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Zerbrochen

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12.02.2020
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Zerbrochen

Ich stehe vor Karlas Tür und lausche, höre John stöhnen, von ihr höre ich nichts. Dann kommt er. Vermutlich in ihr. Ich schleiche zurück in mein Zimmer und spüre meine wunde Muschi. John und ich haben gefickt letzte Nacht, die ganze Nacht. Karlas Name ist Hase, sie hatte Nachtschicht und weiß von nichts. Ich setze mich an den Schreibtisch, versuche die Hausarbeit zu schreiben, die ich am Montag abgeben muss. Wenn es nur nicht so regnen würde.

Ich höre Karla über den Flur trampeln, dann das Schleifen der Badezimmertür. Karla duscht. Nackt. Wasser, das über ihren Körper läuft. Ich starre auf den dunklen Bildschirm, strecke meinen Mittelfinger aus und bewege die Maus. Weiß leuchtet es mir entgegen: Nichtsnutzin, elende. Stilleübungen in der Motopädagogik tippe ich, mehr nicht, sitze regungslos vor meinem Laptop auf der Lauer, auf der Mauer, warte auf Worte. Doch da ist: Nichts. Überall ist nur: Nichts. Ich habe mich von John ficken lassen letzte Nacht und das Weiß meines Bildschirms ist kaum zu ertragen.

Es klopft. Frisch geduscht betritt Karla mein Zimmer, das Handtuch um ihren Körper geschlungen, die Haare nass. Karla, das fleißige Bienchen. Frühschicht, Spätschicht, Nachtschicht, dazwischen ihr Studium. Tag für Tag, Woche für Woche. Ich verstehe nicht, wie ein Mensch sowas von bienenfleißig sein kann, auch nicht wozu. Ihre einzigen sinnvollen Aktivitäten sind essen und ficken. Das reicht aber nicht, Karla!

„Hier stinkt’s“, sagt Bienchen Karla und ich wende mich wieder dem Bildschirm zu.
„Du hast die Miete für diesen Monat noch nicht überwiesen!“, fügt sie hinzu. Ich drehe mich nicht um, sitze still. Sie wartet. Ich atme. Sie wartet.
„Karla! Verschwinde!“ Ich springe auf mit fliegenden Armen, schlage dabei die Glastür des Schranks ein, der neben meinem Schreibtisch steht. Schlechterdings besitze ich weder einen Schreibtisch noch einen Schrank und Karla flucht: "Die wirst du ersetzen!" Ich sehe die Scherben, spüre den Schnitt und weiß: Das Glas ist zerbrochen.
„Natürlich werde ich sie dir ersetzen“, sage ich, weil ich weiß, dass ich kein Geld habe.
„Hast du Verbandszeug?“, frage ich und sie führt mich in die Küche. Ich sehe sie an, sehe ihr zu, wie sie das Blut von meinem Arm wischt, die Wunde verbindet. Wassertropfen fallen aus ihren nassen Haaren auf die weißen Küchenfliesen. Ich denke an John, der in Karlas Zimmer wartet und dessen Sperma heute morgen in einem Rinnsal meine Schenkel herunterlief.

„So“, sagt Karla, „Fertig!“
Ich sage nicht: Danke!
Ich sage: „Ich habe John letzte Nacht gefickt!“, und sehe sie an dabei; nehme meine Jacke und gehe.
„Ich weiß!“, höre ich sie rufen, als ich die Wohnungstür erreiche. Ich halte inne, die Klinke der offenen Tür in der Hand, das Treppenhaus dunkel hinter dem weißen Türrahmen. Ich schaue sie an: Sie steht vor der Küche am anderen Ende des Flurs, das Handtuch um ihren Körper geschlungen.
“Er ist nichts!”, sage ich.
“Genau wie du!”, erwidert sie.
Krachend lasse ich die Wohnungstür ins Schloss fallen; stolpere die Treppe herunter und versuche immer drei Stufen auf einmal zu nehmen, bis ich endlich an der Haustür, endlich draußen im Regen bin.

 

Hallo miteinander,
ich habe den Text noch mal überarbeitet, naja, eigentlich habe ich ihn eher
noch mal neu geschrieben, das passiert dann wohl bei der eher kognitiven Herangehensweise, darum bin ich nicht sicher, ob ich den einfach oben reinkopieren sollte oder nicht. Tue es jetzt aber einfach mal, weil es eben dieselbe Situation ist, bloß sonst ist alles irgendwie etwas anders. Aber ich kann das natürlich auch rückgängig machen, wenn ihr sagt, dass es besser wäre, den Text als neuen Text zu posten.

Mich würde natürlich interessieren, wie der Text jetzt auf euch wirkt und warum, darum würde ich mich freuen, wenn der eine oder andere noch mal Zeit und Lust hat, ihn zu lesen und zu kommentieren.

Viele Grüße
Katta

 

Hallo @Katta,

ich bin zwar nicht so gut im Vergleichen von Vorher- und Nachhertexten, weil ich meist dann nur noch grob in Erinnerung habe, was ich vorher bemängelt habe, aber ich schildere dir trotzdem gern meinen Eindruck.
Du hast deine Prota weniger sibyllinisch und Karla weniger versagerisch angelegt und dadurch wirkt der Plot klarer. Die Fronten sind klarer, gefällt mir auf jeden Fall besser als vorher.

sitze regungslos vor meinem Laptop auf der Lauer, keiner Scheißmauer, bin ne kleine Wanze, auf der Suche nach Worten.
Perfekter Satz. Echt sehr gelungen! Es funktioniert vermutich sogar, wenn man das Lied nicht kennt, denke ich.
Ich habe John letzte Nacht gefickt und das Weiß meines Bildschirms ist kaum zu ertragen.
Das wissen wir schon, also das mit John, würde ich daher weglassen und nur schreiben. Das Weiß meines Bildschirma blendet mich.
Auf der Mauer, auf der Lauer sitz ich kleine Wanze.
Ja immer noch sehr cool, dieser gedachte Satz deiner Prota.
. Seht euch mal mich Wanze an, wie ich gotterbärmliche Wanze gar nichts kann.
Das würde ich offener lassen und zwar so: "Seht euch mal mich Wanze an, wie ich..."
die Scheibe ersetzten.
ersetzen
das Handtuch um ihren Körper geschlungen, die Haare nass.
Wiederholung, das hat der Leser schon vorher gelesen, würde ich ersatzlos streichen.
Ne Granate biste wohl nicht gerade.“
Nein, das passt nicht zu Karla, fände es auch schöner, wenn hier der Leser frei entscheiden kann, was da los ist, wenn Karla es weiß, aber trotzdem mit John dann fickt. Das lässt sehr viel Raum für eigene Interpretationen.

Lieben Gruß

lakita

 

Hallo @Katta

Ob mir die neue Version besser gefällt als die alte? Schwer zu sagen, da mir da auch der direkte Vergleich fehlt, auf jeden Fall gefällt sie mir nicht schlechter.

und ich spüre meine wunde Muschi
:lol: Hab gerade die Tasse am Mund gehabt, das war knapp.
Tag für Tag und Woche für Woche Honig sammelt sie Honig.
wenn das Absicht ist, verstehe ich es nicht.
Auf der Mauer, auf der Lauer sitz ich kleine Wanze. Auf der Mauer, auf der Lauer sitz ich kleine Wanze. Seht euch mal mich Wanze an, wie ich gotterbärmliche Wanze gar nichts kann.
Das finde ich flach, weil ...
Mich persönlich nervt es, wenn mir jemand etwas erzählt und ich weiß schon im ersten Satz, was er mir die nächsten drei Sätze sagen wird und dann brauch er mir die gar nicht mehr erzählen und ich will gar nicht mehr zuhören, weil es ... nervt. Schlechte Eigenart von mir. Zurück zum Text. Mir würde ein Satz in diese Richtung reichen, das passt auch besser zur sonst so prägnanten und "vor-die-Stirn-hau-Weise" des Textes. Jeder, der das Liedchen kennt (also jeder), wird hier automatisch weiter denken, sei der Rest nun da oder nicht. Aber das ist nur meine, kaum voreingenommene Meinung.
und dessen Sperma ich heute Morgen an meinen Schenkeln entlanglaufen spürte.
Der Satz ist klanglich einfach überhaupt nicht rund. Einerseits sorgt dafür der Genitiv, andererseits dieses eckige Prädikat "entlanglaufen spürte". Das finde ich schade, war das doch (oder ist) eine der ganz starken Textstellen. Diese komplizierte Satzkonstruktion nimmt der Aussage ihre Stärke. Nach meinem Empfinden. Also ich mag die Aussage des Satzes, aber nicht in dieser Form eben.

"Ich denke an John, der in Karlas Zimmer wartet. Sein Sperma läuft immer noch an meinen Schenkeln herunter."
Nur so ganz salopp zur Veranschaulichung, dessen, was ich meine. Hm, so hattest Du es ursprünglich, oder? Ach, egal:lol:

Ich schaue durch sie hindurch, schnappe mir meine Jacke, die auf dem Küchentisch liegt und gehe.
"Geht" sie nach dieser Offenbarung?
Und was spielt es für eine Rolle, wo die Jacke liegt oder hängt? Ohne wird der Satz schneller, dramatischer. In meinen Augen.
„Ich weiß!“,
Interessanter neuer Twist. Das Ende wirkt dadurch runder und definitv auch kräftiger. Damit hast du der Geschichte ein saftigeres Ende gegeben, etwas konkretes, das finde ich auf jeden Fall besser als vorher.

Alles nach meinem Empfinden und meinem schiefen Auge, was Du daraus machst, ganz Dein Ding. Ah, das mit Kennedy hast Du rausgelassen fällt mir gerade auf. Ja, das hat nicht so hundert pro gepasst, oder? Das hatte dem Text vorher einen kleinen Abbruch verpasst, der jetzt nicht mehr zu finden ist. Ich mag den Text immer noch, diese kurze, prägnante "vor-die-Stirn-hau-Weise", das Direkte und Schamlose und wie viel Innenleben Du damit den Personen gibst.

MfG

 

Hallo @lakita,
hab vielen Dank fürs nochmal vorbeischauen. Mir geht es auch gar nicht um ein Vergleichen, sondern mehr um deinen Eindruck von diesem Text.

Du hast deine Prota weniger sibyllinisch und Karla weniger versagerisch angelegt und dadurch wirkt der Plot klarer. Die Fronten sind klarer, gefällt mir auf jeden Fall besser als vorher.
Und da habe ich ein neues Wort gelernt. Sibyllinisch. Jedenfalls schön, dass es klarer ist ... und jetzt haste doch verglichen ;-)

Perfekter Satz. Echt sehr gelungen! Es funktioniert vermutich sogar, wenn man das Lied nicht kennt, denke ich.
Sehr schön. Freut mich.
Die Wiederholungen, die du anmerkst, lass ich erstmal drin. Die tragen für mich eher emotional an Bedeutung, wenn das jetzt aber jeder schreibt, denke ich noch mal drüber nach. Die anderen beiden Anmerkungen (zum Lied und zur Granate) übernehme ich so. Bin da ganz deiner Meinung.

Hallo @Putrid Palace,
auch dir vielen Dank fürs nochmal Vorbeikommen. Wie gesagt, mir ging es gar nicht um einen Vergleich, weil die Texte sehr verschieden sind, mir ging es nur um die Wirkweise genau dieses Textes. Aber es freut mich, dass er dir auch gefällt. Was das Lied angeht, gebe ich dir Recht, hatte es drin, hatte es draußen, dann wieder drin ... ja, fliegt raus.

Alles nach meinem Empfinden und meinem schiefen Auge, was Du daraus machst, ganz Dein Ding. Ah, das mit Kennedy hast Du rausgelassen fällt mir gerade auf. Ja, das hat nicht so hundert pro gepasst, oder? Das hatte dem Text vorher einen kleinen Abbruch verpasst, der jetzt nicht mehr zu finden ist. Ich mag den Text immer noch, diese kurze, prägnante "vor-die-Stirn-hau-Weise", das Direkte und Schamlose und wie viel Innenleben Du damit den Personen gibst.
Ja, Kennedy und einiges andere ist raus bzw. die Story insgesamt eine etwas andere. Den Küchentisch nehme ich auch raus, den Satz mit den Schenkeln schau ich noch mal. Ich war mir nicht sicher, ob das Rohe des Textes jetzt verloren gegangen ist, ist es bestimmt, aber dass du ihn immer noch prägnant findest, freut mich. Dann habe ich ihn nicht zu glatt zu geschliffen.

Vielen Dank euch beiden, das war sehr hilfreich für mich.
Viele Grüße
Katta

 
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Hallo @Katta ,

dann schaue ich doch mal auf einen Gegenbesuch vorbei. :gelb: Ich wäre übrigens sehr neugierig, wie die Originalfassung war, wenn du magst, schick mir die doch gerne per PM. Ich hatte sie überflogen, weil Putrid Palace sie empfohlen hatte, bin nicht durchgestiegen, hatte keine Geduld und kann mich nur noch an den Hasensatz erinnern, den du zum Glück dringelassen hast.

Mir gefällt einiges hier, wobei das kein Genre bzw. Umsetzung ist, die ich privat in einem ganzen Roman lesen würde (ich bin aber sicher, dass du in der Lage wärst, einen sehr guten Langtext zu schreiben).
Mir gefällt dieser Pepp, die frische Stimme, zum Teil, dass hier nix eingeleitet / hergeleitet wird und man sich da so durchfusseln muss.

Ich komme aber auch mit Kritik und hoffe sehr, du kannst damit etwas anfangen - nimm dir was du brauchst. Dazu: Ich hatte die Komms teils überflogen aber das ist eine Woche oder so her und ich habe jetzt absichtlich nicht mehr reingelesen.

Palace lobt deinen Innenblick, die beschriebenen Gefühle. Ich finde auch, dass diese spritzig-selbstironische Stimme stellenweise richtig Spaß macht, aber das Ganze sehe ich nicht als best practice einer KG, ich meine nämlich, es wäre keine. Es ist eine kleine Szene, die ich mir sehr, sehr gut innerhalb eines längeren Textes, Roman oder Novelette vorstellen kann, als eine Passage, die Spontanität in eine ansonsten ruhigere Erzählung bringt und somit das emotionale Chaos der Erzählerin deutlich macht.

Was aber - wenn man diesen Text so nimmt, wie er ist - fehlt, sind:
- literarischer Konflikt (die Prota ist emotional in einem Konflikt, aber der erschließt sich mir nicht, dazu gleich)
- Plot (es ist lediglich ein Ausschnitt, wie aus etwas Längerem isoliert)
- eine Entwicklung oder ein innerer/äußerer Wendepunkt
- eine Prämisse
- eigentlich sogar ein Thema (dazu später)

Du hast zwei Figuren, die agieren und von denen eine etwas ungeordnet ihre Gedanken, Assoziationen und Interpretationen mitteilt. Das ist sicher ein Bestandteil einer KG.

Was mir dabei wirklich gut gefällt, ist, dass John als Figur nicht in Erscheinung tritt. Die einzige Tätigkeit, von der ich als Leser erfahre, ist: er fickt und wartet (vermutlich beides im Bett). Dass er keine Wiederholung des Sex mit der Erzählerin plant, wissen wir nur aus wiedergegebener Rede. Er ist quasi ein Schwanz - oder nicht mal das, er ist Sperma. Das ist überraschend, unterhaltsam, und eine Art Feminismus, den ich sehr viel mehr schätze als nervige pc:ness. Was macht ihn besser als ein Sextoy? Wir wissen es nicht - vllt. hat er interssante Sachen zu erzählen (wenn er grad nicht fickt) oder ist davor/danach sehr aufmerksam oder vllt. einfach - technisch - ein guter Lover.

Der Umgang mit der dritten Person (John) in dem kleinen Drama macht es mir allerdings sehr schwer, zu verstehen, was eigentlich das Problem ist. Ich hätte eine Menge Ansätze, bin aber nach mehrmaligem Lesen zu dieser Interpretation gekommen (die mag völlig deiner Absicht entgegengehen):
Ich dachte anfangs, dass dein Ich und Karla den selben Mann lieben, dabei Karla und er ein Paar sind. Ich vermute mal (daraus, dass die Prota dort an ihrem Notebook sitzt und die Umgebung vertraut ist), dass das eine WG ist. Entweder wohnen die beiden Frauen zusammen, und John ist öfter zu Besuch oder - meine Leseweise - es ist eine Studenten-DreierWG. Karla kann nicht auf Besuch sein, weil sie die Miete einfordert. Dadurch, dass das Ich sehr territorial denkt/agiert, hätte ich übrigens ansonsten gedacht, Karla wäre die Besucherin in der Zweier-WG Ich & John.
Was davon spielt für die Handlung eigentlich keine Rolle, ich wollte aber nur sagen, dass ich einige Zeit damit verbrachte, die Rolle der drei in dem Geflecht rauszufinden (und kann immer noch nur raten).

Dadurch, dass wir von John nur erfahren, dass zwei Frauen über ihn drübersteigen, lässt mich folgenden Schluss ziehen: Es ist nicht, wie ich erst dachte, dass Ich in John verliebt ist und auf Karla eifersüchtig. John ist null Thema ihrer Fixiertheit, das ist Karla selbst. Für mich ergeben die Emotionen / Kurzschlusshandlungen (und keine anderen gibt es im Text) nur einen Sinn, wenn Ich und Karla entweder ein Paar sind oder es eher waren; dass John erst ein Seitensprung war oder Ich & Karla bereits getrennt, aber noch befreundet sind und dachten, es ginge locker, so zusammenzuwohnen.
Oder Ich ist unausgesprochen in Karla verliebt und agiert ihre Ohnmacht (sie fühlt sich nicht wert) daran ab, Karlas Lover zu verführen.

Die Intimität sehe ich nur zwischen den Frauen, die über John reden, als sei er ein ausgenudeltes Sextoy, dem keine eigene Meinung oder Entscheidung zugestanden wird (wie gesagt, finde ich geckig, keine Kritik an sich).

Wäre es so, dass John das Objekt des ganzen Dramas ist, sollte er mAn eine Persönlichkeit bekommen, die über einen wartenden Spermabehälter hinausgeht.

Dann hab ich vllt. den ganzen Text in einem anderen Tonfall gelesen, als du ihn meintest. Ich sehe zwei Stimmungen, die durch den Stil, die Sprache an den Leser vermittelt werden (ganz subjektiv natürlich): leicht überzogenes Drama / Obsession (ob sexuell oder nicht ist schwer zu sagen) und Sarkasmus. Den verstehe ich als Selbstironie, was einen gewissen Abstand zu den eigenen Problemen bedeutet.
Jetzt steht aber "Zerbrochen" im Titel. Damit kann nicht das Ich gemeint sein, denn dafür flapst sie zu viel rum, spielt mit Sprichworten etc. Sarkamus, der auf schwere Depression, Verzweiflung und ein inneres Zerbrechen deutet, ist nicht witzig für die Figur selbst, sondern nur - bitter-komisch - für den Leser. Mark Samuels Storysammlung Written in Darkness zum Beispiel (Samuels schreibt zwar spekulativ, kommt aber aus dem politischen Sozialrealismus).

"Zerbrochen" kann also nur eine Beziehung sein (vor der Erzählzeit) oder eine Freundschaft (die zw. den Frauen oder aber die zw. Ich und John).

Meine Frage bei dem Text ist also: Was ist das eigentliche Problem und was ist die Konsequenz daraus? Und die Antworten hierauf finde ich nicht.


Von ihr höre ich nichts. Dann kommt er. Vermutlich in ihr. Von ihr höre ich weiterhin nichts.
Darauf könnte ich verzichten. Es zeigt zwar eine gewisse Obsession, immer an die nackten / Sex-habenden Körper zu denken, lässt sie aber etwas teenagerhaft-dümmlich erscheinen.

Karlas dumpfe Schritte hallen
Hallen ist für mich etwas mit Echo, was nicht dumpf (= dunkel, gedämpft trotz der Wucht).


Du hast das drei Mal und nur ein mal anders - das würde ich spannender gegengedreht finden, die Aktiv- und Passivpositionen vertauscht:

Ich habe John letzte Nacht gefickt,
Sagt sie sich bzw. dem Leser. Und dasselbe noch mal weiter unten.
Ich sage: „John hat mich gefickt letzte Nacht!“, und schau sie nicht an dabei, schnappe mir meine Jacke, hau ab.
Redet sie aber mit Karla, ist John der "Täter".
Ihre aktive Rolle in den ersten beiden Stellen konterkariert bzw. widerspricht sie eigentlich mit diesem extrem negativen Selbstbild. Wäre das umgedreht, ergäbe sich folgende Leseweise: Sie hat ein sehr schwaches Ego, negatives Selbstbild und dazu würde passen, dass sie zu sich / dem Leser sagt: John hat mich gefickt (impliziert: obwohl ich weder seine Partnerin bin noch es eigentlich wert).
Redet sie dann - nach dem Wutausbruch / Selbstverletzung - mit Karla und sagte: Ich habe John gefickt, würde es klingen, als lüge sie aus Trotz, um Karla mehr zu verletzten und sich selbst aktiver klingen zu lassen als sie sich tatsächlich fühlt.
Dem Text fehlt soweit eine Entwicklung, mit dem umgedrehten Aktiv/Passiv beim gefickt würdest du aber zumindest eine andeuten: entweder eine echte Emanzipation / Lösung aus der Situation oder eine angedeutete Lüge: dass Ich sich Karla gegenüber anders darstellt als sie ist.

Karlas Name ist Hase, sie weiß von nichts.
Ja, das ist klasse.
Traurig hängende Äste
Bissl dick, vllt. wenn schon traurige Äste? So als Personifizierung, sie neigt ja durchaus zum Drama.
die mit jedem neuen Windstoß gegen mein Fenster klatschen.
Hm, alte und neue Windstöße? Mit jedem reichte, denn das impliziert (was alle wissen sollten), dass der Wind in Böen kommt, denn sonst würde sich der Ast nicht hin und her bewegen.
Aber, aber meine Kleine, warum weinst du denn? Doch wohl nicht, weil du so erbärmlich bist?
Das finde ich ganz furchtbar, sorry. Es fällt aus der Stimme, klingt wie die Persiflage auf deutsche Krimis aus den 70ern: "Is was, Puppe?" so ungefähr. Ist auch plötzlich so zickig, und das ist eine Eigenschaft, die ich nicht nur im RL äußerst abstoßend finde, sondern die mir jede fiktionale Figur sofort extrem unsympathisch macht.

Ich höre die Dusche anspringen. Karla duscht. Nackt.
Anspringen, so wie ein Auto? Hört man das, oder hört man einfach das Wasser?

Nackt.
Joar. Das ist grenzwertig. Es zeigt ihre Fixiertheit auf das Körperliche (um nix anderes geht es im ganzen Text, da ist keine positive zwischemenschliche Emotion), es ist auch durch die Ironie humorvoll, aber schrammt auch am Naiv-Dümmlichen entlang. Ich denke, es sollte drinbleiben, weil es schon ihre Haltung deutlich macht - ist also nur ne Anmerkung, ohne Änderungsvorschlag.

Stilleübungen in der Motopädagogik tippe ich, mehr nicht, sitze regungslos vor meinem Laptop auf der Lauer, keiner Scheißmauer, bin ne kleine Wanze, auf der Suche nach Worten.
Kursiv fände ich schöner, einfach wie wiedergegebene Titel, Begriffe oder Zitate (sie zitiert ja letztlich das, was sie schreibt und sagt es nicht laut vor sich hin.)
Die ganzen Mauer/Lauer-Wanzenstellen gefallen mir nicht, kicken mich raus. Weil das so sehr gemacht ist, so aus der Dringlichkeit, der Manie, fällt. Das schlucke ich so nicht, da sehe ich die Autorin ein lustiges Wortspiel drehen, nicht die Erzählerin rumflapsen.
Es sagt auch eigentlich gar nix (außer, dass sie sich als Wanze bezeichnet, was ein so extrem negatives, gestörtes Selbstbild bedeutet, dass ich das dann gern im restlichen Text thematisiert sehen möchte - das, was ansonsten erzählt wird, reicht mir dafür nicht, das kann ein kleines Liebesdrama unter Mittzwanzigern sein.

Karla, das fleißige Bienchen. Tag für Tag, Woche für Woche sammelt sie Honig. Ich verstehe nicht, wie ein Mensch sowas von bienenfleißig sein kann.
Mit dem Bienending ging es mir wie mit der Mauer und Wanze. So richtig haut es als Symbol doch auch nicht hin: eine Biene ist emsig, weil sie arbeitet, etwas für das Wohl nicht nur sich selbst sondern des gesamten Stockes tut. Karla ist ja nicht fleißig, weil ficken für sie keine Arbeit ist, zudem nützt das Ficken nur ihr selbst (und vllt. John), aber es ist kaum eine mühsame, anstregende Tätigkeit zum Wohle der Allgemeinheit. Bienen sammeln auch keinen Honig, den stellen sie selbst her, das passt also als Sperma-Vergleich nicht. Halte ich ingesamt für überdenkenswert.

Ihre einzigen sinnvollen Aktivitäten sind essen und ficken. Das reicht aber nicht, Karla!
Das nun wieder gefällt mir so richtig gut. Wie die Hasensache. Das ist knapp, witzig, sagt etwas über die Erzählerin aus. Klingt nicht, wie lange überlegt, sondern realistisch wie tatsächlich gedacht.
Für mich sind im Text die Stellen am besten, bei denen du zum Freiflug in den Stream of Consciousness ansetzt. Und weniger gut, wenn du ihm die Zügel anlegst und ihm deine Wortspiele einimpfst.

„Hier stinkt’s“ sagt Bienchen Karla. Ich sitze still. Auf der Mauer, auf der Lauer ...
Das schwächt die direkte Reaktion stark ab - weil es ein bekannter Spruch ist. Das entfernt mich, reisst mich raus. Dagegen fand ich Karlas ersten Satz recht schockierend, hatte ich nicht erwartet, da ist von Karlas Seite no love lost zwischen den beiden.

Ich springe auf und schlage dabei die Glastür des Schrankes ein
Dabei? :susp: Da kommt der Schrank für mich etwas aus dem Nichts. Und es klingt, als stünde der vorm Stuhl, ihr im Weg.

Schlechterdings besitze ich keinen Schrank
Den Satz verstehe ich nicht. Und wieso 'schlechterdings'?
Im Nachinein interpretiere ich: Karla ist die Hauptmieterin oder zumindest gehört ihr der Schrank. Ich finde ja, der Text würde stark gewinnen, wenn man erführe, was da auf dem Spiel steht und warum die überhaupt zusammen in der Wohnung sind. Das Ich zahlt keine Miete, wird aber geduldet. Sicher nicht aus Liebe, Freundschaft oder Mitleid - und wenn ursprünglich, hat sich das gewandelt. Wodurch? Weil Ich scharf auf John ist? Scharf auf Karla? (Was ich denke.) Was hat die Sache zum Kippen gebracht, wie kam es zu dieser Lage?

Wenn ich nix weiß außer, dass eine Mitmieterin den Partner/Lover einer Frau fickt, kann ich das Drama nicht nachvollziehen.

sehe die Scherben, spüre den Riss und weiß
Ich würde Schnitt passender finden. Dann bleibt auch offen, wie tief der ist.
„Natürlich werde ich sie dir ersetzen“, sage ich, weil ich weiß, dass ich kein Geld habe.
Finde ich sehr gut. Da kommt etwas Echtes, Unmittebares durch. Sagt etwas über sie (was ich zwar wegen Fehlen eines Handlungskontextes nicht ganz einordnen kann, aber trotzdem.)

„Hast du Verbandszeug?“, frage ich sie und sie führt mich in die Küche.
, frage ich und sie führt mich in die Küche reichte, denn da ist ja niemand anderes, zu dem sie sprechen könnte.
Ich denke an John, der in Karlas Zimmer wartet und dessen Sperma heute morgen in einem Rinnsal meine Schenkel entlanglief.
Finde ich echt gut gemacht, den Mann (um den es eventuell oder eventuell auch nicht geht) einfach so aus der Handlung rauszuschreiben.
Statt entlanglief wäre auch hinunterlief möglich, das hat ja ggfs, eher etwas mit Aufstehen zu tun; und es klingt - fuzzy-logicmässig - nicht so, als würde das aktiv handeln können.

Ich sage nicht: „Danke!
Ich sage: „John hat mich gefickt letzte Nacht!“, und schau sie nicht an dabei, schnappe mir meine Jacke, hau ab.
Da fehlen Anführungsstriche nach Danke!
Besser fände ich auch, das in kursiv zu setzen, normal hinter einem Doppelpunkt oder ganz ohne Heraushebung. "" sollten eher wörtlicher Rede vorbehalten sein.

Fettes: Verkürzungen entweder überall oder gar nicht. (Meine Wahl: Langversion wäre vorzuziehen, weil Verkürzungen flapsig klingen, als wäre das alles schnurz, und das Drama abschwächen.)
Überstreng gesehen: ich hau ab impliziert, dass die Handlung tatsächlich vollzogen wird. Im näxten Satz steht sie aber erst an der Schwelle und schaut in die Wohnung zurück. Da musste ich kurz umdenken, zurückgehen.

„Ich weiß!“, höre ich sie rufen, als ich die Wohnungstür erreiche. Sie steht vor der Küche am anderen Ende des Flurs, mit dem Handtuch um ihren Körper geschlungen.
„Einmal reicht, hat er gesagt!“
Das Problem hab ich auch manchmal. Die wörtliche Rede einer Figur ist in die Handlung einer anderen eingebunden. Dann sollte es einen Zeilenumbruch bei Sprecherwechsel geben und das geht nicht.
Intuitiv würde ich das entweder alles hintereinander setzen (weil ihre Rede nur unterbrochen ist und klar, dass das nicht das Ich sagt), oder aber:
„Ich weiß!“, höre ich sie rufen, als ich die Wohnungstür erreiche.
Sie steht vor der Küche am anderen Ende des Flurs, mit dem Handtuch um ihren Körper geschlungen. „Einmal reicht, hat er gesagt!“

Auf dem Weg zum Fluss singt der Regen. Die Glocken der Kirche läuten dazu.
:confused:

Ich steige wie du siehst nicht ganz durch, welches Drama eigentlich erzählt wird. Das an sich finde ich okay, auch das völlig in der Luft schwebende der ganzen Szene ist was, das man in Flash Fiction mal machen kann, vllt. als Test, wie man eine solche isolierte Szene größtenteils assoziativ schreibt. Aber hier stehe ich komplett auf dem Schlauch und damit fällt imA er gesamte Text. Nachdem du bislang alles in einer extremen Innensicht beschrieben hast, ohne Kontext, zoomst du dort raus, wo nun die Konsequenz alles zuvor Erzählten kommen müsste. Also, alle Fäden zusammengenommen. Was du machst: du schneidest die Fäden durch und dröselst sie weiter auf.
Das hier kann alles oder nix bedeuten.

Sie zieht sich aus der Konfliktsituation raus, das ist imA psychisch gesund, denn sie ist überfordert. Das kann nur temporär sein, denn sie wohnt dort und hat keine wichtigen Dinge mitgenommen, die mir anzeigten, dass sie woanders unterkommt (zu Hause, bei einer anderen Freundin ...). Sie kann die Beobachtung negativ sarkasisch meinen (mein Leben geht kaputt und die Sonne scheint), in erster Linie klingt es aber, als sei ihr alles schnuppe und die beiden letzten Bilder willkürliche Eindrücke, die keine symbolische Bedeutung haben.

Wenn du so extrem in medias res gehst, keinen Hintergrund oder Unterbau lieferst, keinen eindeutigen Konflikt oder dessen scope, kannst du für meine Begriffe nicht noch ein offenes Ende nehmen. Was bleibt dann? Ein paar originelle Sätze, ein fragmentiertes Psychogramm (von etwas nicht-Definiertem)?

Ich hoffe sehr, das klingt nicht negativer als ich es meine. Ohne jede Frage hast du eine frische, individuelle Stimme, das ist knackig erzählt, hat eine ungewöhnliche Haltung (John, das Sperma), und subtilen Humor, was mir alles sehr gut gefällt. Wenn du diese Qualitäten einsetzen würdest, um eine Geschichte zu erzählen, mit zumindest einem Plot, einem Konflikt und einer Entwicklung bzw. v.a. einer Konsequenz, wärst du mAn auf einem sehr guten Weg.

Es mag auch sein (ich schaue jetzt mal in die anderen Komms), dass ich massiv auf dem Schlauch stand, irgendwas ganz offensichtliches übersehen habe. Mal sehen.

Nimm dir einfach, womit du was anfangen kannst - alles sind nur meine Eindrücke, selbstverständlich, auch wenn ich das nicht in jedem Satz dazuschreibe.

Genieß deinen Urlaub, ganz ganz herzliche Grüße,
Katla

 

Liebe @Katla,

hier sicherheitshalber auch noch mal: Hab vielen Dank für deinen Kommentar. Er freut mich sehr und ich möchte auch gerne auf deine Punkte eingehen. Schaffe das aber heute nicht mehr, muss jetzt wirklich schlafen, weil ich morgen viel Auto fahren werde. DArum bitte ich dich um Geduld - so ca. 3 Wochen :sconf:. Dann melde ich mich aber auf jeden Fall ...
Vielen Dank noch mal und eine gute Zeit bis dahin.
Viele Grüße
Katta

 

Hallo @Katta,

es wurde schon einiges zu deinem Text geschrieben und ich möchte in diesem Kommentar auch nicht auf Details eingehen, sondern dir meinen Leseeindruck schildern. Ich habe angefangen, deinen Text zu lesen und war direkt drin. Der Einstieg ist dir gelungen, finde ich. Und dann entwickelt sich dieser Sog und Schritt für Schritt werde ich als Leser tiefer mit hineingezogen. Dabei bin ich deiner Prota nah, kann ihren Schmerz und diesen Selbsthass gut greifen. Das steigert sich dann immer weiter. Besonders hervorheben möchte ich dann die zerbrochene Glastür. Das passt sehr gut zu dem inneren Zustand von ihr. Sie ist so voller Schmerz, Hass und dann muss das einfach raus. Hat sich für mich als Leser sehr stimmig gelesen, finde ich stark gemacht. Und dann kommt der Dialog am Ende, der ihr in gewisser Weise noch einmal den Rest gibt. Denn sie spielt ihren Trumpf aus, versucht Karla zu verletzen (so habe ich es gelesen) und bekommt dann einen kompletten Konter zurück. Ja, muss schon sagen, dass mich dein Text echt beeindruckt hat. Habe aus deinen Kommentaren schon vermutet, dass du gut schreiben kannst und ja, der Text hat mir das verdeutlicht. Freue mich auf weitere Texte von dir, denke, dass ich einiges von dir lernen kann. Gerade diese Nähe zu der Prota finde ich inspirierend.

Beste Grüße
MRG

 

Hey @Katta ,

so. Das ist sicher der dritte oder vierte Versuch zu kommentieren und immer kommt irgendwer an und will was und dann bin ich raus. Jetzt hab ich ein Machtwort gesprochen und hier bin ich :D

Ich finde das einen guten Textausschnitt. Das ist mit Verve geschrieben, liest sich. Dirty/Real-Talk plus Literatur = ja. Wo man weitermachen könnte wäre, nun ja, der Text. Es hört dann auf, ist so eine halbe Szene. Macht Appetit, aber wo gehts weiter, würde ich mir gerne durchlesen. Du hast es jetzt mit den Glockentönen abgefangen, finde das aber kein passendes Bild zum Schluss. Eine Läuterung. Das ist für mein Empfinden zu viel verlangt bei einem kurzen Text wie diesem. Oder es ist einfach nicht das treffende Bild. Um zu so etwas zu kommen, müsste das länger sein, finde ich.
Es bleibt für mich ein etwas konturloser, wenig zentrierter Ausschnitt, aber dafür ein sehr schöner.

„Karla! Verschwinde!“ Ich springe auf und schlage dabei die Glastür des Schrankes ein. Schlechterdings besitze ich keinen Schrank und Karla flucht, ich müsse die Scheibe ersetzten.

vielleicht 'meines Schrankes', damit der Übertrag zu 'Schlechterdings besitze ich keinen' stimmt?

„So“, sagt Karla, „der Verband ist fertig.“

Das ist Radiomoderation für Leute, die es nicht sehen. Einfach: "So", sagt Karla, "das hält".

Viele Grüße
Carlo

 

Hallo @Katta,

lang, lang ist's her ;-), aber vielleicht erinnerst du dich ja noch ... Du warst so freundlich mal auf einen Gegenbesuch vorbeizuschauen, was mich sehr gefreut hat und nun will ich dir endlich mal antworten nach meinem Urlaub. Guck doch auch mal in deine PM.

Mir gefällt einiges hier, wobei das kein Genre bzw. Umsetzung ist, die ich privat in einem ganzen Roman lesen würde (ich bin aber sicher, dass du in der Lage wärst, einen sehr guten Langtext zu schreiben).
Ja, das ist ein Gedanke, den ich auch manchmal habe beim Kommentieren, das mit dem Roman, das ist total ok hier. Ich hätte auch kein Interesse daraus einen Roman zu machen (also selbst wenn ich das könnte ;-)). Ich frage mich gerade, ob das irgendetwas wichtiges aussagt, ob man/ich überhaupt solche Texte schreiben darf? Im Grunde ging es eher RIchtung Experiment, Flash Fiction fand ich geeignet, weil wer will schon 10.000-Wörter-Experimente lesen? Ich dachte, kurz ist besser als lang, das liest und kommentiert vielleicht dann sogar jemand ;-)

Mir gefällt dieser Pepp, die frische Stimme, zum Teil, dass hier nix eingeleitet / hergeleitet wird und man sich da so durchfusseln muss.
Vielen Dank. Frische Stimme, klingt gut :D

aber das Ganze sehe ich nicht als best practice einer KG, ich meine nämlich, es wäre keine.

Was aber - wenn man diesen Text so nimmt, wie er ist - fehlt, sind:
- literarischer Konflikt (die Prota ist emotional in einem Konflikt, aber der erschließt sich mir nicht, dazu gleich)

Ich glaube, ich verstehe das nicht so richtig. Also meinst du, es fehlt grundsätzlich ein Konflikt? Weil du dann schreibst, die Prot hat einen inneren Konflikt, der sich dir nicht erschließt ... Also meinst du sowas wie: Ich sehe da ist ein Konflikt, aber ich kann ihn nicht benennen, weiß nicht genau, was das für einer ist?

- Plot (es ist lediglich ein Ausschnitt, wie aus etwas Längerem isoliert)
Ich habe da jetzt echt eine Weile drüber nachgedacht ... Du meinst, es gibt zwar eine Handlung, aber keinen ...??? Plot ??? ja, ok ... nee, keine Ahnung ... Mir ist klar, dass Plot und Handlung zwei verschiedene Dinge sind (wobei ich da auch schnell einen Knoten im Kopf habe, wenn ich drüber nachdenke). Kannst du das noch mal anders sagen? Ich weiß, glaube ich, nicht wirklich, was du meinst. Klingt sicher doof, ist aber ganz ernst gemeint.

- eine Entwicklung oder ein innerer/äußerer Wendepunkt
Ich sehe deinen Punkt. Was sagst du zu meiner folgenden Erklärung? Das Ich hatte Sex mit John, und das war auf jeden Fall ein Wendepunkt im Rahmen der Beziehung der beiden Frauen, aber das ist ja quasi der Auslöser in diesem Fall und nicht das Ergebnis. Die Entwicklung geht darum von: Sex mit John in der Nacht über Erkenntnis/Gedanke: Karla wird mich hassen bis hin zum Verhalten/Satz: John hat mich gefickt letzte Nacht. Die Sabotage der Beziehung der beiden Frauen ist damit (erstmal) abgeschlossen. Das Ich muss sich nicht mehr aktiv von ihrem Begehren Karlas abwenden, sondern hat dafür gesorgt, dass (vermutlich) Karla die Beziehung beenden wird. Also abgesehen davon, dass das vielleicht nicht klar wird, wäre das eine Entwicklung, ein Wendepunkt? Reicht das? Weil tatsächlich bräuchte ich für "wahre" Erkenntnis einen ganzen Roman, also dass ihr klar ist, was ihre Motive und Bedürfnisse sind, dass sie sich selbstfürsorglich verhält und nicht alle ihre Beziehungen sabotiert. Das ist ein grundsätzliches Problem, das ich mit KGs habe, das es mir schwer fällt, Entwicklungen von Figuren glaubhaft in KGs zu pressen... aber ich bin ja vor allem zum Üben hier und da sind wir wieder bei 10.000-Wörter-Ungetümen, die ich (noch?) niemandem hier antun will ...

- eine Prämisse
Klingt total blöde, aber sowas wie: Selbsthass lässt dich blöde Dinge tun und macht unglücklich und einsam.

- eigentlich sogar ein Thema (dazu später)
Ich habe so viele Probleme mit diesen abstrakten Begriffen. Ich versuche sie zu füllen und habe wieder nur einen Haufen Knoten im Kopf. Für mich geht es vor allem um Selbsterkenntnis. Wenn du nicht weißt, was du brauchst, kannst du dich nicht so verhalten, dass du bekommst, was du brauchst. (Und selbst wenn du es weißt, kannst du es vielleicht trotzdem nicht, aber bei meinem Ich ist auf jeden Fall auch die Wahrnehmung total gestört).

Du hast zwei Figuren, die agieren und von denen eine etwas ungeordnet ihre Gedanken, Assoziationen und Interpretationen mitteilt. Das ist sicher ein Bestandteil einer KG.
:D Na, immerhin ...

Was mir dabei wirklich gut gefällt, ist, dass John als Figur nicht in Erscheinung tritt. Die einzige Tätigkeit, von der ich als Leser erfahre, ist: er fickt und wartet (vermutlich beides im Bett). Dass er keine Wiederholung des Sex mit der Erzählerin plant, wissen wir nur aus wiedergegebener Rede. Er ist quasi ein Schwanz - oder nicht mal das, er ist Sperma. Das ist überraschend, unterhaltsam, und eine Art Feminismus, den ich sehr viel mehr schätze als nervige pc:ness. Was macht ihn besser als ein Sextoy? Wir wissen es nicht - vllt. hat er interssante Sachen zu erzählen (wenn er grad nicht fickt) oder ist davor/danach sehr aufmerksam oder vllt. einfach - technisch - ein guter Lover.
Mich freut, dass du das nicht als Manko siehst. Feministisch war das natürlich nicht gemeint, John ist halt zufällig ein Typ, aber er ist nicht relevant, also nicht relevanter als der Schrank und ja, da fragst du dich vielleicht, hä? wieso ist das nicht ihr Schrank, aber mehr willst du ja auch nicht über den wissen ... Für mich geht es um meine Prota, die die Beziehung zu Karla sabotiert.

Ich dachte anfangs, dass dein Ich und Karla den selben Mann lieben, dabei Karla und er ein Paar sind. Ich vermute mal (daraus, dass die Prota dort an ihrem Notebook sitzt und die Umgebung vertraut ist), dass das eine WG ist.
...
Was davon spielt für die Handlung eigentlich keine Rolle, ich wollte aber nur sagen, dass ich einige Zeit damit verbrachte, die Rolle der drei in dem Geflecht rauszufinden (und kann immer noch nur raten).
Ja, genau, eigentlich spielt es keine Rolle. Es ist aber interessant herauszufinden, wieviel Verortung der Leser braucht, wieviel Leerstellen sein dürfen bzw akzeptabel sind ... aber ich nehme als Erkenntnis mit: lieber mehr Verortung ...


Es ist nicht, wie ich erst dachte, dass Ich in John verliebt ist und auf Karla eifersüchtig. John ist null Thema ihrer Fixiertheit, das ist Karla selbst. Für mich ergeben die Emotionen / Kurzschlusshandlungen (und keine anderen gibt es im Text) nur einen Sinn, wenn Ich und Karla entweder ein Paar sind oder es eher waren; dass John erst ein Seitensprung war oder Ich & Karla bereits getrennt, aber noch befreundet sind und dachten, es ginge locker, so zusammenzuwohnen.
Oder Ich ist unausgesprochen in Karla verliebt und agiert ihre Ohnmacht (sie fühlt sich nicht wert) daran ab, Karlas Lover zu verführen.
Stimmt. Das war aber im ersten Entwurf anders. Da war John das Objekt ihrer Begierde, vielleicht wurdest du da irgendwie geprimt beim Überfliegen der Kommentare. Mein größtes Problem ist, dass die Prota so wenig Zugang zu sich selbst hat und der Leser das ja nicht weiß und vielleicht alles für bare Münze nimmt, was sie sagt. Ich bin aber froh, dass du es doch so gelesen hast, wie ich es meinte, aber das scheint ja schon ein Kraftakt gewesen zu sein ;)

Wäre es so, dass John das Objekt des ganzen Dramas ist, sollte er mAn eine Persönlichkeit bekommen, die über einen wartenden Spermabehälter hinausgeht.
Ja, wenn es um John ginge, geht es aber nicht. Darum habe ich beim Überarbeiten das auch verändert, weil eben nicht ganz klar geworden zu sein scheint, dass selbst wenn sie denkt: Ich liebe John (in der ersten Version), dass das noch lange nicht bedeutet, dass sie John wirklich liebt ... aber das Problem habe ich ja jetzt nicht mehr ...

leicht überzogenes Drama / Obsession (ob sexuell oder nicht ist schwer zu sagen) und Sarkasmus. Den verstehe ich als Selbstironie, was einen gewissen Abstand zu den eigenen Problemen bedeutet.
ganz leicht überzogen ;-) Ja, schon Selbstironie, aber nicht als Ausdruck von Abstand, sondern als Ausdruck des Selbsthasses ... sie macht sich über sich selbst lustig, weil sie sich als eben wirklich lächerlich begreift ... ist wohl auch nicht so richtig klar geworden ...

Meine Frage bei dem Text ist also: Was ist das eigentliche Problem und was ist die Konsequenz daraus? Und die Antworten hierauf finde ich nicht.
:heul: *heul* ...

Hallen ist für mich etwas mit Echo, was nicht dumpf (= dunkel, gedämpft trotz der Wucht).
Stimmt. Das ändere ich.

Redet sie aber mit Karla, ist John der "Täter".
Ihre aktive Rolle in den ersten beiden Stellen konterkariert bzw. widerspricht sie eigentlich mit diesem extrem negativen Selbstbild. Wäre das umgedreht, ergäbe sich folgende Leseweise: Sie hat ein sehr schwaches Ego, negatives Selbstbild und dazu würde passen, dass sie zu sich / dem Leser sagt: John hat mich gefickt (impliziert: obwohl ich weder seine Partnerin bin noch es eigentlich wert).
Redet sie dann - nach dem Wutausbruch / Selbstverletzung - mit Karla und sagte: Ich habe John gefickt, würde es klingen, als lüge sie aus Trotz, um Karla mehr zu verletzten und sich selbst aktiver klingen zu lassen als sie sich tatsächlich fühlt.

....

Dem Text fehlt soweit eine Entwicklung, mit dem umgedrehten Aktiv/Passiv beim gefickt würdest du aber zumindest eine andeuten: entweder eine echte Emanzipation / Lösung aus der Situation oder eine angedeutete Lüge: dass Ich sich Karla gegenüber anders darstellt als sie ist.

Ich verstehe deine Sicht, das macht auch total Sinn. Aus meiner Sicht, sagt sie zu sich selbst: Ich habe John gefickt, damit sie sich eben nicht klein und hilflos und schwach fühlt (was sie ja eigentlich ist). Aber wenn sie dann mit Karla redet, dann will sie die Verantwortung dann doch nicht tragen, darum ist es dann John ... Das ist was ich meinte mit: ich bräuchte einen Roman (den ich aber nicht darüber schreiben will) um eine Entwicklung dahin zu beschreiben, dass sie die Verwantwortung tatsächlich übernehmen würde ... also in dem Sinne ist da tatsächlich keine persönliche/charakterliche Entwicklung, aber eine die die Beziehung der beiden Frauen betrifft ...

Hm, alte und neue Windstöße? Mit jedem reichte
Stimmt.
Das finde ich ganz furchtbar, sorry. Es fällt aus der Stimme, klingt wie die Persiflage auf deutsche Krimis aus den 70ern: "Is was, Puppe?" so ungefähr. Ist auch plötzlich so zickig, und das ist eine Eigenschaft, die ich nicht nur im RL äußerst abstoßend finde, sondern die mir jede fiktionale Figur sofort extrem unsympathisch macht.
Wahrscheinlich intonierst du anders als ich. Das "Puppe" krieg ich damit nämlich gar nicht zusammen. Aber vermutlich fliegt es eh raus, wenn ich noch mal überarbeite ...

Anspringen, so wie ein Auto? Hört man das, oder hört man einfach das Wasser?
Ja, das war problematisch für mich. "Dann höre ich Karla duschen" fand ich auch komisch, sie hört ja Karla nicht duschen, sondern wie du sagst nur das Wasser. Dann höre ich Wasser, klingt aber auch komisch ... also eine Dusche klingt ja nun mal wie eine Dusche, wenn sie sich ein Bad einlaufen ließe, würde es anders klingen, wäre aber auch Wasser. Ich grüble noch mal ...

Nackt.
Joar. Das ist grenzwertig. Es zeigt ihre Fixiertheit auf das Körperliche (um nix anderes geht es im ganzen Text, da ist keine positive zwischemenschliche Emotion), es ist auch durch die Ironie humorvoll, aber schrammt auch am Naiv-Dümmlichen entlang. Ich denke, es sollte drinbleiben, weil es schon ihre Haltung deutlich macht - ist also nur ne Anmerkung, ohne Änderungsvorschlag.
ja, es geht ja sozusagen um eine Beziehungslegasthenikerin ...

Die ganzen Mauer/Lauer-Wanzenstellen gefallen mir nicht, kicken mich raus. Weil das so sehr gemacht ist, so aus der Dringlichkeit, der Manie, fällt. Das schlucke ich so nicht, da sehe ich die Autorin ein lustiges Wortspiel drehen, nicht die Erzählerin rumflapsen.
Hmmm... ok, das ist blöd ...

Es sagt auch eigentlich gar nix (außer, dass sie sich als Wanze bezeichnet, was ein so extrem negatives, gestörtes Selbstbild bedeutet, dass ich das dann gern im restlichen Text thematisiert sehen möchte - das, was ansonsten erzählt wird, reicht mir dafür nicht, das kann ein kleines Liebesdrama unter Mittzwanzigern sein.
Erkenntnis: Ich brauche mehr Worte, um deutlich zu machen, worum es mir geht ... meine ganzen Andeutungen reichen nicht ... naja, immerhin wichtige Erkenntnis ...

Mit dem Bienending ging es mir wie mit der Mauer und Wanze. So richtig haut es als Symbol doch auch nicht hin: eine Biene ist emsig, weil sie arbeitet, etwas für das Wohl nicht nur sich selbst sondern des gesamten Stockes tut. Karla ist ja nicht fleißig, weil ficken für sie keine Arbeit ist, zudem nützt das Ficken nur ihr selbst (und vllt. John), aber es ist kaum eine mühsame, anstregende Tätigkeit zum Wohle der Allgemeinheit. Bienen sammeln auch keinen Honig, den stellen sie selbst her, das passt also als Sperma-Vergleich nicht. Halte ich ingesamt für überdenkenswert.
Das war anders gemeint. Karla ist ein Bienchen, weil sie viel arbeitet (für die Uni, Nebenjob etc.), weswegen sie in der Nacht auch nicht da war und das Ich mit John und so ... Und das findet das Ich überflüssig oder lästig oder was auch immer ... (eigentlich findet sie es ja eher angsteinflößend, weil es ihre eigenes Unvermögen kontrastiert) ... Nur wenn Karla isst oder fickt, findet das Ich das sinnvoll ...

da ist von Karlas Seite no love lost zwischen den beiden.
ja genau ...

Dabei? :susp: Da kommt der Schrank für mich etwas aus dem Nichts. Und es klingt, als stünde der vorm Stuhl, ihr im Weg.
:D da schau ich noch mal

Im Nachinein interpretiere ich: Karla ist die Hauptmieterin oder zumindest gehört ihr der Schrank. Ich finde ja, der Text würde stark gewinnen, wenn man erführe, was da auf dem Spiel steht und warum die überhaupt zusammen in der Wohnung sind. Das Ich zahlt keine Miete, wird aber geduldet. Sicher nicht aus Liebe, Freundschaft oder Mitleid - und wenn ursprünglich, hat sich das gewandelt. Wodurch? Weil Ich scharf auf John ist? Scharf auf Karla? (Was ich denke.) Was hat die Sache zum Kippen gebracht, wie kam es zu dieser Lage? Wenn ich nix weiß außer, dass eine Mitmieterin den Partner/Lover einer Frau fickt, kann ich das Drama nicht nachvollziehen.
Ok, das heißt mehr Worte ... Ich verstehe, was du meinst und kann das auch nachvollziehen ...

Statt entlanglief wäre auch hinunterlief möglich, das hat ja ggfs, eher etwas mit Aufstehen zu tun; und es klingt - fuzzy-logicmässig - nicht so, als würde das aktiv handeln können.
gekauft

Überstreng gesehen: ich hau ab impliziert, dass die Handlung tatsächlich vollzogen wird. Im näxten Satz steht sie aber erst an der Schwelle und schaut in die Wohnung zurück. Da musste ich kurz umdenken, zurückgehen.
Ja, da bin ich auch unzufrieden mit ... hab auch gegrübelt, hatte aber keine bessere Lösung

Ich steige wie du siehst nicht ganz durch, welches Drama eigentlich erzählt wird. Das an sich finde ich okay, auch das völlig in der Luft schwebende der ganzen Szene ist was, das man in Flash Fiction mal machen kann, vllt. als Test, wie man eine solche isolierte Szene größtenteils assoziativ schreibt. Aber hier stehe ich komplett auf dem Schlauch und damit fällt imA er gesamte Text. Nachdem du bislang alles in einer extremen Innensicht beschrieben hast, ohne Kontext, zoomst du dort raus, wo nun die Konsequenz alles zuvor Erzählten kommen müsste. Also, alle Fäden zusammengenommen. Was du machst: du schneidest die Fäden durch und dröselst sie weiter auf.
Das hier kann alles oder nix bedeuten.
Eigentlich hatte ich hier: Auf dem Weg zum Fluss singt der Regen von meiner Scham. Die Glocken der Kirche läuten dazu (was für mich Schande symbolisiert hat). Das mit der Scham war mir dann aber zu holzhammermäßig und kitschig, drum hab ich die rausgeschmissen, sodass jetzt offenbar gar nicht klar ist, was die beiden Sätze sollen. Eigentlich sollte das auch schon so etwas wie eine Entwicklung zeigen, denn eigentlich ist die Prota das erste Mal irgendwie bei sich und ihrem Gefühl der Scham, das ein ganz richtiges GEfühl in dieser Situation ist, das also eigentlich hilfreich wäre, wenn sie denn die richtigen Konsequenzen zöge, aber wahrscheinlich macht sie es (also die Scham) wieder durch irgendein blödes Verhalten weg (und da sind wir dann wieder beim Roman ... weil Entwicklung so fix fix halt nicht funktioniert).

Wenn du so extrem in medias res gehst, keinen Hintergrund oder Unterbau lieferst, keinen eindeutigen Konflikt oder dessen scope, kannst du für meine Begriffe nicht noch ein offenes Ende nehmen. Was bleibt dann? Ein paar originelle Sätze, ein fragmentiertes Psychogramm (von etwas nicht-Definiertem)?
Ich muss da echt noch mal grübeln, ob das im Rahmen des Flash Textes für mich zu überarbeiten ist oder ob mir das gar nicht möglich ist ...

Ich hoffe sehr, das klingt nicht negativer als ich es meine. Ohne jede Frage hast du eine frische, individuelle Stimme, das ist knackig erzählt, hat eine ungewöhnliche Haltung (John, das Sperma), und subtilen Humor, was mir alles sehr gut gefällt. Wenn du diese Qualitäten einsetzen würdest, um eine Geschichte zu erzählen, mit zumindest einem Plot, einem Konflikt und einer Entwicklung bzw. v.a. einer Konsequenz, wärst du mAn auf einem sehr guten Weg.
Ich denke eigentlich, dass ich all das in meiner Backend-Story habe, aber das ich es irgendwie nicht so richtig geschafft habe, es ins Frontend zu transportieren. Ich danke dir jedenfalls sehr für deinen Kommentar, so hab ich noch mal einiges zum Nachdenken gehabt und werde noch haben.

Viele Grüße
Katta

 
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Hallo @Katta,

na klar weiß ich das noch - und ich hoffe, du hattest einen wunderbaren Urlaub. Grad hab ich nicht so viel Zeit, mich noch mal intensiv in den Text zu arbeiten, aber was den Vergleich mit der Erstfassung angeht: die neue ist sehr, sehr viel besser. Knackiger, doch stringenter, auch von der Stimme her. Nur der Abschluss (der eine, letzte Satz) gefällt mir dort viel besser. Ist ja immer die Frage, wann man aus einer Szene oder Geschichte rausgeht, und in der Erstfassung könnte man argumentieren, dass es zu früh ist. Aber auf jeden Fall besser, als plötzlich eine Symbolik zu verwenden, auf die der restliche Text keinerlei Hinweis gibt (und mir persönlich auch viel zu dick aufgetragen ist, zudem du vorher ja recht forsch mit der Wortwahl warst).

Ich frage mich gerade, ob das irgendetwas wichtiges aussagt, ob man/ich überhaupt solche Texte schreiben darf? Im Grunde ging es eher RIchtung Experiment, Flash Fiction fand ich geeignet, weil wer will schon 10.000-Wörter-Experimente lesen?
In Richtung Experiment geht dies hier nicht, in keiner der beiden Formen. Da sind keine formalen Innovationen, es ist einfach ein kurzer Text (Ausschnitt) in einer sehr stark personalen Form (möglicherweise schon Deep PoV, schwer zu sagen).

Wenn du mal in Ausschreibungen schaust, sollen die KGs dort zwischen 20.000 und 35.000 Zeichen mLz sein. 10.000 finde ich durchaus auf der knappen Seite, selbst für ein Onlineforum wie dieses.

Und darf: dürfen tut man alles. Die Frage ist, was für dich die ideale Form wäre, deine Story zu erzählen. Die Leser sind doch erst mal egal, du wirst immer Leute haben, die das gern lesen und immer welche, denen es nicht gefällt bzw, die anclicken und aussteigen.
Ich mag das Bauhaus-Motto: Form Follows Function.
Wie viele Leute sich in einem Onlineforum nicht mehr auf die Länge eines Textes einlassen, sollte dabei so ziemlich an letzter Stelle stehen. Du solltest den Platz haben, zu erzählen, was du wie erzählen willst.

Ich glaube, ich verstehe das nicht so richtig. Also meinst du, es fehlt grundsätzlich ein Konflikt? Weil du dann schreibst, die Prot hat einen inneren Konflikt, der sich dir nicht erschließt ... Also meinst du sowas wie: Ich sehe da ist ein Konflikt, aber ich kann ihn nicht benennen, weiß nicht genau, was das für einer ist?
Ich erklärs mal ganz kurz mit einem anderen Genre: Thriller / Krimi.
Fängt oft mit einer Leiche an (geht ggfs. mit weiteren Morden weiter), aber das ist nicht der Konflikt. Das setzt u.a. den Plot in Gang. Der Konflikt ist meist woanders: Der Ermittler ist Alkoholiker, einer seiner Familienangehörigen / Expartner ist der Hauptverdächtige, irgendwas ist mit seiner Vergangenheit (die ist mysterös mit dem Fall verknüpft) etc. Falls du True Detective (1. Staffel), Dublin Murders oder Bron / Broen / The Bridge kennst, weißt du, was ich meine. Und das funktioniert in Büchern auch so.

Deine Prota hats natürlich schwer da mit Karla und John und ihrem Selbst(Bild), aber das ist momentan noch die Leiche = eine ungünstige Lage.
Im Grunde hast du: in medias res (statt Exposition) -> Dilemma + Eskalation quasi in einem Aufwasch -> Schlußbild ohne Ausblick/Lösung/Implikation.
Es wird nicht als literarischerKonflikt erzählt, weil alles auf der Stelle tritt und kaum Entwicklung stattfindet. Und wenn - sie haut in den Schrank, läuft raus - sind das Kurzschlußreaktionen, die ungünstig dafür sind, Entwicklungen und Wendungen zu tragen, weil sie mit so enorm wenig Selbsterkenntnis zusammenhängen. Hast du Prots, die sich selbst nicht begreifen oder von sich entfremdet sind, brauchst du mAn etwas mehr Raum.

Ich habe da jetzt echt eine Weile drüber nachgedacht ... Du meinst, es gibt zwar eine Handlung, aber keinen ...??? Plot ??? ja, ok ... nee, keine Ahnung ... Mir ist klar, dass Plot und Handlung zwei verschiedene Dinge sind (wobei ich da auch schnell einen Knoten im Kopf habe, wenn ich drüber nachdenke).
Handlung: sie hört die Dusche, reflektiert ein paar Sachen, redet mit Karla, haut ins Glas, streitet sich und flüchtet.

Plot: Struktuiert die Handlungen in sinnvoll dramatischer (oder besser: dramaturgischer) Weise.
Exposition -> auslösende Szene -> "Rising Action" und / oder sich zuspitzende Komplikationen -> Dilemma -> Höhepunkt -> Auflösung (kann auch offen gelöst werden mit einem angedeuteten Ausblick).
Wird auch so erklärt: These elements are the major events in a story, and they’re essential in all creative writing, whether you’re writing a novel, screenplay, memoir, short story, or other form. Even skilled writers who do not use these intentionally are incorporating them into their writing subconsciously because they are what brings movement, conflict, action, and life to stories.

Zumindest in meinen Augen steht im Text (bis auf das Rauslaufen, das aber gar nix löst und nix Zukünftiges andeutet) alles still, nix wird entwickelt, nix gelöst. Es sind kurze Szenen, die alle um ein Problem kreisen mögen, wie eine Skizze, ein Moodboard.

Also abgesehen davon, dass das vielleicht nicht klar wird, wäre das eine Entwicklung, ein Wendepunkt? Reicht das?
Mir zumindest nicht.

und da sind wir wieder bei 10.000-Wörter-Ungetümen, die ich (noch?) niemandem hier antun will ...
Ich finde 10.000 wie gesagt eher knapp. Wir hatten hier mal jemand, der irre tolle Texte schrieb (Schwupps), und dessen Geschichten waren teils echt lang. Da hat sich niemand beschwert, außer vllt., dass er noch keinen Roman geschrieben hat. Schreibst du das, was du wirklich sagen willst, wirst du Leute finden, die das gern lesen.

Klingt total blöde, aber sowas wie: Selbsthass lässt dich blöde Dinge tun und macht unglücklich und einsam.
Das ist aber auch sehr statisch. ImA lässt sich damit schwer etwas erzählen (außerhalb eines persönlichen Blogeintrages, in dem es einfach so stehen kann, wie jemand was erlebt).

Ich habe so viele Probleme mit diesen abstrakten Begriffen. Ich versuche sie zu füllen und habe wieder nur einen Haufen Knoten im Kopf. Für mich geht es vor allem um Selbsterkenntnis. Wenn du nicht weißt, was du brauchst, kannst du dich nicht so verhalten, dass du bekommst, was du brauchst.
Sorry, ich will nicht besonders schlau klingen oder so, aber ich verwende die, damit man eine neutrale Basis hat, und sich nicht gegenseitig individuelle Definitonen erklären muss.

Selbsterkenntnis finde ich im Leben natürlich wichtig. Aber ehrlich gesagt reicht mir das bei Figuren in Prosa nicht. Weil ich die nicht so gut kenne wie meine Freunde (bei denen mich das automatisch interessiert, weil ich die Vorgeschichten und Implikationen kenne), und in so einem kurzen Text ggfs. zu wenig Fleisch/Inhalt/Charakterzeichnung etc. ist, um am Selbstfindungsprozess ihrer Figur teilhaben zu wollen. Das ist dann so, als ob ich irgendwelchen Leuten in der Metro zuhöre - ein kurzer Ausschnitt und schon vergessen. Ich denke, Prosa braucht einen gewissen scope, bedeutsame Tragweite, die irgendwie über die Figur hinausweist.

aber er ist nicht relevant, also nicht relevanter als der Schrank
:rotfl:
Mein größtes Problem ist, dass die Prota so wenig Zugang zu sich selbst hat und der Leser das ja nicht weiß und vielleicht alles für bare Münze nimmt, was sie sagt.
Ja, das ist sicher schwierig. Ich meine, das liesse sich nur lösen, in dem du aus dieser extremen personalen Stimme rausgehst und dem Leser aus etwas mehr Distanz eine andere Sicht zeigst oder indem du die Figur Brüche entwickeln lässt, die trotz der Innensicht nachvollziehbar/deutlich werden.

Ich liebe John (in der ersten Version), dass das noch lange nicht bedeutet, dass sie John wirklich liebt ... aber das Problem habe ich ja jetzt nicht mehr ...
Ja, und ist jetzt nicht bös gemeint: Von Liebe hab ich in dem Text auch nix gefunden. Ich könnte einige Emotionen aufzählen, die haben aber alle allein mit der Prota zu tun: ihre Selbstverachtung, vllt. Unfähigkeit zu kommunizieren, Territorialgehabe ... Ich sehe keine einzige positive Emotion (die Liebe für mich wäre). Das wäre aber vllt. nicht schlecht gewesen, als Gegengewicht. Schwer zu sagen. Momentan ist sehr viel, das sie nicht will und sehr wenig, das sie dringend will (dort weg wollen zählt nicht, weil es kein positiver Impuls aus ihr selbst heraus ist).
Ich habe John gefickt, damit sie sich eben nicht klein und hilflos und schwach fühlt (was sie ja eigentlich ist). Aber wenn sie dann mit Karla redet, dann will sie die Verantwortung dann doch nicht tragen, darum ist es dann John ...
Ja, das hatte ich auch schon gesehen, ich fände die andere Lösung spannender, weil sie einen stärker dramatischen Twist hätte, so ist es eben wieder nur eine Facette ihrer Art / ihres Denkens allgemein. Das u.a. meinte ich mit statisch oben.

Eigentlich hatte ich hier: Auf dem Weg zum Fluss singt der Regen von meiner Scham. Die Glocken der Kirche läuten dazu (was für mich Schande symbolisiert hat). Das mit der Scham war mir dann aber zu holzhammermäßig und kitschig, drum hab ich die rausgeschmissen, sodass jetzt offenbar gar nicht klar ist, was die beiden Sätze sollen
Auf die Idee wäre ich nie gekommen. Symbolik ist eben so eine Sache, ich denke, die müsste irgendwie eingeleitet / verankert werden. Wie gesagt finde ich das "ich gehe"-Ende (also den allerletzten Satz da) in der Erstversion besser als dieses. Hier machst du von den Bildern her plötzlich ein ganz neues Fass auf. Ich finde, das ist ungünstig (so wie man in einem Essay auch im Ausblick am Ende keine neue These reinbringen sollte, sondern nur das ganze mit einem Ausblick abrunden).
(und da sind wir dann wieder beim Roman ... weil Entwicklung so fix fix halt nicht funktioniert).
Liebe Katta, das ist aber kein Argument *gn*. Zwischen 10.000 Zeichen und einem Roman (oder sogar einer Novelette) liegen doch Welten. ;):peitsch:

Sorry, mir läuft die Zeit davon. Ich hoffe, ich konnte ein paar Sachen klären und bin sehr gespannt auf Weiteres von dir.

Liebe Grüße und dir ein ganz wunderbares Wochenende,
Katla :gelb:

 

Hallo @MRG und @Carlo Zwei
auch euch ein sehr verspätetes Dankeschön für eure Kommentar. Habe versucht, möglichst viel offline zu sein, was mit Handy aber dann doch nicht immer so einfach ist ;-)

@MRG Es freut mich natürlich, dass dir die Geschichte gefallen hat und auch, dass du mit meinen Kommentaren offenbar etwas anfangen kannst. Und lernen können wir ja hier alle voneinander, Kommentieren und Kommentiert werden gehen halt Hand in Hand beim Üben, denke ich.
Bis bald,
Katta

@Carlo Zwei Gut für mich, dass mit dem Machtwort ;-)
Ich denke, deine Kritik schließt sich an @Katlas an, also dass es keine richtige KG ist, ein Ausschnitt aus etwas. Und ihr beide habt natürlich Recht, keine Ahnung, was ich Katla gestern für eine seltsame Antwort geschickt habe ... Genau deswegen hab ich es ja in Flash Fiction gepostet und nicht in Kurzgeschichten. Jedenfalls: Freue mich über deine freundlichen Worte, dass es sich liest etc., denn dass es keine richtige KG ist, ist ja klar ... So long, Katta

@Katla Mannomann, keine Ahnung, was da gestern los war :confused:, vielleicht war mein Hirn noch auf der Autobahn oder so ... natürlich ist es keine KG ... all deine aufgelisteten (abstrakten) Stichworte haben mir, glaube ich, einen Knoten gemacht, weil sie eben schwer bzw. nicht zu finden sind in diesem Text :sealed: Das war ja genau der Grund, warum ich ihn in Flash Fiction gepostet habe, weil ich dachte, da drin wäre es ok. Keine Ahnung, warum ich da jetzt gestern so krampfhaft versucht habe, all deine Stichworte drin zu finden ... Und natürlich sind 10.000 Wörter noch lange keine Ungetüme, da hast du Recht und auch, dass ja letztlich die Story entscheidet, wie lang eine Geschichte ist bzw. sein muss, um sie eben richtig zu erzählen.

Sorry, das ist jetzt nicht bös gemeint: Von Liebe hab ich in dem Text absolut nix gefunden.
Ja, genau, da ist/war ja auch keine drin ... nur weil sie das Wort verwendet, bedeutet das ja nicht gleich, dass es so ist ...
Ja, das hatte ich auch schon gesehen, ich fände die andere Lösung spannender, weil sie einen stärker dramatischen Twist hätte, so ist es eben wieder nur eine Facette ihrer Art / ihres Denkens allgemein. Das u.a. meinte ich mit statisch oben.
Ja, ich weiß jetzt, was du meinst, auch mit statisch.

Insgesamt ist der Text ja auch schon eine Weile her. Ich wollte damit etwas ausprobieren (das meinte ich mit Experiment). Ich habe jetzt auch eine Idee/Vermutung, was am Text funktioniert, vielleicht: das Unmittelbare, die Direktheit der Prota, dass ich dicht dran bin. Und was nicht funktioniert: wenn ich vielleicht zu kreativ oder assoziativ sein will, und das Reduzierte, also etwas mehr Fleisch (Setting, Entwicklung etc.) am Knochen wäre schon besser, was dann vielleicht nur eine andere Formulierung für eine "richtige" KG ist, also es funktioniert für einige nicht, weil es eben keine richtige KG ist. Vielleicht, aber das weiß ich noch nicht, mach ich noch mal eine richtige KG draus, einfach um es zu probieren und zu schauen, was dann draus wird. Ich weiß aber gerade nicht, ob ich Lust auf die Prota habe, eigentlich hab ich eher Lust auf jemanden, den/die ich mag :-)

Lieben Gruß
Katta

 

Hallo @Katta ,

nur ganz kurz eine Frage / Einwand:

Das war ja genau der Grund, warum ich ihn in Flash Fiction gepostet habe, weil ich dachte, da drin wäre es ok.
Flash Fiction ist eine sehr kurze Kurzgeschichte. So ca. max. 1000 Wörter.

Es ist keine isolierte Szene. Damit gelten die gleichen Anforderungen: es wird eine Geschichte erzählt, nur, dass du mit mehr Tempo und Auslassungen operierst. Ich mag eigentlich nicht solche Marketing-Style Websites, aber diese bringt alles ganz gut auf den Punkt: Instead, the emphasis is placed on movement: each sentence must peel back a new layer that wasn’t visible at first. If a line (or even a word) doesn't progress the story or reveal more about a character, it probably won't belong in this medium.

Wenn ich jetzt ganz frech werde und sage: wenn dieser Text so statisch ist, kann er keine Flash Fiction sein ... :sealed:

So wirr im Kopf warst du also überhaupt nicht.

Liebe Grüße noch mal,
:-) Katla

 

@Katla
Ja, mittlerweile hab ich das auch verstanden ;-)
Flash Fiction sollte bei aller Kürze immer noch ne KG sein, keine einzelne Szene :-)
Gut's Nächtle
Katta

PS Und 10.000 Wörter ist doch ein Ungetüm ... Ich verwechsel immer Zeichen und Wörter ... 10.000 Wörter sind wie viele (Norm)Seiten? Jede Menge, oder?

 

Hallo @Katta ,

PS Und 10.000 Wörter ist doch ein Ungetüm ... Ich verwechsel immer Zeichen und Wörter ... 10.000 Wörter sind wie viele (Norm)Seiten? Jede Menge, oder?
:aua: Man ist klar im Vorteil, wenn man lesen kann - du schriebst ja klar und deutlich: Worte. Ich bin so extrem auf Zeichen geeicht, dass ich das völlig übersehen hab, sorry! Ich hab ehrlich gesagt keinen Blassen, wie viel 1000 Wörter sind, das müsste ich in einem Text direkt gegenchecken.

Ganz liebe Grüße,
Katla (mit Lesebrille auf der Nase und ausgeschlafen) :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich hab ehrlich gesagt keinen Blassen, wie viel 1000 Wörter sind, das müsste ich in einem Text direkt gegenchecken.
@Katla
PS Und 10.000 Wörter ist doch ein Ungetüm ... Ich verwechsel immer Zeichen und Wörter ... 10.000 Wörter sind wie viele (Norm)Seiten? Jede Menge, oder?
@Katta

Ihr seid’s ja luschtich,

die gleiche Buchstabenanzahl Eurer Pseudonyme mit fünf Buchstaben wird sehr unterdurchschnittlich sein, aber 10.000 Wörter à fünf Buchstaben macht 50.000 Buchstaben aus wo noch Satzzeichen und 9.999 Leerzeichen hinzuzurechnen sind, können wir nun die Definition der Normseite nehmen -

60 Zeichen unter der guten alten Schreibmaschinentype courier 12pt. je Zeile und die Seite zu 30 Zeilen, macht 60 x 30 = 1.800 Zeichen je Seite und aufgerundet 60.000 Zeichen insgesamt ~ 33, eher 34 Normseiten (Trennungsregeln sind übrigens verboten, würden die Berechnung ja noch unbestimmter werden lassen).

Bei der durchschnittlichen Wortlänge im Deutschen hält sich selbst die Dudenredaktion bedeckt (obwohl's Berechnungen gibt). Die längste Zusammensetzung stand wohl mal in einem Dresdener Blättchen, über das sich sogar Mark Twain (er hat nicht nur deutsch gesprochen, sondern auch sich über die furchtbare deutsche Sprache schriftlich ausgelassen) erregte - aber nicht über den Kolonialismus, der sich hinter den "Hottentotten"-zusammensetzungen verbarg.

Ich weiß noch, dass ich als Volksschüler mit andern befreundeten Bekloppten am längsten Wort auf dieser Grundlage gearbeitet hab - es maß drei Zeilen, begann mit den H., Titten wurden eingebaut, Torten und Attentäter und natürlich Varianten über Tanten ...

Wer das Wort zusammenkriegt (oder ein vergleichbares) erhält eine modernen Wäschetrockner ...

Tschüss & schönes Wochenende

Friedchen

 

Hey @Katta,

ich hatte deinen Text (der ja schon eine Weile online ist, fällt mir gerade auf) schon vor ner Woche oder so gelesen, bin aber nicht zum Kommentieren gekommen. Jetzt also.

Den Anfang finde ich - wie eigentlich den ganzen Text - sehr gut geschrieben. Er ist sehr dicht, du umschreibst wenig, bist sehr direkt, das gefällt mir. Auch das Einbauen dieser Sprichwörter, das bringt - zusammen mit der (akustischen) Beobachtung der Vorgänge im Haus/in der Wohnung - die Stimmung der Protagonistin gut rüber, dieses Abgelenktsein, das über-etwas-Brüten, ein gewisses angespanntes Warten...

Karla duscht. Nackt.
Das ist witzig :) Das kommt auch so aus dem Nichts, und es ist eine Beobachtung, die durch deinen gewählten Stil eine gewisse Wertung aus Sicht der Prota bekommt, die aber im Kopf des Lesenden entsteht, nicht im Text direkt.

Doch da ist: Nichts. Überall ist nur: Nichts.
Weiß nicht ob Friedel mal hier war, aber das "nichts" müsste denke ich mal klein geschrieben werden, da nach dem Doppelpunkt kein kompletter Satz folgt. Eine Kleinigkeit...

Karla, das fleißige Bienchen. Tag für Tag, Woche für Woche sammelt sie Honig. Ich verstehe nicht, wie ein Mensch sowas von bienenfleißig sein kann. Ihre einzigen sinnvollen Aktivitäten sind essen und ficken. Das reicht aber nicht, Karla!
Beim zweiten Lesen muss ich sagen, dass ich den Part nicht ganz verstehe. Klar, das mit dem Honig ist eine Art Metapher, aber wenn sie so fleißig ist, sind es wirklich nur essen und ficken, die Dinge die sie tut? Oder ist das eine Art der Protagonistin, ihren Neid auszudrücken, dass Karla nicht nur rumsitzt und nichts hinbekommt? Das bleibt für mich unklar. Was rüberkommt ist nur, dass die Prota Karla nicht mag.
Um John wird es ihr wohl nicht gehen, denn er scheint hier eher ein Mittel zum Zweck zu sein; der Zweck, Karla eins auszuwischen!?

„Hier stinkt’s“ sagt Bienchen Karla.
Glaub da gehört ein Komma hinter die Anführungszeichen.

„Du hast die Miete noch nicht überwiesen!“ fügt sie hinzu.
Siehe oben.

und schlage dabei die Glastür des Schrankes ein.
Beim ersten Lesen konnte ich mir nicht vorstellen, wie das hier passiert, dass sie die Schranktür beim Aufstehen einschlägt. Beim zweiten Lesen fällt es mir weniger auf, aber ich finde es immer noch relativ schwierig, mir bildlich vorzustellen. Sie müsste ja schon ganz schön mit den Armen zur Seite schwingen, damit das passiert.

Ich sehe die Scherben, spüre den Riss und weiß, Karla wird mich hassen und das Glas ist zerbrochen.
Karla hasst sie also noch nicht; die "schlechte Stimmung" geht also von der Prota aus. Aber offensichtlich ist die Stimmung zwischen den beiden dennoch nicht besonders gut - warum?

frage ich sie und sie führt mich in die Küche.
Das erste "sie" könnte raus.

Ich sage nicht: „Danke!
Die zweiten Anführungszeichen fehlen.

„Einmal reicht, hat er gesagt!“
Das kommt für mich so rüber, als wollte Karla der Prota damit eins auswischen, auf eine kalte Art und Weise. Die Prota hat Selbstzweifel, denkt, sie hätte Karla mit dem Sex mit John eins versetzt, doch jetzt dreht Karla selbst diese Handlung um und drückt der Prota eins rein.

Ich hatte mal ein, zwei Kommentare überflogen, in denen der Hinweis kam, dass alles zu offen ist. Ich finde die Geschichte sprachlich sehr ansprechend, habe das sehr gerne gelesen. Allerdings bleiben für mich auch mehr Fragen als Antworten. Die Stimmung der Prota hast du allerdings sehr gut rübergebracht. So weit mein kleiner Leseeindruck.

Viele Grüße,
rainsen

 

Hallo @rainsen,
vielen Dank für den Gegenbesuch :-)
Ich habe deinen Kommentar jetzt noch mal zum Anlass genommen, um über den Text zu gehen. Ich habe auch noch @Carlo Zwei s Anmerkung aufgenommen, und anders geendet und @Katla s Vorschlag aufgenommen, und die Sätze über den Sex mit John anders gestaltet, sodass der Text jetzt meiner Meinung nach ein runderes Ende hat. Ich weiß bloß nicht so genau, ob der Text jetzt immer noch funktioniert.

Weiß nicht ob Friedel mal hier war, aber das "nichts" müsste denke ich mal klein geschrieben werden, da nach dem Doppelpunkt kein kompletter Satz folgt. Eine Kleinigkeit...
Yep, Friedel war da und hatte (daran zumindest ;-) nix zu meckern.

Beim zweiten Lesen muss ich sagen, dass ich den Part nicht ganz verstehe. Klar, das mit dem Honig ist eine Art Metapher, aber wenn sie so fleißig ist, sind es wirklich nur essen und ficken, die Dinge die sie tut?
Da hab ich noch mal nachjustiert ... magst du noch mal schauen, ob es jetzt klarer ist?

Beim ersten Lesen konnte ich mir nicht vorstellen, wie das hier passiert, dass sie die Schranktür beim Aufstehen einschlägt.
Da hab ich jetzt ne Weile gegrübelt, aber keine gute Lösung. Ich hab da jetzt noch ein paar Arme hinzugefügt, aber was anderes fällt mir nicht ein.

Karla hasst sie also noch nicht; die "schlechte Stimmung" geht also von der Prota aus. Aber offensichtlich ist die Stimmung zwischen den beiden dennoch nicht besonders gut - warum?
Auch geändert...

Ich hatte mal ein, zwei Kommentare überflogen, in denen der Hinweis kam, dass alles zu offen ist. Ich finde die Geschichte sprachlich sehr ansprechend, habe das sehr gerne gelesen. Allerdings bleiben für mich auch mehr Fragen als Antworten. Die Stimmung der Prota hast du allerdings sehr gut rübergebracht. So weit mein kleiner Leseeindruck.
Vielleicht sind jetzt ein paar Fragen gelöst nach der Überarbeitung? So richtig auserzählt, soll das natürlich auch nicht sein, aber auch nicht total kryptisch ...

Die Fehler hab ich auch verbessert.

Vielen Dank noch mal und
viele Grüße
Katta

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @Katta,

da bin ich nochmal!

Ich weiß bloß nicht so genau, ob der Text jetzt immer noch funktioniert.
Ich denke schon, dass er noch funktioniert. Auch wenn immer noch nicht klar wird, was der tatsächliche Grund ist, warum Karla und die Prota nicht klarkommen, so gibst du mir mit den paar zusätzlichen Details zumindest eine Ahnung. Für mich kommt es so rüber, als ob sie neidisch wäre auf Karla, weil sie (aus welchem Grund auch immer) selbst ihr Leben - zumindest momentan - nicht so ganz auf die Reihe bekommt. Karla ist zumindest fleißig, hat nen Typen (den sie offensichtlich selbst nich so ganz toll findet), sie scheint diie Prota gewissermaßen zu beherbergen...zumindest also oberflächlich scheint bei ihr alles okay zu sein.
Kommt mir so vor, als wären sie eigentlich Freundinnen, aber sie sind in einer Streitphase. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass es da eine gewisse sexuelle Spannung geben könnte, bzw eine romantische, aber das muss auch nicht sein.

Am Ende bleibt es natürlich nur ein Eindruck, bei dem die Stimmung rüberkommt, bei dem aber nicht ganz klar wird, warum es der Prota nun so geht, wie es ihr geht.

Allerdings finde ich, dass ein, zwei STellen unter der Überarbeitung gelitten haben.

sie hatte Nachtschicht und weiß von nichts
Das ist gut.

Ich höre das Schleifen der Badezimmertür, dann die Dusche. Karla darunter. Nackt.
Während ich das mit dem Trampeln ganz gut finde, hast du hier die Stelle verändert, die vorher sehr witzig war. "Sie duscht. Nackt." Der Witz war ja, dass man natürlich nackt duscht und sie durch den Zusatz "Nackt." ihr (negativ besetztes) Gefühl darüber zeigt. Die Überarbeitung nimmt den Witz hier leider, das fand ich vorher besser.

Frühschicht, Spätschicht, Nachtschicht, dazwischen ihr Studium. Tag für Tag, Woche für Woche. Ich verstehe nicht, wie ein Mensch sowas von bienenfleißig sein kann, auch nicht wozu. Ihre einzigen sinnvollen Aktivitäten sind essen und ficken.
Da finde ich die neuen Sätze gut, das hilft zumindest vordergründig zu zeigen, was die Prota vermeintlich stören könnte.

Ich springe auf mit fliegenden Armen, schlage dabei die Glastür des Schranks ein, der neben meinem Schreibtisch steht.
Hier musste ich schmunzeln, das mit den fliegenden Armen ist irgendwie witzig. Weiß ich nicht, ob du da eine witzige Stimmung rüberbringen willst, in der Szene. Jetzt grade finde ich es aber nicht störend...jedenfalls zeigt es ihre Unentspanntheit, ihre Hektik, die sie übernimmt, wenn Karla in der Nähe ist.

bis ich endlich an der Haustür, endlich draußen im Regen bin.
Das neue Ende finde ich besser. Raus aus der unangenehmen Situation, rein in den unangenehmen Regen. Es gibt also keine Entwicklung, der Text ist ein kurzer und kleiner Einblick in die Beziehung zwischen der Prota und Karla. Heißt also, der neue Schluss trägt natürlich nicht dazu bei, die Situation deutlicher zu machen. Es bleibt ein Ausschnitt von etwas Größerem (vielleicht schreibst du das ja noch).

Viele Grüße,
rainsen

EDIT: Was ich noch vergessen hatte - das zweite Sprichwort hast du ja auch gekillt....die Lauer ist noch drin, die Mauer nicht. Fand das ganz cool, wie du das eingebettet hast in den Text. Vielleicht kannst du das wieder aufnehmen, es sei denn, du hast es absichtlich rausgenommen.

 

Hallo Katta,

ich las deinen Text und ein paar darauffolgende Kommentare. Aus den zitierten Stellen konnte ich gut nachvollziehen, dass sich einiges an dem Text getan hat. Unter anderem Jimmys Kommentar hat mir dabei geholfen, zu verstehen, was wohl grundlegend anders war.

So gehe ich nun frisch an die aktuelle Version und habe direkt am Text folgende Anmerkungen:


Ich stehe vor Karlas Tür und lausche: Ich höre John stöhnen.

Der erste Satz, der für mich doch etwas mehr Gewicht hat wie einer mitten im Text ist für mich durch die zwei ich nicht gerade geschmeidig, auch durch die Konstruktion mit dem Doppelpunkt.
Ein Vorschlag, wie ich das lösen würde:

Ich stehe vor Karlas Tür und lausche. John höre ich stöhnen, von ihr höre ich nichts.


Ich könnte kotzen, mir direkt vor die Füße.

Sie sitzt doch am Schreibtisch. Dann sind die Füße doch unter dem Tisch und es wäre eigentlich sehr unbequem, wenn sie sich so verbiegen muss, dass sie vor die Füße kommt. Ich würde sie direkt auf die Tastatur kotzen lassen.


Karla trampelt über den Flur. Das macht sie für mich; sie weiß, dass ich das hasse.
Hmm, das hört sich nach Kindergartenkind an.
Karla geht mit lauten/vehementen/durchdringlichen Schritten über ...


Als Flash Fiction gefällt mir der Text sehr gut. Die Erzählerin wird als Mensch dargestellt, die sowas von neidisch auf Karla ist. Karla, die jobbt, die studiert, die nebenbei noch fickt.
Und sie, die nichts auf die Rille bekommt und augenscheinlich nur Spott für Karlas Lebensart hat, dabei fühlt sich die Protagonistin sowas von unwohl in ihrer Haut. Es geht gar nicht um diesen John, der auch Henry oder Sebastian sein könnte. Es geht um ihre Unzufriedenheit mit sich selbst - auf voller Bandbreite, die auch nicht davor Halt macht, andere Menschen zu verletzen und auszunutzen.
Ein interessantes Schlaglicht auf eine kleine Situation in einem Studentinnenleben.

Viele Grüße
bernadette

 

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