Wir
Der Putz in unserer Ein-Zimmer-Wohnung fällt von der Decke, aber es ist uns egal. Alles ist uns egal. Ob es schneit oder regnet, schwarz oder rot, was auch immer passiert - es ist egal.
Wir haben uns.
"Noch ein Bier?", fragst du.
"Klar."
Du reichst mir die Flasche.
"Was machen wir nachher?"
"Keine Ahnung", sagst du. "Gehen wir tanzen?"
"Okay."
Das Bier rinnt erfrischend meine Kehle hinunter, und ich sehe dich lächelnd an. "Ich liebe dich."
"Ich weiß", grinst du. "Ich dich auch."
Dann haben wir Sex. Wild, leidenschaftlich, frei. Keine Regeln, keine Tabus außer den unsrigen.
Regeln waren uns schon immer egal. Wozu auch Regeln? Das ist was für Angepasste. Für Mitschwimmer. Für Leute ohne Rückgrat. Nichts für uns. Wir sind anders. Wir brauchen niemanden, niemand braucht uns, und niemand kann uns was vorschreiben.
Unsere Eltern haben das schnell kapiert. Ich bin raus mit 18, nach dem Abi, und du warst 19. Klar, sie haben Stunk gemacht, wollten uns hindern, haben uns Vorträge gehalten, uns zu erpressen versucht. Eltern eben. Zukunft und bla. Aber was soll's? Es ist unser Leben, oder nicht? Und es ist unser Weg. Den haben wir uns ausgesucht, und wir werden ihn bis zum Ende gehen. Wir beide. Gemeinsam.
Wir haben uns nie gefragt, ob es ein "Ohne-den-anderen" gibt. Gibt es auch nicht. Ohne uns wären wir nicht mehr wir. Dann wäre es du und ich, und das will keiner von uns.