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Zerbrochen
Ich stehe vor Karlas Tür und lausche, höre John stöhnen, von ihr höre ich nichts. Dann kommt er. Vermutlich in ihr. Ich schleiche zurück in mein Zimmer und spüre meine wunde Muschi. John und ich haben gefickt letzte Nacht, die ganze Nacht. Karlas Name ist Hase, sie hatte Nachtschicht und weiß von nichts. Ich setze mich an den Schreibtisch, versuche die Hausarbeit zu schreiben, die ich am Montag abgeben muss. Wenn es nur nicht so regnen würde.
Ich höre Karla über den Flur trampeln, dann das Schleifen der Badezimmertür. Karla duscht. Nackt. Wasser, das über ihren Körper läuft. Ich starre auf den dunklen Bildschirm, strecke meinen Mittelfinger aus und bewege die Maus. Weiß leuchtet es mir entgegen: Nichtsnutzin, elende. Stilleübungen in der Motopädagogik tippe ich, mehr nicht, sitze regungslos vor meinem Laptop auf der Lauer, auf der Mauer, warte auf Worte. Doch da ist: Nichts. Überall ist nur: Nichts. Ich habe mich von John ficken lassen letzte Nacht und das Weiß meines Bildschirms ist kaum zu ertragen.
Es klopft. Frisch geduscht betritt Karla mein Zimmer, das Handtuch um ihren Körper geschlungen, die Haare nass. Karla, das fleißige Bienchen. Frühschicht, Spätschicht, Nachtschicht, dazwischen ihr Studium. Tag für Tag, Woche für Woche. Ich verstehe nicht, wie ein Mensch sowas von bienenfleißig sein kann, auch nicht wozu. Ihre einzigen sinnvollen Aktivitäten sind essen und ficken. Das reicht aber nicht, Karla!
„Hier stinkt’s“, sagt Bienchen Karla und ich wende mich wieder dem Bildschirm zu.
„Du hast die Miete für diesen Monat noch nicht überwiesen!“, fügt sie hinzu. Ich drehe mich nicht um, sitze still. Sie wartet. Ich atme. Sie wartet.
„Karla! Verschwinde!“ Ich springe auf mit fliegenden Armen, schlage dabei die Glastür des Schranks ein, der neben meinem Schreibtisch steht. Schlechterdings besitze ich weder einen Schreibtisch noch einen Schrank und Karla flucht: "Die wirst du ersetzen!" Ich sehe die Scherben, spüre den Schnitt und weiß: Das Glas ist zerbrochen.
„Natürlich werde ich sie dir ersetzen“, sage ich, weil ich weiß, dass ich kein Geld habe.
„Hast du Verbandszeug?“, frage ich und sie führt mich in die Küche. Ich sehe sie an, sehe ihr zu, wie sie das Blut von meinem Arm wischt, die Wunde verbindet. Wassertropfen fallen aus ihren nassen Haaren auf die weißen Küchenfliesen. Ich denke an John, der in Karlas Zimmer wartet und dessen Sperma heute morgen in einem Rinnsal meine Schenkel herunterlief.
„So“, sagt Karla, „Fertig!“
Ich sage nicht: Danke!
Ich sage: „Ich habe John letzte Nacht gefickt!“, und sehe sie an dabei; nehme meine Jacke und gehe.
„Ich weiß!“, höre ich sie rufen, als ich die Wohnungstür erreiche. Ich halte inne, die Klinke der offenen Tür in der Hand, das Treppenhaus dunkel hinter dem weißen Türrahmen. Ich schaue sie an: Sie steht vor der Küche am anderen Ende des Flurs, das Handtuch um ihren Körper geschlungen.
“Er ist nichts!”, sage ich.
“Genau wie du!”, erwidert sie.
Krachend lasse ich die Wohnungstür ins Schloss fallen; stolpere die Treppe herunter und versuche immer drei Stufen auf einmal zu nehmen, bis ich endlich an der Haustür, endlich draußen im Regen bin.