Was ist neu

Zärtlicher Hauch

Mitglied
Beitritt
05.10.2002
Beiträge
7

Zärtlicher Hauch

Der Tagesmarsch war lang gewesen. Eingemummelt unter einer dicken Daunendecke wärmt und entspannt June ihre müden Glieder.
Es ist still und dunkel.
Nichts dringt an ihre Augen und Ohren.
Junes Bett steht in einem Zimmer des Westflügels der schottischen Burg, die von dem alten Mann an der Rezeption zu einem gemütlichen Hotel hier mitten in den Highlands umgebaut wurde.
Noch immer hallen in ihr die Geschichten nach, die der alte Mann nach dem Abendessen in der Hotelbar erzählte.
Geschichten aus einer anderen Zeit und einer anderen Welt.
Geschichten, in denen Phantasie und Wirklichkeit miteinander verschmelzen weil sie von fabelhaften Wesen und fremden Mächten handeln.
Bei seinen Erzählungen ließ er keinen Zweifel an ihrer Wahrheit aufkommen. Auch vermied er es die geheimnisvollen Vorkommnisse als »tote Sagen« abzutun. Es war kein Augenzwinkern zu bemerken, als er von der Allgegenwärtigkeit des Unerklärlichen sprach und ihr eine Gute Nacht, in einem »durch die Jahrhunderte gereiften Gemäuer«, wünschte.
June lief es dabei eiskalt den Rücken runter, sie verspürte eine geheimnisvolle Lust auf das Ungewisse.
Nachdem sie bei einer heißen Schokolade den Weg für die morgige Wanderstrecke abgesteckt hatte, zog sie sich in ihr Zimmer zurück um zu schlafen.
Das Zimmer ist im dritten Stock, und wirklich schön eingerichtet.
Auf den Holzdielen liegt ein dicker flauschiger Teppich. Der große Schrank und das Bett sind aus schwerem Holz und an der Wand ist ein bronzener Kerzenhalter befestigt.
»Alle Gegenstände sind mindestens zweihundert Jahre alt und tragen das Erbe mehrerer Generationen in sich«, hatte der alte Mann voller Stolz zu June gesagt und sie auf eine dicke Kordel, die neben dem Bett von der Decke hängt, hingewiesen. An der sollte sie ziehen, wenn sie einen Wunsch hätte.


▪ ▪ ▪


Doch jetzt ist es dunkel und still.
Nichts dringt an ihre Augen und Ohren.
Ganz entspannt liegt sie da und genießt das Gefühl der warmen Decke auf ihrer Haut.
June ist wunschlos glücklich, während draußen der Wind auffrischt, als sie plötzlich eine Berührung an ihrem rechten Fuß spürt. Es fühlt sich an wie ein sanftes Streicheln zwischen ihren Zehen.
Sie hebt den Kopf, kann aber nichts erkennen.
Das Gefühl wird intensiver.
Es ist, als würde ein luftiges Band ihren ganzen Fuß umhüllen und sich langsam an ihren Knöcheln vorbei in Richtung Knie bewegen.
Doch sie steht nicht auf, gerät nicht in Panik. Etwas vertrautes ist in der Berührung. Sie legt ihren Kopf wieder zurück auf das Kissen.
Junes Arme bewegen sich wie von selbst, bis ihre Hände rechts und links aus dem Bett hängen.
Das »luftige Band« hat mittlerweile ihr rechtes Knie erreicht als sie das gleiche Gefühl auch am linken Fuß und an beiden Händen spürt.
Die fremde Macht greift in ihr Haar, umschmeichelt ihre Haut und erforscht zärtlich ihren Körper.
Sie öffnet den Mund und atmet tief ein.
Sie beginnt zu schweben.
Alles um sie herum verschwimmt.
Ihre Leidenschaft wächst ebenso wie die Lust sich dem Unbekannten hinzugeben.
Ein kühler Hauch fährt June zwischen die Beine, an ihrem Bauch vorbei, zwischen ihren Brüsten hindurch bis in ihren Mund – ein leidenschaftlicher Kuss.
Sie legt ihren Kopf weit nach hinten und ist bereit.
Bereit sich zu öffnen.
Und es gleitet in sie.
Zärtlich und hart, langsam und schnell, hingebungsvoll und fordernd wird June genommen.
Sie will es, ist kurz davor sich völlig zu vergessen.
Und es fühlt sich so gut an.
Ihr Körper bebt - ist bis in die letzte Faser gespannt.
Geküsst und gebissen, Gestreichelt und gepeitscht - unerbittlich wird sie dem Höhepunkt entgegengetrieben.
Mit einem lauten Schrei und weit geöffneten Augen explodieren ihre Sinne.


▪ ▪ ▪


Das Sonnenlicht fällt schon durch das Fenster ins Zimmer als June die Augen öffnet, die Decke zurückschlägt und sich auf die Bettkante setzt.
Ihre Füße ertasten den flauschigen Teppich.
Sie lächelt in sich hinein und amüsiert sich über den merkwürdigen Traum.
Sie duscht und zieht sich an.
Als sie nach dem Frühstück durch das Schlosstor geht sieht sie sich noch einmal um und bleibt stehen.
Was, wenn es gar kein Traum war?

 

Hi Plata,

schon klasse geschildert. Aber nun, der Schluß: "Was wenn es kein Traum war?" Hastt Du nicht n bisschen mehr Substanz, um diese Vermutung im Leser zu wecken? Sowas wie in Duisburgers "die Feder" mit der Feder auf dem Kopfkissen oder irgendein anderes Indiz, dass dem Leser hilft, die Geschichte für sich weiterzuspinnen. Was wars denn, wenn kein Traum? Ein Geist, ein Mann, ein Engel, eine Naturgewalt, Rätsel über Rätsel aber Du gibst uns nicht eines davon auf. Das find ich schade, der Schluß wirkt deshalb für mich irgendwie schal und wird der Geschichte nicht gerecht.

mod

 

Hallo mod,

Danke für Deine Rückmeldung und die Kritik.
Ich werde mal darüber nachdenken, ob man den Leser bei dieser Geschichte in eine bestimmte Richtung lenken sollte.
Die erste Version hatte sogar eine Pointe, die etwas mit einer Liebesgeschichte aus längst vergangenen Tagen zu tun hatte. Das wirkte mir dann allerdings zu abgegriffen.
Dann kam mir die Idee, den Leser vollkommen im Dunkeln zu lassen um möglichst viel Interpretationsspielraum zu lassen.

Gruß Plata

 

mhhh, das mit dem Interpretationsspielraum ist gut. N bisschen Schubsen schadet aber find ich nicht, sonst passt der Spruch "Wer nach allen Seiten offen ist, kann nciht ganz dicht sein" oder auch "maximale Flexibilität endet oft in Konzeptionslosigkeit" (beide natürlich hier nicht persönlich gemeint!)

lG mod

 

Alles klar, ich werds mir merken. :cool:
Danke nochmal für Deine Rückmeldung.

Gruß Plata

 

hallo plata,

kann mich eigentlich nur anschließne - schöner text, interessant geschrieben..vom schluß war ich etwas enttäuscht...habe mir noch etwas mehr versprochen - auch wenn ich es auch wirklich schwer finde, da einen wirklich überzegenden schluß zu schreiben..*smile*...

auch das etwas auf dem bett zurückbleibt und suggeriert, dass da etwas gewesen sein muss.. hat es schon in vielen varianten gegeben... da hilft nur viiiel kreativität weiter..*smile*

grüße, streicher

 

Hallo Steicher,

danke für Deine Rückmeldung. :)

Gruß Plata

 

Sorry, ich meinte natürlich Streicher und nicht Steicher.

 

Hallo Plata,

schön geschilderte Geschichte, die mich aber an den (mehr als miesen) Film "Scary Movie 2" erinnerte, in dem ebenfalls ein Mädchen des Nächtens von einem Unsichtbaren Besuch bekommt, der sie dann ... ;-)

tschau, Arathas

 

Hallo Arathas,

das bedeutet, dass meine Geschichte dann wohl internationalen Drehbuchstandard hat, wenn auch nur miesen. ;)
Ich habe nämlich weder einen dieser "Teeny-Horror-Steifen" gesehen, noch eine Parodie auf eben diese (was "Scary Movie 2" ja wohl ist, oder?).
Daher kann ich da leider nicht mitreden.
Trotzdem DANKE für Deine Rückmedung.

Gruß Plata

 

Hallo Plata,

ich meinte mit meiner Äußerung übrigens nicht, deine Geschichte wäre mies - das war lediglich auf Scary Movie 2 bezogen. :-)

tschau, Arathas

 

Hi Arathas,

no problem, hatte ich auch so verstanden.

Gruß Plata

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom