mich ist dieses Lächeln Träger einer Botschaft an dich, aber du bemerkst wahrscheinlich noch nicht einmal, dass ich überhaupt lächle. Eine Reaktion wie diese ist für dich nur noch wie ein Reflex. Freundinnen lächeln eben zurück, wenn du sie anlächelst. Darüber denkt man nicht nach. Es war einmal, dass jedes Wort, das ich sagte, jede Bewegung, die ich tat, ihre ganz eigenen Spuren in deiner Erinnerung hinterließ.

Jetzt überlegst du, was du anziehen sollst. Es ist eine Gartenparty. Vielleicht das Sommerkleid, das wir kürzlich zusammen gekauft haben, schlage ich vor. Du überlegst kurz und sagst dann, dass es ein bisschen zu süß sei. Ich habe das Kleid ausgesucht und als du dich im Spiegel in der Umkleidekabine betrachtet hast, warst du noch so begeistert. Du bist mit den Händen deinen schlanken Körper entlang gefahren. Es war schwer für mich, alleine mit dir in der Kabine. Es war schwer einfach nur zu sagen, dass es wirklich sehr schön sei und dir einfach ausgezeichnet stehe, während ich gleichzeitig daran dachte, dass deine Haut damals wie Blindenschrift für meine Hände gewesen war. Ich kannte jedes Wort in und auswendig. Wir lernten schnell einander zu lesen. Kein neues Wort war lange unbekannt, weder auf deiner noch auf meiner Haut. Es ist in mein Gedächtnis gebrannt. Das Tattoo der Geschichte deiner Haut. Ich kann es nicht mehr loswerden.

Vielleicht doch lieber eine Jeans und dieses sexy, schwarze Neckholder-Top, überlegst du. Ich nippe wieder an meinem Tee und sage dann, dass das nach einer guten Idee klänge. Du seufzt wieder und bist dann für eine ganze Weile still, wahrscheinlich immer noch in Gedanken an das perfekte Party-Outfit. Manchmal entschlüpft dir ein Wort oder ein Satzfetzen. Minirock. Ein einfaches T-Shirt. Nein es muss sexy sein. Wir sind 22, denke ich.

Noch während du nachdenkst klingelt plötzlich dein Handy. Du schreckst wieder auf, greifst aber voll Freude nach dem Telefon und gehst ran, ohne nachzusehen, wer es ist. Der Veränderung deines Gesichtsausdrucks nach zu urteilen, ist es nicht Harald. Du siehst mich kurz an und formst mit deinen Lippen das Wort David. Ich kann nicht hören, was er sagt, aber du bist nicht erfreut darüber. Mit jeder Antwort, die du gibst, wird deine Stimme schneidender, verletzender und lauter. Du schreist nicht, aber du bist bestimmt. Anscheinend hattest du ihm davon erzählt, dass du heute Abend ausgehen würdest. Und anscheinend hat er das vergessen. Mir galt dieser Ton nie. Kein einziges Mal. Aber ändert das etwas?

Du legst aufgebracht auf. Immerhin hast du noch Ciao gesagt. Dann verschwindet der letzte Schluck deines Eistees in deiner Kehle. Nicht klatschen! Nicht klatschen! Es ist noch nicht vorbei! Oder seht ihr den Vorhang?

Ob es zu viel verlangt sei, dass er sich deine Termine merke, fragst du? Ich antworte mit nein, höre die Stimme in meinem Kopf aber fragen: Kennst du denn seine? Das ist schon immer so, sagst du. David sei viel zu unaufmerksam und würde sich anscheinend auch nicht dafür interessieren, was du so machst. Ich merke an, dass er dann nicht angerufen hätte, um sich zu erkundigen, ob du am Abend Zeit hättest. Du schweigst kurz und sagst dann, dass es darum nicht ginge. Ich frage dich nicht, worum es denn dann ginge, aber das interessiert dich nicht und du fährst fort. Bevor ihr zusammen gekommen seid, habe er sich noch richtig angestrengt. Er konnte sich alles merken und habe dir jeden Wunsch von den Lippen abgelesen. Das habe dir imponiert. Am Anfang der Beziehung war es auch noch so. Aber nicht lange. Das ist nun mal so, sage ich. Der anfängliche Zauber verschwinde eben nach einer Weile. Wieder wundert es dich gar nicht, dass ich dir einen neuen Standard-Spruch an den Kopf werfe. Du sagst, dass das ja klar sei, aber es solche Momente wie mit Harald am Teich, mit David einfach nie gegeben habe.

Im Sommer als wir 16 waren, haben wir auf der großen Terrasse bei mir zuhause gesessen und den Sternenhimmel betrachtet. Wir hatten Glück, dass der Himmel so klar war. Du fragtest, ob man Planeten sehen könne und ich zeigte dir die Venus. Sie ist schön, sagtest du, aber ich liebe den Neptun. Denn auch wenn die Venus die Göttin der Liebe sei, verkörpere doch Neptun, der Gott des Meeres, die bedingungslose Liebe. Dann sagtest du, wo Venus sagt „Ich liebe dich, wenn du mich liebst.“, sagt Neptun „Ich liebe dich, weil es meine Natur ist zu lieben.“. Dann war alles ganz still und wir haben uns nur angesehen bis du plötzlich verschämt zu kichern anfingst und sagtest, dass du das irgendwo gelesen habest, dich aber nicht mehr daran erinnern könnest wo. Ich kicherte mit, blickte wieder in den Himmel und sagte, dass es schade sei, dass man den Neptun nicht mit bloßem Auge sehen könne. Was mein Lieblingsplanet sei? Uranus, sagte ich, denn er ist Herrscher über Himmel und Wind. Dann lächeltest du wieder und sagtest: „Das passt ja.“ Damals haben wir uns nicht nur beinahe geküsst.

Die Kellnerin kommt und fragt dich, ob du noch etwas bestellen möchtest. Mich fragt sie nicht, denn meine Tasse ist noch immer fast voll. Du verneinst, bittest aber gleichzeitig um die Rechnung. Die Kellnerin geht und ich hoffe, dass sie genau jetzt ihr Kurzzeitgedächtnis ausschaltet. Du sagst, dass du dir einfach nicht vorstellen könnest, dass David derjenige sei, den der Mann im Mond mit dir verbunden habe. Du weißt, dass ich diese Geschichte kenne und deshalb erfordert es keine weiteren Erklärungen. In einem Buch hatten wir einmal dieses Bild gesehen. Dieses Bild zweier Menschen, die im Wirrwarr eines roten Fadens eingefangen waren. Beim genauen Hinsehen konnte man erkennen, dass der Faden jeweils am rechten kleinen Finger beider Personen festgebunden war. Während ich das Bild einfach nur bewunderte, hast du mir erklärt, dass dies auf einer ostasiatischen Legende beruhe. Der Mann im Mond verbinde zwei Menschen, die füreinander bestimmt sind, über einen roten Faden an ihren kleinen Fingern.

Ich sage noch einmal, dass wir 22 sind. Müssen wir jetzt schon wissen, wer für uns bestimmt ist? Du siehst mich an und sagst nichts. Für eine Weile herrscht einfach nur Schweigen. Irgendwann senkst du den Kopf und sagst, dass im Moment alles nicht so einfach sei. Ich als Single könne das wahrscheinlich auch nicht ganz nachvollziehen, fügst du hinzu. Wahrscheinlich nicht, sage ich und frage mich dann, wann du aufgehört hast daran zu glauben, dass das Ende deines Fadens an meinem Finger hängt?

Ich sehe die Kellnerin von Weitem auf unseren Tisch zukommen. Du holst dein Portemonnaie aus der Tasche und packst stattdessen dein Handy wieder ein. Wir bezahlen getrennt. Die Kellnerin verschwindet. Du packst auch das Portemonnaie wieder weg und machst dich breit zu gehen. Als du mich auffordernd ansiehst, merke ich an, dass ich meinen Tee noch nicht ausgetrunken hätte und ob du nicht noch eine Weile warten könntest, bis ich fertig sei. Du siehst auf die Uhr und schüttelst den Kopf. Du würdest in drei Stunden abgeholt werden und müsstest noch nach Hause, um dich umzuziehen. Ich wisse doch, dass man von hier aus mit dem Bus fast eine halbe Stunde bis zu dir brauche. Wieder wartest du mit diesem auffordernden Blick. Ich entschuldige mich und sage, dass ich nicht gewusst habe, dass du heute Abend noch eine Verabredung hast. Es wäre in Ordnung, wenn du schon gingest, meinen Tee wolle ich nämlich gerne noch trinken, du wüsstest doch, dass es den nur hier gibt. Ohne zu zögern sagst du ok mach‘s gut, drückst mich noch kurz zum Abschied und gehst um die Ecke in Richtung Bushaltestelle. Ich sehe noch in deine Richtung, obwohl ich dich schon längst aus den Augen verloren habe. Keine Minute später kommst du wieder um die Ecke und rennst auf mich zu. Ich lächle wieder. Kommt der Bote dieses Mal an?

Du bist völlig außer Atem, als du ankommst und sagst, dass du etwas vergessen habest. Du packst den Bierdeckel ein, drückst mich noch einmal lächelnd und sagst bereits davonlaufend, dass du dich bei mir melden würdest. Das Letzte was ich sehe, ist dein lächelndes Gesicht und eine winkende Hand, die den Bierdeckel fest umklammert hält. Früher, als ich noch klein war, habe ich Bierdeckel immer so lange in beide Richtungen umgeknickt, bis sie zerrissen sind.

Ich trinke den Tee aus.​

 
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Hallo Amahagane

und herzlich Willkommen hier bei den Wortkriegern.

Ich habe mit etwas Mühe deine Geschichte bis zum Ende gelesen, weil es mich sehr angestrengt hat, diese Anrede mit dem Du bis zum Ende auszuhalten.
Das ist nicht optimal. Entweder schreibst du in der ersten Person, aber ohne diese Anrede, oder aber in der dritten Person. So jedoch habe ich permanent als Leser das Gefühl, du sprichst mit mir - und das will ich nicht, denn ich bin ja nicht diese Person, mit der du am Tisch sitzt. Zudem liest sich das alles sehr schwerfällig, weil die Satzkonstruktionen dadurch nicht besonders geschmeidig werden können.
Das ist das eine.
Das zweite sind die indirekten Reden, die du unbedingt zur direkten umschreiben solltest.

Dann gibt es inhaltlich noch ein großes Problem für mich: Du bewegst dich nicht vorwärts in dem, was du beschreibst. Also die zwei Mädels sitzen im Café und die eine ist schon jahrelang unglücklich in die andere verliebt. Dann muss die unglücklich Verliebte auch noch aushalten, dass ihr Schwarm dauernd über Jungs redet, mit denen sie grade zusammen ist. Dieses Thema dreht sich aber im Kreis bis zum Ende - und weniger gut daran war, dass ich das schon nach ungefähr einem Drittel spürte, dass da nichts passieren wird, sondern die Unglückliche diese Situation einfach immer wieder von anderen Seiten beleuchten wird.
Lass' da irgendeine Bewegung kommen. Da muss nicht die Welt passieren, aber eine Veränderung muss einsetzen. Vielleicht, dass die Unglückliche endlich kapiert, wie bescheuert das ist, jahrelang unglücklich verliebt zu sein und sich vornimmt, anders mit der Situation umzugehen? Oder irgend sowas. So wie im Moment plätschert die Geschichte vor sich hin und nachher denke ich: Ja und?

Du siehst, da gibt es einiges zu tun :).
Pack es an, denn ich denke, es lohnt sich, zwischendurch blitzten immer wieder mal schöne Sätze hervor, die zeigen, dass da noch Potential schlummert :)

Die Erotik habe ich auch etwas vermisst, sag ich mal, wenn du sie schon bewusst taggst ;)

Liebe Grüße
bernadette

 
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Hmmm, da kann man sehen, wie unterschiedlich die Eindrücke so sind.

Aber erst mal einen Willkommengruß an dich, Amahagane, fühl dich wohl bei uns.
Was für ein eigenartiger und schöner Nickname.

Aber jetzt zur Geschichte.
Ich mag normalerweise auch nicht so sehr die Du-Anrede, hier hat es mich aber gar nicht gestört, weil die Protagonistin ja nicht mit mir, der Leserin redet, sondern immer mit ihrer Freundin. Auch die indirekte Rede hat mich nicht gestört. Ich glaube, das liegt daran, dass für mich durch die Wahl dieser beiden Entscheidungen, also Du-Form und häufige indirekte Rede so eine Art von Milchglasscheibe entstand, die zwischen mir und der Handlung liegt. Und diese Milchglasscheibe passt hier, weil alles unausgesprochen zwischen den beiden bleibt. Das, was die beiden verbindet, liegt auf einer tieferen als auf der direkten Handlungsebene. Der Text strahlt eine starke Disatnz aus, eine Distanz, auf die du es ja wohl auch abgesehen hast, nehme ich mal an. Diese Distanz passt für mich in deiner Geschichte deswegen, weil die Freundin sich ja nicht traut, ihre Liebe zu ihrer Freundin zu bekennen. Sie ist sehr still, beobachtend, tut, als wenn nichts sei, dabei ist jede Bewegung, jede minimale Aktion mit einer zweiten, tieferen Bedeutung aufgeladen. Die Du-Erzählerin ist noch immer in diesem tiefen Gefühl verloren, der Freundin zugewandt, im Du, im trauten, aber nicht ausgesprochenen Zwiegespräch, während die andere sich längst mit Gedanken an einen Harald beschäftigt. Was mir dabei gefällt, ist, dass zwischen beiden ab und an doch noch etwas aufblitzt, als würde auch die andere sich an die Gefühle zwischen den beiden (die mal früher existierten) erinnern.

Also mir gings wie gesagt ganz anders vom Eindruck her - jetzt haste den Salat. :D


Konstruktiv oder im Verbesserungs-Sinn hab ich anzumerken, dass einige Stellen grammatikalisch nicht so ganz astrein wirken - das habe ich jetzt aber nicht genau nachgeguckt, ich hatte einfach den Eindruck, ich müsste es jetzt genauer prüfen und dazu habe ich jetzt keine Zeit mehr. Es war mir, als wenn da manchmal Konjunktiv I (indirekte Rede) mit dem Konjunktiv II durcheinander gekommen wäre. Kannst ja selbst nochmal schauen, oder es findet sich ein weiterer Grammatikfuchs, der mal schaut.

Die zweite Sache ist, ich weiß nicht, ob die Stellen, wo eine Liebschaft (eine frühere) zwischen beiden angedeutet wird, ob das nicht ein ganz winziges bisschen deutlicher werden sollte. Dass du die Affäre (was immer) zwischen beiden nicht weiter beleuchtest, finde ich ansonsten relativ wurscht. deine Geschichte lebt schon sehr von der Schwebe, diesem Diffusen, das zwischen den beiden herrscht, das muss aus meiner Sicht nicht groß ausgedeutet werden.

Manchmal hast du auch Bilder, die wunderschön sind, bei denen ich aber manchmal etwas ratlos davorsaß und überlegt hab, was das nun genau zu bedeuten hat. Falls du damit nichts anfangen kannst, reich ich dir einfach bei Bedarf ein Beispiel nach. Vielleicht bin ich ja auch zu doof, die zu kapieren, aber das würdest du ja dann sehen.

Und zuguterletzt: Da ist noch einiges an Rechtschreibdingern drin, also fehlende Kommas beispielsweise. Und da ist echt ganz schön viel.

Bis hierhin mal.
Viele Grüße von Novak

 

Hallo Amahagane,

ich mochte deine Geschichte sehr, weil man erst im weiteren Verlauf den Hintergrund der beiden Personen erfährt. Trotzdem frage ich mich, woher diese Verbitterung der Erzählerin kommt? Was genau ist zwischen den Beiden vorgefallen oder auch nicht?
Ich würde noch weiter lesen wollen, aber eher mit direkter Rede. Dein Schreibstil ist zwar sehr interessant, aber leider etwas schwer zu folgen, wenn man längere Passagen vor sich hat.
Für eine längere Geschichte also sehr interessant.
Für eine Kurzgeschichte fehlt mir aber so ein wenig der Abschluss. Welcher Gedanke soll hier transportiert werden? Ich bleibe als Leserin, genauso wie die Erzählerin, verbittert zurück.

Schöne Grüße,
Cara

 
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Liebe Amahagane,
es geht mir wie Novak: Mir hat deine Geschichte gefallen, und auch die von dir gewählte Du-Form. Damit transportierst du die Traurigkeit und auch die hin und wieder aufflackernde Hoffnung deiner Prota sehr gut. Ein Problem hatte ich mit der Länge, weil ich ungefähr in der Mitte das Gefühl hatte, dass sich jetzt einiges wiederholen würde. Ganz genau kann ich das noch nicht einmal festmachen, dazu müsste ich mir alle Sätze noch einmal vornehmen. Aber da empfand ich deine Prota doch irgendwann als recht geschwätzig, so wie manche Menschen, die kein Ende finden können und beginnen, das schon Gesagte zum zigsten-Male zu wiederholen. Vielleicht geht es ja nur mir so, aber ich finde, dein Text hat ein gewisses Straffungspotential. Z.B. die Sache mit dem Kleid. Das ist so eine Stelle, die du sehr ausführlich beschreibst, bei der es aber doch nur darauf ankommt, dem Leser zu vermitteln, dass die beiden sich körperlich sehr nahe waren. Und genau das geht dann fast unter in der detailreichen Beschreibung der Überlegungen zur Kleidung.
Deine Sprache gefällt mir, obwohl ich stellenweise ein wenig das Gefühl von Singsang hatte, vielleicht, weil alles ohne Höhen und Tiefen immer auf einer Ebene blieb. Und auch das schöne Bild der Überschrift verliert sich in der Vielzahl der Gedanken. Das würde ich noch klarer ausgestalten und diese Stelle stärker gewichten. Die Überschrift gefällt mir, auch wenn sie einen Teil dessen, was du im Text entwickelst, schon vorwegnimmt, aber es ist so ein schönes Bild: die Ruhe und der Sturm.
Richtig spannend ist dein Text nicht, es entwickelt sich ja auch nichts, außer, dass immer deutlicher wird, dass die ‚Sprecherin’ der alten Beziehung nachtrauert und fast bis zum Schluss hofft, dass es für beide noch einmal eine Möglichkeit gibt.

Ich habe mir einiges notiert, was ich dir gerne vermitteln möchte:

als wolltest du sicher gehen, auch wirklich
keinen vergessen zu haben.
sichergehen
Hin und wieder machst du – wie hier – nach ein, zwei Wörtern einen Zeilenumbruch. Das würde ich korrigieren.

Harald hat kein i.
Vielleicht stehe ich auf dem Schlauch. Aber ich verstehe den Satz nicht.

und dass es für dich im Studium jetzt so leicht seiK einen Mann zu finden,

Sie seien zu Dreads zusammen geflochten.
mMn zusammengeflochten

Du betonst noch einmal sein langes Haar und erinnerst mich an deinen Langhaar-Fetisch.
Ein Fetisch ist ein Gegenstand. Hier verstehe ich das Wort nicht.

und gesagtK wie sehr du es liebst.
Der Himmel spiegelt sich im Meer, das so zum Himmel auf Erden wird. Die
Fische sind die Vögel des Wassers und die Vögel schwimmen am Firmament. Himmel und Meer sind eine Einheit; sie sind verbunden am Horizont und werden eins, wenn es Nacht wird.
Das ist sicher ein schönes Bild. So, wie du es hier präsentierst, erscheint es mir allerdings ein wenig verworren. Wenn Himmel und Meer eine Einheit sind, wieso werden sie eins, wenn es Nacht wird. Vielleicht solltest du deine Aussage beginnen lassen:
Wenn es Nacht wird, …

dass sie bald eine dieser kitschigen Filmgeste(n) nachahmen wird.
Darum lasse (ich) ihn eine Weile stehen,
Es war aufregend über den Zaun zu klettern, wo ihr doch vorher noch dieses Schild gelesen hattet: „Unbefugtes Betreten verboten!“ Ihr hättet euch beinahe geküsst, sagst du. Aber dann habt ihr doch nur da gesessen und er habe irgendwann seinen Arm um dich gelegt.
Das ist wohl einer dieser Sätze, von denen Novak gesprochen hat. Hier geht einiges mit den Verben durcheinander und auch der Anschluss mit ‚wo’ ist nicht sehr elegant.
Vorschlag:
…, obwohl ihr doch ….dieses Schild: „Ungefugtes Betreten verboten!“ gelesen habt. Ihr hättet euch beinahe geküsst, sagst du. Aber dann habt ihr doch nur da gesessen und er habe (hat) irgendwann seinen Arm um dich gelegt.
Ich würde im Indikativ fortfahren. Oder beides im Konjunktiv (ihr habet)

Damals waren wir 17 und ich hatte gerade Himmel und Meer zu zwei unabhängigen Scherenschnitten gemacht. Und du hast noch lange versucht sie wieder zusammen zu kleben, ohne dass ich es überhaupt bemerkt habe.
Ich würde ‚siebzehn’ ausschreiben.
Hier verstehe ich die Aussage nicht. Solltest du vielleicht klarer formulieren.

Du brauchst einen Menschen, der auf deiner Augenhöhe steht.
Dann würde er sie aber sicher um einiges überragen.

Jetzt vergleichst du Harald und David. Harald sei intelligenter, gut aussehender und mysteriöser. Aber David sei bodenständig, vertrauenswürdig und so lieb, wie kaum ein anderer.
Da du bei beiden positive Eigenschaften nennst, verstehe ich das ‚aber’ nicht.

Ich kann nicht andersK als zurück zu lächeln.
zurückzulächeln

Du bist mit den Händen deinen schlanken Körper entlang gefahren.
entlanggefahren

Noch während du nachdenkstK klingelt plötzlich dein Handy.
Anscheinend hattest du ihm davon erzählt, dass du heute Abend ausgehen würdest. Und anscheinend hat er das vergessen.
Warum einmal PQP, einmal Prät.?

Fazit: Ich finde die Idee deines Textes sehr schön und auch seine Umsetzung. Insgesamt erscheint er mir zu lang und enthält für mein Empfinden eine Menge, was sich kürzer fassen ließe, oder was du weglassen solltest. Dein Grundthema verschwindet in einer für mein Empfinden zu großen Beredsamkeit. Aber, das ist natürlich meine Sicht, anderen mag diese Ausführlichkeit besser gefallen.
Kritisch solltest du noch einmal die Passagen der direkten und indirekten Rede betrachten. Da wechselst du gerne den Modus.

Liebe Amahagane, auf jeden Fall habe ich deinen Text gerne gelesen.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Liebe bernadette,

vielen Dank für deinen Kommentar! Der erste Kommentar, juhuu! Da freut man sich natürlich!

Allerdings muss ich sagen, dass ich deine Anmerkungen zum großen Teil nicht wirklich nachvollziehen kann.

Dein Hinweis, dass die Anrede mit dem "Du" anstrengend und irritierend sei, höre ich zum ersten Mal (und ich habe die Geschichte schon einigen Leuten zum Lesen gegeben). Bisher hat keiner der Leser sich dadurch angesprochen gefühlt oder nicht auf Anhieb den Zusammenhang zu der anderen Person ziehen können, die am Tisch mit der Erzählerin sitzt.

Da wäre bereits das Nächste, was ich gerne anmerken würde du sagst "denn ich bin ja nicht diese Person, mit der du am Tisch sitzt". Die Erzählerin ist nicht die Autorin, auch dann nicht, wenn es sich wie hier um eine Ich-Erzählerin handelt. Ich weiß, dass man das dann gerne verbindet und dann schnell den Erzähler mit dem Autor gleichsetzt, aber dem ist nicht so, was du, wie ich denke, sicherlich auch weißt.

Die indirekte Rede ist bewusst so gewählt. Ich kann verstehen, dass einige damit Probleme haben oder der Text dadurch nicht so flüssig klingt, aber es gehört hier einfach zum Stil der Geschichte. Es ist die Sicht der Erzählerin und nur ihre Sicht. Manchmal schleicht sich auch hier und da eine direkte Rede ein. Das ist etwas inkonsistent, das gebe ich zu.

Zu der Tatsache, dass es keine Entwicklung gibt. Das ist eigentlich der Kern der Story. Die Erzählerin ist in einer ausweglosen Situation und das Traurige ist: Sie hofft dennoch weiter. Dabei gibt es nichts, dass sie noch ändern kann. Sie hat ihre Freundin als Geliebte verloren und sie wird sie wird sie nicht zurück bekommen. Es bleibt ihr nichts als die oberflächliche Freundschaft, die sie jetzt noch haben und in der nichts passiert, so wie in dieser Szene. Deswegen kann sie sich nur an die frühere Zeit erinnern, um wenigstens auf diese Weise ein kleines bisschen Tiefe zurück zu gewinnen. Also: Nein, es muss keine Veränderung einsetzen. Ich finde eigentlich sogar, dass diese "Grundregel" des Schreibens, dass die Charaktere sich entwickeln müssen etwas überbewertet und veraltet ist. Literatur ist nicht nur das, was in den Grundregeln des Schreibhandwerks steht. Deshalb wundert mich dein Kommentar etwas, da ich den Eindruck habe, dass du dich doch sehr gut mit Literatur aus zu kennen scheinst.

Das mit der Erotik ist wohl wahr. Ich wollte irgendwie noch eine Kategorie auswählen, aber die, die ich wollte gab es nicht, weswegen ich mich dann etwas blind für diese entschieden habe.

Vielen Dank nochmal für die Mitteilung deiner Sichtweise, auch wenn ich ihr nicht zustimme. Es ist interessant zu sehen, wie viele unterschiedliche Meinungen ein Text provozieren kann.

Viele Grüße
Amahagane

 
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Hi Amahagane,

Die Erzählerin ist nicht die Autorin, auch dann nicht, wenn es sich wie hier um eine Ich-Erzählerin handelt.
Ja, das stimmt schon. Du siehst ja auch an den anderen Reaktionen, dass diese Du-Anrede im Moment nur mir nicht so gefällt, also ist das zu vernachlässigen. Es assoziiert in mir so eine Haltung des Erzählers, die mir wohl nicht so liegt, dieses Drübernachsinnieren. Das kann auch dann in Verbindung mit dem Inhalt gesehen werden, weil mir die Person zu leidend ist. Da kannst du ja als Autor nichts dafür, das hat dann auch nichts mit der Qualität des Textes zu tun, sondern nur mit meinen Vorlieben. Aber nur aus der Perspektive kann ich dir das auch mitteilen.
Zu der Tatsache, dass es keine Entwicklung gibt. Das ist eigentlich der Kern der Story.
[...]

Also: Nein, es muss keine Veränderung einsetzen. Ich finde eigentlich sogar, dass diese "Grundregel" des Schreibens, dass die Charaktere sich entwickeln müssen etwas überbewertet und veraltet ist.

Jetzt verwechselst du etwas. Ich habe diese Bemerkung mit der Veränderung doch nicht erwähnt, weil das eine Grundregel ist, sondern weil ich den Text so, wie er vor sich hinplätschert, zu gradlinig, ja, irgendwann ein Stück monoton, zu jammerig finde. Es werden verschiedene Szenen beleuchtet, die für mich keine zusätzliche Information bringen, was die beiden betrifft. Wohl ist es dann nicht fesselnd genug für mich geschrieben, dass ich sagen kann, dass mir diese Standortbestimmung reicht.

Deshalb wundert mich dein Kommentar etwas, da ich den Eindruck habe, dass du dich doch sehr gut mit Literatur aus zu kennen scheinst.
Als Moderator muss man sich gut mit dem Handling der Forensoftware auskennen, das bedeutet noch lange nicht, dass ich mich mit Literatur gut auskenne :), hier gibt es einige, die viel mehr Ahnung als ich haben. Ich schreibe einfach immer auf, wie eine Geschichte auf mich wirkt, unabhängig von gängigen Mustern, die so gepredigt werden.

Das mit der Erotik ist wohl wahr. Ich wollte irgendwie noch eine Kategorie auswählen, aber die, die ich wollte gab es nicht, weswegen ich mich dann etwas blind für diese entschieden habe.
Wie hätte die Rubrik heißen sollen, die es nicht gab?

Danke für deine aussagekräftige Antwort. Weiterhin viel Spaß hier bei uns,
bernadette

 

Bisher hat keiner der Leser sich dadurch angesprochen gefühlt oder nicht auf Anhieb den Zusammenhang zu der anderen Person ziehen können, die am Tisch mit der Erzählerin sitzt.

Welche narrative Funktion erfüllt denn das "Du" hier? Warum ist die Perspektive so gewählt? Wenn nicht aus einem bestimmten Grund, nämlich der Ansprache des Lesers, den man in ein Geschehen empathisch involvieren möchte, dann ist es doch eine reine Manieriertheit des Autoren, der sich in den Vordergrund schiebt mit einem Kabinettstückchen.

 

Ähm, das verstehe ich jetzt überhaupt nicht. Nein, ich will den Leser nicht empathisch involvieren. Gemeint ist die andere Person in der Geschichte und nicht der Leser. Das kann ich als Autorin der Geschichte, die die Erzählform gewählt hat, ganz klar sagen. Das "Du" ist hier eine Verstärkung dessen, dass es sich um den persönlichen Blick der Erzählerin handelt, die an ihre Freundin denkt und sie denkt an sie eben nicht für ein Publikum. Wir als Leser befinden uns sozusagen im Kopf der Erzählerin (was man denke ich versteht) und sie spricht von ihrer Freundin deshalb als "Du" und nicht als "sie". Wenn du das als Manieriertheit abtun möchtest, dann sei es eben so. Eine Geschichte kann ja nicht jedem gefallen.

 

Hallo Amahagane,

ich habe deine Geschichte gleich beim Erscheinen gelesen und dann wieder beiseite gelegt, weil es mir wie Bernadette ging: Die Koppelung von Du und indirekter Rede fand ich einschläfernd, zum Glück gelangen dir einige schöne, weil ungewöhnliche Bilder, die mich aus der Lethargie geweckt haben. Am besten gefällt mir die Zuordnung der Sternbilder zu den Charakteren der Protagonistinnen. Danach war aber auch klar, dass eine Liebesbeziehung der beiden jedenfalls in der Zukunft keine Chance hätte. Immerhin gibt es eine Andeutung, dass Erotik zwischen beiden einmal möglich war. Und hier hätte ich als Leserin sehr gerne erfahren, warum es zuende ging, ob es zu einem Bruch gekommen war, der vielleicht nur von der Ich-Erzählerin so empfunden wird. Hier sehe ich ein echtes Spannungselement.

Dass eine Geschichte nicht jedem gefallen kann, ist - Entschuldigung! - eine Plattitüde und nicht so gut geeignet für eine fruchtbare Auseinandersetzung.

Gruß wieselmaus

 

Hallo,

ich habe dir diese Frage gestellt, weil ich diese Erzählposition nicht verstehe. Warum erzählst du diesen Text genau so? Du sagst: Tjo, ist eben so. Und ich frage dich eben, was du dir dabei gedacht hast. Ich suche mir den Erzähler, den Ton, den sound doch nach gewissen Kriterien aus, habe da ein Gefühl bei.

Das Problem bei diesem Text ist: Das sind alles Behauptungen. Du analysiert jeden Fingerzeig, aber es ist weder einer verlässliche Information, noch findet sich etwas innerhalb dieser fiktiven Welt wieder, welches deine Behauptung stützt. Deine Figuren agieren nicht. Das ist alles nur erzählt, ein Bericht, der mag zwar im Kopf deiner Protagonistin stattfinden, aber das könnte genauso gut ein Fiebertraum sein.

Für mich funktioniert dieser Text einfach nicht. Die Erzählerin berichtet in einer Innenansicht, sie erzählt sich selbst alles wieder, was gerade passiert, filtert die Echtzeit und reflektiert sie in einem Zug, kommentiert das alles auch noch, käut alles wieder, rutscht auch aus der Perspektive, wiederholt etwas, das ist halt sehr lähmend, sehr monoton, da passiert nichts, das ist alles passiv. Wenn du da Rollenprosa draus gemacht hättest, wäre es eventuell etwas anderes, aber das hier kommt mir einfach wie eine Versuchsanordnung vor. Du hast nicht sonderlich viel zu erzählen, sagst du ja selbst, es gibt keinerlei Entwicklung, und dann wirkt dieser Text für mich einfach wie ein Trick, der das verdecken soll, es aber nicht so ganz schafft, da sieht man durch, durch diesen Trick.

Entweder müsste da sprachlich jetzt etwas absolut Hochelegantes kommen, so dass ich sage, ich lese das als stilistisches Schmankerl, als Text, den man genießt und wo es egal ist, was da eigentlich drin steht, weil er nahe an der Poesie ist. Oder du erzählt das alles anders.

Gruss, Jimmy

 
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Hallo wieselmaus,

Dass einem eine Geschichte nicht gefällt, ist tatsächlich eine etwas flache Aussage, das stimmt. Es ist ja allerdings nicht so, als hätte ich in den vorhergehenden Sätzen nicht versucht, meinen Standpunkt zu erklären, was mir offensichtlich aber wohl nicht gelungen ist, was ich an der neuen Antwort von Jimmy sehe.

Ich kann nachvollziehen, wenn einem die Geschichte zu lang ist, den Ruf habe ich leider in der Tat. Der Zusammenhang zu "einschläfernd" und der Du-Form erschließt sich mir dabei allerdings nicht so ganz. Wo wäre der Unterschied zur Er/Sie-Form, was die Spannung angeht?

Den Bruch habe ich bewusst offen gelassen, aber den Einwand finde ich gut, vielleicht sollte ich dies der Geschichte hinzufügen, da ich dazu natürlich eine Backstory habe.

Viele Grüße
Amahagane


Hallo,

ich habe dir diese Frage gestellt, weil ich diese Erzählposition nicht verstehe. Warum erzählst du diesen Text genau so? Du sagst: Tjo, ist eben so. Und ich frage dich eben, was du dir dabei gedacht hast. Ich suche mir den Erzähler, den Ton, den sound doch nach gewissen Kriterien aus, habe da ein Gefühl bei.


Ich habe nicht nur gesagt, dass es einfach so ist, sondern dass es sich um eine Verstärkung der Sichtweise der Erzählerin handelt. Diese Erklärung mag dir nicht reichen, dass habe ich anhand deiner Antwort begriffen, aber ja, ich habe keine andere Erklärung. Es geht um eine Verstärkung der Intimität und darum, dass sie das alles ihrer Freundin gerne sagen würde, aber es einfach nicht aussprechen kann. Deswegen muss es hier ein DU anstelle von SIE sein.

Das Problem bei diesem Text ist: Das sind alles Behauptungen. Du analysiert jeden Fingerzeig, aber es ist weder einer verlässliche Information, noch findet sich etwas innerhalb dieser fiktiven Welt wieder, welches deine Behauptung stützt. Deine Figuren agieren nicht. Das ist alles nur erzählt, ein Bericht, der mag zwar im Kopf deiner Protagonistin stattfinden, aber das könnte genauso gut ein Fiebertraum sein.

Ja, es ähnelt einem Bericht. Das ist wahr. Ich sehe allerdings nicht, warum das die Qualität eines Textes negativ beeinflussen sollte. Mir schließt sich nicht wirklich, warum der Text nicht gut sein soll, nur weil er einem Bericht gleicht, oder vielleicht ein Fiebertraum sein könnte. Die Figuren agieren nicht? Ja und nein. Ja, weil sie tatsächlich keine großen Aktionen hervorbringen und lediglich reden. Und nein, da es hier auf die kleinen Nuancen des Umgangs der beiden miteinander ankommt, die der Leser allerdings nur aus der einseitigen Sicht der Erzählerin erfährt. Also ja, es ist deshalb eine Art "unzuverlässiges Erzählen", allerdings auch hier meine Frage: Was ist dann hier genau dein Kritikpunkt?

Für mich funktioniert dieser Text einfach nicht. Die Erzählerin berichtet in einer Innenansicht, sie erzählt sich selbst alles wieder, was gerade passiert, filtert die Echtzeit und reflektiert sie in einem Zug, kommentiert das alles auch noch, käut alles wieder, rutscht auch aus der Perspektive, wiederholt etwas, das ist halt sehr lähmend, sehr monoton, da passiert nichts, das ist alles passiv. Wenn du da Rollenprosa draus gemacht hättest, wäre es eventuell etwas anderes, aber das hier kommt mir einfach wie eine Versuchsanordnung vor. Du hast nicht sonderlich viel zu erzählen, sagst du ja selbst, es gibt keinerlei Entwicklung, und dann wirkt dieser Text für mich einfach wie ein Trick, der das verdecken soll, es aber nicht so ganz schafft, da sieht man durch, durch diesen Trick.

Dass die Erzählerin keine Entwicklung durchmacht (was ich gesagt habe) heißt noch lange nicht, dass ich NICHTS zu erzählen habe und NICHTS passiert. Was du mit diesem Trick meinst, verstehe ich nicht. Soll das meine Manieriertheit sein? Es passiert nicht nichts und ich will auch nichts verdecken. Die Mädchen reden aneinender vorbei und dadurch wird die Ausweglosigkeit der Situation verstärkt werden. Der Erzählerin bleibt nichts, als ihre Freundin zu beobachten und zu versuchen jede Geste zu interpretieren, in der Hoffnung einen kleinen Funken der Zuneigung zu entdecken, die sie früher einmal von ihr erhalten hat. Sie ist passiv, keine Frage, aber das ist ja auch ihre Tragik.

Entweder müsste da sprachlich jetzt etwas absolut Hochelegantes kommen, so dass ich sage, ich lese das als stilistisches Schmankerl, als Text, den man genießt und wo es egal ist, was da eigentlich drin steht, weil er nahe an der Poesie ist. Oder du erzählt das alles anders.

Gruss, Jimmy


Hierzu kann ich jetzt gar nichts sagen. Anscheinend findest du meine Schreibweise nicht hochelegant, aber das will ich auch gar nicht erwarten. Anders erzählen, werde ich es allerdings nicht.

Viele Grüße
Amahagane

 

Ich habe nicht nur gesagt, dass es einfach so ist, sondern dass es sich um eine Verstärkung der Sichtweise der Erzählerin handelt.

Das sehe ich eben überhaupt nicht so. Ich sehe da keine Verstärkung der Intimität. Aber ist auch egal, du möchtest gerne Recht behalten, alles okay.

dass sie das alles ihrer Freundin gerne sagen würde, aber es einfach nicht aussprechen kann.

Deswegen fehlt hier auch ein Konflikt. Deswegen sage ich, da passiert nichts. Warum sollte ich mich denn dafür interessieren, was jemand nur denkt? Sprachlosigkeit bzw eine gestörte Kommunikation kann man auch anders darstellen.

 
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Hallo Amahagane,

ich freue mich, dass du bereit bist, bei Kritik nachzufragen. Du willst wissen, warum die Du-Ansprache, wenn sie gekoppelt ist mit indirekter Rede, einschläfernd wirken soll.

Zunächst: Auf mich wirkt es so, wie das bei anderen ist, kann ich nicht sagen.

Ich habe verstanden, dass nicht der Leser, sondern die Freundin mit diesem inneren Monolog gemeint ist. An dem lässt die Protagonistin aber ihren Adressaten gar nicht wirklich teilhaben, nicht einmal in ihren wenigen ausgesprochenen Sätzen, weil diese durch die indirekte Rede jedes Gewicht verlieren. Das ist eine doppelte Glaswand. Deshalb auf mich die Wirkung: einschläfernd, Lethargie.


Du könntest die Wirkung ausprobieren, wenn du alle Sätze in indirekter Rede mal umwandelst. Vielleicht reicht es auch an einigen wenigen Stellen. Da käme eine Dynamik in den Text, eine Spannung. Die Protagonistin macht dann wenigstens zaghafte Versuche zu kämpfen. Uranus ist ja ein Herrscher, gibt ein Herrscher kampflos auf?

Noch was: Ein stilistisches Prinzip nur um des Prinzps Willen? Das wirft immer Probleme auf.

Gruß wieselmaus

 

Noch was: Ein stilistisches Prinzip nur um des Prinzps Willen? Das wirft immer Probleme auf.

Nur eine Frage: Worauf beziehst du dich denn da, wieselmaus? Jimmy hatte eine Kritik an der Du-Form. Klar. Aber die Autorin sagte doch nirgendwo, dass sie aus Prinzip die Du-Form verwendet?

Ich glaube fast, wir sollten ruhig mal grundsätzlich über Stärken oder Schwächen oder von mir aus auch absolutes NoGo der Du-Form sprechen. Ich hab mich durch die Diskussion angeregt mal ein bisschen eingelesen. Aber vielleicht sollte man das unabhängig von der Geschichte hier machen, denn das würde den Faden hier sprengen. Ich denk mal drüber nach und vielleicht mach ich das heute Abend. Jetzt leider keine Zeit mehr.

 

Hej Amahagane,

ich hab grundsätzlich kein Problem mit der von Dir gewählten Perspektive, ich hab trotzdem irgendwann abgeschaltet und den Text kaum mehr überflogen.

Der Zusammenhang zu "einschläfernd" und der Du-Form erschließt sich mir dabei allerdings nicht so ganz.
Wenn Deine Erzählerin einen inneren Monolog mit ihrer Freundin führt, entsteht dadurch eine Intimität, die den Leser scheinbar außen vor lässt. Die Wirkung ist viel weniger offen, als wenn der Leser durch die gewählte Perspektive praktisch eingeladen wird, zuzuschauen und mitzuerleben.

Kombiniert mit der Unoffenheit der Erzählerin sowohl ihrer Freundin gegenüber, der sie nicht sagt (und ich finde dafür überhaupt keinen guten Grund) was sie wirklich denkt, als auch sich selbst gegenüber, denn sie hinterfragt auch nicht ihre eigene passive Haltung, find ich dann irgendwann keinen Aufhänger mehr.

Ich kann mir gut vorstellen, dass totaler Stillstand (den hast Du hier aber nicht) oder das Unvermögen zu einer Entwicklung in irgendeiner Form qualvoll sein kann und es wert ist, beschrieben zu werden.

Du beschreibst hier, wie jemand nicht sagt, was er denkt. Nicht erkennbar ist, welche Gründe oder ob überhaupt irgendetwas dahinter steckt und das ganze bleibt ohne irgendwelche Folgen für die Handlungsträger.

Gruß
Ane

 
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Hallo Amahagane,

ich antworte hier auf eine Frage von Novak, die aber deinen Text betrifft.

Du hast geschrieben: Manchmal schleicht sich auch hier und da eine direkte Rede ein. Das ist etwas inkonsistent, das gebe ich zu.

Prinzipienreiterei ist für mich das sture Festhalten an einem Grundsatz oder hier an einem Stilelement, auch wenn es die Intention (des Autors) eher behindert als unterstützt .

Ich wollte dich dadurch nur ermutigen, keinesfalls dir Prinzipienreiterei unterstellen.
Jimmys Ausführungen hatte ich dabei gar nicht im Blick.

Novak, deine Idee für eine Diskussion über die Verwendung von bestimmten Formelementen finde ich super. Da kann ich bestimmt einiges lernen.

Gruß wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Amahagane,

ich muss sagen, dass mich dein Text vom ersten Satz an gefesselt hat. Ich hatte auch keine Probleme mit der Perspektive, der indirekten Rede, dem Du.
Es fällt mir ein bisschen schwer, die obige Diskussion zu ignorieren und deinen Text einzuschätzen.
Aber tatsächlich habe ich außer Kommasetzung keine wirklichen Kritikpunkte.
Deine Protagonistin hat mich mit ihrer Hoffnung, ihrer Resignation, ihren Ausflügen in die Vergangenheit berührt und unterhalten. Dein Schreibstil gefällt mir sehr und auch den Aufbau finde ich gelungen. Du fängst bei Harald an und gibst Stück für Stück Details Preis, die sich am Ende zu einem Bild ergeben aus Vergangenheit und Gegenwart. Auch das Ende, das erneute Aufblitzen von Hoffnung, ist stark geschrieben.
Man könnte in einer Wende die Form aufbrechen, als eine Art Befreiung der Protagonistin aus ihrem Wartezustand. Man könnte sie auch irgendwann innerlich schreien lassen. Wie lange hält ein Mensch eine solche Situation aus? Das wäre ungemein interessant und könnte den Text stilistisch aufwerten. Wäre/hätte/könnte...

Aber ich habe deinen Text, so wie er ist, sehr gern gelesen.

Liebe Grüße
Zantje

Nachtrag: Eine halbe Stunde später sind mir die richtigen Worte eingefallen: Im ersten Absatz dachte ich, dass ich vielleicht einen Brief lese. Dein Text ist wie ein Brief, den die Protagonistin an ihre Freundin schreibt, mit allem, was sie ihr nie sagt, und ihn dann nicht abschickt. Offen bleibt die Frage, warum sie ihn nicht abschickt.

 

Hey Amahagane

Ich bin leider - wie immer in letzter Zeit - wohl wieder etwas spät mit meinem Kommentar. Trotzdem möchte ich dir nicht vorenthalten, dass mir deine Geschichte sehr gefallen hat. Sie ist auf eine feinfühle Art und Weise erzählt, fast zerbrechlich, sehnsüchtig. Ich muss sagen, die von dir gewählte Perspektive stört mich überhaupt nicht, im Gegenteil. Dadurch scheint mir, als wäre ich noch näher an der Protagonistin dran, noch mehr in ihren Gedanken, ihrer Welt verstrickt - so wie sie selbst auch. Einschläfernd wirkt für mich nicht die Perspektive, sondern höchstens etwas die Länge. Da würde ich, glaube ich, noch einiges kürzen. Auch die etwas unschönen "Absatzblöcke" würde ich etwas auflockern. Ansonsten aber, wie gesagt, eine gefühlvoll erzählte Gedankenwelt der Unausgesprochenheiten, an welchen ein Mensch zerbrechen kann.

Herzlich, nevermind

 

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